Das AG Zwickau verurteilt HUK 24 zur Erstattung weiterer Sachverständigenkosten (22 C 1173/09 vom 14.10.2009)

Mit Entscheidung vom 14.10.2009 (22 C 1173/09) hat das Amtsgericht Zwickau die HUK24 AG zur Zahlung weiterer Sachverständigenkosten verurteilt. Der Sachverständige klagte aus abgetretenem Recht. Das Gericht hat bei dem vorliegenden Schadensersatzprozess die Angemessenheit des Sachverständigenhonorars unter Verwendung der BVSK-Liste nach werkvertraglichen Gesichtspunkten geprüft. Hierbei wurden die wesentlichen Positionen zugesprochen, jedoch Abzüge bei den Kosten für Fotokopien und Porto vorgenommen. Die Prüfung der Einzelpositionen erfolgte im Widerspruch zu den schadensrechtlichen Grundsätzen sowie der Rechtsprechung des BGH vom 23.01.2007  VI ZR 67/06 .

Aus den Gründen:

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 271,10 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) ab 01.07.2009 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreites haben die Klägerin 1/20, die Beklagte 19/20 zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: bis 17.08.2009 543,74 Euro
ab 18.O5.2009 306,31 Euro

Tatbestand:

(weggelassen gem. § 313 a Abs. l Satz i ZPO)

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen begründet.

Die Beklagte hat an die Klägerin weitere Sachverständigenkosten zu zahlen.

I.

Der Anspruch ergibt sich aus abgetretenem Recht. Unstreitig war die Beklagte als Haftpflichtversicherer für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen xx verpflichtet, der Geschädigten … alle Schäden zu ersetzen, die ihr durch den durch dieses Fahrzeug verursachten Verkehrsunfall vom 05.12.2005 entstanden, der sich gegen 17.30 Uhr in …  ereignete. Die Geschädigte hat nunmehr die Ansprüche an die Klägerin abgetreten. Anspruchsgrundlage für die Forderung der Klägerin ist §§ 7, 17, 18 StVG, 3 Nr. 1 Pflichtversicherungsgesetz i.V.m. §§ 398 ff. BGB.

1. Ursprünglich war die Geschädigte Inhaberin des Anspruchs gegen die Beklagte auf Erstattung der Sachverständigenkosten. Diese hat mit der Abtretungserklärung vom 06.12.2005 den Anspruch an die Klägerin abgetreten. Bedenken, dass diese Abtretung gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt, hegt das Gericht nicht. Vielmehr darf nach Auffassung des erkennenden Richters der Sachverständige ohne weiteres seine eigene, ihm zurück abgetretene Forderung gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung geltend machen, ohne gegen Artikel 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz zu verstoßen.

2. Grundsätzlich sind Gutachterkosten als Schaden eines Verkehrsunfalles nach § 249 BGB vom Schädiger zu ersetzen {Palandt – Heinrichs, Kommentar zum BGB, 67. Auflage 2008, § 249 BGB, Randziffer 40). Dieser grundsätzliche Anspruch ist von der Beklagten auch nicht bestritten worden. Sie hat nach Rechtshändigkeit auf den geltend gemachten Betrag 373,31 Euro gezahlt, ohne eine Zweckbestimmung anzugeben.

Grundsätzlich hat der Schädiger den nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen, zu dem die Sachverständigenkosten zählen. Hierzu ist das zu erstatten, was erforderlich war, wobei der tatsächlich betriebene Aufwand bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO einen Anhaltspunkt zur Bestimmung das zur Herstellung erforderlichen Aufwandes darstellt. Der aufgewendete Betrag ist nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Betrag identisch, insbesondere deshalb kann die Berechnung des Schadens grundsätzlich nicht von etwaigen rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeiten wie z.B. einer überhöhten Honorarforderung des Sachverständigen abhängig gemacht werden (vergleiche Landgericht Zwickau, Urteil vom 06.10.2008, AZ: 3 O 1576/06, rechtskräftig infolge Zurückweisung der Berufung durch Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 02.04.2009, AZ: 7 U 1734/08.

Danach sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung des Erforderlichen wahrt, wobei dieser auch für die Höhe der Sachverständigenkosten gilt. Maßgeblich ist dabei nach Auffassung des Landgerichts, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. Zu beachten ist, dass der Geschädigte in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei ist, er kann grundsätzlich den aus seiner Sicht effizientesten Weg einschlagen. Er kann allerdings nur den Aufwand erstattet verlangen, der vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheint, insbesondere ist er nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der Kosten beeinflussen kann. Das Gericht kann die Feststellung, ob der geltend gemachte Herstellungsaufwand zweckmäßig und angemessen erscheint, entweder mit Sachverständigenhilfe oder in geeigneten Fällen im Wege der Schadensschätzung treffen. Dabei ist die BVSK-Honorarbefragung ein Anhaltspunkt, nicht aber bindend.

Das Gericht hat daher eine Überprüfung der Angemessenheit der Sachverständigenrechnung im Einzelfall vorgenommen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass einige abzugsfähige Kosten vorliegen.

a)  Die Berechnungsmethode des Sachverständigen, nämlich das Grundhonorar anhand der Höhe des ermittelnden Schadens zu berechnen, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Zwar wäre auch eine rein aufwandsbezogene Grundgebühr denkbar, jedoch ist die Abhängigkeit von der Schadenshöhe grundsätzlich zulässig.

Die Nettogutachterkosten betragen im vorliegenden Fall 455, 74 Euros, das sind 18,25 % der Nettoreparaturkosten, die 2.567,78 Euro betragen,

Dieser Aufwand von 18 % ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts noch angemessen und vertretbar. Grundsätzlich tritt bei niedrigeren Schäden ein höherer Prozentsatz der Kosten des Gutachters auf, was nachvollziehbar ist.

Die Grundvergütung ist in einer Honorarliste des Sachverständigen eingruppiert. In der als Anlage K5 vorgelegten Liste liegt die Grundvergütung für einen Schaden von 2.567,78 Euro Netto bei 338 Euro, die geltend gemachte Grundvergütung bewegt sich also in diesem Rahmen. Weshalb nicht 338 Euro sondern eine niedrigere Grundvergütung geltend gemacht worden, hat die Klägerin nicht erläutert, denkbar ist jedoch noch einmal eine innerhalb der einzelnen Honorarbereiche gestaffelte Vergütung. Da der Preis jedoch unterhalb der in der Grundhonorarliste festgelegten Vergütung liegt, geht eine Abweichung nicht zu Lasten der Beklagten, so dass nicht darüber zu entscheiden ist, ob das Abweichen von der Grundhonorarliste zugunsten des Auftraggebers zulässig ist. Eine Beschwer der Beklagten durch diese Abweichung liegt nämlich nicht vor. Grundsätzlich ist die Grundvergütung von 327,00 Euro daher als angemessener Aufwand hinzunehmen.

Auch für die Nebenkosten gilt, dass diese ortsüblich sein müssen und den notwendigen Aufwand nicht übersteigen dürfen»

b) Soweit die Klägerin Fahrtkosten für 28 km geltend macht, wird von der Beklagtenseite die Kilometerzahl beanstandet, da die einfache Fahrstrecke von der Betriebsstätte der Klägerin Crossener Straße in Zwickau bis zum Autohaus … , wo das beschädigte Fahrzeug besichtigt wurde, nur knapp 8 km beträgt, so dass der Gesamtfahrbedarf nur 16 km ergeben dürfe. Dies hat die Klägerin damit erklärt, dass zum damaligen Zeitpunkt die Zufahrt von der Crossener Straße auf die P. Straße gesperrt war, so dass der Mitarbeiter … der Klägerin durch ganz Crossen und sodann auf die Bundesstraße B 93 fahren musste, so dass insgesamt 28 km für Hin- und Rückfahrt anfielen.

Dies ist insoweit auch nicht bestritten worden, so dass davon auszugehen ist, dass dieser Vortrag richtig ist.

Das Landgericht Zwickau hat in seiner Entscheidung vom 06.10.2008, AZ; 3 O 1576/06 in Anlehnung an die BVSK Honorarbefragung einen Kilometersatz von 70 Cent als angemessen angesetzt. Das Amtsgericht schließt sich dieser Auffassung an. Damit sind die von der Klägerseite geltend gemachten 19,50 Euro, nämlich 28 mal 0,70 Euro, nicht zu beanstanden.

c) Auch die Fotokosten von 2,40 Euro pro Stück sind im zitierten Urteil des Landgerichts Zwickau als angemessen angesehen worden. Das Gericht schließt sich hier ebenfalls an.

Auch die Anzahl der Fotos ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden, da, wie die Klägerseite vorgetragen hat, zum Beispiel ein Foto des Kilometer-Wählers durchaus für die Beweisführung von Bedeutung sein kann, wenn nämlich aufgrund der Kilometerleistung des Fahrzeugs die Wertermittlung beeinflusst wird. Elf Fotos sind daher nach Auffassung des Gerichts, auch zur Dokumentation der genauen Position der Schäden, des optischen Zustandes des Fahrzeugs, auch aus einer anderen Blickperspektive, nicht zu beanstanden. Der Preis von 26,40 Euro ist angemessen.

d) Grundsätzlich ist es auch nicht zu  beanstanden, dass der Sachverständige einen zweiten Fotosatz für die Geschädigte und deren Rechteanwalt fertigte, während ja der erste Fotosatz für das Originalgutachten, das der gegnerischen Haftpflichtversicherung, der Beklagten, übersandt wurde, bestimmt war. Die Geschädigte hatte ein berechtigtes Interesse daran, eine vollständige Kopie des Gutachtens, einschließlich der Fotografien zu haben, um bei Beanstandungen der gegnerischen Haftpflichtversicherung sich wirksam äußern zu können.

Die Kosten von 60 Cent pro Stück Zweitfertigung der Fotos hält das Gericht in Anlehnung an das zitierte Urteil des Landgerichts Zwickau für berechtigt. Die weitere Summe von 6,50 Euro für die Zweitfertigung der Fotos ist daher ebenfalls berechtigt.

e) Die Schreibkosten von 13 Seiten zu je 2,40 Euro hat das Landgericht in der zitierten Entscheidung ebenfalls für angemessen erachtet, das Amtsgericht schließt sich an. 31,20 Euro für die Schreibkosten sind daher berechtigt,

f) Dagegen sind Abstriche bei Kopien und Portokosten zu machen.

aa) Berechtigt sind nach Auffassung des Gerichts zwei Kopien des Gutachtens, einmal ein Belegexemplar für die Geschädigte, außerdem eine Kopie für die Klägerin. Eine weitere Kopie für den Rechtsanwalt der Geschädigten und die Reparaturfirma erscheint nach Auffassung des Gerichts nicht erforderlich. 26 Kopien sind daher überflüssig bzw. nicht von der Beklagten zu ersetzen.

Auch zwei Versendungen, die Versandkosten von 2 x 1,54 Euro ausmachen, also insgesamt 3,08 Euro sind nach Auffassung des Gerichts überflüssig. Die Versendung der Gutachtenkopie an die Werkstatt ist überflüssig, ebenso kann die Gutachtenversendung an den Rechtsanwalt nicht der Beklagten auferlegt werden, vielmehr wäre es zumutbar gewesen, dass die Geschädigte selbst das Gutachten dem Rechtsanwalt zur Verfügung stellt, zumal sie eine Kostenpauschale für Postgebühren erhält. Erforderlich waren daher nur 26 Kopien und zwei Mal Portokosten in Hohe von insgesamt 3,08 Euro.

bb) Die Fotokopierkosten sind auch überhöht. 50 Cent sind für eine Kopie zu viel. Im Beschluss an das zitierte Urteil des Landgerichts Zwickau setzt das Gericht einen Preis von 39 Cent pro Kopie fest, so dass für 36 Kopien 10,14 Euro anfallen,

cc) Für Kopien und Portokosten fallen also insgesamt 13,22 Euro an.

g) Die Telefon- und Nebenkosten werden nicht angegriffen, so dass 1,91 Euro festzusetzen sind.

h) Entgegen der Auffassung der Beklagten sind Audatex/DAT-Abrufkosten ersatzfähig. Das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 06.10.2008 hat diese zwar nicht als ersatzfähig angesehen, im Zurückweisungsbeschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 02.04.2009 wurden die Abrufkosten für Audatex/DAT jedoch für ersatzfähig gehalten. Das Gericht schließt sich daher dieser Auffassung des OLG Dresden an, 17,89 Euro Abrufkosten Audatex/DAT sind daher anrechenbar.

i) Aus den Posten a bis h ergibt sich daher ein Gesamthonorar von 444,62 Euro Netto, das vom Gericht als angemessen angesehen wird. Zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer ergibt sich ein Gesamtbetrag von 515,76 Euro, der erstattungsfähig war.

j) Mit Rechnung vom 06.12.2005 wurde die Beklagte aufgefordert, den Betrag zu zahlen, mit Schreiben vom 30.01.2006 wurde sie noch einmal angemahnt. Da Fristsetzung zum 09.02.2006 erfolgte, geriet die Beklagte spätestens am 10.02.2006 in Verzug, so dass der Betrag von 515,76 Euro ab diesem Datum gem. §§ 286, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu verzinsen ist mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Dies ergibt bis zum 30.06.2009, der Teilzahlung der Beklagten, einen Zinsbetrag von 131,25 Euro, so dass zu diesem Zeitpunkt ein Betrag von 647,01 Euro fällig war.

Da die Beklagte unstreitig mit der Zahlung keine Zweckbestimmung traf, konnte und musste die Klägerin gem. § 367 BGB zunächst auf die Zinsen und Kosten verrechnen. Die geltend gemachten Mahnkosten wegen der vorgelegten Mahnung vom 30.01.2006 sowie die Zinsen in Höhe von 131,25 Euro waren daher zuerst getilgt worden.

Nach Abzug der 133,65 Euro bleiben von der Zahlung der Beklagten in Höhe von 378,31 Euro noch 244,66 Euro zur Tilgung der Hauptforderung übrig, die von der Gesamtsumme von 515,76 Euro zu subtrahieren sind. Es ergibt sich daher noch eine offene Hauptforderung zum 01.07.2009 in Höhe von 271,10 Euro.

3. Diese Forderung ist ab 01.07.2009 mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen, da sich die Beklagte bereits seit 10.02.2006 in Verzug befand.

4. Verjährung liegt nicht vor.

Nachdem der Schadensersatzanspruch der Geschädigten am 05.12.2005 entstanden war, wäre regulär die Verjährung am 31.12.2008 eingetreten gem. § 195 BGB.

Jedoch wurde der Mahnbescheid vor Ablauf der Verjährungsfrist, nämlich am 23.12.2008 beantragt und am 05.01.2008 erlassen. Die nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB vorgesehene Verjährungshemmung mit Zustellung des Mahnbescheides tritt bereits mit Eingang des Antrags ein (S 167 ZPO, Palandt – Heinriche, Kommentar zum BGB, 67. Auflage 2008, § 204 BGB, Randziffer 7) wenn wie im vorliegenden Fall die Zustellung demnächst erfolgt. Die Zustellung erfolgte am 09.01.2009.

Damit war die Verjährung durch die Zustellung des Mahnbescheides gehemmt. Auf die weitere Hemmung durch Klageerhebung im Verfahren 23 C 417/06 kommt es daher gar nicht mehr an.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Von der Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wurde kein Gebrauch gemacht.

III.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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