Mit Urteil vom 12.11.2009 (3 C 207/09) hat das Amtsgericht Arnsberg die Allianz Versicherungs-AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 234,60 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.
Aus dem Urteil:
Tatbestand (verkürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht restliche Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall geltend, wobei die 100%-ige Haftung der Beklagten zwischen den Parteien unstreitig ist.
Am xx.xx.2008 verunfallte die Zeugin X mit ihrem Fahrzeug, einem Fiat 500. Die Beklagte ist die Haftpflichtversicherung des Unfallsverursachers. Vom 20.01. bis 27.01.2009 mietete die Zeugin bei der Klägerin ein Ersatzfahrzeug der Mietwagengruppe 1 an. Sie trat mit Erklärung vom 20.01.2009 ihre Forderung gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers ab. Die Klägerin rechnete für die Bereitstellung des Mietwagens mit Rechnung vom 29.01.2009 einen Betrag in Höhe von 774,11 €, auf den die Beklagte am 26.03.2009 400,00 € zahlte.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die zur Verfügung gestellten Leistungen nach der Schwacke-Liste 2008 abrechenbar seien. Danach ergeben sich Mietwagenkosten für 8 Tage von 451,00 €, 141,12 € für die Vollkaskoversicherung, 84,03 € Netto für Winterbereifung, 42,48 € für die Abholung und Zustellung. Ein Betrag von 774,11 € sei jedenfalls erforderlich i. S. d. § 249 BGB.
Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 374,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2009 sowie 83,54 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen. Sie hat die Klage mit Schriftsatz vom 17.09.2009 in Höhe von 39,51 € zurückgenommen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 334,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.02.2009 sowie 83,54 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Anspruch sei nach § 404 BGB wegen unterlassener Aufklärung bzgl. Schwierigkeiten mit der Abrechnung auf den Normaltarif beschränkt. Der abgerechnete Tarif sei nicht erforderlich i. S. d. § 249 BGB. Die Schwacke – Liste stelle keine geeignete Schätzgrundlage dar, weil die Erhebung methodische Mängel aufweise und dementsprechend keine aktuellen Marktpreise wiedergebe.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Die Klägerin kann von den Beklagten Ersatz weiterer Mietwagenkosten gemäß § 3 PflVersG i.V.m. §§ 249, 251 Abs. 2, 398 BGB in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verlangen.
Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Die Schadenshöhe kann der Tatrichter nach § 287 ZPO nach seinem Ermessen schätzen. Als Schätzgrundlage kann er auf Tabellen zurückgreifen. Die Frage, wie der zu ersetzende Normaltarif bestimmt wird, beantwortet das Gericht dahingehend, dass hierfür der „Schwacke-Mietpreisspiegel“ heranzuziehen ist. Derjenige, der sich nicht nach Vergleichsangeboten erkundigt, muss sich nicht so behandeln lassen, als ob er im Rahmen der Erkundigungen den günstigsten am Markt erzielbaren Preis erfahren hätte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er einen „Durchschnittspreis“ erzielt hätte. Der erstattungsfähige „Normaltarif“ darf vom Tatrichter auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt werden (BGH, Urt. v. 30.01.2007, VI ZR 99/06 – ZfS 2007, 330). Die Anwendung des „Schwacke-Mietpreisspiegels 2008″ ist nicht zu beanstanden. Denn aus dem Editorial zum Mietpreisspiegel ergibt sich, dass die Erhebung einer repräsentativen, wissenschaftlichen und grundsätzlichen Marktforschung entspricht. Beim Mietpreisspiegel 2008 wurden mehr als 8.700 Vermieterstationen befragt, was eine Rate von 12 Meldungen pro Postleitzahlengebiet entspricht. Warum dies nicht ausreichen soll, wird von Beklagtenseite nicht substantiiert dargelegt. Im Übrigen ist es nicht Sinn und Zweck des § 287 ZPO, eine mathematisch exakte Ermittlung zu ermöglichen. Vielmehr soll die Schätzung „der Wahrheit möglichst nahe kommen“. Solange keine genauere Schätzgrundlage vorhanden ist, bestehen daher gegen die Anwendung des Schwacke-Mietpreisspiegels aus juristischer Sicht keine durchgreifenden Bedenken (so auch OLG Karlsruhe, VersR 2008, 92; LG Bielefeld, NJW2008, 1601).
Die von der Beklagten angeführte Fraunhofer-Erhebung im Postleitzahlenraum 59 ist für das vorliegende Verfahren nicht von Bedeutung, da ein Geschädigter im Raum Arnsberg keine Erkundigungen im gesamten weiträumingen Postleitzahlenraum 59 anstellen muss.
Das geschädigte Fahrzeug vom Typ Fiat 500 ist in Gruppe 2 einzuordnen, wie sich aus der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch ergibt. Die Klägerin hat sich daran festzuhalten, dass die Zeugin lediglich ein Fahrzeug der Gruppe 1 angemietet hat. Unstreitig hat die Klägerin das Fahrzeug zugestellt und abgeholt. Zudem wurde das Fahrzeug vollkasko versichert. Weitere Zusatzleistungen sind in dem Schwacke-Tarif enthalten. Der Schwacke-Tarif ist unabhängig von der angemieteten Jahreszeit und gilt ganzjährig. Die erforderlichen jahreszeitbedingten Leistungen sind enthalten.
Danach ergeben sich folgende erstattungsfähigen Mietwagenkosten:
7 Tagespauschale nach Schwacke (mittel) 385,00 €
1 Tage nach Schwacke (mittel) 66,00 €
zzgl. Zustellung/Abholung (modus) 42,48 €
zzgl. Kaskoversicherung 141,12 €
Zwischensumme 634,60 €
abzgl. vorprozessualer Zahlung 400,00 €
Summe: 234,60 €
Da der Schwacke-Mietpreisspiegel Bruttopreise enthält, war keine weitere Mehrwertsteuer hinzuzusetzen.
Der Anspruch ist nicht weiter nach § 404 BGB beschränkt, da der Geschädigte jedenfalls den Normaltarif ersetzt verlangen kann.
Der Zinsanspruch sowie die vorgerichtlichen Anwaltskosten ergeben sich aus §§ 280 Abs. 1,2, 286, 288 BGB.
Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 249 BGB. Der Anspruch ist aber nur nach einem Gegenstandswert von bis zu 300,00 € gerechtfertigt.
Soweit das AG Arnsberg.