Mit Urteil vom 17.12.2008 (648 C 284/08) hat das AG HH-Harburg dem Geschädigten die Stundenverrechnungssätze markengebundener Fachwerkstätten zugesprochen.
Der Geschädigte kann bei fiktiver Abrechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangen, es denn ihm steht eine gleichwertige, günstigere Reparaturmöglichkeit zur Verfügung.
Allein die Öffnung des Ersatzteilmarktes durch die Gruppenfreistellungsverordnung rechtfertigt die Gleichwertigkeit noch nicht.
Aus den Gründen:
… Die Einstandspflicht der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig. Die Klägerin kann jedoch Erstattung des Schadens auf Basis des von ihr eingeholten Gutachtens in Höhe der dortigen
Nettoreparaturkosten ohne den von dem Beklagten vorgenommen Abzug verlangen.
Die Klägerin kann auch die vom Sachverständigen angesetzten Kosten, die bei einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt angefallen wären, bei Ihrer fiktiven Abrechnung ansehen (vgl. AG Aachen, Urt. v. 25.07.2005, AZ: 5 C 81/05, NZV2005, 588; AG Nürtingen, Urt. v. 14.12.2006-12 C 1392/06, NJW2007,1143; AG Oldenburg i. H., Urt. v. 26.02.2008-22 C 816/07, juris, mit umfangreichen Nachweisen; MüKo/Oetker, 5. Aufl., §249 BGB Rn365).
Ausgangspunkt für die in der instanzgerichtlichen Rspr. umstrittene Frage nach der Ersatzfähigkeit der Kosten einer markengebundenen Werkstatt ist die Entscheidung des BGH im sog. „Porsche-Urteil“ (BGH. Urt. v. 29.04.2003, AZ: VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1). Der BGH entschied dort grundsätzlich, dass der Geschädigte, der fiktive Reparaturkosten abrechnet, seiner Schadensberechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zu Grunde legen könne. Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung das Restitutionsbedarfs im Rahmen von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dürfe nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen solle. Allerdings räumt der BGH ein, dass ein Geschädigter, der mühelos eine ohne Weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen müsse.
Eine solche günstigere und erkennbar gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Zwar ist ihr zuzugestehen, dass die Gruppenfreistellungsverordnung (EG) Nr. 1400/2002 viele Argumente gegen die bevorzugte Stellung der marktgebundenen Fachwerkstätten entkräftet. Nach dieser europarechtlichen Rechtsnorm sind nämlich die Kfz-Hersteller verpflichtet, auch den nicht markengebundenen Werkstätten den Zugang zu Originalersatzteilen und technischen Informationen zu ermöglichen. Diese Öffnung des Marktes reicht jedoch allein nicht aus, um aus der vom BGH geforderten subjektbezogenen Position des Geschädigten die Werkstatt in einem nicht markengebundenen Kfz-Meisterbetrieb für gleichwertig zu erachten. Gegen diese Gleichstellung spricht, dass der Geschädigte bei einer markengebundenen Werkstatt ohne weitere Prüfung davon ausgehen kann, dass diese regelmäßig mit dem von ihm gefahrenen Fahrzeugtyp zu tun hat, wovon er bei einer freien Werkstatt nicht ausgehen kann. Zu diesem möglichen Erfahrungsvorsprung kommt auch ein Wissensvorsprung, der daraus erwächst, dass die Kfz-Hersteller ihre markengebundenen Fachwerkstätten zur Teilnahme an regelmäßigen Fortbildungsveranstaltungen verpflichten (vgl. für Mercedes-Benz: https://int.e_training.daimler.com/DCGT/docs/start/pages/pflicht.htm) Da die Beklagte unter diesen Gesichtspunkten die Gleichwertigkeit der von ihr benannten Werkstatt nicht dargestellt hat, war hinsichtlich der von ihr dargestellten Eigenschaften nicht mehr Beweis zu erheben.
Darüber hinaus wäre die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass selbst bei objektiver Gleichwertigkeit der genannten Werkstätten ein Käufer bei einem späteren Verkauf des Fahrzeugs honorieren würde, dass Reparaturen in einer markengebundenen Fachwerkstatt durchgeführt werden. Denn der Käufer wird bei einer solchen Reparatur davon ausgehen, dass sie ordnungsgemäß ausgeführt wurde, während er kaum Ermittlungen über die Fachkunde einer nicht markengebundenen Werkstatt einholen wird (vgl. AG Oldenburg i. H., Urt. v. 26.02.2008—22 C 816/07, juris)…
Hallo Willi,
das Urteil des Amtsgerichtes Hamburg-Harburg wäre m.E. auch nach dem neuerlichen Urteil des BGH so getroffen worden, denn der Amtsrichter hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte die Gleichwertigkeit der von ihr benannten Werkstatt noch nicht einmal dargelegt, geschweige denn bewiesen hat. Bekanntlich trägt der Schädiger nach der neuerlichen Porsche-Fortführungsentscheidung die Darlegungs- und Beweislast.
MfG
Werkstatt-Freund
Hallo Werkstatt-Freund,
meine ich auch. Der Amtsrichter in Hamburg-Harburg hat sich das sog. Porsche-Urteil (BGHZ 155, 1f.) genau angesehen und den von ihm zu entscheidenden Fall genau subsumiert. Dann kann nur das obige Urteil herauskommen, zumal die Beklagtenseite in diesem Fall noch nicht einmal eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit dargestellt hat. Ich glaube, das Urteil hätte auch im Lichte des neuen BGH-Urteils Bestand.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker