Das AG Gelsenkirchen-Buer veurteilt HUK Coburg zur Erstattung weiterer Sachverständigenkosten (23 C 323/09 vom 04.03.2010)

Mit Entscheidung vom 04.03.2010 (23 C 323/09) wurde die HUK-Coburg Allgem. Vers.-AG und deren Versicherungsnehmer durch das Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer zur Erstattung weiterer Sachverständigenkosten verurteilt. Die separat ausgewiesenen Kosten für die Ermittlung des Restwertes wurden nicht zugesprochen, da diese, nach Meinung des Gerichts, zum Bestandteil der Grundvergütung gehören. Der Sachverständige klagte aus abgetretenem Recht.

Aus den Gründen:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 114,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.08.2009 zu zahlen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von seinen außergerichtlichen Kosten gegenüber den Prozessbevollmächtigten … , in Höhe von 39,00 Euro freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 69 % den Beklagten als Gesamtschuldnern und zu 31 % dem Kläger auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist überwiegend begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten aufgrund des Verkehrsunfalls vom 12.05,2009 aus abgetretenem Recht der Geschädigten … gemäß §§ 7 StVG, 115 VVG i.V.m. § 398 BGB einen Anspruch auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 114,79 Euro.

Die alleinige Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte zu 2) hat vorprozessuai einen Betrag in Höhe von 378,11 Euro auf das Sachverständigenhonorar von insgesamt 532,55 Euro gezahlt. Von dem Differenzbetrag stehen dem Kläger weitere 114,79 Euro zu.

Maßgeblich ist, ob sich die von dem Kläger geltend gemachten Sachverständigenkosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen. Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. In diesem Fall sind weder der Schädiger noch das Gericht dazu berechtigt, im Schadensersatzprozess eine Preiskontrolle durchzuführen (BGH NJW 2007, 1450). Der Geschädigte bzw. hier der Kläger, an den die Forderung gegen die Beklagten abgetreten wurde, hat darzulegen und zu beweisen, dass er sich im Rahmen des erforderlichen Hersteilungsaufwandes bewegt. Entsprechende Feststetlungen kann das Gericht auch im Wege der Schadensschätzung nach § 287 ZPO treffen.

Eine geeignete Grundlage für die Schätzung ist für das Gericht die BVSK-Honorarbefragung 2008/2009, die nach Schadenshöhe differenziert und einen „Honorarkorridor“ aufweist. Darüber hinaus sind die Nebenkosten – ebenfalls mit Honorarkorridor – gesondert aufgeführt. Im Gegensatz dazu enthält die von den Beklagten angeführte BVSK-Empfehlung lediglich ein Gesamthonorar, das nicht näher aufgesplittet ist. Ferner berücksichtigt diese nicht die aktuellere Honorarbefragung aus 2008/2009, sondern lediglich jene aus 2005/2008.

Der Wiederbeschaffungswert wurde von dem Kläger in Höhe von 1.800,00 Euro inkl 2,4 % Differenzbesteuerung ermittelt, mithin 1.757,81 Euro netto. Ausweislich der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 beläuft sich der Honorarkorridor bei einem Nettoschaden von bis 2.000 Euro zwischen 295 und 341 Euro. Das von dem Kläger in Rechnung gestellte Netto-Grundhonorar von 332,88 Euro liegt demzufolge in diesem Rahmen und ist daher nicht zu beanstanden. Auch hinsichtlich der Fotokosten hält sich der Kläger mit seinem Ansatz von 2,40 € für den ersten Fotosatz und 1,20 € für den zweiten Fotosatz im Rahmen des von den BSVK Sachverständigen im HB III abgerechneten Bereich (bis 2,46 € für den ersten Fotosatz und 2,07 € für den zweiten Fotosatz). Gleiches gilt für die Telekommunikations- sowie Schreib-, Kopie-, Materialkosten. Auch die abgerechneten Fahrtkosten halten sich ausgehend von der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 im Rahmen des Erforderlichen nach § 249 BGB.

Soweit der Kläger zusätzlich zum Honorar Kosten in Höhe von 35 Euro netto für die Restwertbestimmung abgerechnet hat, sind diese jedoch nicht zu ersetzen. Als wesentlicher Bestandteil des Gutachtens ist die Restwertermittlung in der Grundvergütung enthalten und kann nicht gesondert abgerechnet werden. Insoweit war die Klage abzuweisen.

Unter Abzug der Kosten für die Restwertbestimmung ergibt sich demnach ein Gesamthonorar von 410,08 Euro netto, zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer und 2,90 Euro Porto ergibt dies einen Betrag von 492,90 Euro brutto. Abzüglich der bereits erfolgten Zahlung von 378,11 Euro verbleibt somit ein Anspruch des Klägers in Höhe von 114,79.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 280, 286, 288 BGB. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 39,00 Euro netto sind ebenfalls verzugsbedingt zu ersetzen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 808 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Anmerkung zum Kostenabzug für die Restwertermittlung:

a.) woher will der Richter wissen, was der SV in seinem Grundhonorar einkalkuliert hat bzw. was er von Fall zu Fall separat berechnen muss?
b.) würde demnach bedeuten, dass Sachverständige künftig das Grundhonorar für alle Schadensfälle nach oben anpassen müssen, wenn der nicht unerhebliche Zeit- und ggf. Fremdkostenaufwand für die inzwischen aufwändige Restwertermittlung gemäß BGH-Rechtsprechung  (= 3 Angebote des örtlichen Marktes) aufgefangen werden soll. Folge wäre eine Kostenverteilung auf alle Schadensfälle, unabhängig davon, ob es sich hierbei um einen Reparatur- oder Totalschaden handelt.
c.) das zitiertes BGH-Urteil (VI ZR 67/06) wurde nicht hinreichend beachtet. Wenn ein SV-Gutachten – wie hier – erforderlich war, ist weder der Schädiger noch das Gericht befugt, eine Preiskontrolle durchzuführen.
d.) entspricht diese Vorstellung nicht den Grundsätzen des Schadensersatzrechts. Die ex ante Betrachtung aus dem Blickwinkel des  Geschädigten wurde nicht berücksichtigt.

Urteilsliste “ SV-Honorar” zum Download >>>>>

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Eine Antwort zu Das AG Gelsenkirchen-Buer veurteilt HUK Coburg zur Erstattung weiterer Sachverständigenkosten (23 C 323/09 vom 04.03.2010)

  1. Willi Wacker sagt:

    Hallo Hans Dampf,
    mit Deinen Urteilsanmerkungen ist eigentlich schon alles gesagt. Hinsichtlich des Punktes c (BGH-Urteil VI ZR 67/06) ist tatsächlich auf den Wortlaut der Entscheidungsbegründung abzustellen. Dort heißt es unter Abs. 13: „…Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Rahmen des Schadensersatzprozesses berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen. Das gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorares.“ Dabei ist auf die ex-ante-Betrachtung abzustellen. War aus der Sicht des Geschädigten als Laien zur Wiederherstellung die Einschaltung eines qualifizierten Kfz-Sachverständigen erforderlich und notwendig, um beweiskräftige Unterlagen über Schadensumfang und -höhe sowie den Reparaturweg in Händen zu haben. Insoweit ist es ständige Rspr. des BGH, dass die Kosten des Sachverständigengutachtens entweder über § 249 I BGB notwendiger Schadensbestandteil sind, wenn ddie Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist oder über § 249 II BGB zum erforderlichen Herstellungsaufwand gehören. Sie können aber auch notwendige Rechtsverfolgungskosten darstellen. Auf jeden Fall gehören sie mit zum ersatzpflichtigen Schaden, soweit nicht nur leichte Lackschäden vorliegen (BGH DS 2008, 104, 106). Nämlich nur das sind Bagatellschäden (BGH aaO).
    Seit dem Verkehrsgerichtstag Goslar und der BGH-Rechtsprechung zum Restwert (BGH VI ZR 318/08 – DS 2010, 72f.) sind mindestens drei namentlich anzugebende Restwertangebote im Gutachten aufzuführen, was in der Tat mit Mehrarbeit verbunden ist, die auch zu entgelten ist.
    Schadensrechtlich leidet das Urteil daher an erheblichen Mängeln.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi

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