Mit Urteil vom 13.04.2012 (47 C 335/11) hat das Amtsgericht Norderstedt die Halterin des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 197,47 € zzgl. Zinsen verurteilt. Nach Beantragung des Mahnbescheid hatte die Versicherung bereits einen Betrag von 188,23 € sowie vorgerichtliche RA-Kosten erstattet, so dass insoweit der Rechtsstreit für erledigt erklärt wurde. Neben den Kosten für die Erstellung des Schadengutachtens in Höhe von 551,61 € machte der Kläger aus abgetretenem Recht weitere Kosten in Höhe von 110,40 € für eine schriftliche Stellungnahme zu einem Prüfbericht der DEKRA geltend, den die HUK-Coburg veranlasst und übersandt hatte und auf den sie ihre Kürzung des Schadensersatzes begründete. Der Geschädigte ist also berechtigt, im Hinblick auf eine technische Prüfung durch einen Prüfdienstleister der Versicherung ebenfalls einen Sachverständigen mit einer – kostenpflichtigen – Stellungnahme zu beauftragen. Ein entscheidender Satz aus dem Urteil: „Darauf, ob die Vergütung ortsüblich oder angemessen ist, kommt es nicht an, entscheidend ist vielmehr, ob der Geschädigte hätte erkennen können, dass das Gutachten möglicherweise überteuert ist.“
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist begründet.
Unstreitig ist die Beklagte verpflichtet, aus einem Verkehrsunfall dem Geschädigten, dem Zeugen X., vollen Schadensersatz zu leisten.
Der Kläger wurde von dem Zeugen X. am xx.xx.2011 beauftragt, ein Sachverständigengutachten über die unfallbedingt entstandenen Schäden zu erstellen. Gleichzeitig trat der Geschädigte an den Kläger Schadensersatzansprüche unter anderem gegen die Beklagte in Höhe der Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer ab.
Der Kläger erteilte dem Geschädigten X. unter dem xx.xx.2011 seine Honorarkostenrechnung über 551,61 €. Bis zur Beantragung des Mahnbescheides zahlte darauf die HUK, die Haftpflichtversicherung der Beklagten, das Honorar bis auf einen Betrag von 275,30 €.
Nach Zustellung des Mahnbescheides zahlte die HUK an den Kläger weitere 188,23 €, Zinsen in Höhe von 3,50 € sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 €. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Im streitigen Verfahren macht der Kläger darüber hinaus die Kosten geltend, die dadurch entstanden sind, dass er zu einem Prüfbericht der DEKRA vom xx.xx.2011 im Auftrag des Geschädigten unter dem xx.xx.2011 Stellung genommen hat. Die Stellungnahme umfasst 4 Seiten. Insoweit begehrt der Kläger weitere 110,40 € gemäß der Rechnung vom 09.05.2011 (Bl. 62 d. A.).
Die für das Ausgangsgutachten geltend gemachten Gebühren sind begründet.
Die Beklagte war verpflichtet, dem Geschädigten vollumfänglich Schadensersatz zu leisten. Dazu gehören auch die zur Schadensregulierung erforderlichen Gutachterkosten.
Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 2 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Erforderlich sind dabei grundsätzlich die Aufwendungen, die ein Verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Hält der Geschädigte ein Sachverständi-genhonorar für erforderlich, hat er einen entsprechenden Erstattungsanspruch, jedenfalls dann, wenn sich kein Hinweis darauf ergibt, dass die angesetzten Kosten aus dem üblichen Rahmen fallen. Zwar gilt für den Geschädigten nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot, den im Rahmen des zumutbaren wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Kosten beeinflussen kann. Dies führt jedoch nicht dazu, dass er eine Marktforschung oder ein vertieftes Einsteigen in den Tarifdschungel konkurrierender Sachverständiger tätigen muss. Der Geschädigte kann nur dann nicht die vollen Sachverständigenkosten begehren, wenn er sehenden Auges Mehrkosten verursacht.
Dass der Geschädigte im vorliegen Fall hier bewusst ein überteuertes Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben hat, ist nicht vorgetragen und für das Gericht nicht erkennbar.
Darauf, ob die Vergütung ortsüblich oder angemessen ist, kommt es nicht an, entscheidend ist vielmehr, ob der Geschädigte hätte erkennen können, dass das Gutachten möglicherweise überteuert ist. Daran fehlt es, so dass der restliche Honoraranspruch begründet ist.
Dies gilt auch, soweit der Kläger im Auftrag des Geschädigten zu dem Prüfbericht der DEKRA Stellung genommen hat. Diese Kosten sind gerade nicht im Grundhonorar des Klägers enthalten. Nach dem die Beklagte durch ihre Haftpflichtversicherung eine Überprüfung des Gutachtens des Klägers veranlasst hatte, entsprach es allgemeiner Lebenserfahrung, dass der Geschädigte seinerseits den Sachverständigen zwecks Überprüfung beauftragte.
Im Hinblick darauf, dass die Stellungnahme des Klägers vom xx.xx.2011 sich auf 4 Seiten überwiegend mit technischen Fragen beschäftigt, ist das insoweit in Ansatz gebrachte Honorar von 110, 40 € netto nicht zu beanstanden.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 91 a, 708 Nr. 11, 711,713 ZPO.
Soweit das AG Norderstedt.
Wann lernt die HUK-Coburg, dass die Stellungnahmegutachten zu den DEKRA-Prüfberichten erforderlicher Herstellungsaufwand sind und damit auch von dem Schädiger gem. § 249 BGB zu erstatten sind?
Hallo Willi,
HUK-Coburg und Lernfähigkeit geht zusammen wie Baden-Württemberg und Hochdeutsch!
Hi Babelfisch
super Urteil,vielen Dank!
Zu der DEKRA-Speichelleckerei.. „im Auftrag und nach Vorgaben der HUK..“
sollte man künftig textbausteinmässig gem.§142 ZPO einen Beschluss beantragen,der die DEKRA verpflichtet,den „Auftrag und die Vorgaben der HUK“ zur Gerichtsakte zu reichen.
Wenn dadurch dann öffentlich wird,wie diese „Vorgaben“ lauten….Frontal21 scharrt schon mit den Hufen!
Hallo Babelfisch,
also nach dem Motto: Wir können alles – außer ordentliche Schadensregulierung!
Prima, das gefällt mir. Da ist das besondere Geschmäckle.
@ Nach dem die Beklagte durch ihre Haftpflichtversicherung eine Überprüfung des Gutachtens des Klägers veranlasst hatte, entsprach es allgemeiner Lebenserfahrung, dass der Geschädigte seinerseits den Sachverständigen zwecks Überprüfung beauftragte.
Hallo Babelfisch,
dieser Satz im Urteil des AG Norderstedt scheint besonders wichtig zu sein. Nachdem sich die Schädigerseite ihrerseits meint, das Gutachten eines qualifizierten Sachverständigen überprüfen zu dürfen, ist das Gericht der – zutreffenden – Ansicht, dass es allgemeiner Lebenserfahrung entspricht, wenn dann das Unfallopfer seinerseits den Prüfbericht überprüfen läßt. Dieser Auffassung ist auf jeden Fall beizupflichten. Denn DEKRA ist nicht alles und schon gar nicht alles richtig. Schon allein die von der DEKRA vorgenommenen Streichungen bei dem UPE-Aufschlag und den Verbringungskosten sind bei fiktiver Abrechnung schlichtweg falsch. Auch bei fiktiver Abrechnung sind grds. fiktive Verbringungskosten und UPE-Aufschläge zu erstatten. Auch die generell vorgenommenen Kürzungen der Stundensätze ist falsch. Egal ob das Unfallfahrzeug 3 Jahre oder jünger ist, es wird gegenerell auf Stundensätze der No-name-Firma oder der Partnerwerkstatt heruntergekürzt, was ein eindeutiger Verstoß gegen BGH-Rspr. ist.
Also muss der Geschädigte nicht unreflektiert den DEKRA-Prüfbericht hinnehmen. Er darf grds. auf Kosten des Schädigers eine Überprüfung veranlassen. Auch aus dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit erscheint dieses Recht begründet.
Da im Übrigen der DEKRA-Prüfbericht im Auftrag und nach Vorgaben der HUK erfolgt, ist eine Überprüfung immer angesagt, denn wie es die HUK-Coburg mit einer ordnungsgemäßen Schadensregulierung hält, zeigen die hier eingestellten Urteile eindrücklich.
Hat jemand den am Sonntag von VOX Auto Mobil gesendeten Beitrag über das Regulierungsverhalten der Versicherer gesehen? Davon müßte es noch viel mehr und viel öfter zu sehen und zu hören geben. Sogar der Fuchs war gut….