Mit Urteil vom 31.07.2009 (5 O 379/08) hat das LG Ellwangen die Generali Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 363,39 € zzgl. Zinsen sowie weiterer vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an, die Fraunhofer Tabelle wird abgelehnt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Soweit über die zulässige Klage noch zu entscheiden war, ist sie weitgehend begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 363,39 € aus §§ 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in Verbindung mit §§ 7 Abs. 1, 18 StVG, 823 Abs. 1, 249 ff. BGB.
Dass der Kläger vollständigen Ersatz der durch den Verkehrsunfall verursachten Schäden verlangen kann, ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Voraussetzungen einer Haftung des Versicherungsnehmers der Beklagten aus §§ 7 Abs. 1, 18 StVG, 823 Abs. 1 BGB liegen vor. Auch ist von einer Haftung des Versicherungsnehmers zu 100 % auszugehen. Den Anspruch gegen den Versicherungsnehmer kann der Kläger gemäß § 115 Abs.1 Nr. 1 VVG direkt gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer geltend machen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Kläger als Geschädigter nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. BGHZ 160, 377, 383 f., BGH NJW 2009, 58-60). Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarife für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann.
Gemäß § 287 ZPO konnte das Gericht hier über die Höhe des entstandenen Schadens unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entscheiden.
Danach ist das Gericht – wie auch der Kläger – als Berechnungsgrundlage von dem sogenannten „Normaltarif“ nach dem gewichteten Durchschnittsmietpreis des Schwacke-Mietpreisspiegels 2007 im Postleitzahlengebiet des Klägers ausgegangen.
Grundsätzlich kann der jeweilige Schwacke-Automobilpreisspiegel auch zur Ermittlung der erforderlichen Kosten herangezogen werden (BGH NJW 2009, 58-60). § 287 ZPO verlangt zur Schadensschätzung eine hinreichend gesicherte, im wesentlichen anerkannte und nicht in Frage gestellte Anknüpfungsgrundlage. Das gewichtetet Mittel des Schwacke-Automobilpreisspiegel 2007 im Postleitzahlengebiet des Klägers stellt eine derart gesicherte Grundlage dar (BGH NJW 2009, 58). Deren Eignung bedarf vorliegend nicht der Klärung. Zwar hat die Beklagte unter Hinweis auf einen Vergleich mit dem Mietpreisspiegel des Fraunhofer Instituts methodische Mängel bei der jeweiligen Erhebung des Schwacke-Mietpreisspiegels geltend gemacht. Dies führt aber zu keiner anderen Beurteilung. Zwar darf die Schadenshöhe nicht aufgrund falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bedarf die Eignung der bei der Schadensschätzung verwendeten Listen oder Tabellen aber nur dann weiterer Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH NJW 2008, 2910-2912, 1519-1520). Solche Umstände liegen im Streitfall aber nicht vor. Tatsachenvortrag dazu, dass und inwieweit der nach der Schwacke-Liste 2007 ermittelte „Normaltarif“ für die vorzunehmende Schätzung des konkreten Falles nicht zutrifft, fehlt vorliegend. Lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage – wie im vorliegenden Fall gegen den Schwacke-Mietpreisspiegel an sich – ist nicht nachzugehen, da Einwendungen gegen die Grundlage der Schadensbemessung – wie oben dargestellt – nur dann erheblich sind, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind (BGH NJW 2008, 2910-2912,1519-1520). Solche Einwendungen liegen hier nicht vor.
Der vom Kläger in Rechnung gestellte pauschal um 25 % erhöhte Tarif erscheint dem Gericht angemessen. Denn dessen Besonderheiten rechtfertigen mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis, weil sie unfalltypische Mehrleistungen und Risiken des Vermieters, des Streithelfers, abgelten, die infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. So wurde das Fahrzeug nicht in den Räumen des Streithelfers in einer seiner Stationen in Ansbach oder Gunzenhausen vermietet, sondern in Wiesenbach in fremden Firmenräumen. Die Anmietdauer stand noch nicht von vornherein fest, da die Reparaturzeit noch ungewiss war, nachdem das Gutachten über den Schadensumfang noch nicht vorlag. Der Streithelfer verzichtete auf die Stellung einer Kaution und Bonitätsprüfung durch Belastung der Kreditkarte, nachdem der Kläger, der den Mietwagen noch am Unfalltag anmietete, über keine Kreditkarte verfügte und Kautionsstellung auf elektronischem Weg im Übrigen nur in den Vermietstationen erfolgen kann.
Die Frage nach der Erforderlichkeit unfallspezifischer Kostenfaktoren konnte vorliegend auch nicht dahinstehen, da nicht etwa feststand, dass dem Kläger ein günstigerer „Normaltarif“ in der konkreten Eil- und Notsituation – Anmietung des Mietfahrzeugs noch am Unfalltag – , in der auch die konkrete Anmietdauer zunächst noch unbekannt war, ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht hätte zugemutet werden können. Die unfallspezifischen Kostenfaktoren können grundsätzlich auch über einen pauschalen Aufschlag berücksichtigt werden (BGH NJW2008, 2910-2912). Dies soll gewährleisten, dass die erforderlichen Mietwagenkosten nach einem Unfall anhand objektiver Kriterien ermittelt werden, ohne dass es für die Erforderlichkeit im Sinn von § 249 BGB auf die konkrete Situation und Kalkulation des einzelnen Vermieters ankommt (BGH NJW 2008, 2910-2912). Die Kalkulation des konkreten Unternehmens muss indes nicht nachvollzogen werden.
Neben den reinen Mietkosten steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Ersatz der Nebenkosten für Haftungs-Beschränkung, Zustellung/ Abholung sowie für einen Zusatzfahrer zu. Ausweislich der Abrechnung des Mietvertrages vom 18.06.2008 (Anl. K 3 d. A.) sind diese Leistungen tatsächlich erbracht und auch berechnet worden. Wie sich die abgerechneten Kosten zusammensetzen, hat der Kläger im Schriftsatz vom 03.11.2008 und 14.01.2009 sowie der Streithelfer im Schriftsatz vom 17.02.2009 dargelegt. Die Beklagte hat sich hierzu nicht substantiiert geäußert.
Es ergibt sich danach auf Grundlage der vorstehenden Ausführungen folgende Abrechnung:
Auszugehen ist zunächst von den nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2007 für das PLZ-Gebiet 915 ermittelten Normaltarifen unter Zugrundelegung des tatsächlich abgerechneten Wochentarifs. Das Gericht folgt insoweit der Darstellung des Klägers in seinem Schriftsatz vom 03.11.2008 und 14.01.2009 nebst deren Anlagen K 3 und 4. Das Fahrzeug des Klägers war unstreitig in die Tarifgruppe 4 einzuordnen. Das angemietete Fahrzeug entsprach zwar der Mietwagengruppe 5. Die Abrechnung erfolgte allerdings nach der Tarifgruppe 4. Der sich danach ergebende Normaltarif ist, wie ausgeführt, um einen Zuschlag von 25 % zu erhöhen. Unter Ansatz der tatsächlich angefallenen Nebenkosten, wie in der Rechnung vom 18.06.2008 (Anl. K 3 d. A.) ausgewiesen, ergibt sich folgende Schadensberechnung:
Mietwagenkosten (2x Wochentarif á 418,00 €) 836,00 €
zzgl. 19%MWSt 158,84 €
abzüglich 5 % Eigenersparnis 49,74 €
zzgl. 25 % Zuschlag inklusive 19 % MWSt 248,71 €
zzgl. Bruttokosten für Haftungsbeschränkung 366,52 €
zzgl. Bruttokosten für Zustellung/Abholung 76,16 €
zzgl. Bruttokosten für Zusatzfahrer_____________ 249,90 €
Zwischensumme 1.886,39 €
abzüglich bezahlter 523,00 € + 1000,00 €____ 1.523,00 €
verbleibender Rest 363,39 €
Die geringe Differenz zur restlichen Mietwagenkostenforderung ergibt sich daraus, dass der Kläger bei seiner Berechnung die Eigenersparnis in Höhe von 5 % aus den Bruttomietkosten nicht abgezogen hat.
Die Beklagte hat dem Kläger im Rahmen ihrer Schadensersatzpflicht grundsätzlich auch die Kosten zu ersetzen, die durch die vorgerichtliche Tätigkeit seines Rechtsanwalts bei der Geltendmachung seiner Ansprüche entstanden sind. Deren Höhe richtet sich nach dem Gegenstandswert der Tätigkeit, welcher durch die berechtigten Ansprüche des Klägers bestimmt wird. Vorliegend geht das Gericht von einem Gegenstandswert von 11.821,47 € aus (13.021,47 € abzüglich zurückgenommener 1.200,00 €). Zu ersetzen sind dann 176,36 € (1,3-Geschäftsgebühr aus 11.821,47 € = 683,80 €, zuzüglich 20,00 € Auslagenersatz und 19 % MWSt in Höhe von 133,72 €). Soweit darüber hinaus Rechtsanwaltskosten geltend gemacht wurden, war die Klage abzuweisen.
Soweit das LG Ellwangen.