Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
die Urteilsreise geht weiter. Von Baden-Württemberg zurück nach Sachsen. Nachstehend gebe ich Euch ein weiteres Urteil des zuständigen Amtsrichters des AG Leipzig bekannt. Wieder war es die bekannte Coburger Versicherung, die meinte nach ihren „Gesetzen“ den Schadensersatzanspruch des Geschädigten beurteilen und danach regulieren zu können. Zwar meinte die beklagte HUK-Coburg Allg. Vers. AG auch im Prozess noch, die Problematik der Mietwagenkosten auf die Sachverständigenkosten anwenden zu können. Dem ist der erkennende Richter aber mit klarer Ansage entgegengetreten. Auch die Ausführungen zu den restlichen Sachverständigenkosten – und zu der Höhe der erforderlichen Sachverständigenkosten – sind schlüssig und überzeugen. Was bei diesem Urteil feststellbar ist, ist die Tendenz der Coburger Versicherung, die erforderlichen Sachverständigenkosten an der Rechtsprechung zu den Mietwagenkosten zu messen. Mietwagenkosten und Sachverständigenkosten sind aber nicht vergleichbar. Bei den ersteren gibt es Tabellen und Preislisten in jeder Mietwagenstation. Die Sachverständigenkosten werden nach der Rechtsprechung des BGH in Relation zur Schadenshöhe berechnet – und die soll gerade der Sachverständige feststellen. Deshalb darf der Geschädigte bei der Beauftragung eines qualifizierten Kfz-Sachverständigen Kosten verursachen, deren Höhe er nicht kennt und deren Höhe er auch nicht beeinflussen kann. Gleichwohl sind diese Kosten Wiederherstellungskosten und vom Schädiger zu erstatten. Wenn der Schädiger meint, die Kosten seien überhöht, ist er auf den Vorteilsausgleich verwiesen. Nur ist es nach der BGH-Rechtsprechung richtig. Lest aber selbst das Urteil und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung l
Aktenzeichen: 105 C 7364/12
Verkündet am: 20.12.2012
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK-Coburg-Allgemeine Versicherung AG, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg, vertreten durch d. Vorstand
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richter am Amtsgericht …
im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO aufgrund der bis zum 13.12.2012 eingegangenen Schriftsätze am 20.12.2012
für Recht erkannt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 208,98 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.08.2011 sowie weitere Euro 3,00 vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtestreits.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert beträgt Euro 208,98.
Tatbestand
entfällt gemäß § 313a Abs. 1 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist vollumfänglich aus §§ 398 ff. BGB, 7 ff. StVG, 823 BGB, 115 VVG i. V. m. § 249 BGB begründet.
Das Amtsgericht Leipzig hat bereits mit seinen Urteilen vom 02.08.2007 Az.: 105 C 8014/06, 28.06.2007 Az.: 105 C 643/06, 14.06.2007 Az.: 105 C 203/07, 14.06.2007 Az.: 105 C 204/07, 12.07.2007 Az.: 105 C 2159/07, 19.02.2009 Az.: 105 C 1288/08, 22.03.2012 Az.: 105 C 1320/11 sowie 27.10.2011 Az.: 105 C 2198/11 entschieden, dass eine Beklagte als Haftpflichtversicherung eines Kraftfahrzeuges unter den in den jeweiligen Urteil festgelegten Prämissen zur Zahlung der Kosten des privaten Kfz-Sachverständigengutachtens verpflichtet ist.
Es wird soweit ergänzend darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 04.04.2006 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 16,05.2006 (Az.: X ZR 122/05) grundsätzlich festgestellt hat, dass ein Vertrag, nach dem ein Sachverständiger ein Gutachten über die Höhe eines Kraftfahrzeugunfallschadens zu erstatten hat, ein Werkvertrag ist und für die Bemessung der Vergütung des Sachverständigen der Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung maßgeblich ist, wobei nach § 632 BGB – in dieser Reihenfolge – ihre tatsächliche Absprache, eine eventuell vorliegende Taxe oder die übliche Vergütung den Inhalt der Vereinbarung bestimmen. Anderenfalls ist die verbleibende Vertragslücke nach den Grundsätzen über die ergänzende Vertragsauslegung zu schließen, für die Gegenstand und Schwierigkeit der Werkleistung und insbesondere die mit dem Vertrag verfolgten Interessen der Parteien von Bedeutung sein können.
Nur wenn sich auf diese Weise eine vertraglich festgelegte Vergütung nicht ermitteln lässt, kann zur Ergänzung des Vertrages auf die Vorschriften der §§ 315 f. BGB zurückgegriffen werden.
Der Bundesgerichtshof hat weiter festgelegt, dass ein Kfz-Sachverständiger, der für Routinegutachten eine an der Höhe orientierte angemessene Pauschalierung seines Honorars vornimmt, die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraumes grundsätzlich nicht überschreitet. In den Gründen hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass, wenn sich nach einer festen Übung Spannen für Leistungen, wie die Leistungen der Schadengutachter für Kraftfahrzeugschäden auch übereinstimmend für überregional tätige Auftraggeber, wie Versicherungen, erbracht werden, allgemein herausgebildet haben, die Feststellung, welche Vergütung üblich ist, dem nicht entgegensteht, dass bei einem bestimmten Ort eine feste Übung nicht gesondert festzustellen ist.
Nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt haben der Geschädigte und die Klägerin unstreitig vereinbart, dass die Honorartabelle, die der Auftragserteilung vom 16.06.2011 beiliegt, beziehungsweise auf der Rückseite abgedruckt ist, als Abrechnungsgrundlage dient.
Diese Honorartabelle ist nach Schadenhöhen der Nettoreparaturkosten gestaffelt.
Der Bundesgerichtshof hat in der oben zitierten Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass nicht von Amts wegen ein „gerechter“ Preis zu ermitteln ist, vielmehr geht es grundsätzlich darum, dass die getroffene Bestimmung – des Sachverständigenhonorars – sich noch in den Grenzen der Billigkeit hält und erst dann, wenn der Berechtigte die ihm durch die Billigkeit gesetzten Grenzen der Preisbemessung überschritten hat, die Bestimmung durch die Entscheidung des Gerichts zu ersetzen ist.
Die Vereinbarung der Parteien vom 16.06.2011 ist bindend, da Anhaltspunkte für eine sittenwidrige Preisvereinbarung nicht ersichtlich bzw. substantiiert dargetan sind. Auch sonstige Nichtigkeitsgründe sind nicht erkennbar.
Insoweit wird ergänzend auf die Entscheidungen des Landgerichts Leipzig vom 11.10.2005 Az.: 16 S 238/05 = Amtsgericht Leipzig, Az.: 113 C 7019/04 und vom 09.02.2006, Az.: 12 S 549/05 = Amtsgericht Leipzig, Az.: 117 C 13084/04 verwiesen.
Anhaltspunkte von den grundsätzlichen Entscheidungen dieses Gerichts oder auch den anderen Referaten des Amtsgerichts Leipzig abzuweichen, sind nicht ersichtlich.
Auf die weitergehenden Ausführungen der Beklagten führen im Ergebnis nicht zum Erfolg, Ein Missverhältnis zwischen dem entstandenen Schaden und der Höhe des Gutachterhonorars der Klägerin ist nicht ersichtlich.
Die Ausführung der Beklagten zur „Mietwagenproblematik“ sind vorliegend nicht angezeigt.
Gerade bei der technischen Untersuchung von Kraftfahrzeugen, die im Straßenverkehr ein erhebliches Gefahrenpotential darstellen, kommt es darauf an, dass im Falle des Eintritts eines Schadens dieser mit der gebotenen Sorgfalt und Sachkunde vom Sachverständigen untersucht wird.
Pauschalierungen und Bezugnahmen auf anders lautende amtsgerichtliche Urteile im Bundesgebiet greifen nicht.
Insbesondere ist auch die Rüge der Beklagten der Kosten eines Lichtbildes mit Euro 2,79, die Höhe der Schreibkosten und der sonstigen Nebenkosten nicht nachvollziehbar. Insoweit wird im Hinblick auf die Nebenkosten auf die Entscheidung dieses Gerichts vom 28.06.2007 Az.: 105 C 10643/06 verwiesen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Hallo, liebe Leserinnen und Leser,
da hat ein Richter des AG Leipzig mal wieder unter Beweis gestellt, wie echte Kompetenz die Entscheidungsgründe auskleiden kann. Dahinter kann sich die Huk-Coburg mit ihren „Parade“urteilen nur noch verstecken.
Besonders gut und einleuchtend finde ich folgende Passagen:
–> „Der Bundesgerichtshof hat in der oben zitierten Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass nicht von Amts wegen ein “gerechter” Preis zu ermitteln ist, vielmehr geht es grundsätzlich darum, dass die getroffene Bestimmung – des Sachverständigenhonorars – sich noch in den Grenzen der Billigkeit hält und erst dann, wenn der Berechtigte die ihm durch die Billigkeit gesetzten Grenzen der Preisbemessung überschritten hat, die Bestimmung durch die Entscheidung des Gerichts zu ersetzen ist.“
–> “ Die Vereinbarung der Parteien vom 16.06.2011 ist bindend, da Anhaltspunkte für eine sittenwidrige Preisvereinbarung nicht ersichtlich bzw. substantiiert dargetan sind. Auch sonstige Nichtigkeitsgründe sind nicht erkennbar.“
–> „Pauschalierungen und Bezugnahmen auf anders lautende amtsgerichtliche Urteile im Bundesgebiet greifen nicht.“
„Insbesondere ist auch die Rüge der Beklagten der Kosten eines Lichtbildes mit Euro 2,79, die Höhe der Schreibkosten und der sonstigen Nebenkosten nicht nachvollziehbar. Insoweit wird im Hinblick auf die Nebenkosten auf die Entscheidung dieses Gerichts vom 28.06.2007 Az.: 105 C 10643/06 verwiesen.“
Der erfahrene Richter hat die HUK-COBURG mit diesen Entscheidungsgründen gleich mehrfach in die Schranken gewiesen und sich von dem themaverfehlenden Vortrag der feudal bezahlten HUK-COBURG-Anwälte nicht beeindrucken lassen. Ich erinnere insoweit an das ebenso deutliche Urteil des AG Essen-Steele, dass sogar mit 2 kräftigen Hieben ausgekommen ist.
Aber immer mehr verlagern sich aktuell die Klagen ja auf die eigentlichen Schädiger allein und daraus ergeben sich interessante Hinweise, wie die HUK-Coburg in solchen Konstellationen ihre eigenen Versicherungsnehmer berät und beruhigt. Verhindern kann sie allerdings damit auch nicht, dass diese in die Pflicht genommen und verurteilt werden. Es stehen wieder mehrere solcher Vorgänge hier an und garantiert bedenken wir die VN dieser Versicherung auch mit einem Urteil,denn sie sollten schon wissen, was die Zusicherungen ihrer Versicherung wert sind und dass man die Versicherungsnehmer vor den eigenen Karren spannt und quasi als Kanonenfutter mißbraucht.Das ist dann eine ganz besondere Art von pervertiertem Service.
K.-L. H.
Erfährt der verklagte Schädiger denn von dem Urteil ? Wenn „sein“ Prozessbevollmächtigter von der Versicherung beauftragt wurde, melde ich Zweifel an.
Ich gehe davon aus, daß auch von der Versicherung beauftragte Rechtsanwälte, die den Versicherungsnehmer vertreten, sich an § 11 BORA halten…
Hallo, K.-L.H.
das ist alles sehr interessant und auch hilfreich,was da herausgestellt worden ist. Dennoch kann garnicht oft genug wiederholt und harausgestellt werden.
Die Versicherung hat keine Berechtigung zur Preiskontrolle !
Dabei geht es um die BGH-Grundsatzentscheidung mit Urteil vom 23.01.2007 (VI ZR 67/06) auf das sich die HUK-Coburg so gerne beruft.
Nach § 249 Abs.1 BGB hat der zum Schadenersatz Verpflichtete (das ist der Schädiger bzw. VN) d e n
Zustand herszustellen, der bestehen würde, wenn das zu Schadenersatz v e r p f l i c h t e n d Ereignis nicht eingetreten wäre.
Danach gehören die Kosten eines Gutachtens zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen Vermögensnachteilen und sind somit erstattungsfähig, da als erforderlich anzusehen.
Ein Gutachter überschreitet die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung g r u n d s ä t z l i c h n i c h t, wenn er eine an der Schadenhöhe orientierte Pauschalierung vornimmt. Wahrt der Geschädigte insoweit den Rahmen des zur Widerherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadenersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen. Das gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars.
Gegen diese Grundsätze der BGH-Entscheidungen verstößt die HUK-Coburg in Kenntnis und wider besseren Wissens
vorsätzlich rechtswidrig in tausenden von Fällen Monat für Monat und reibt sich dann noch verwundert die Augen, wenn ihre Versicherungsnehmer als Schädiger gesetzesgetreu in die Pflicht genommen und verklagt werden müssen, weil die eigenen Versicherung ihnen suggeriert hat, sie sollten die Zahlungsaufforderung ignorieren und man würde sich versicherungsseitig um alles weiter kümmern. Aber so läuft es dann nach den Vorstellungen der HUK-Coburg doch nicht und der Versicherungsnehmer als Schädiger tappt dann eingedenk dieser Beschwichtigungsversuche seiner Versicherung in eine Falle, wird – für ihn unerwartet – mit einem Mahnbescheid überzogen oder gar verklagt und das Ergebnis der Klage wird ihm auch noch mitgeteilt. So sieht die Realität aus und was sagt die Innenrevision der HUK-Coburg zu einer solchen gigantischen und konzernschädigenden Geldverschleuderung, wenn man von den Vertragskündigungen und den Errosionserscheinungen einmal absieht ?
Deshalb ist nach wie vor empfehlenswert, bei jedweder rechtswidrigen Honorarkürzung, sich nicht mehr die Mühe zu machen, die HUK-Coburg zu kontaktieren, sondern sogleich den VN als Schädiger, und nur diesen, zu verklagen und zwar auch dann, wenn es mal nicht zum Erfolg führt, weil ein Richter selbst bei der HUK-Coburg versichert ist oder aber nicht zwischen Schadenersatzrecht und Werkverstragsrecht unterscheiden kann bez. unterscheiden will, wenn er in seinen Gedankengängen plötzlich ausblendet, dass getreu der BGH-Rechtsprechung eine Berechtigung zur Preiskontrolle nicht besteht und werkvertragliche Überlegungen in einem Schadenersatzprozeß nichts zu suchen haben, wenn man schon „Im Namen des Volkes“ die hoffentlich schlüssigen Entscheidungsgründe der Öffentlichkeit präsentiert und nicht angetreten ist, die Belange der Unfallopfer noch einmal zu malträtieren und diese in ihrer Befähigung eines mündigen Bürgers abzuwerten.
D.H.