Das in meinem Beitrag vom 17.3.2009 erwähnte Urteil der Amtsrichterin der 23. Zivilabteilung des AG Merzig (Saar) gebe ich, da ich festgestellt hatte, dass das Urteil hier noch nicht eingestellt war, nunmehr hier bekannt:
Die Amtsrichterin der 23. Zivilabteilung des AG Merzig hat die Unfallverursacherin, die VN der HUK-Coburg, mit Urteil vom 23.Oktober 2009 – 23 C 648/09 – veruteilt, an den klagenden Sachverständigen M. 307,86 Euro nebst Zinsen sowie 70,20 Euro vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen zu zahlen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Zahlung des ausgesprochen Restbetrages zu.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte grds. in vollem Umfang für die infolge des Unfalles vom 12.1.2009 in B. eingetretenen Schäden haftet, wobei die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung auf die durch den Kläger ursprünglich geltend gemachten Sachverständigenkosten von insgesamt 795,81 Euro bereits 487,95 Euro gezahlt hat. Die Beklagte hat allerdings auch die übrigen Sachverständigenkosten zu ersetzen.
Im Hinblick darauf, dass der Kläger Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht verfolgt, sind insoweit die schadensrechtlichen Gesichtspunkte massgeblich, die für das Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem gelten.
Die für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens anfallenden Kosten hat der Schädiger insoweit zu ersetzen als sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind (LG Saarbrücken Urt. v. 29.8.2008 – 13 S 108/08) . Hierbei ist der Geschädigte zwar nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, von mehreren Alternativen den wirtschaftlicheren Weg zu wählen. Allerdings ist der Geschädigte auch nicht verpflichtet, den ihm zugänglichen Markt zu erforschen, um einen für den Schädiger möglichst preiswerten Sachverständigen ausfindig zu machen. Da es im Rahmen der Erstellung der Sachverständigengutachten – anders als auf dem Mietwagensektor – an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten oder allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, wird der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der angefallenen Sachverständigenkosten ausgehen können. Solange für den Laien nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt und das Preis-Leistungsverhältnis damit in einem auffälligen Missverhältnis zueinandert steht, dem Geschädigten ein Auswahlverschulden nicht zur Last fällt oder er grobe und offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung missachtet, kann er vom Schädiger Ausgleich der Sachverständigenkosten verlangen (Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 25. A. Kap. 3 Rn. 121; LG Saarbrücken aaO.). Dementsprechend ist auch die gerichtliche Prüfung eingeschränkt. Eine umfassende Preiskontrolle findet nicht statt.
Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben würde, dass der Kläger eine willkürliche Abrechnung vorgenommen habe. Vielmehr ist unter Heranziehung des Ergebnisses der Honorarbefragung des BVSK für die Jahre 2005/06, die das Gericht als geeignete Schätzgrundlage ansieht (vgl. hierzu LG Saarbrücken Urt. v. 20.11.2008 – 2 S 78/07 -), davon auszugehen, dass sich die in Ansatz gebrachte Vergütung insgesamt im Rahmen des Üblichen bewegt.
Bei einem Wiederbeschaffungswert von 3.500,– Euro wurde ein Grundpreis von 432,– Euro in Rechnung gestellt. Das liegt im Honorarkorridor HB III der Honorarbefragung. Auch die Höhe der Schreibkosten liegt mit 3,– Euro innerhalb des Honorarkorridors. Entsprechendes gilt für die Kopierkosten von -,75 Euro pro Seite sowie Lichtbildkosten von 2,50 Euro je Lichtbild.
Soweit EDV-Abrufkosten in Höhe von 20,– Euro sowie Kosten der Fahrzeugbewertung von 20,– Euro in Ansatz gebracht werden, kann nicht festgestellt werden, dass die Abrechnung derartiger Kosten unüblich und damit willkürlich wäre. Soweit derartige Kosten tatsächlich entstehen, dürfen diese auch neben dem Grundhonorar in Rechnung gestellt werden. Aus den Erläuterungen zu der BVSK-Honorarbefragung ergibt sich gerade nicht, dass solche Zusatzkosten bereits mit dem Grundhonorar abgegolten wären.
Auch wurden keine Leistungen in Rechnung gestellt, die nicht erbracht worden wären. … Hinsichtlich der Fahrtkosten kann der Geschädigte nicht darauf verwiesen werden, dass er einen Sachverständigen unmittelbar vor Ort mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn keine unverhältnismäßig hohen Fahrtkosten entstehen, was jedoch bei dem in Rechnung gestellten Betrag von 52,– Euro nicht der Fall ist.
Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB. Darüber hinaus hat der Kläger Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich angefallener und nicht anrechenbarer Anwaltskosten von 70,20 Euro, die sich aus der 1,3 Geschäftsgebühr, der Pauschale für Post und Telekommunikation – ohne USt. – ergibt. Dieser Betrag ist ebenfalls zu verzinsen gem. §§ 291 BGB, 308 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
So das Urteil des AG Merzig. Da gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben war, versuchte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, nachdem auch seine Klageerwiderungen erfolglos blieben, mit der von ihm erhobenen Gehörsrüge, gegen Urteile, die die rechtswidrigen Kürzungen der HUK-Coburg zusprechen, doch noch zum Erfolg zu gelangen. Die Gehörsüge blieb jedoch auch erfolglos (vgl. meinen vorgehenden Bericht).
Hallo Willi,
eigentlich ein schönes Urteil, aber die Richterin widerspricht sich meines Erachtens. Im Absatz 4 letzter Satz der Entscheidungsgründe sagt die Richterin zu Recht:
„…Dementsprechend ist auch die gerichtliche Prüfung eingeschränkt. Eine umfassende Preiskontrolle findet nicht statt…“ Im nächsten Absatz prüft sie dann allerdings das Honorar auf das Übliche.
Nach BGH findet eine Kontrolle im Schadensersatzprozess nicht statt. Das gilt auch für die Höhe der Sachverständigenkosten. Trotzdem finde ich die Begründung im übrigen ganz gut. Dies trifft unbedingt auf die Beschlussbegründung zu.
MfG
Werkstatt-Freund