Erneut AG Straubing: Amtsrichter verurteilt HUK-Coburg (2 C 197/09 vom 29.04.2009)

Wieder einmal das AG Straubing. Der Amtsrichter der 2. Zivilabteilung des AG Straubing verurteilt die HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungskasse, kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., Albertstr. 2, 93038 Regensburg, mit Urteil vom 29.04.2009 (2 C 197/09) zur Zahlung restlichen gekürzten Schadensersatzes. Der Amtsrichter gab dem Geschädigten in vollem Umfang recht. Das Urteil gebe ich wie folgt wieder:

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Geldbetrag in Höhe von EUR 334,57 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.01.2009 zu bezahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand und Entscheidungsgründe
(abgekürzt gem. § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO)

I.

Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall im Amtsgerichtsbezirk Straubing. Der Kläger und Geschädigte hat im Rahmen des Unfallgeschehens ein Sachverständigengutachten zur Schadenshöhe an einem Kfz in Auftrag gegeben beim Ingenieurbüro Schr. Der Schaden wurde auf EUR 7.884,50 vom Sachverständigen geschätzt. Von den Sachverständigenkosten in Höhe von EUR 1.015,30 wurden lediglich EUR 680,73 erstattet von der Beklagten.

Der Kläger begehrt in der Hauptsache EUR 334,57 restliche Sachverständigenkosten.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Die Sachverständigenkosten seien i.S.v. §315 BGB überhöht. Ergänzend wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 75 18 StVG, 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB, 3 Nr. 1 PflVG bzw. § 115 VVG.

1.
Die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten für die Schäden aus dem Verkehrsunfall steht dabei außer Streit.

2.
In der Hand des Klägers als Geschädigtem wurde gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 823 Abs. 1, 249 Abs. 1, 2 BGB, 1, 3 Nr. 1 PflVG bzw. § 115 VVG ein Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten in zugesprochener Höhe bestehen.

Denn es ist der Beklagten im Verhältnis zum Geschädigten verwehrt, sich auf die vermeintliche Überhöhung der Sachverständigengebühren zu berufen (Palandt-Heinrichs, § 249 Rn. 40). Es ist nämlich einem Geschädigten vor Erteilung des Gutachtenauftrags nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und in jedem Fall mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen, § 254 BGB analog (vgl. zur gleichgelagerten Problematik des Ersatzes von Mietwagenkosten BGH, Urteil vom 07.05.1996, Az.: VI ZR 138/95). Ein Preisvergleich dürfte ohne vorherige Begutachtung des Fahrzeugs durch mehrere Sachverständige auch nur schwer möglich sein. Zudem fehlen Tarifübersichten, anhand derer der Kunde sich informieren könnte. Der Streit über die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten kann daher nicht auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen werden. Der Sachverständige ist, ebenso wie der Mietwagenunternehmer, auch kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, dessen etwaiges Verschulden ihm nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB zugerechnet würde. Zwar darf ein Geschädigter auf Kosten des Schädigers nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren. So lange für ihn allein als Laien jedoch nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen (Grunsky, NZV 2000, 4, 5; OLG Nürnberg, OLG-R 2002, 471). Die Gegenmeinung (vgl. AG Hagen, NZV 2003, 144, 145 f.) berücksichtigt insoweit nicht, dass es dem Geschädigten bei Sachverständigengutachten mangels Vergleichsmöglichkeiten – wie oben ausgeführt – noch weniger als bei Mietwagenkosten überhaupt möglich sein dürfte, vor der Auftragserteilung die Angemessenheit einer Vergütung zu beurteilen. Es ist dem Geschädigten auch nicht zuzumuten, die Schadensabwicklung stets in die Hände des Schädigers bzw. dessen Versicherung zu legen.

Vorliegend kommt es auch nicht darauf an, ob die vom Sachverständigen zu Grunde gelegte Honorarstruktur vertraglich vereinbart wurde, oder ob es sich um eine Bestimmung nach billigem Ermessen im Rahmen des § 315 BGB handelt. In jedem Fall liegen keine Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden des Geschädigten bei der Beauftragung des Klägers vor. Bei dem eingesetzten Sachverständigen handelt es sich ausweislich seines Briefkopfes um ein „Kfz-Sachverständigenbüro und KÜS-Kfz-Prüfstelle“. Konkrete Zweifel an der Seriosität der Preisgestaltung des Klägers mussten daher beim Geschädigten nicht aufkommen. Auch steht die Höhe des geltend gemachten Honorars nicht derart in einem Missverhältnis zur Schadenshöhe oder zur Höhe der späteren Reparaturkosten, dass dem Geschädigten ein offenkundiges Missverhältnis hätte auffallen müssen. Aus einer Relation zwischen der Sachverständigenrechnung und dem Schaden kann sich bereits denklogisch kein Anhaltspunkt für eine Überhöhung der geltend gemachten Kosten ergeben. Gerade bei geringen Schäden kann es nach der Lebenserfahrung aus technischer Sicht besonders schwierig sein, die Erforderlichkeit einer Reparatur zu begründen.

Vorliegend wurde ein Reparaturschaden in Höhe von EUR 7.884,50 im Gutachten ermittelt. Der Wiederbeschaffungsaufwand wurde auf EUR 7.025,- beziffert. Gerade in diesem Fällen ist in Hinblick auf die 130-%-Grenze der Rechtsprechung für den Ersatz der Reparaturkosten in besonderer Weise Sorgfalt und Sachverstand bei der Erstattung eines Gutachtens erforderlich. Insofern sind nach entsprechender gerichtlicher Überzeugung die Grenzen der Billigkeit nicht überschritten.

In der Hand des Geschädigten besteht daher ein Anspruch auf Ersatz von Gutachterkosten auch in der vom Kläger abgerechneten Art und Weise. Dies gilt aus den oben angeführten Gründen für Zeitaufwand ebenso wie für Foto-, Schreibund Fahrtkosten sowie Kosten für Anfragen bei Datenbanken und Dritten, da auch hierauf der Geschädigte keinen Einfluß hat.

Dem Beweisangebot auf Vernehmung des Klägers als Partei ist nicht nachzukommen, da für die Beweisbehauptung der Beklagtenseite, der Kläger habe eine besondere Vereinbarung mit dem Sachverständigen geschlossen, welche nicht der Billigkeit entspricht, oder er habe eine günstigere Gutachtensmöglichkeit bewußt nicht beansprocht, keine Anfangswahrscheinlichkeit besteht.

Ein Sachverständigengutachten zur Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten ist ebenfalls nicht zu erholen. Prüfungsmaßstab ist nach Auffassung des Gerichts § 315 BGB, nicht § 632 II BGB. Die nötige Sachkunde, ob für den Geschädigten als Verbraucher entsprechende Zweifel an der Billigkeit der Kosten zum Zeitpunkt der Auftragserteilung bestanden, besitzt das Gericht, welches dem entsprechenden Verkehrskreis angehört, selbst.

3.
Auf das kontrovers diskutierte Problem, ob dies auch für einen zur Einziehung an den Sachverständigen durch den Geschädigten abgetretenen Anspruch gilt, ist nicht einzugehen.

III.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 2801, II, 2861, II, 288 I BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, jene über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Die ursprüngliche Zuvielforderung in Hinblick auf welche die Klage zurückgenommen wurde, war Nebenforderung, welche den Streitwert nicht erhöht hat, § 4 I Hs. 2 ZPO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 334,57 festgesetzt.

So die klare Entscheidung des Straubinger Amtsrichters. Es ist festzuhalten, dass die Coburger Firma bei 100 prozentiger Haftung in der 2. Zivilabteilung des AG Straubing (Bayern) schlechte Karten hat. Der Amtsrichter lässt sich nichts vormachen.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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Eine Antwort zu Erneut AG Straubing: Amtsrichter verurteilt HUK-Coburg (2 C 197/09 vom 29.04.2009)

  1. Benny W. sagt:

    Hi Willi,
    der Amtsrichter in Straubing muss doch eigentlich langsam sauer werden über die Coburger Firma. Mittlerweile müsste der Coburger Firma doch klar geworden sein, dass in Straubing kein Blumentopf zu gewinnen ist. Gleichwohl werden die berechtigten Schadensersatzansprüche des Geschädigten in diesem Bereich immer und immer wieder rechtswidrig gekürzt. Schon die Prozesskosten der Urteile, die Willi hier eingestellt hat, addieren sich doch erheblich. Kein vernünftig denkender Mensch würde so handeln wie die Coburger Firma. Es soll aber auch Leute gegeben haben, die mit dem gleichen Kopf immer wieder gegen die gleiche Wand gelaufen sind. Neben Kopfschmerzen und Blessuren erleidet man einen Imageverlust bei derartigem Handeln. Die Hukianer in Coburg sollten einmal darüber nachdenken.
    Grüße nach Bayern
    Benny W.

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