LG Düsseldorf bügelt das AG Düsseldorf ab und rückt die Verhältnisse bei der Mietwagenproblematik wieder gerade (21 S 164/11 vom 31.05.2011)

Mit Urteil vom 31.05.2012 (21 S 164/11) hat das Landgericht Düsseldorf das karnevalistische erstinstanzliche Urteil des AG Düsseldorf vom 04.03.2011 (43 C 4653/10) aufgehoben und in wesentlichen Teilen der Klage stattgegeben. Die beklagte DEVK hatte sich möglicherweise zu früh gefreut und Geschädigte, die mit dem amtsgerichtlichen Urteil konfrontiert werden, können nunmehr locker entgegentreten.

Aus den Urteilsgründen:

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten einen weitergehenden Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten geltend.

Der Klage vorausgegangen ist ein Verkehrsunfall der Versicherungsnehmerin der Beklagten X aus welchen die Beklagte dem Grunde nach unstreitig zum Ersatz verpflichtet ist. Die Geschädigte trat mit Abtretungserklärung vom 16.03.2009 ihre Ansprüche hinsichtlich der Mietwagenkosten an die Klägerin ab. Die Klägerin beanspruchte insgesamt 1.224,98 EUR an Mietwagenkosten, wovon die Beklagte 380,00 EUR übernahm.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 04.03.2011 abgewiesen und der Zedentin einen Verstoß gegen ihre Schadensminderungspflicht vorgeworfen.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt.

Von der Darstellung tatsächlicher Feststellungen im Übrigen wird gemäß §540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden; §§511, 517, 519 ZPO.

In der Sache hat die Berufung in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe Erfolg.

Dem Grunde nach ist die Haftung der Beklagten unstreitig, §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 2 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 VVG, sodass vorliegend nur noch über die Höhe zu entscheiden war.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Die Abtretungserklärung ist nicht wegen einem Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) gemäß § 134 BGB nichtig, denn die klageweise Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Kunden, die auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs infolge eines Verkehrsunfalls zurückzuführen sind, stellt sich für den Autovermieter als eine Nebenleistung zur Ausübung seiner Hauptdienstleistung, der Vermietung von Kraftfahrzeugen dar, die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG erlaubt ist (vgl. BGH Urt. v. 31.01.2012, VI ZR 143/11).

Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB fallen auch die Mietwagenkosten unter den ersatzfähigen Schaden.

Soweit das erstinstanzliche Gericht der Zedentin einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht, § 254 Abs. 2 BGB, vorgeworfen und die Klage abgewiesen hat, ist dem nicht zu folgen. Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin den Erhalt des Schreibens vom 11.03.2009 mit Nichtwissen, § 138 Abs. 1, 2 ZPO bestreiten kann, war dieses jedenfalls nicht geeignet einen Verstoß nach § 254 Abs. 2 BGB zu begründen.

Das Schreiben befasst sich mit der Stellung eines Ersatzfahrzeugs durch 2 verschiedene Anbieter. Angegeben ist zudem jeweils eine Durchwahl sowie ein Tagespreis von 38,00 EUR für einen Mietwagen. Ausweislich des Schreibens vom 11.03.2009 bezieht sich dieses auf ein „gleichwertiges“ Fahrzeug (Bl. 41 d. A.).

Dieses Angebot war wegen fehlender Spezifizierung nicht annahmefähig. Ein Angebot i.S.d. § 145 BGB liegt nicht vor, da die Annahme nicht durch ein einfaches „Ja“ erfolgen konnte (vgl. Ellenberger in: Palandt/Heinrichs, 71. Auflage, § 145 Rn.1). Unklar bleibt um was für einen Wagentyp es sich bei einem „gleichwertigen“ Ersatzfahrzeug handeln soll und ob ein solches Fahrzeug überhaupt bei den angegebenen Firmen abrufbar wäre. Der Vertragsbestandteil wurde nicht hinreichend umrissen (vgl. hierzu auch AG Bonn, Urt. v. 12.06.2007, 13 C 321/06).

Die Klägerin kann von der Beklagten auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels 2008 für den Postleitzahlenbereich 402, Fahrzeugklasse 2, Zahlung der aus dem Tenor ersichtlichen restlichen Mietwagenkosten verlangen. Zwischen den Parteien ist es als unstreitig anzusehen, dass der Postleitzahlenbereich 402, Fahrzeugklasse 2, zugrunde zu legen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Die Klägerin hat sich lediglich ersparte Eigenaufwendungen in Abzug bringen zu lassen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.11.1997, Az.: 1 U 104/96). Diese hat auch die Klägerin in ausreichender Höhe bereits pauschal mit 5 Prozent der Nettomietwagenkosten angesetzt und von dem geforderten Betrag in Abzug gebracht. Bei einer 10-tägigen Ersatzanmietung ergeben sich abzüglich eines 5 % Abschlags ersatzfähige Kosten in Höhe von 508,94 EUR.

Ausgangspunkt für die Ermittlung der erforderlichen Mietwagenkosten ist zunächst der Normaltarif, der den Mindestbetrag der dem Geschädigten zu ersetzenden Mietwagenkosten darstellt (OLG Köln, NZV 2007, 199, 203; OLG Düsseldorf, NZV 2000, 366, 369).

Dieser Normaltarif kann dabei – in Ausübung des in § 287 ZPO eingeräumten Ermessens – auf der Grundlage des gerichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels für den jeweiligen Postleitzahlenbereich ermittelt werden (BGH NJW 2006, 1124 ff.; BGH, BGH BB 2007, 1755 f.; OLG Köln, Urteil vom 02.03.2007, Az.: 19 U 181/06).

Der Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 stellt für diese Schadenschätzung eine geeignete Grundlage dar (BGH, Urteil vom 11.03.2008, Az.: VI ZR 164/07; LG Krefeld, Urteil vom 13.08.2009, Az.: 3 S 41/08; LG Bielefeld, Urteil vom 09.05.2007, 21 S 68/07; LG Bonn, MZV 2007, 362, 365; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 08.05.2007, 8 O 861/07). Zuletzt ist die Geeignetheit des Schwacke-Mietpreisspiegels erneut höchstrichterlich durch Urteile des BGH vom 19.01.2010, Az.: VI ZR 112/09, vom 02.02.2010, Az.: VI ZR 7/09 und vom 02.02.2010, Az.: VI ZR 139/08 bestätigt worden (vgl. ebenso OLG Köln, NZV 2010, 144, 145).

Die Kammer hat daher keinen Anlass, statt des Schwacke-Mietpreisspiegels 2008 eine andere Schätzgrundlage, insbesondere die Erhebungen des Fraunhofer-Instituts zu den Mietwagenpreisen zugrunde zu legen. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, ist nur dann nicht gegeben, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH, Urteil vom 11.03.2008, Az.: VI ZR 164/07). Solche Tatsachen trägt die Beklagte nicht vor, vielmehr beschränkt die Beklagte sich darauf, die generelle Vorzügswürdigkeit der Frauenhofer-Liste hervorzuheben.

Zusätzlich war vorliegend ein Zuschlag von 20 Prozent gerechtfertigt (101,79 EUR), weil ein höherer Mietwagenpreis als der Normaltarif zur Schadensbeseitigung erfor-derlich war. Der Aufschlag rechtfertigt sich beispielsweise in Bezug auf die Vorfinanzierung des Mietpreises, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Haftungsanteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder den Kfz-Vermieter, eine Fahrzeugvorhaltung auch schlechter ausgelasteter Fahrzeuge, das Erfordernis der Einrichtung eines Notdienstes, einen erhöhten Verwaltungsaufwand sowie in Bezug auf das Erfordernis der Umsatzsteuervorfinanzierung. Ein solcher pauschaler Aufschlag allein erscheint praktikabel und notwendig, um die Schadensabwicklung zu vereinheitlichen und zu erleichtern, zumal der Geschädigte regelmäßig keine Erkenntnisse über die betriebswirtschaftlichen Kalkulationen der Mietwagenunternehmen und deshalb keine Möglichkeit hat, konkrete Tatsachen zur Erforderlichkeit und zur Höhe eines Aufschlags auf den Normaltarif vorzutragen (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2008, Az.: 20 S 190/06, OLG Köln, MZV 2007, 199; LG Düsseldorf, Urteil vom 10.02.2010 (Az.: 23 S 139/09).

Überdies hat die Klägerin gegen die Beklagte auch Anspruch auf Ausgleich der Kosten für die Haftungsbefreiung.

Was die Kosten für die Zustellung bzw. Abholung des Ersatzfahrzeuges (insgesamt 42,02 EUR) betrifft, wurde von der Klägerin nicht dargelegt, dass diese Kosten tatsächlich angefallen sind. Die Beklagte hat auf diesen Punkt hingewiesen und den Anfall bestritten (Bl. 38 d. A.). Die Klägerin hat zu dieser Position nicht weiter vorgetragen oder Beweis angeboten, sodass die Position – auch ohne weiteren gerichtlichen Hinweis – nicht zuzusprechen war.

Die Klägerin kann auch nicht Ersatz des sich aus der Schwacke-Tabelle ergebenden und geltend gemachten Zweitfahrerzuschlags verlangen (168,07 EUR). Die Kosten für einen Zusatzfahrer sind dann zu erstatten, wenn auch das unfallbeschädigte Fahrzeug von einerweiteren Person gefahren wurde (vgl. OLG Köln NZV2007, 199). Vorliegend hat die Klägerin zwar vorgetragen, dass eine Fahrzeugnutzung durch Frau Baiig vorgesehen war, indes fehlt die Angabe durch wen das Fahrzeug zusätzlich genutzt wurde. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Nutzung durch Frau Baiig ausschließlich erfolgte und die Nutzung durch eine weitere Person bestritten (Bl. 38 d. A.). Hierzu hat die Klägerin lediglich weiter vorgetragen, dass Kosten für einen Zweitfahrerzuschlag grundsätzlich dann erstattungsfähig sind, wenn eine weitere Person das Unfallfahrzeug nutze. Beweis wurde nicht angetreten, sodass auch diese Position nicht zuzusprechen war.

Die Kosten für eine Winterbereifung sind indes erstattungsfähig. Dies gilt unabhängig davon, ob auch die geschädigten Fahrzeuge über eine solche Bereifung verfügte. So besteht seitens der Autovermieter die Pflicht, den Kunden ein verkehrssicheres Auto zur Verfügung zu stellen, zu welchem in den Wintermonaten gehören. Dies gilt auch für den Monat März, in dem es weiterhin zu winterlichen Straßenverhältnissen kommen kann. Da Neufahrzeuge regelmäßig nur über Sommerreifen verfügen, fallen den Autovermietern durch die Anschaffung und Bereithaltung von Winterreifen besondere Ausgaben zur Last, die sie im Rahmen der Preisgestaltung an ihre Kunden weitergeben dürfen. Dabei sind Winterreifen auch nicht als Preisbestandteile des Normaltarifs anzusehen.

Der Zinsanspruch war erst ab Rechtshängigkeit zuzuerkennen, 05.06.2010, §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Soweit die Klägerin Verzugsbeginn bereits am 28.04.2009 annimmt, ist § 286 Abs. 3 BGB wegen Vorliegens einer Schadensersatzforderung nicht anwendbar (vgl. Grüneberg in Palandt/Heinrichs, § 286, Rn. 27). Ein Hinweis der Kammer war entbehrlich, da die Beklagte den Verzugsbeginn ausdrücklich gerügt hat (vgl. Bl. 39 d. A.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Soweit das LG Düsseldorf

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Eine Antwort zu LG Düsseldorf bügelt das AG Düsseldorf ab und rückt die Verhältnisse bei der Mietwagenproblematik wieder gerade (21 S 164/11 vom 31.05.2011)

  1. Willi Wacker sagt:

    Hallo Babelfisch,
    hinsichtlich der Begründung der vorzugsweise Heranziehung der Schwacke-Liste gegenüber der Fraunhofer-Erhebung eine gelungene Entscheidung. Dies gilt auch für die Begründung hinsichtlich der Abweisung der behaupteten Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht durch den Geschädigten. Der eintrittspflichtige Versicherer hat keine annahmefähigen Angebote unterbreitet. Im Übrigen ist der Begriff des „gleichwertigen Ersatzfahrzeuges“ zu unbestimmt. Was soll darunter verstanden werden? Schon die allgemeinsten Begriffe des Allgemeinen Teils des BGB sind von der Beklagten nicht beachtet worden. Was soll man daher von der DEVK halten? Insgesamt ein prima Urteil.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

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