Mit Urteil vom 21.05.2012 (920 C 529/11) hat das Amtsgericht Hamburg-St. Georg den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 99,19 € zzgl. Zinsen verurteilt. Wieder einmal hat die Versicherung billigend in Kauf genommen, dass die ihrer Regulierungshoheit unterliegenden Beteiligten die Suppe auslöffeln dürfen, die diese rücksichtlos ihnen eingebrockt hat. Es dürfte auf der Hand liegen, dass der Beklagte über den Verlauf und den Ausgang des Rechtsstreits keine Kenntnis erhält. Daher wäre es tunlich, wenn die obsiegende Partei der unterliegenden Partei das Urteil in Kopie übersendet. Die Begründung des Gerichts in der Hauptsache dürfte den Nagel auf den Kopf treffen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Ausgleich weiterer Sachverständigenkosten in begehrter Höhe aus §§ 823, 398 BGB, 7,17 StVG, 115 VVG aus abgetretenem Recht.
Unstreitig hat die Beklagte vollen Umfangs für die Beschädigung des Kraftfahrzeugs des Zedenten X. beim Verkehrsunfall am XX.XX.2011 als Halter des unfallgegnerischen Fahrzeugs Ersatz zu leisten. Zum ersatzfähigen Schaden gehören auch die Kosten der Schadensfeststellung.
Die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe sind grundsätzlich zu ersetzen, sofern der Geschädigte sie nach den Umständen des Falls für notwendig erachten durfte. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit sind die Grundsätze des § 254 Abs.2 BGB heranzuziehen, die den Geschädigten zur Schadensminderung anhalten. Eine uneinge-chränkte Ersatzpflicht gegenüber dem Geschädigten besteht allerdings regelmäßig auch dann, wenn die für das Gutachten vereinbarte Vergütung übersetzt sein sollte (wovon vorliegend allerdings nicht ausgegangen wird).
Es kann dahinstehen, ob die der Zedentin vom Kläger in Rechnung gestellte Vergütung ortsüblich und angemessen ist – darauf kommt es bei der hier nach § 631 Abs.1 BGB getroffenen Vergütungsvereinbarung ohnehin nicht an – und eine ggf. überhöhte Rechnungsstellung im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem von ihm beauftragten Sachverständigen eine Verletzung vertraglicher Nebenpflichten darstellt. Nach ständiger Rechtsprechung ist der hinzugezogene Sachverständige nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten im Zusammenhang mit dessen Schadensminderungspflicht. Eine Vertragspflichtverletzung des Sachverständigen wegen übersetzter Vergütungsforderung kann demnach dem Schadenersatzanspruch des Geschädigten nicht nach §§ 254 Abs.2, 278 BGB entgegengehalten werden.
Die Geschädigte war auch nicht verpflichtet, vor Beauftragung des Klägers Vergleichsangebote einzuholen. Eine Recherchepflicht bestand nicht. Insbesondere war er nicht gehalten, vor der Beauftragung Preisvergieiche einzuholen. Dies ist schon deshalb kaum möglich, weil sich üblicherweise das Sachverständigenhonorar nach der Höhe der kalkulierten Reparaturkosten richtet. Gerade über die Höhe der voraussichtlichen Reparaturkosten ist vor Begutachtung aber nichts Näheres bekannt. Erkenntnisse bringen hier erst die sachverständigen Feststellungen zum Reparaturumfang und die darauf aufbauende Reparaturkostenkalkulation. Der Anspruch der Geschädigten könnte allenfalls entfallen oder gemindert sein, wenn ihr ein Auswahiverschulden hinsichtlich der Person des Sachverständigen zur Last gelegt werden könnte, wenn etwa bekannt wäre, dass der ausgewählte Sachverständige fortwährend überhöhte Gebühren in Rechnung stellt. Dies jedoch ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Erst wenn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann vollständiger Ausgleich der Aufwendungen nicht mehr verlangt werden.
Dieses Ergebnis benachteiligt den Ersatzpflichtigen auch nicht unbillig. Der Einwand der Gebührenüberhöhung aufgrund einer Gebührenvereinbarung ist nur im Verhältnis Geschädigter/Schädiger von vornherein unbeachtlich. Gangbarer Weg ist die Abtretung eventueller Schadenersatzansprüche des Geschädigten wegen Gebührenüberhöhung gegen den von ihm beauftragten Sachverständigen. Allein dies ist sachgerecht. Anderenfalls müsste sich der Geschädigte wegen der Honorarforderung des Sachverständigen mit diesem auseinandersetzen, gegebenenfalls gerichtlich und allein im Interesse des Schädigers. Dies überstiege die Anforderungen an die Schadensminderungspflicht aber bei Weitem.
Der Kläger hat im Rahmen seiner Honorartabelle abgerechnet. Dies gilt auch hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten. Der erstattungsfähige Schaden beläuft sich mithin auf EUR 305,19. Die Beklagte hat EUR 206,00 gezahlt, so dass die mit der Klage geltend gemachten restlichen EUR 99,19 zuzusprechen waren.
Die Zinsforderung ist aus §§ 286 Abs.2 Nr. 3, 288 Abs.1. BGB begründet. Die Kosten der Halterfeststellung sind als erforderliche Kosten der Rechtsverfolgung ebenfalls erstattungsfähig. Vorgerichtliche Rechtanwaltskosten stehen dem Kläger jedoch nicht zu. Es wurde nicht dargelegt, dass der Bevollmächtigte vorprozessual überhaupt für den Kläger tätig geworden ist.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 713 ZPO.
Soweit das AG HH-St. Georg.
Hallo Babelfisch,
die richtige Ansicht, wie mit Sachverständigenkostenrestforderungen umzugehen ist, hat sich auch in den Norden festgesetzt, wie das Urteil des AG Hamburg- St. Georg beweist.
Aber da können noch eine Vielzahl richtiger Urteile ergehen, die HUK-Coburg lernt es nicht mehr. Sie wird weiter wie Don Quichote kämpfen, glaube ich.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker