Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nach einer Schaffenspause geht die Urteilsreise durch die deutschen Lande durch mich weiter. Nun hat der zuständige Amtsrichter der 1. Zivilabteilung des AG Schwalbach (Bayern) zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht entschieden. Wie im Prozess zu erwarten war, hat die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung auf die – kritikbehaftete – Rechtsprechung des LG Saarbrücken verwiesen und meinte, die Nebenkosten entsprechend LG Saarbrücken auf 100,– € deckeln zu können. Die Rechtsprechung des LG Saarbrücken ist aber nicht vom LG Nürnberg-Fürth und auch nicht vom AG Lebach (Saar) akzeptiert worden. Sie muss daher m.E. als Mindermeinung angesehen werden. Die Rechtsprechung des LG Nürnberg-Fürth, des AG Lebach und jetzt auch des AG Schwabach haben überzeugende Argumente, die nicht von der Hand zu weisen sind, für sich. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und noch einen schönen Sonntag
Willi Wacker
Amtsgericht Schwabach
Az.: 1 C 1501/12
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
Kfz-Sachverständiger
– Kläger –
gegen
Bruderhilfe Sachversicherung AG, vertreten durch d. Vorstandsvors., Kölnische Straße 108 -112, 34108 Kassel
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Schwabach durch den Richter am Amtsgericht … am 04.02.2013 auf Grund des Sachstands vom 29.01.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 267,63 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.11.2012 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 267,63 € festgesetzt.
Tatbestand
(entfällt gemäß §§ 313a Abs. 1 S. 1, 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Amtsgericht Schwabach gemäß §§ 32 ZPO, 20 StVG örtlich und gemäß § 23 Nr. 1 GVG sachlich zuständig.
II.
Die Klage ist in der Hauptsache auch vollumfänglich begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch gemäß §§ 823 BGB, 7,17 StVG, 115 VVG auf Ersatz weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 267,63 €.
1.
An der Aktivlegitimation des Klägers bestehen keinerlei Zweifel, da der Geschädigte … dem Kläger seine Ansprüche gegen die Beklagte aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis hinsichtlich der Sachverständigenkosten ausweislich der als Anlage K 3 vorgelegten Vereinbarung wirksam abgetreten hat. Ausweislich des Gutachtens handelt es sich bei dem Zedenten auch um den Halter des Unfallfahrzeugs und damit um den tatsächlichen Anspruchsinhaber. Die Behauptung der Beklagten, dessen Ehefrau sei Halterin des Fahrzeugs, findet in den vorgelegten Urkunden keinerlei Grundlage und kann vor diesem Hintergrund keine Berücksichtigung finden. Die Abtretungserklärung nimmt auch detailliert Bezug auf den streitgegenständlichen Unfall und die davon erfassten Ansprüche, weshalb auch alle Anforderungen an die Konkretheit dieser Abtretung erfüllt sind.
2.
Gleichzeitig1 mit der Abtretung hat der Geschädigte mit dem Kläger auch wirksam eine konkrete Honorarvereinbarung geschlossen, welche sich auf der Rückseite des entsprechenden Formulars befindet. Das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Kenntnis der Honorarvereinbarung bei Beauftragung des Klägers ist daher nicht nachvollziehbar. Der Text auf der Vorderseite nimmt ausdrücklich auf die Rückseite Bezug, wenn es heißt: „Ich beauftrage hiermit gem. umseitigem Werkvertrag mit Honorarvereinbarung das Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. (FH) … mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens (Original und 3 Duplikate)“. Es ist davon auszugehen, dass der Geschädigte diese Vereinbarung gelesen hat bevor er sie unterschrieben hat. Jedenfalls musste der Kläger als Empfänger der Vereinbarung davon ausgehen, dass der Geschädigte durch seihe Unterschrift sein Einverständnis mit dem angegebenen Honorar erklärt hat. Ob er die Honorarvereinbarung im Einzelnen verstanden oder überhaupt wahrgenommen hat, ist für deren wirksame Vereinbarung unerheblich. Auch vermag das Gericht nicht zu erkennen, wo hier eine Intransparenz oder Unverständlichkeit der Honorarvereinbarung liegen soll.
3.
Die Beklagte kann vor dem Hintergrund dieser Honorarvereinbarung nicht einwenden, dass einzelne Positionen überhöht seien. Lediglich der nach Spalte HB III der BVSK-Befragung 2011 zu ermittelnde Gesamtbetrag bildet hier nach Rechtsprechung des Landgerichts Nürnberg-Fürth eine gewisse Obergrenze, welche aber ausweislich der in der Anlage K 4 angestellten zutreffenden Vergleichsberechnung auch nicht annähernd erreicht wird.
Lediglich ergänzend sei an dieser Stelle ausgeführt, dass selbst bei Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung die Rechnung des Klägers nach allgemeiner Rechtsprechung ebenfalls an der BVSK-Befragung zu messen wäre, dann allerdings, wie das Landgericht Nürnberg-Fürth bereits mehrfach ausgeführt hat, am Mittelwert des in Spalte HB V vorgegebenen Rahmens. Auch insoweit ergäbe sich hier ein Gesamtwert von 741,45 € netto, so dass der Rechnungsbetrag von 729,10 € netto auch insoweit als ortsüblich und angemessen zu bezeichnen wäre.
4.
Soweit die Beklagte die grundsätzliche Erforderlichkeit einzelner abgerechneter Nebenkostenpositionen bestreitet, kann sie damit aus verschiedenen Gründen ebenfalls kein Gehör finden. Diese Positionen können ebenfalls der Honorarvereinbarung entnommen werden, insbesondere die Erstellung von 3 Duplikaten, welche klägerseits durch die Erforderlichkeit weiterer Duplikate für die Reparaturwerkstatt, die sich bei Durchführung der Reparatur nach aller gerichtlicher Kenntnis am Gutachten orientiert, und für den in solchen Fällen regelmäßig tätigen Rechtsanwalt plausibel begründet sind. Auch die Anlage einer Handakte für den Sachverständigen selbst ist angesichts dessen, dass es gerade in solchen Fällen wie dem vorliegenden in letzter Zeit gehäuft zu Gerichtsverfahren kommt, durchaus nachvollziehbar, zumal die damit verbundenen Kosten von 2,60 € verschwindend gering sind. Wieviele Lichtbilder letztlich zur Schadensdokumentation erforderlich sind, liegt im Ermessen des Sachverständigen. Die hier gefertigten 16 Lichtbilder liegen nach Erfahrung des Gerichts durchaus im Bereich dessen, was allgemein üblich und erforderlich ist. Dies gilt auch für die abgerechneten Schreibkosten. Der Einwand der Beklagtenseite, wonach die in der BVSK-Befragung dahingehend angegebenen Nebenkosten sich auf Lichtbildtafeln beziehen würden, weshalb allenfalls halb so hohe Kosten anfallen könnten, erschließt sich dem Gericht mangels ersichtlicher Grundlage nicht. Ebensowenig nachvollziehbar ist der offenbar formularmäßige Einwand gegen Audatex-Kosten, die vorliegend überhaupt nicht geltend gemacht sind. Soweit die Beklagte einwendet, Fahrtkosten seien deshalb nicht angefallen, weil der Sachverständige eventuell sowieso vor Ort gewesen sei, handelt es sich um eine bloße Vermutung ohne konkreten Anlass, welche keine weitere Darlegungslast der Klagepartei auslöst. Ob Kosten für einen Vorabbericht – in Höhe von immensen 5,00 € – üblich sind oder nicht kann dahinstehen, da die klägerseits geltend gemachten Kosten für Porto etc., worunter auch die genannten 5,00 € fallen, insgesamt lediglich 8,00 € und damit nicht einmal die Hälfte der in der BVSK-Befragung enthaltenen Pauschale von 18,88 € betragen.
Bei der beklagtenseits zitierten Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken bezüglich der Deckelung der Nebenkosten auf einen Gesamtbetrag von 100,00 € handelt es sich offensichtlich um ein Einzelfallurteil, welchem das Landgericht Nürnberg-Fürth in späteren Entscheidungen nicht gefolgt ist. Soweit das Amtsgericht Schwabach teilweise ähnlich entschieden hat, wird diese Rechtsprechung ausdrücklich nicht mehr aufrecht erhalten.
5.
Ein Verstoß des Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht, welcher sich auch auf den an den Kläger abgetretenen Anspruch auswirken würde, liegt ersichtlich nicht vor. Nachdem die Kosten des Klägers im Rahmen des bzw. sogar unter dem üblichen Tarif gemäß der BVSK-Befragung liegen, bestand keinerlei Verpflichtung des Geschädigten zur Erforschung des Marktes dahingehend, ob nicht vielleicht irgendein anderer Sachverständiger günstiger wäre. Dies wäre allenfalls bei erkennbar überhöhten Preisen der Fall.
6.
Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen bleibt es dabei, dass die klägerseits abgerechneten Kosten von 867,63 € brutto in vollem Umfang erstattungsfähig sind. Unter Abzug der unstreitig bereits bezahlten 600,00 € verbleibt die Klageforderung von 267,63 € als noch zur Zahlung offen stehender Betrag.
7.
Weitgehend unbegründet ist die Klage hingegen bezüglich der geltend gemachten Nebenforderungen. Rechtsanwaltskosten sind dem Kläger ausweislich der Anlage K 3 nicht ausdrücklich abgetreten worden, so dass die beklagtenseits bestrittene Möglichkeit einer solchen Abtretung dahinstehen kann. Dass derartige Kosten beim Kläger originär entstanden sind ist nicht nachgewiesen, zumal es insoweit trotz Bestreitens der Beklagten an jeglichem Sachvortrag fehlt, wofür hier solche Kosten angefallen sein sollen.
Gleiches gilt für die geforderten Zinsen. Der Klageschrift kann nicht entnommen werden, woraus sich ein Verzug und damit eine Verzinsungspflicht ab 17.11.2012 ergeben soll. Zinsen konnten daher gemäß §§ 291, 288 BGB erst ab Rechtshängigkeit zugesprochen werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Das teilweise Unterliegen der Klagepartei bezüglich der Nebenforderungen ist für die Kostenentscheidung ohne Relevanz.
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
V.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.
gez.
…
Richter am Amtsgericht
Und nun bitte Eure Kommentare.
Gegen Saarbrücken entscheiden die Berufungskammern Koblenz,Halle,Oldenburg und Zweibrücken.
HAllo Peter Pan,
Danke für die weitere Information. Mir waren LG N-FÜ, AG Lebach und AG Schwalbach bekannt.
@ Peter Pan 18.02.2013 um 09:37
Also kann LG Saarbrücken als Mindermeinung abgetan werden, wenn LG Koblenz, LG Halle, LG Oldenburg, LG Zweibrücken und LG Nürnberg-Fürth sowie AG Lebach und AG Schwalbach bewußt dagegen urteilen.
In Saarbrücken wohl nicht … ;-
Hallo !
Können die Urteile gegen das Urteil von Saarbrücken von den LG Koblenz,Halle,Oldenburg und Zweibrücken hier eingestellt werden?