Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
hier stelle ich Euch ein weiteres Urteil aus Hannover vor. Wieder ging es um einen Forderungskauf, aufgrund dessen und der Forderungsabtretungsvereinbarung die Klägerin aus übergeleitetem Recht aktivlegitimiert ist. Völlig zutreffend hat der erkennende Amtsrichter des AG Hannover auf die BGH-Rechtsprechung abgestellt, wonach ein innerhalb der Bandbreite liegendes Honorar üblich ist. Ein derartiges übliches Honorar ist dann auch ein erforderlicher Wiederherstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB. Das Urteil wurde erstritten und übermittelt durch Herrn Rechtsanwalt Taube von der Kanzlei Lehmann und Partner aus Burgwedel. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen und ein schönes regenarmes Wochenende
Willi Wacker
Amtsgericht
Hannover
Geschäfts-Nr.:
508 C 3351/12
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
HUK-Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Hannover im Verfahren gem. § 495 a ZPO am 09.05.2012 durch den Richter am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 337,92€ nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatzseitdem 02.04.2012 zu zahlen.
2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.) Der Streitwert wird auf 337,92 € festgesetzt.
Von der Darstellung des
Tatbestandes
wird gemäß § 313 a ZPO Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht des durch den Verkehrsunfall vom 04.02.2011 geschädigten Herrn … ist aus §§ 7 StVG, 823 Abs. 1, 398, 249 BGB, 115 VVG begründet.
Die klagende Factoringgesellschaft ist aktivlegitimiert aufgrund des Aufkaufs verbunden mit der Abtretung der Forderung des Sachverständigenbüros … aus der Rechnung vom 05.02.2011 über 531,92 €. Zweifel an der Aktiviegitimation bestehen schon deshalb nicht, weil die Klägerin sowohl das Gutachten als auch die Rechnung des Sachverständigen in Händen hält und schließlich verhält sich die Beklagte treuwidrig, hat sie doch vorprozessual direkt an die Klägerin aufgrund der Abtretung gezahlt und eine „Doppelzahlung“ war offensichtlich weder zum Zeitpunkt der Zahlung noch jetzt zu befürchten.
Nachdem im konkreten Fall die Höhe der üblichen Vergütung zwischen den Parteien streitig ist, ist es bekanntlich Sache des Tatrichters, diese festzustellen, wobei zu berücksichtigen ist, das üblicherweise der Werkunternehmer die Höhe der Vergütung bestimmt und nicht die Versicherung und daher im Wesentlichen vom Tatrichter darauf zu achten ist, dass der Unternehmer die Vergütungshöhe nicht allein deshalb überspannt, weil hinter seinem Auftraggeber eine Versicherung steht.
Hierzu kann er sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Schätzung nach § 287 ZPO bedienen. § 287 ZPO gibt die Art der Schätzungsgrundlage nicht vor, mithin kann der Tatrichter in Ausübung seines Ermessens auch auf entsprechende Tabellenwerke abstellen. Eines dieser Tabellenwerke ist die Befragung zur Höhe des üblichen Kfz-Sachverständigen-Honorars des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e. V. (BVSK -Honorarbefragung 2010/2011).
Hieraus ergibt sich für die maßgebliche Schadenshöhe zwischen 1.250,00 € und 1.499,00 € netto ein „Korridor“ zwischen 246,00 € und 277,00 € Grundhonorar netto.
Mithin ist das von der Klägerin bzw. ursprünglich dem Zedenten verlangte Grundhonorar von 270,00 € üblich im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB. Fehlen nämlich feste Sätze oder Beträge, reicht es für die Annahme der üblichen Vergütung aus, wenn die geforderte Leistung innerhalb einer hier sich aus der Befragung ergebenden Bandbreite liegt (vgl. BGH X ZR 42/06 im NJW-RR 2007, 123 f).
Auch die von der Klägerin verlangten, teilweise bereits in Anlehnung an den „Korridor“ der BVSK-Honorarbefragung gekürzten Nebenkosten aus der SV-Rechnung entsprechen nun der üblichen Vergütung.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 286, 288, 291, 247 BGB, 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
So, und nun Eure Kommentare, bitte.
Hallo Willi Wacker,
kein schlechtes Urteil, jedoch kommt das erkennende Gericht einmal mehr nicht ohne BVSK aus.
Bedenkt man, dass in Deutschland weit über 10.000 SV tätig sind und an der BVSK-Befragung gerade mal (angeblich?????) knapp über 630 Büros teilgenommen haben, so entspricht das gerade mal einer Teilnahme von sage und schreibe ca. 6% aller Sachverständigen.
Was daran repräsentativ geschweige dem aussagekräftig sein soll erschließt sich mir jedenfalls nicht. Die BVSK-Tabellen können daher keinen Bestand haben, dass sollten m. E. die Gerichte in der Urteilsbegründung ausführen.
Urteile mit BVSK-Begründung wirken auf mich hilflos.
Da ist Dein heutiges Urteil aus Augsburg beispielhafter zu erwähnen.
Schönes Wochenende.
Hallo Gottlob Häberle,
Du hast Recht. Der BVSK vertritt in der Tat weniger als 10 Prozent aller Kfz-Sachverständigen. Der Geschäftsführer tritt aber auf, als würde ein Verband mehr als die Hälfte aller Sachverständigen vertreten. Schon von daher sind weder die Honorarbefragung des BVSK noch das Gesprächsergebnis BVSK / HUK-Coburg maßgeblich für die Feststellung der Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten. Das gleiche gilt für das „Honorartableau“, das auf der Honorarbefraung fußt.
Eigentlich müsste jeder Richter ohne Bezug auf BVSK oder Gesprächsergebnis oder Honorartableau entscheiden können, denn im Schadensersatzrecht sind werkvertragliche Gesichtspunkte unmaßgeblich. Der Amtsrichter in Augsburg kam ja auch – zugegebenermaßen korrekt – ohne derartige Prüfungen aus.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
@ Gottlob Häberle
Selbstverständlich ist die Honorarbefragung des BVSK repräsentativ. Für die BVSK-Mitglieder. Die BVSK-Mitglieder wurden befragt. Allerdings sind die BVSK-Mitlgieder nicht repräsentativ für alle Sachverständige.
UND
Der BVSK hat doch (vorher) Gesprächsergebnisse mit der HUK veröffentlicht, oder? Und diese Gesprächsergebnisse wurden dann doch als Empfehlung an die Mitglieder weitergeleitet, oder? Dann zeigt die BVSK-Empfehlung doch vor allem, wie viele Mitglieder des BVSK der Empfehlung des BVSK gefolgt sind…
@ RA Schepers,
„Selbstverständlich ist die Honorarbefragung des BVSK repräsentativ. Für die BVSK-Mitglieder. Die BVSK-Mitglieder wurden befragt“.
Haben Sie eine Auswertung der BVSK-Befragung schon jemals eingesehen? Wissen Sie, ob beispielsweise die Angaben zur Anzahl der teilnehmenden Büros stimmen, abgesehen von den Angaben der Honorare?
Wenn eine solch „wichtige Schätzgrundlage“ vor Gericht bestand haben soll, hat der Verband meines Erachtens mehr Transparenz aufzuweisen.
Bis dahin halte ich es nach dem Motto:
Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.
@ Gottlob Häberle
Nein, habe ich nicht, und weiß ich auch nicht.
Mir ging es darum aufzuzeigen, daß
1. die BVSK-Umfrage nur BVSK-Mitglieder betrifft, also kein Maßstab für allgemein angemessen und üblich sein kann/sollte und
2. der BVSK erst Preise „empfiehlt“ und dann anschließend diese Preise durch eine Umfrage verifizieren läßt.
Beides kann keine Basis für eine geeignete Schätzgrundlage sein.
Warum greifen Gerichte, die das SV-Honorar auf Angemessenheit überprüfen wollen, immer wieder auf die BVSK-Umfrage zurück? Weil ihnen keine andere Umfrage vorgelegt wird…