Mit Urteil vom 21.10.2011 (15 C 201/11) hat das Amtsgericht Montabaur die VHV Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 338,83 € zzgl. Zinsen verurteilt. Als wäre es schon Urzeiten her, musste sich das Gericht noch mit dem unsäglichem Vortrag auseinandersetzen, dass angeblich ein Verstoss gegen das RDG vorlag. Hier hat jedoch der BGH ein eindeutiges Urteil gesprochen, welches sich die Gerichte, die hier im Sinne der Versicherer meinten, wilde Theorien entwickeln zu müssen, um einen solchen Verstoss zu konstruieren, noch einmal hinter den Spiegel hängen sollten. Das AG Montabaur führt weiter aus, dass die Schwacke-Liste die Basis einer Schätzung gem. § 287 ZPO ist. Die Fraunhofer Tabelle, die von der Versicherungsbranche in Auftrag gegeben wurde und mit den tatsächlichen Verhältnissen am freien Markt nichts zu tun hat, wird abgelehnt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist gegenüber dem Unfallgeschädigten zum vollen Schadensersatz verpflichtet, wozu auch gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Mietwagenkosten für die Dauer der Reparatur des Unfallfahrzeuges gehören. Dementsprechend kann die Klägerin den entsprechenden Betrag aus abgetretenem Recht von der Beklagten fordern.
Die Klägerin konnte den Anspruch gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht geltend machen. Die geschlossene Sicherungsabtretung ist rechtswirksam. Es liegt kein Verstoß gegen das Rechtdienstleistungsgesetz vor, wie von der Beklagten behauptet.
Nach § 3 RDG ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, indem sie durch das Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, soweit sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert (§ 2 Abs. 1 RDG). Rechtsdienstteistung ist, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 RDG, die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung), § 2 Abs. 2 S. 1 RDG.
§ 2 Abs: 2 S. 1 RDG, der den Anwendungsbereich gegenüber § 2 Abs. 1 RDG erweitert („unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1“), findet keine Anwendung, weil die Klägerin den Forderungseinzug nicht als eigenständiges Geschäft (Inkassodienstleistung) betreibt. Die Klägerin ist gewerbliche Autovermieterin. Zu ihrer Haupttätigkeit gehört die Autovermietung, während sich die Forderungseinziehung als bloße Nebenleistung darstellt.
Einschlägig ist vielmehr § 2 Abs. 1 RDG. Gleichwohl liegt eine erlaubnispflichtige Tätigkeit im Rahmen des RDG nicht vor, da die Tätigkeit der Klägerin als Nebenleistung gemäß § 5 Abs.1 RDG ausnahmsweise erlaubnisfrei ist.
Gemäß § 5 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen oder gesetzlich geregelten Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild oder zur vollständigen Erfüllung der mit der Haupttätigkeit verbundenen gesetzlichen oder vertraglichen Pflicht gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.
Hierbei ist zu beachten, dass durch die Gesetzesänderung vom Rechtsberatungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz anders als nach Artikel 1 § 5 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) die Zulässigkeit rechtsdienstleistender Nebenleistungen nach § 5 Abs.1 RDG keinen unmittelbaren, unlösbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit voraussetzt, sondern, dass lediglich vorausgesetzt wird, dass die Rechtsdienstleistungen zu der jeweiligen Haupttätigkeit gehören (vergl. BT-Drucksache 16/3655, S, 52). Es muss demnach lediglich ein sachlicher Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebenleistung bestehen. Zu den vertraglich vereinbarten Rechtsdienstleistungen, die nicht typischerweise zum jeweiligen Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören, kann etwa die Einziehung von Kundenforderungen zählen, die einem Unternehmer, einem Dienstleister oder einer Werkstatt erfüllungshalber abgetreten werden (vergl. BT-Drucksache 16/3655, S. 53). Im Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts wird hierzu explizit ausgeführt, dass weitere Anwendungsfälle der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit sich im Bereich der Unfallschadenregulierung etwa bei der Geltendmachung von Sachverständigen-, Mietwagen- oder Reparaturkosten seien. Gerade die im Streitfall erforderliche Rechtfertigung der eigenen Leistung oder Abrechnung durch einen Unternehmer belege die in § 5 Abs.1 geforderte Zugehörigkeit zu dessen eigentlicher Hauptleistung (BT-Drucksache 16/3655, S. 53).
Zur Hauptleistung der Klägerin, nämlich der Vermietung von Kraftfahrzeugen, gehört als Nebenleistung gerade auch die Rechtfertigung der für die Leistung beanspruchten Vergütung gegenüber dem eigenen Kunden und auch, wenn der Kunde Schadensersatzänsprüche gegen einen Schädiger hat, gegenüber der Haftpflichtversicherung des Schädigers. Hierzu gehört als Nebenleistung auch, dass die Klägerin als gewerbliche Autovermieterin im Streitfall ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Ansprüche gerichtlich durchsetzt bzw. dies jedenfalls versucht. Die Tatsache, dass dies mittlerweile zu einer Fülle auch höchstrichterlicher Entscheidungen geführt hat belegt lediglich, dass die Frage der Höhe der Vergütung zwischen den Beteiligten, nämlich den Mietwagenunternehmen einerseits und den Versicherungen andererseits, heftig umstritten ist und deswegen auch mehrere Entscheidungen des BGH zu dem streitigen Komplex bislang nicht zu einer Befriedung geführt haben. Im Kern geht es aber bei der Frage der Wirksamkeit der Abtretung nicht darum, ob in einem möglicherweise zu führenden Rechtsstreit eine schwere bzw. wenigstens heftig umstrittene Rechtsfrage zu entscheiden ist, sondern, ob die Inkassotätigkeit gegenüber der Haupttätigkeit – für die besondere Rechtskenntnisse nicht erforderlich sind – eine untergeordnete Bedeutung hat und mit dieser Haupttätigkeit in einem Zusammenhang steht. Beides ist zu bejahen.
In der Begründung zum RDG wird im Übrigen seitens des Gesetzgebers ausdrücklich die Absicht zum Ausdruck gebracht, die unter Geltung des Artikels 1 § 5 RBerG von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, dass nämlich die Einziehung abgetretener Kundenforderungen durch den gewerblichen Unternehmer nur dann zulässig sein solle, wenn es diesem im Wesentlichen darum gehe, die ihm durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, durch Gesetzesänderung nicht mehr gelten zu lassen (BTDrucksache 16/3655, S. 53).
Tatsächlich ist auch nicht ersichtlich, warum es zu Lasten des Geschädigten eines Verkehrsunfalls gehen soll, wenn der Streit um die Höhe der vom Geschädigten zu ersetzenden Mietwagenkosten nicht zwischen dem Mietwagenunternehmen und dem Schädiger beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherung, also demjenigen, der letztlich für die Zahlung der Ansprüche einzustehen hat, ausgetragen wird, sondern es dem Geschädigten selbst obliegen soll, einen möglicherweise kostspieligen Rechtsstreit um die Hohe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten zu führen, was ihm bereits aus finanziellen Gründen wesentlich schwerer fallen dürfte, als einem in der Regel solventen Mietwagenunternehmen, Dies lässt sich auch nach Sinn und Zweck des RDG nicht rechtfertigen. Die Auslegung nach Sinn und Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes führt deswegen dazu, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs.1 RDG für die Inkassotätigkeit eines Mietwagenunternehmens zu bejahen ist. Es handelt sich um eine Nebenleistung zur Haupttätigkeit, die sowohl der Interessenlage des Geschädigten eines Verkehrsunfalls entspricht, als auch eine direkte Auseinandersetzung der eigentlichen Beteiligten an der Streitigkeit über die Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten erlaubt. Diese Auslegung des § 5 Abs.1 RDG entspricht auch dem ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers (BT-Drucksache 16/3655, 8.53/64).
Die Klägerin ist aktivlegitimiert.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten ist auch der Höhe nach begründet. Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gehören zum Umfang der Schadensersatzpflicht bei einem Verkehrsunfall auch die erforderlichen Mietwagenkosten, die für die Dauer der Reparatur des Unfallfahrzeuges anfallen.
Erforderlich i.S.d, genannten Bestimmung sind so nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren Möglichkeiten den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen. Das bedeutet grundsätzlich, für den Bereich der Mietwagenkosten, dass der Geschädigte vcn mehreren auf dem örtlich relevanten Markt nicht für Unfallgeschädigte erhältliche Tarife für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Ausgehend von der Rechtsprechung des BGH kann der erforderliche Aufwand gem. § 287 ZPO geschätzt werden. Dabei kann der Schwackemietpreisspiegel des Postleitzahlengebietes des Geschädigten herangezogen werden, so lange nicht mit konkreten Tatsachenmängeln der betreffenden Schätzungsgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirkt (Vgl. Landgericht Koblenz vom 01.12.2009, Az.: 6 S 126/09, BGH vom 14.10.2008, NJW 2009, 58 ff.).
Im konkreten Fall ergeben sich keine berechtigten Zweifel daran, dass die Schwackeliste als Schätzungsgrundlage herangezogen werden kann. Die Beklagte hat zwar vorgetragen, dass dies im vorliegenden Fall nicht möglich sei, sie hat allerdings keine konkreten Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass gerade im vorliegenden Fall die Schwackeliste als Schätzungsgrundlage ungeeignet wäre. Die pauschale Bezugnahme auf eine bessere Vertretbarkeit der Anwendung der Studie des Fraunhofer Instituts reicht hierfür nicht aus. Eine Schätzung auf der Grundlage des Fraunhofer Mietwagenspiegels kommt daher aus Sicht des Gerichts vorliegend nicht in Betracht
Die Beklagte hat auch keine adäquaten Vergleichsangebote vorgetragen, die sich konkret auf den örtlichen Markt beziehen und die dem Geschädigten im fraglichen Zeitraum eine günstigere Anmietung ermöglicht hätten. Einzelne Freisangebote aus dem Juni und Juli 2011 sind nicht geeignet darzustellen, wie sich der Mietwagenmarkt bezüglich des konkreten Fahrzeuges und der konkreten Umstände zum Zeitpunkt der Anmietung des Fahrzeuges im März 2011 dargestellt hat. Insofern ist der Vortrag der Beklagten unsubstantiiert.
Die Beklagte hat die Berechnung der Klägerin auf Grundlage des Schwackemietpreisspiegels an sich nicht bestritten. Sie hat lediglich die Anwendung des Schwackemietpreisspiegels sowie die Eingruppierung bestritten. Gegen die konkrete Berechnung im Falle der Anwendung des Schwackemietpreisspiegels sind mithin keine Einwände vorgetragen, so dass das Gericht, da es von der Anwendung des Schwackemietpreisspiegels ausgeht, die Berechnung auf Grundlage der von der Klägerin vorgetragenen Zahlen durchführen kann. Diesbezüglich geht das Gericht davon aus, dass die Geschädigte auch ein Fahrzeug der Gruppe 7 hätte anmieten dürfen, da das verunfallte Fahrzeug der Gruppe 9 zuzuordnen war. Mietet die Geschädigte „nur“ ein Fahrzeug der Gruppe 6 an, so darf ihr dies nicht zum Nachteil gereichen. Hierauf kommt es aber letztlich nicht an, da nach dem Schwackemietpreisspiegel auch der für ein Fahrzeug der Gruppe 6 angemessene Betrag über dem von der Klägerin geforderten Betrag liegt. Denn danach wäre für 10 Tage der Normaltarif 959,00 €, der 20%ige Aufschlag 191,80 € und der Preis für die Haftungsreduzierung 240,00 €, mithin zusammen 1.390,80 €. Die Klägerin macht aber lediglich einen Betrag von 1.324,83 geltend, der mithin auch dann noch als angemessen anzusehen ist,
Danach liegen die von der Klägerin in Rechnung gestellten Mietpreise unter denen, die nach der Schwackeliste für den Normaltarif anzusetzen sind. Damit ist der von der Klägerin geforderte Mietwagenpreis als unter dem marktüblichen Mietwagenpreis anzusehen. Sofern auf der Basis dieses Mietpreises durch den Vermieter abgerechnet wird, geht das Gericht davon aus, dass eine weitere Pflicht des Unfallgeschädigten zur Marktanalyse hinsichtlich alternativer Mietwagenangebote nicht besteht.
Die Klägerin kann von der Beklagten aus abgetretenem Recht auch einen pauschalen Aufschlag von 20 % auf den Normaltarif verlangen, weil sie Leistungen erbracht hat, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich waren.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es nicht erforderlich, für die Frage der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Unfallersatztarifs die Kalkulation des konkreten Vermieters nachzuvollziehen. Vielmehr hat sich die Prüfung darauf zu beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an den Unfallgeschädigten allgemein den Mehrpreis rechtfertigen. Dies Ist hierzu bejahen. Die Klägerin hat das Geschäft vorfinanziert. Sie hatte zudem einen erhöhten Verwaltungsaufwand, da sie mit der Geschädigten den Unfallhergang erörtern und mit der beklagten Versicherung in Kontakt treten musste. Des Weiteren besteht ein Ausfallrisiko, womit ein weiterer Zuschlag berücksichtigt werden muss. Soweit die Mietwagenkosten nicht oder nicht vollständig von der Versicherung ausgeglichen werden, muss das Mietwagenunternehmen, welches über keinerlei Sicherheiten verfügt damit rechnen, mit diesem Restbetrag auszufallen. Auch für die Fahrzeugbereitstellung ohne Vorreservierung entstehen der Klägerin zusätzliche Aufwendungen. Sie musste das Ersatzfahrzeug bereithalten.
Unfallspezifische Leistungen des Mietwagenuntemehmens bei der Vermietung an Unfallgeschädigte können im Rahmen der Schadenschätzung einen Pauschalaufschlag rechtfertigen. Das Gericht hält hier einen Pauschalaufschlag auf den Normaltarif in Höhe von 20 % für gerechtfertigt, § 287 ZPO.
Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Ersatz der für eine zusätzlich abgeschlossene Vollkaskoversicherung angefallenen Kosten aus abgetretenem Recht (vergleiche BGH vom 15.02.2005, in Jw 2006,1041).
Die Klage ist daher insgesamt hinsichtlich der Hauptforderung vollumfänglich begründet.
Die Zinsen rechtfertigen sich aus §§ 286 ff. BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Ziffer 11,713 ZPO.
Soweit das AG Montabaur.
Hallo Babelfisch,
das erkennende Amtsgericht in Montabaur konnte die Rechtsprechung des BGH zur Aktivlegitimation und Einziehung von Mietwagenkosten noch nicht berücksichtigen. Das Urteil des AG Montabaur ist vom 21.10.2011. Die von Dir im Vorspann erwähnte BGH-Rechtsprechung zur Aktivlegitimation und Einziehung von Mietwagenkosten ist vom 31.1.2012 – VI ZR 143/11 -. Gleichwohl ist aber die Begründung des Amtsrichters aus dem Westerwald nachvollziehbar und in meinen Augen korrekt.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker