Mit Urteil vom 27.10.2009 (111 C 3312/08) hat das AG Berlin-Mitte die HDI DirektVersicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 521,58 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an, die Fraunhofer Tabelle wird abgelehnt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die auf §§ 7 Abs. 1 StVG, 823, 249 ff. BGB, 3 PflVG gestützte Klage ist in Höhe von 870,25 € begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 870,25 €. Nach § 249 Abs. 2 BGB kann er als Herstellungsaufwand Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Dabei muss er von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung wählen. Der Geschädigte muss sich an den örtlichen Tarifen, und zwar nicht nur an den sog. Unfallersatztarifen, sondern an allen ihm zugänglichen Mietfahrzeug angeboten orientieren.
Die Mietwagenkosten zur Unfallzeit schätzt das Gericht auf Basis des Schwacke-Mietpreisspiegels gemäß. § 287 ZPO entsprechend der Berechnung des Klägers, der den Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 zugrunde gelegt hat, auf 662,00 €. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Seite 4 f, der Klageschrift (Bl. 4 f. d. A.) verwiesen.
Hierauf ist kein 30 %-iger Aufschlag wegen angeblich besonderer Risiken des Unfallersatzgeschäftes vorzunehmen. Ein solcher Aufschlag ist jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn das Ersatzfahrzeug vom Betreiber der Werkstatt, die das beschädigte Fahrzeug repariert, aufgrund eines sog. „AllService“ vermietet wird. Der Vermieter erlangt dann zugleich Besitz am beschädigten Fahrzeug und braucht dieses erst herauszugeben, wenn der Geschädigte sämtliche Ansprüche aus dem Servicevertrag erfüllt hat.
Der Kläger hat darüber hinaus Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Winterpaket in Höhe von 208,25 € brutto. Denn der Hyundai war – wie aus dem Schadengutachten ersichtlich – mit Winterreifen ausgestattet. Demgemäß durfte der Kläger auch ein Fahrzeug mit Winterreifen, die von Vermietern regelmäßig gesondert in Rechnung gestellt werden, anmieten.
Danach errechnet sich der Ersatzanspruch des Klägers wie folgt:
Mietwagengrundtarif 662,00 €
Winterpaket 208,25 €
insgesamt 870,25 €
hierauf gezahlt 348,67 €
verbleiben 521,58 €
Es sind 5 Tage bei der Berechnung zugrunde zu legen, da der reparierte Hyundai erst am xx.xx.2008, dem begonnenen 5. Tag von der Werkstatt ausgegeben wurde.
Eine Eigenersparnis ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts nicht abzuziehen.
Die von der Beklagten ermittelten Internettarife sind nicht vergleichbar. Sie haben keine Tarife für Geländewagen ermittelt. Dies zeigt insbesondere das Angebot von Europcar (BL 52 d. A.). Dort ist ein Fahrzeug der Kategorie Minibusse, nicht eins der Kategorie Jeeps – also Geländewagen – ausgewählt. Ein Mercedes der A-Klasse (AVIS-Angebot; BL 54 d. A.) ist schon gar nicht mit einem Geländewagen zu vergleichen.
Die Fraunhofer Studie, auf welche sich die Beklagte bezieht, ist nicht als Grundlage der Schätzung heranzuziehen. Die Methodik der Erhebung begegnet erheblichen Bedenken. Die Darstellung der Ergebnisse der telefonischen Umfrage beschränkt sich auf einstellige Postleitzahlenbereiche, während die Schwacke-Liste nach dreistelligen Bereichen unterscheidet. Dies erlaubt die Analyse regionaler Besonderheiten, die aus der Fraunhofer Studie nicht hervorgehen. Darüber hinaus wird diese Studie durch die Ergebnisse von Internetrecherchen auf den Portalen sechs großer Anbieter verzerrt. Dies wird auch durch eine sog. Gewichtung der Ergebnisse nicht kompensiert. Eine derartige Gewichtung erinnert fatal an das bekannte Wort „Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe“. Darüber hinaus ist es nicht Aufgabe einer Markterhebung Ergebnisse zu gewichten, sondern darzustellen, innerhalb welcher Spannen sich die tatsächlich ermittelten Preise des Marktes bewegen,
Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB begründet.
Die Beklagte hat darüber hinaus restliche Anwaltskosten von 43,27 € nach einem Wert von 4.287,00 € (3.766,00 € + 521,00 €) zu erstatten (446,13 € – 402,86 €).
Soweit das AG Berlin-Mitte.