Mit Datum vom 04.09.2012 (272 C 56/12) hat das AG Köln die AXA-Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 827,47 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das AG Köln ist nach wie vor der – richtigen – Auffassung, dass die Schwacke-Liste der korrekte Maßstab für die Schätzung der Mietwagenkosten im Normaltarif ist. Es sei an dieser Stelle noch einmal daran erinnert, dass es um die „Sicht eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Menschen“ geht. Das, was einige Gerichte daraus machen, ist eine rechtswissenschaftliche Grundsatzdiskussion auf dem Rücken deren, die noch zusätzlich den Schaden zu ertragen haben. Hinterher ist man immer schlauer, nur die Juristen nicht, die wissen alles immer zu jeder Zeit.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Einstandspflicht der Beklagten folgt aus §§ 7, 18 StVG, 115 VVG.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Dass der Geschädigte seinen Anspruch auf Erstattung der (restlichen) Mietwagenkosten wirksam an die Klägerin abgetreten hat, ist unstreitig.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte von dem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer gemäß § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig erachten darf, wobei er nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (BGH, NZV 2009, 447). Den Maßstab für die wirtschaftliche Erforderlichkeit des gewählten Mietwagentarifs bildet der am Markt übliche Normaltarif. Dieser Normaltarif kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des gewichteten Mittels (Modus) des Schwacke-Automietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten geschätzt werden, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel an der betreffenden Schätzgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH, a.a.O.).
Mängel in diesem Sinne hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Soweit die Beklagte unter Hinweis auf die Methodik der Datenerhebung generell auf die Ungeeignetheit des Schwacke-Mietpreisspiegels als Schätzgrundlage hinweist und statt dessen die vermeintlichen Vorzüge der Studie des Fraunhofer Instituts erläutert, vermag dies an der Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels aus Sicht des Gerichts von nichts zu ändern. Es ist auch nicht Aufgabe des Gerichts, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen (vgl. etwa BGH NJW 2008, 2910 ff.). Abgesehen davon stellt der Verweis auf alternative Schätzgrundlagen gerade keine konkrete Tatsache im Sinne oben genannter Rechtsprechung dar, welche Zweifel an der Geeignetheit des Schwacke-Mietpreisspiegels begründen (BGH, Urteil v. 22.02.2011 – Az.: VI ZR 353/09).
Schließlich zeigen auch die von der Beklagten vorgelegten Internetauszüge der Firmen Sixt, Avis und Europcar keine konkreten Mängel des Schwacke-Mietpreisspiegels auf, auch nicht unter Berücksichtigung der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Zwar beziehen sich die Angebote auf die auch hier streitgegenständliche Region. Allerdings ist schon fraglich, ob die genannten Fahrzeugmodelle tatsächlich verfügbar gewesen wären. Die Modelle werden in den Angeboten nur beispielhaft genannt. Abgesehen davon beruhen die Angebote auf einer Anfrage vom 21.05.2012, so dass sie für die Schätzung des Normaltarifs zum Anmietzeitpunkt im April 2011 keine zeitliche Relevanz haben kann. Zu berücksichtigen ist überdies, dass den von der Beklagten vorgelegten „Screenshots“ der jeweiligen Internetangebote nicht zu entnehmen ist, dass diese Angebote mit der hier tatsächlich erfolgten Anmietsituation vergleichbar sind. Ferner gehen die Internetangebote erfahrungsgemäß – nach dem Vortrag der Beklagten gilt im vorliegenden Falls nichts anderes – entweder von einer Online-Vorauszahlungspflicht des Mieters aus oder es erfordert jedenfalls die Vorlage einer Kreditkarte bzw. die Eingabe der Kreditkartennummer durch den Mieter spätestens bei der Online-Anmietung. Beides ist einem Geschädigten aber nicht zumutbar (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.08.2010, Az.: 5 U 44/10).
Soweit die Beklagte behauptet, die von ihr recherchierten Preise seien auch zum hier streitgegenständlichen Zeitpunkt unter den hier gegen gegebenen Umständen zugänglich gewesen, stellt sich die insoweit zur Ermittlung des Normaltarifs beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens vor diesem Hintergrund als unzulässiger Ausforschungsbeweis dar. Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens auch ungeeignet erscheint. Es schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts Bielefeld in dessen Entscheidung vom 19.12.2007 an: „Es ist nicht ersichtlich, dass von einem Sachverständigen anzuwendende Erhebungsmethoden denen der Fa. EurotaxSchwacke überlegen sind. Einem gerichtlich bestellten Sachverständigen stünden keine Erkenntnismöglichkeiten offen, die eine bessere und realistischere Ermittlung der Mietwagenkosten zum Unfallzeitpunkt erwarten ließen. Die Ermittlung von Mietpreisen für einen vergangenen Zeitraum könnte ebenfalls nur durch eine Märkterhebung in Form einer Befragung der im einschlägigen Postleitzahlenbereich ansässigen Mietwagenunternehmer erfolgen. Damit wären jedoch dieselben Fehlerquellen und Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, aus denen die Beklagte Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Schwacke – Mietpreisspiegels herleitet.“ (vgl. LG Bielefeld, BeckRS 2008, 04036).
Die gemäß § 249 BGB erforderlichen Mietwagenkosten berechnen sich entgegen der Auffassung der Klägerin nach dem gewichteten Mittel („Modus“) des zum Unfallzeitpunkt aktuellen Schwacke-Mietpreisspiegels des Jahres 2011. Das Gericht schließt sich der Rechtsprechung des hiesigen OLG-Bezirks an, wonach hierbei die sich bei mehrtägiger Vermietung ergebenden Reduzierungen nach Wochen-, Dreitages- und Tagespauschalen zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Köln, NZV 2007, 199).
Auch aus der von der Beklagten zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 18.05.2010, 22.02.2011 und 17.05.2011 ergibt sich nach Auffassung des Gerichts lediglich, dass eine Auseinandersetzung mit den von der Beklagten vorgelegten Internetangeboten zu erfolgen hat, nicht jedoch, dass diese zwingend eine Ungeeignetheit der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage nach sich ziehen.
Insgesamt verbleibt es nach Auffassung des Gerichts trotz der Vielzahl der von der Beklagten vorgebrachten Einwendungen bei der Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels als Schätzgrundlage. Für die Behauptung der Beklagten, die Vermieter würden auf die offene Frage der Firma EurotaxSchwacke überhöhte Preise nennen, um den Normaltarif in ihrem Sinne zu beeinflussen, fehlt es bislang an einem konkreten Nachweis.
Das Gericht legt der Schätzung der erforderlichen Mietwagen kosten den Schwacke-Mietpreisspiegel für das Jahr 2011 zu Grunde. Es mag sein, dass die der Schwacke-Liste 2011 zu Grunde liegenden Daten – wie die Klägerin hervorhebt – erst ab April 2011 erhoben wurden. Entscheidend ist aber, dass die der Schwacke-Liste 2011 zu Grunde liegenden Daten zeitlich näher am Unfallzeitpunkt erhoben wurden als die Daten, die bei der Erstellung der Schwacke-Liste 2010 berücksichtigt wurden. Denn im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO ist auf diejenigen Vergleichswerte abzustellen, die den tatsächlichen Gegebenheiten am ehesten entsprechen.
Ausgehend vom Normaltarif nach dem Modus des Schwacke-Automietpreisspiegels 2011 für das Postleitzahlengebiet 475 ergibt sich für die vorliegende Mietdauer von 12 Tagen und die Fahrzeugklasse 6 ein erforderlicher Mietaufwand von 1.556,50 Euro als Normaltarif (1 x Wochenpauschale á 778,50 Euro, 1 x Dreitagespauschale á 345,– Euro, 3 x 1 Tagespauschäle á 141,-).
Die Klägerin muss sich die Klägerin einen Abzug wegen ersparter Eigenaufwendungen gefallen lassen, den das Gericht gemäß § 287 ZPO mit 10 % schätzt (155,65 Euro). Denn das Gericht geht davon aus, dass der Geschädigte ein klassengleiches Fahrzeug angemietet hat. Zwar behauptet die Klägerin, es sei ein klassentieferes Fahrzeug angemietet worden, jedenfalls sei aber ein klassentieferes Fahrzeug berechnet worden. Beides ist geht aber aus den von der Klägerin zu den Akten gereichten Unterlagen nicht hervor.
Zudem sind die durch die Haftungsreduzierung verursachten Kosten nicht zu ersetzen, nachdem diese Position in die Moduswerte des Schwacke-Mietpreisspiegels für das Jahr 2011 eingepreist sind.
Ersatzfähig sind allerdings die geltend gemachten Zusatzkosten für die Zustellung sowie Abholung in Höhe von insgesamt 50 Euro sowie die Kosten für das Navigationsgerät (120,– Euro). Dass die Beklagte die Entstehung dieser Kosten bestreitet, ist unerheblich, nachdem das Bestreiten ohne jede Substanz erfolgt und die Klägerin darüber hinaus belegt hat, dass die entsprechenden Kosten tatsächlich angefallen sind (vgl. LG Köln, Urteil vom 17.04.2012 – Az. 11 S 245/11).
Insgesamt ist der zu schätzende Ersatztarif mit 1.570,85 Euro brutto zu beziffern. Nachdem die Klägerin lediglich den Nettobetrag (1.320,04 Euro) fordert, liegen die zu ersetzenden Mietwagenkosten unter Berücksichtigung der bereits gezahlten 455,05 Euro mit 846,54 Euro über der Klageforderung, die mit 827,47 Euro zu beziffern ist.
Ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht jedoch nicht. Denn die Einschaltung eines Rechtsanwaltes war nicht erforderlich im Sinne von § 249 BGB. In einfach gelagerten Fällen ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts nur dann erforderlich, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 71. Auflage, § 249 BGB, Rn. 58). Der vorliegende Sachverhalt enthielt weder besondere Schwierigkeiten rechtlicher noch tatsächlicher Art. Für die Klägerin als Mietwagenunternehmen stellt die Geltendmachung offener Forderungen gegenüber Versicherungsunternehmen zudem eine alltägliche Arbeit dar. Eine Teilregulierung erfolgte kurz nach Geltendmachung; für eine Verzögerung liegen keine Anhaltspunkte vor. Wegen der Restforderung hätte der Kläger sofort einen unbedingten Klageauftrag erteilen können und müssen (vgl. hierzu OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242), so dass auch insoweit kein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten besteht.
Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1, 288 BGB. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Soweit das AG Köln.