Mit Entscheidung vom 01.02.2010 (14 C 481/09) wurde die HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG durch das Amtsgericht Coburg zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars verurteilt. Ein „faltenfreies Urteil“ der Coburger Amtsrichterin, das die Rechtslage auf Grundlage des § 249 BGB exakt auf den Punkt bringt. Keine rechtsfehlerhafte Exkursionen in werkvertragliche Abgründe unter Zugrundelegung irgendwelcher – nicht repräsentativer – Vergleichslisten.
Aus den Gründen:
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 124,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 23.04.2009 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 46,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 23.04.2009 zu zahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist voll umfänglich begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten gemäß §§ 7 Absatz 1, 17 Absatz 1 bis 3 StVG, 823 Absatz 1, 249 BGB, 3 Pflichtversicherungsgesetz.
Als allein einstandspflichtige Versicherung des gegnerischen Unfallbeteiligten hat die Beklagte alle unfallbedingten Schäden zu ersetzen. Zu diesen gehören grundsätzlich auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Dies ist in Kfz-Unfallsachen, von Bagatellschäden abgesehen, regelmäßig der Fall, so dass die Hinzuziehung eines Sachverständigen grundsätzlich erforderlich ist.
Die geltend gemachten Sachverständigenkosten sind auch im konkreten Fall als erforderlicher Herstellungsaufwand anzusehen, da ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter derartige Aufwendungen in der Situation des Klägers für zweckmäßig und notwendig halten durfte.
Der Schädiger hat die Kosten von einem Sachverständigengutachten nach gefestigter Rechtsprechung zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Dies gilt selbst dann, wenn das Gutachten objektiv ungeeignet wäre oder das dafür in Rechnung gestellte Honorar übersetzt wäre (vgl. Palandt/Heinrichs, §249, Rn. 40). Erst dann, wenn der Geschädigte Kosten produziert, die ein vernünftig Handelnder in seiner Situation nicht verursachen würde, geht dies nicht zu Lasten des Schädigers.
Der Sachverständige … hat am verunfallten Pkw Peugeot 106 XN voraussichtliche Reparaturkosten von 983,42 (brutto) sowie eine Wertminderung von 121,53 (brutto) festgestellt und dafür 397,82 € (brutto) in Rechnung gestellt. Damit stehen die Kosten nicht in einem völlig unangemessenen Verhältnis zur Schadenshöhe am verunfallten Pkw. Sie fallen nicht dergestalt aus dem Rahmen, dass sie für einen durchschnittlichen Unfallgeschädigten nicht auszugleichen gewesen wären.
Das Grundhonarar in Höhe von netto 216,00 €, das vom Sachverständigen in Rechnung gestellt wurde, ist ortsüblich und angemessen. Die Berechnung eines Pauschalbetrages, der in Abhängigkeit zur Höhe der Reparaturkosten steht, stellt sich als üblich dar und ist nicht zu beanstanden.
Von der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Angemessenheit des Sachverständigenhonorars hat das Gericht abgesehen. Nach Ansicht des Gerichts sind selbst dann, wenn die Sachverständigenkosten überhöht sind, diese vom Schädiger zu ersetzen. Der Geschädigte darf in der Regel darauf vertrauen, dass der Sachverständige entsprechend § 315 Abs. 1 BGB seine Leistungen nach billigem Ermessen bewertet. Dem Geschädigten ist es zudem nicht zumutbar, sich nach einem günstigeren Sachverständigen zu erkundigen.
Die Ausführungen geltend entsprechend für die berechneten Nebenkosten. Ob die einzeln geltend gemachten Nebenkosten (Audatex-Fremdleistung, Lichtbilder, Porto und Fernsprechgebühren) rechtserforderlich oder angemessen sind, kann dahinstehen, da die Positionen nicht derart überhöht sind, dass sich dem Kläger bei Erhalt der Rechnung die Unrechtmäßigkeit sofort aufdrängen musste.
Dem Kläger steht daher der geltend gemachte Anspruch insgesamt zu.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtslage weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 281, 288 BGB.
Vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten waren in Höhe von 46,41 € zuzusprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Hallo Hans Dampf,
also, es geht vor dem AG Coburg, dem Hausgericht der HUK-Coburg ja doch. Dort gibt es auch erfahrene Richter/innen, die ganz im Sinne des BGH und ohne Vergleich auf BVSK zum Punkt kommen.
Insgesamt ein überzeugendes Endurteil.
Mit freundlichen Grüßen
Dein Willi
Hallo Hans Dampf,
das obige Coburger Urteil ist auch insoweit interessant, weil das AG Coburg – m.E. zu recht – darauf hingewiesen hat, dass im konkreten Fall die Sachverständigenkosten als erforderlicher Herstellungsaufwand zu betrachten sind, da ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter derartige Aufwendungen in der Situation des Klägers diese für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Schädiger hat diese Sachverständigenkosten nach gefestigter Rechtsprechung auch zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Dies gilt selbst dann, wenn das Gutachten objektiv ungeeignet wäre oder das dafür in Rechnung gestellte Honorar übersetzt wäre (vgl. Palandt/Heinrichs, §249, Rn. 40). Erst dann, wenn der Geschädigte Kosten produziert, die ein vernünftig Handelnder in seiner Situation nicht verursachen würde, geht dies nicht zu Lasten des Schädigers.
Die HUK-Coburg argumentiert in letzter Zeit aber immer so, dass das Risiko eines zu teuren Sachverständigen bei dem Geschädigten läge und bezieht sich dabei auf den einen Satz aus dem BGH-Urteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 -. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es sich bei dem Text der amtlichen Veröffentlichung um einen redaktionellen (Übertragungs-) Fehler handelt. Das obige Urteil zeigt m.E. zu recht, dass das Werkstatt- und Prognoserisiko bei dem Schädiger liegt. Das gleiche muss für das Risiko eines zu teuren Sachverständigen gelten. Es kann nicht sein, dass plötzlich der Geschädigte das Risiko tragen soll, wenn er einen Sachverständigen berechtigterweise zur Schadensfeststellung und -dokumentation einschaltet und der sich später als zu teuer erweist. Auch eine zu teure Werkstatt muss auf Grund des Werkstatt- und Prognoserisikos der Schädiger tragen. Gerade bei Sachverständigenleistungen eine Änderung dieses Risikos einführen zu wollen ist sinnwidrig. Durch den Unfall hat der Schädiger eine Kausalkette in Gang gesetzt, für deren normalen Verlauf er verantwortlich ist und Änderungen dieses Verlaufes in seinen Risikobereich fallen. Dazu zählen nach gefestigter Rspr. Teuerungen während der Reparatur, die zu Lasten des Schädigers gehen ebenso wie Schadensausweitungen, die im Rahmen der Reparatur festgestellt wurden. Warum soll da ein vermeintlich zu teurer Sachverständiger plötzlich aus dieser Risikosphäre herausfallen? – Nicht logisch begründbar! Das AG Coburg hat dies richtig erkannt. Der Schädiger hat die Kosten von einem Sachverständigengutachten nach gefestigter Rechtsprechung zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Dies gilt selbst dann, wenn das Gutachten objektiv ungeeignet wäre oder das dafür in Rechnung gestellte Honorar übersetzt wäre (vgl. Palandt/Heinrichs, §249, Rn. 40). Erst dann, wenn der Geschädigte Kosten produziert, die ein vernünftig Handelnder in seiner Situation nicht verursachen würde, geht dies nicht zu Lasten des Schädigers.
Der Geschädigte hat aber keine Erkundigungspflicht. Wie soll er da das Preisgefüge des Sachverständigen erkunden? Was sagt ihr?
Hallo Friedhelm S.,
an Ihrer Argumentation ist tatsächlich etwas dran. Diese Überlegungen sollten einmal tiefschürfender betrachtet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Das größte Problem ist mit Sicherheit, dass sachverständige Leistungen oftmals nicht miteinander vergleichbar sind. Es geht ja nicht nur um das Ermitteln einer Zahl x für die Reparaturkosten.
Als Sachverständiger bin ich Teil des Regulierungsgeschehens für den Geschädigten. Wenn Fragen auftauchen, dann stellt der Geschädigte diese den beteiligten Personen (Werkstatt, SV, Anwalt). Ich kann diese Fragen richtig beantworten oder falsch.
Ob ich den richtigen (und kompetenten) SV ausgewählt habe, weiß ich aber frühestens, wenn ich das Gutachten in den Händen halte. Aber da ist es dann oftmals schon zu spät.
Grüße
Andreas