Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachdem die Beklagtenseite (VN der HUK-Coburg) die Berufung vor der Berufungskammer des LG Koblenz zurückgenommen hatte, wurde das erstinstanzliche Urteil des AG Lahnstein rechtskräftig. Nachfolgend gebe ich Euch das Urteil des AG Lahnstein bekannt. Im Ergebnis ist das Urteil zwar (fast) richtig, in der Begründung jedoch widersprüchlich falsch. Der Bezug auf Bestimmungen des JVEG ist völlig mißlungen. Die Bestimmungen des JVEG können nicht auf die Honorierung eines Privatgutachters angewandt werden, da das JVEG einen ganz anderen Handlungsbereich des vom Gericht bestellten Sachverständigen behandelt. Das Urteil wurde erstritten und mir zugesandt durch die RA-Kanzlei Dr. Imhof und Partner aus Aschaffenburg. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Euer Willi Wacker
Aktenzeichen
20 C 347/11
Verkündet am 11.10.2011
Amtsgericht
Lahnstein
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Sachverständiggen A. K. aus B.
Kläger –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
gegen
Herrn R. B. aus L.
– Beklagter –
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Lahnstein durch die Richterin am Amtsgericht … im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 II ZPO auf das Ende der Schriftsatzfrist vom 22.09.2011 für Recht erkannt:
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 751,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit 20.11.2010 zu zahlen.
2.
Der Beklagte ‚wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 139,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit 20.05.2011 zuzahlen.
3.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
4.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Forderung abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 24.04.2010. Die Einstandspflicht des Beklagten zu 100 % ist unstreitig.
Die Geschädigte Frau … hat ihre Ansprüche hinsichtlich der Sachverständigenkosten an Erfüllung statt an den Kläger abgetreten. Auf die Abtretungserklärung (Bl. 37 GA) wird vollinhaltlich Bezug genommen.
Die Geschädigte hatte mit der Schadensbegutachtung den Kläger beauftragt. Nach der Schadensschätzung des Gutachters betragen die Reparaturkosten 16.685,75 € brutto. Bezüglich der Sachverständigenkosten hat der Kläger mit Rechnung vom 26.04.2010 (Bl. 34 GA) 1.462,84 € brutto in Rechnung gestellt. Auf die Zusammensetzung der Rechnung wird vollinhaltlich Bezug genommen.
Der Kläger trägt vor:
Die Abtretung sei zulässig.
Die Gutachterkosten seien gemäß der Rechnung vollständig vom Beklagten zu ersetzen. Es handele sich um ein übliches und angemessenes Sachverständigenhonorar. Er habe sich bei der Abrechnung innerhalb der Bandbreite der VKS-Honorarumfrage 2009 gehalten. Der Sachverständige sei Erfüllungsgehilfe des Schädigers, und nicht des Geschädigten, so dass es ohnehin nicht dem Geschädigten zur Last fallen könne, falls das Honorar nicht ordnungsgemäß sei. Die Bemessung des Grundhonorars in Abhängigkeit von der Schadenshöhe sei zulässig.
Die Nebenkosten seien ebenfalls nach den Honorarumfragen der VKS üblich und angemessen abgerechnet.
Er beantragt:
1.
Den Beklagten zu verurteilten, an den Kläger 833,84 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit 20.11.2010 zu zahlen.
2.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 139,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt:
Die Klage abzuweisen.
Der trägt vor:
Die abgerechneten Sachverständigenkosten seien nicht erforderlich und üblich. Irgendwelche Honorarbefragungen des BSVK oder gar des VKS seien nicht aussagekräftig. Sachverständigenkosten in der abgerechneten Höhe seien nicht notwendig und angemessen. Die Feststellung der üblichen Vergütung sei nur durch Einholung eines Sachverständigengutachtens möglich. Wenn schon ein pauschaliertes Honorar abgerechnet würde, dürften nicht zusätzlich noch Nebenkosten berechnet werden. Die berechneten Nebenkostenpositionen seien auch zu hoch. Für Telefon und Porto seien allenfalls pauschal 5,00 € angemessen für ein Lichtbild allenfalls 1,00 €.
Die Abtretung sei nicht zulässig. Sie sei zum einen zu unbestimmt und zum anderen verstoße sie gegen. §§ 3,5 RDG, weil es sich um eine genehmigungspflichtige Inkassotätigkeit handele.
Im Übrigen wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen vollinhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
Der Kläger ist aktivlegitimiert.
Es handelt sich nicht um eine genehmigungspflichtige Inkassotätigkeit, da es sich nicht um eine Sicherungsabtretung, sondern um eine Abtretung an Erfüllung statt handelt.
Die Abtretung ist auch hinreichend bestimmt. Es handelt sich um eine genau definierte Teilforderung aus dem Gesamtunfallschaden. Es ist genau definiert, dass nach einer Haftungsquote von 100 % die erstattungsfähigen Sachverständigenkosten inklusive der Umstatzsteuer abgetreten ist. Diese Formulierung ist eindeutig.
Die Sachverständigenkosten sind mit Ausnahme von einigen Abzügen bei den Nebenkosten erstattungsfähig.
Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand diejenigen Kosten verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Er ist grundsätzlich nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren den wirtschftlicheren Wert der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Diese Anforderung geht jedoch nicht so weit, dass es dem Geschädiigten zuzumuten wäre, Marktforschung zu betreiben, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Allerdings verbleibt ihm das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigung einen Privatgutachter beauftragt, der sich gegebenenfalls im späteren Verlauf des Verfahrens als zu teuer erweist (BGH, NJW 2005, Seite 31 ff.).
Die Darlegungs- und Beweislast für die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten trifft den Kläger.
Der Kläger bezieht sich insoweit auf die VKS-Honorarumfrageergebnisse.
Die Beklagten halten die dortigen Tabellenangaben für zu unzutreffend und nicht aussagekräftig. Sie sind der Auffassung, dass hierin nicht die Üblichkeit eines Honroars wiedergespiegelt wird.
Das Gericht ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass grundsätzlich Listen und Tabellen zur Schadensschätzung geeignet sind. Soweit wie vorliegend unterschiedliche Tabellen existieren, kann dies nicht zu Lasten des Schädigers gehen. Der Streit um die Angemessenheit oder die Üblichkeit von Gutachterkosten kann nicht auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen werden, der dies ja im vorhinein nicht erkennen kann.
Der Schädiger hat deshalb Gutachterkosten zu ersetzen, die sich im Rahmen der üblichen Bandbreite halten. Da der Kläger sich innerhalb der Bandbreite der VKS-Honroarumfrage . gehalten hat, ist berechnete Grundhonorar zur Überzeugung des Gerichtes nicht zu beanstanden. Ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Honorar ist nicht erkennbar. Auch im Verhältnis zu dem ermittelten Sachschaden ist das Honorar nicht unverhältnismäßig.
Das Gericht ist jedoch zur Überzeugung gelangt, dass die Nebenkosten zu hoch sind.
Auch wenn man davon ausgeht, dass ein Grundhonorar Auslagen nicht abdeckt und Nebenkosten grundsätzlich in irgendeiner Form geltend gemacht werden können, handelt es sich hier um dem Ersatz tatsächlich entstandener Auslagen. Insoweit kann das Gericht die angefallenen Auslagen gemäß § 287 ZPO schätzen. Vorliegend werden als Grundlage unter anderem die Beträge des JVGE herangezogen.
Schreibauslagen sind zur Überzeugung des Gerichtes mit 2,00 € pro Seite, das heißt vorliegend mit 36,00 € zu ersetzen, Kopien mit 0,50 € pro Seite, dass sind vorliegend 27,00 €. Fahrkosten können mit 0,55 € pro Kilometer angesetzt werden, dass sind vorliegend bei 24 Kilometern 13,20 €. Fotos sind mit maximal 2,00 € pro Bild erstattungsfähig, das sind bei 22 Fotos 44,00 €. Für Proto und Telefon kommen zur Oberzeugung des Gerichtes als Pauschale allenfalls 5,00 € in Betracht.
Damit ergibt sich folgende Abrechnung:
Grundhonorar 1.034,47 €
Schreibauslagen 36,00 €
Kopien 27,00 €
Fotos 44,00 €
Fahrtkosten 13,20 €
Pauschale 5,00 €
ergibt netto 1.159,67 €
ergibt brutto 1.380,00 €
abzüglich gezahlter 629,00 €
verbleiben 751,00 €.
Die Rechtsanwaltsgebühren schuldet der Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.
Die Höhe der Rechtsanwaltskosten ist nicht bestritten.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 286, 288, 291 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 II Nr. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
…
Richterin am Amtsgericht
Beschluss
Der Streitwert wird auf 833,84 € festgesetzt.