Mit Urteil vom 24.06.2009 (4 U 340/08) hat das OLG Thüringen in einem Verfahren gegen die HDI Versicherung zur Erstattung von Gutachterkosten sowie zu Anwendbarkeit der Schwacke-Liste Stellung bezogen. Das Gericht ist der Auffassung, dass in Bezug auf die Höhe der Sachverständigenkosten es dem Schädiger im Verhältnis zum Geschädigten verwehrt sei, sich auf die vermeintliche Überhöhung der Sachverständigenkosten zu berufen. Hinsichtlich der Mietwagenkosten hat das Gericht entschieden, dass der Geschädigte nachzuweisen habe, dass ihm in der konkreten Situation kein günstigerer Tarif zugänglich war. Diese Frage hat der BGH mit seiner aktuellen Entscheidung vom 02.02.2010 (VI ZR 139/08) jedoch anders entschieden: dies ist Aufgabe des Geschädigten wenn er sich auf die Verletzung der Schadensminderungspflicht beruft.
Das Urteil in wesentlichen Auszügen:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Absatz 2, 313 a Absatz 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 6 EGZPO).
Die Berufung des Klägers ist im Wesentlichen zulässig. Sie ist statthaft (§ 511 ZPO) und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).
In der Sache hat die Berufung nur zum Teil Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagten aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 PflVG einen Anspruch auf Ersatz weiterer Schäden in Höhe von 382,54 €. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.
Dem Kläger stehen aufgrund des rechtskräftigen Grundurteils des Landgerichts Erfurt vom 04.04.2007 – 3 O 701/05 – 80% des ihm durch den Verkehrsunfall vom 02.09.2004 entstandenen materiellen und immateriellen Schadens zu. Über den von den Beklagten bereits vorgerichtlich gezahlten Betrag von 3,751,45 € hinaus kann er den vorgenannten Betrag beanspruchen.
Die Berufung hat Erfolg, soweit der Kläger die Herabsetzung der Sachverständigenkosten durch das Landgericht angreift. Dem Kläger stehen 80% der geltend gemachten Kosten (= 868,46 €), damit 255,98 € mehr als vom Landgericht zugesprochen, zu. Das Urteil des Landgerichts ist insoweit rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hätte die Kosten nicht gemäß § 315 BGB mit der Begründung festsetzen dürfen, diese entsprächen nicht der Billigkeit, da das angesetzte Grundhonorar die übliche Vergütung um mehr als 20% überschreite. Im Rahmen der Prüfung, ob dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten zusteht, kommt es auf die Frage, ob der Sachverständige in zulässiger Weise nach der Schadenshöhe abrechnen konnte oder aber ob er seinen Zeitaufwand hätte darlegen müssen, nicht an. Denn es ist der Beklagten im Verhältnis zum Geschädigten verwehrt, sich auf die vermeintliche Überhöhung der Sachverständigengebühren zu berufen. Einem Geschädigten ist vor Erteilung des Gutachtenauftrags nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und in jedem Fall mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen. Ein Preisvergleich dürfte ohne vorherige Begutachtung des Fahrzeugs durch mehrere Sachverständige auch nur schwer möglich sein. Zudem fehlen Tarifübersichten, anhand derer der Kunde sich informieren könnte. Der Streit über die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten kann daher nicht auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen werden (so auch OLG Naumburg NJW-RR 2006, 1029; OLG Düsseldorf DAR 2008, 523). Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bekannt gewesen ist oder er hätte erkennen müssen, dass die Gutachterkosten überhöht sind, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Hinsichtlich der geltend gemachten Sachschäden hat die Berufung des Klägers zum Teil Erfolg. Über den vom Landgericht zugesprochenen Betrag von 320 € hinaus kann der Kläger weitere 130,40 € Schadensersatz für die bei dem Unfall beschädigten Gegenstände verlangen. Das Urteil des Landgerichts hat insoweit keinen Bestand, da das Landgericht die Grundlagen seiner Schätzung nicht hinreichend dargelegt hat. Zwar kann das Berufungsgericht das Schätzungsermessen des Tatrichters nur begrenzt dahingehend überprüfen, ob grundsätzliche falsche oder lückenhafte Erwägungen dem Urteil zugrunde liegen. Vorliegend aber hat der Tatrichter die Schätzungsgrundlagen in keiner Weise darlegt. Wie er zu dem Betrag von 400 € kommt, ist nicht nachvollziehbar. Der Senat hat daher selbst die Schätzung mit dem nachfolgend dargestellten Ergebnis vorgenommen.
Auszugehen ist mit dem Landgericht davon, dass der Kläger den Beweis erbracht hat, dass die Gegenstände zum Zeitpunkt des Unfalls vorhanden waren und durch den Unfall beschädigt wurden sowie dass ihr Anschaffungswert insgesamt 1.003,44 € betrug. Insoweit ist das Urteil des Landgerichts nicht angegriffen worden. Bei der Beurteilung des Schadens ist aber -insoweit ist der Ansatz des Landgerichts zutreffend – nicht von dem Neuwert, sondern nur von dem zum Unfallzeitpunkt am 02.09.2004 noch bestehenden Zeitwert auszugehen. Dieser ist ausgehend vom Anschaffungsdatum unter Berücksichtigung der Abnutzung und der Lebensdauer zu schätzen. Hinsichtlich der Abnutzung liegen in Bezug auf alle Schadenspositionen keine genauen Angaben vor, so dass insoweit von einem durchschnittlichen Verschleiß auszugehen ist. Im Einzelnen gilt:
………..
Es ergibt sich damit insgesamt ein Zeitwert des geschädigten Gegenstände von 563,– €, davon kann der Kläger 80% {= 450,40 €) verlangen mit der Folge, dass ihm über die erstinstanzlich zuerkannten 320,— € hinaus weitere 130,40 € zuzusprechen sind.
Die weitergehende Berufung hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen über 1.355,33 € hinausgehenden Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten. Insoweit hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass der Mietzins i.H.v. 3.094,36 € als deutlich überteuert anzusehen sei, was sich zum einen an den von den Beklagten vorgelegten Internetauszügen zeigt, zum anderen aber auch an dem Vergleich zwischen Wert des Mietfahrzeugs und der zu erwartenden Wertminderung während des Mietzeitraums. Die zu ersetzenden notwendigen und zweckmäßigen Kosten hat das Landgericht unter Zugrundelegung des Schwacke-Mietpreisspiegels 2003 geschätzt und ausgeführt, dass der in der Liste angegebene Preis zugrunde zu legen sei ; dass ein Schreibfehler vorliege, sei nicht anzunehmen. Auf den gewichteten Mittelwert hat das erstinstanzliche Gericht einen Aufschlag von 30% vorgenommen. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass es ihm nach seinen Möglichkeiten verschlossen war, einen Mietvertrag zu einem günstigeren Tarif abzuschließen.
Diese Begründung ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Der Kläger hat Rechtsfehler nicht dargetan. Die Überprüfung der im Rahmen des Schätzungsermessens des Tatrichters nach § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmenden Bewertung durch das Berufungsgericht ist – worauf bereits oben hingewiesen wurde – darauf beschränkt, zu hinterfragen, ob das Urteil auf grundsätzlich falschen Erwägungen beruht oder entscheidungserhebliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (std. Rspr. zuletzt BGH VersR 2009, 515). Der Tatrichter muss dabei aber auch die Grenzen der Ermessensausübung berücksichtigen. § 287 ZPO rechtfertigt es nicht, dass das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse verzichtet. Doch ist es nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken.
Falsche oder unsachliche Erwägungen des Landgerichts sind ebenso wenig ersichtlich oder vorgetragen wie das Übersehen entscheidungsrelevanter Tatsachen. Insbesondere hat das Landgericht einen Aufschlag von 30% auf die Mietwagenpreise vorgenommen. Ein weiterer Aufschlag war nicht veranlasst, insbesondere hat der Kläger immer noch nicht hinreichend dargelegt, warum es ihm nicht möglich war, sich über andere Mietwagenpreise zu informieren. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Urteil verwiesen. Das Landgericht hat seine Schätzung zudem nicht allein auf die Internet-Angebote gestützt, sondern vorrangig die Schwacke-Liste 2003 für den PLZ-Bereich 99… (Bd. II, Bl. 243 ff) zugrunde gelegt. Auch im Übrigen sind keine Fehler bei der Schätzung ersichtlich. Das Landgericht hat sich mit den Argumenten der Parteien umfassend auseinandergesetzt, Bedenken sind von dem Kläger in der Berufung nicht geltend gemacht worden.
Soweit die Streithelferin im Einzelnen die Anwendung der Schwacke-Liste 2003 rügt, ist dieser Vortrag gemäß § 520 ZPO, unbeachtlich. Der Kläger hat – wie dargelegt – mit der Berufungsbegründung diesen Punkt nicht angegriffen; ein entsprechender Vortrag wäre jetzt verspätet. Der Streithelfer kann aber nicht weitergehende Rechte haben als die Partei, die er unterstützt. Zwar ist die Streitverkündung bis zur rechtskraftigen Entscheidung zulässig (§ 72 ZPO). Bei der Präkluslon verspäteten Vorbringens ist aber stets auf die Hauptpartei abzustellen; der Streithelfer muss eine gegenüber der Hauptpartei begründete Präklusion hinnehmen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 67 Rdn. 4, KG KGR Berlin 2004, 220).
Im Übrigen ist folgendes zu bedenken: Die Anwendung der Schwacke-Liste 2003 ist vom BGH als Schätzungsgrundlage wiederholt anerkannt worden. Zwar ist der Streitverkündeten zuzugestehen, dass die Abweichung auffällig ist, jedoch kann dies nicht auf einen Schreibfehler reduziert werden, da die Abweichung sich auch in den höheren Fahrzeugklassen fortsetzt. Zudem ist zu bedenken, dass der Vortrag der Streitverkündeten zu den Mietwagenkos-ten als Vergleich Bezug nimmt auf Angebote/Entscheidungen, die nicht den hier streitigen PLZ-Bereich betreffen. Konkrete Angebote aus dem Bereich 99… fehlen. Angesichts dessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Landgericht sein Ermessen falsch ausgeübt hat.
Das Landgericht hat den Anspruch des Klägers auf Ersatz der Einstellkosten in Höhe von 300,95 € (= 80% von 376,19 €) zutreffend mit der Begründung abgewiesen, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankung an der Abholung gehindert gewesen sei, wenn er andererseits mit dem Ersatzfahrzeug 1.987 km zurück gelegt habe. Auch mit der Berufung hat der Kläger einen Anspruch nicht hinreichend dargelegt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger in dem Zeitraum vom 02.09.2004 bis 17.09.2004 mit einem – selbst angemieteten – Mietwagen 1.987 km zurücklegen konnte, aber gehindert war bis zum 19.10.2004 sein verunfalltes Kfz abzuholen. Er kann sich auch nicht darauf berufen, dass er ein einen weit entfernten Standort abkommandiert worden sei, da er in dem Zeitraum vom 03.09. bis 13.09.2004 krankgeschrieben war und er nicht vorgetragen hat, dass er sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in örtlicher Nähe zu dem eingestellten Fahrzeug befand.
Ein Anspruch auf Ersatz weiterer Kosten für das Wunschkennzeichen in Höhe von 8,16 € ist ebenfalls nicht dargelegt. Das Landgericht hat in seinem Urteil bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht nachvollziehbar vorgetragen hat, dass sich an dem verunfallten Fahrzeug ein Wunschkennzeichen befand. Ein weiterer substantiierter Vortrag erfolgt auch mit der Berufung nicht; die Behauptung eines Wunschkennzeichens allein reicht nicht.
Hinsichtlich der geltend gemachten weiteren Abmeldekosten von 42,36 € ist ein Anspruch ebenfalls nicht gegeben. Gegen die Argumentation des Landgerichts, dass es dem Kläger zuzumuten war, das Fahrzeug selbst abzumelden, ist nichts einzuwenden. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er sich aufgrund seiner Tätigkeit an einem weit entfernten Einsatzort einfinden musste, denn – wie bereits oben ausgeführt – war der Kläger bis 13.09.2004 krank geschrieben. In diesem Zeitraum hätte er das Fahrzeug selbst abmelden können.
In Bezug auf die geltend gemachte Pauschale von insgesamt 26,— € hat der Kläger mit der Berufung einen Rechtsfehler bei der Schadensschätzung des Landgerichts nicht dargelegt. Das Landgericht hat den Betrag zwar nicht näher begründet, jedoch ist kein Anhaltspunkt für eine unzureichende Schätzung ersichtlich. Dass die angesetzte Pauschale „überaltert“ ist, so der Kläger, reicht als Begründung für eine Höhersetzung nicht aus, zumal der Betrag gemäß Nr. 7002 VV RVG ebenfalls immer noch bei 20 € liegt.
Bezogen auf den nunmehr geltend gemachten Schmerzensgeldbetrag von 2.000,— € bestehen bereits Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung. Der Kläger ist insoweit nicht beschwert, da er eine Betragsvorstellung genannt hat und das Landgericht ihm ein Schmerzensgeld in ebendieser Höhe zuerkannt hat (vgl. dazu BGH NJW-RR 2004, 863; std. Rspr.). Die Berufung ist aber auch unbegründet. Das LG hat die Verletzungen, die der Kläger erlitten hatte, sämtlich und ausreichend gewürdigt. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil. Eine nachvollziehbare Begründung, warum nunmehr 2.000,— € – und nicht wie erstinstanzlich gefordert nur 700,— € – als angemessen anzusehen sind, fehlt in der Berufungsbegründung.
Es ergibt sich damit folgende Berechnung:
– Gutachterkosten 868,46 €
– Mietwagenkosten 1.355,33 €
– Abschleppkosten 399,17 €
– Zulassungskosten sowie Kosten für Ersatzkennzeichen 40,96 €
– Abmeldekosten 9,60 €
– Selbstbeteiligung zur Vollkaskoversicherung . 265,60 €
– Sachschäden (Sonnenbrille, T-Shirt, Hose, Digitalkamera,
Kindersitz, Oakley-Uhr) 450,40 €
– Schadenspauschale 16,00 €
– Leistungsbescheid Straßenbauamt 28,47 €
– Schmerzensgeld 700,00 €
insgesamt 4.133,99 €
abzüglich bereits gezahlter 3.751,45 €
noch zu zahlender Betrag 382,54 €.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1. 247 BGB. Verzug ist aufgrund des Schreibens des Klägers vom 05.01.2005 zum 19.01.2005 eingetreten.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Revisionsgründe im Sinne des § 543 Absatz 2 ZPO nicht vorliegen. Der Senat hat über einen Einzelfall entschieden. Der Rechtssache kommt darüber hinaus keine grundlegende Bedeutung zu; auch andere Revisionsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO sind erkennbar nicht gegeben. Alle rechtlichen Ausführungen des Senats zu den im Entscheidungsfall zu behandelnden Rechtsfragen stehen im Einklang mit der eigenen und sonstigen obergerichtlichen Rechtsprechung.
Soweit das OLG Thüringen.