Berufungskammer des LG Halle weist Berufung der HUK-Coburg gegen Urteil des AG Halle zurück. (LG Halle Berufungsurteil vom 9.3.2012 -2 S 289/11-).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachfolgend gebe ich Euch erneut ein Berufungsurteil bekannt. Auch in diesem Fall meinte die HUK-Coburg, das erstinstanzliche Urteil, das schon – zu Recht – zu ihren Lasten erging, im Berufungsverfahren abändern zu können. Die 2. Zivilkammer des LG Halle /Saale als Berufungskammer hat jedoch die Berufung kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Berufung war zwar zulässig, aber nicht begründet, so dass ihr der Erfolg versagt werden musste.  Das durch die Berufung angefochtene Urteil des AG Halle / Saale vom 10.11.2011 – 93 C 3741/10 – hatten wir am 30.11.2011 hier veröffentlicht.  Offenbar versuchte die HUK-Coburg in Ansehung des Abtretungsurteils des BGH nunmehr eine günstigere Entscheidung herbeizuführen, was jedoch mißlang. Wieder eine Schlappe der Coburger Firma. Das Urteil des LG Halle erscheint aber geeignet auch in juristischen Zeitschriften veröffentlicht zu werden. Was meint ihr?

Viele Grüße
Euer Willi Wacker

Landgericht Halle                                                    verkündet am:
Geschäfts-Nr.:                                                           09.03.2012
2 S 289/11
93 C 3741/10 Amtsgericht Halle

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Berufungsrechtsstreit

HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG v.d.d. Vorstand, Merseburger Straße 46, 06110 Halle,

Beklagte und Berufungsklägerin,

gegen

Kfz-Sachverständiger,

Kläger und Berufungsbeklagter,

wegen Schadensersatz aus abgetretenem Recht

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle auf die mündliche Verhandlung vom 29.02.2012 durch

den Vorsitzenden Richter am Landgericht … ,
die Richterin am Landgericht … und
die Richterin …

für  R e c h t  erkannt:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.11.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Halle (Saale) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.

3. Dieses Urteil und das erstinstanzliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird nach § 313a Absatz 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat der Klage mit zutreffender Begründung stattgegeben. Insbesondere hat es die im konkreten Fall vorliegende Abtretungserklärung für hinreichend bestimmt gehalten (1.), eine Vereinbarkeit der Geschäftspraxis des Klägers mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz zu Recht angenommen (2.) und schließlich auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Naumburg zutreffend festgestellt, dass die Angemessenheit der Kosten für Einholung eines Sachverständigengutachtens vorliegend keiner näheren Prüfung bedurfte, weil der Beklagte aus abgetretenem Recht vorgegangen ist und insofern ebenso wenig wie der Zedent verpflichtet war, Vergleichsangebote zur Ermittlung der Ortsüblichkeit einzuholen (3.).

1. Die Kammer vermag keinen Grund zu erkennen, weshalb die formularmäßige Abtretung der Ansprüche in Höhe der Gutachterkosten inhaltlich nicht hinreichend bestimmt sein soll. Aus der – insoweit auch nicht verwirrend gehaltenen – Formulierung der Abtretungserklärung ergibt sich unter Berücksichtigung der §§ 133, 157 BGB eindeutig, dass nur der Anspruch auf Bezahlung der Gutachterkosten und nicht alle Ansprüche aus dem Verkehrsunfallereignis abgetreten werden sollen. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Erklärung auch von dem Sachverhalt, der dem Urteil des BGH vom 07.06.2011 – VI ZR 260/10 – zugrunde lag und den die Beklagte daher hier nicht vergleichend heranziehen kann.

2. Soweit das Amtsgericht davon ausgegangen ist, dass die Einziehung der Forderung für die Erstattung des Gutachtens keine Tätigkeit darstellt, die unter das Rechtsdienstleistungsgesetz fällt, ist dies im Ergebnis, insbesondere unter Berücksichtigung der jüngst vom Bundesgerichtshof getroffenen Entscheidung zur Abtretung von Mietwagenkosten für ein Ersatzfahrzeug im Falle eines Verkehrsunfalls (Urteil vom 31.01.2012 – Az. VI ZR 143/11 – ), nicht zu beanstanden.

Der Bundesgerichtshof hat dahinstehen lassen, ob im Falle derartiger Forderungseinziehungen eine eigene Angelegenheit des Mietwagenunternehmens oder eine Rechtsdienstleistung vorliege, weil selbst im letztgenannten Fall die Rechtsdienstleistung als Nebenleistung zum Berufs- bzw. Tätigkeitsbild des Handelnden gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG erlaubt sei, sofern allein die Höhe der Kosten in Streit stehe, die Haftung dem Grunde nach bzw. die Haftungsquote indessen unstreitig sei (BGH a.a.O. Rn. 7 ff. mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes in Rn. 8 und der Gesetzesbegründung in Rn. 9 ff.).

3

Diese Rechtsprechung kann wegen der vergleichbaren Interessenlage der Beteiligten auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden. Weil auch im vorliegenden Fall die Haftung dem Grunde nach unstreitig ist und nur die Höhe der Forderung seitens der Beklagten angegriffen wurde, liegt eine Fallgestaltung vor, in der die Einziehung der Forderung als Nebenleistung zum Berufs- und Tätigkeitsbild eines KFZ-Sachverständigen gehört (vgl. BGH a.a.O., Rn. 15) und nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstößt.

3. Zur Frage der Angemessenheit der Höhe der Gutachtenkosten hat das OLG Naumburg in einer vergleichbaren Konstellation bereits im Jahr 2006 entschieden, dass auch der KFZ-Sachverständige, wenn er aus abgetretenem Recht vorgeht, im Ergebnis einen beliebigen, lediglich nicht offensichtlich überhöhten Preis fordern kann, weil er ebenso wenig wie der geschädigte Zedent zur Ermittlung eines angemessenen und ortsüblichen Entgelts „Marktforschung betreiben“ müsse (OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 1029, 1030 f.). Dies gilt in der Regel unabhängig davon, ob ein anhand einer Honorartabelle vertraglich festgelegter Fixpreis vereinbart wurde, oder ob es sich um eine Bestimmung des Sachverständigen nach billigem Ermessen im Rahmen des § 315 Abs. 1 BGB handelt. Soweit keine Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden des Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen vorliegen und die Höhe des geltend gemachten Honorars nicht derart in einem Missverhältnis zur Schadenshöhe oder zur Höhe der späteren Reparaturkosten steht, dass dies dem Geschädigten als offenkundiges Missverhältnis hätte auffallen müssen, kann sich der Schädigende gegenüber dem Geschädigten – und damit auch gegenüber demjenigen, dem der Geschädigte seinen Anspruch abgetreten hat – auf eine Überhöhung der Sachverständigenkosten regelmäßig nicht berufen (OLG Naumburg, a.a.O., S. 1031).

Dafür, dass die Geschädigte bei der Beauftragung des Klägers ein Auswahlverschulden traf oder ihr die vom Beklagten bestrittene Angemessenheit der Kosten für die Begutachtung hätte auffallen müssen, wurde seitens der Beklagten nichts vorgetragen. Das Amtsgericht ist daher der Auffassung des Oberlandegerichts gefolgt und auch die Kammer hat keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 S. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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Eine Antwort zu Berufungskammer des LG Halle weist Berufung der HUK-Coburg gegen Urteil des AG Halle zurück. (LG Halle Berufungsurteil vom 9.3.2012 -2 S 289/11-).

  1. Iven Hanske sagt:

    Urteil ca. 150, Sachverständigenbüro Sofort gegen HUK Versicherung.

    Hier wurde ich leider Opfer vom Sinneswandel des LG Halle und der langen Bearbeitung des AG Halle, wobei zum Thema Verfassungsbeschwerde läuft. Hintergrund ist, dass mit neuem Vorsitzenden der LG Kammer die Rechtsprechung (unbestimmbare Abtretung) unter dem vorherigen Vorsitzenden (bestimmbare Abtretung) sich zur gleiche Abtretung änderte und die restliche Kammer der neuen Windrichtung folgte. Wir holten uns neue Abtretungen, die sollen aber nun inkl. der Schuld des Unfallverursachers verjährt sein. Wir gehen aber in der Verfassungsbeschwerde davon aus, dass entsprechend BGH- und OLG Rechtsprechung eine Schuld nach Anerkenntnis ( Teilzahlung und Abrechnungsschreiben) nicht verjährt und die Verjährung erst nach geänderter Rechtsprechung (Kennen und Kennen müssen) beginnt zu laufen. Auch ist hier Willkür zu vermuten, da die Kammer in 2 Fällen die spätere Teilzahlung der HUK wissentlich ignoriert (auch in der Gehörsrüge) obwohl Sie im Urteil selbst erklärt dass diese die Verjaehrung neu beginnen läst.

    Der Widerspruch – geänderte Rechtsprechung: LG Halle Az.: 2 S 289/11 vom 09.03.2012* (CH, 19.04.2012) ***
    *(Bestätigung des Urteils AG Halle Az.: 93 C 3741/10 vom 10.11.2011)
    1. Die Kammer vermag keinen Grund zu erkennen, weshalb die formularmäßige Abtretung der Ansprüche in Höhe der Gutachterkosten inhaltlich nicht hinreichend bestimmt sein soll. Aus der – insoweit auch nicht verwirrend gehaltenen – Formulierung der Abtretungserklärung ergibt sich unter Berücksichtigung der §§ 133, 157 BGB eindeutig, dass nur der Anspruch auf Bezahlung der Gutachterkosten und nicht alle Ansprüche aus dem Verkehrsunfallereignis abgetreten werden sollen. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Erklärung auch von dem Sachverhalt, der dem Urteil des BGH vom 07.06.2011 – VI ZR 260/10 – zugrunde lag und den die Beklagte daher hier nicht vergleichend heranziehen kann.

    Ja, die Rechtssicherheit und die Objektivität ist mit neuem Vorsitzenden nicht erkennbar und die HUK hat Ihr Spielchen „rechtswidrige Kürzungen“ durch diesen Nebenkriegsschauplatz „Abtretung“ vorerst gewonnen.

    Ein Respekt zum Unfallopfer ist hier nicht erkennbar, jedoch der Weg zur Versicherungsbranche sticht ins Auge, aber unser Rechtssystem wird dieses Treiben richtig stellen.

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