AG Amberg sieht Stellung des Sachverständigen korrekt und verurteilt Zurich Versicherung zur Zahlung restlichen Schadensersatzes aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 28.2.2013 -2 C 1205/12-.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

es geht weiter nach Amberg. Wieder musste ein Kfz-Sachverständiger gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers gerichtlich vorgehen, weil diese nicht in der Lage war oder besser gesagt, nicht gewillt war, den erforderlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall zu leisten. Der Kfz-Sachverständige ließ sich mit dem Auftrag auf Erstellung des Kfz-Schadens-Gutachtens den Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten abtreten, so dass er im nachfolgenden Prozess aktivlegitimiert war. Die Versicherung, die meinte, nur gekürzte Schadensersatzbeträge leisten zu müssen, war die Zurich Versicherung. Diese meinte, die vom Sachverständigen berechneten Sachverständigenkosten seien überhöht. Dass aber nach allgemein herrschender Rechtsprechung und Literatur auch überhöhte Sachverständigenkosten zu erstatten sind, will offenbar die Zurich nicht akzeptieren. Jetzt mit dem Urteil wurde ihr dies aber eindeutig ins Versicherungsstammbuch geschrieben, denn Fehler des Sachverständigen, auch bei der Abrechnung, gehen zu Lasten des Schädigers. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker

Amtsgericht Amberg

Az.: 2 C 1205/12

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

Kfz-Sachverständiger

– Klägerin –

gegen

Zurich Insurance plc NfD, vertreten durch d. Hauptbevollmächtigten der Niederlassung Ralph Brand, Solmsstr. 27 – 37, 60486 Frankfurt, Gz.: 111557059977

– Beklagte –

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Amberg durch den Richter … am 28.02.2013 auf Grund des Sachstands vom 28.02.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 228,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.12.2012 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 228,40 € festgesetzt.

Tatbestand

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 228,40 € gemäß §§ 7 Abs. 1, 17, 18 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG i.V.m. §§ 249, 398 BGB zu.

1)

Zwischen dem Geschädigten … und einem Versicherungsnehmer der Beklagten kam es im Landgerichtsbezirk Amberg-Sulzbach zu einem Verkehrsunfall, welchen der Versicherungsnehmer der Beklagten allein verschuldete.

Der Geschädigte … trat der Klägerin den gegen die Beklagte bestehenden Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Sachverständigenvergütung ab, § 398 ff BGB.

2)

Die beklagte Partei ist aufgrund des Unfalls gemäß § 7 StVG, § 249 BGB zum Ersatz aller entstandenen Schäden verpflichtet, einschließlich der Kosten des Sachverständigengutachtens als Kosten der Schadensfeststellung.

Der Geschädigte … durfte im vorliegenden Fall grundsätzlich einen Sachverständigen beauftragen, da kein Bagatellschaden vorliegt. Von einem Bagatellschaden kann allenfalls bei einem Schadensbetrag von bis zu 700,00 € ausgegangen werden. Im vorliegenden Fall lag der Reparaturschaden jedoch bereits bei 7.312,20 € und damit über der Bagatellgrenze.

Die Rechnung des Sachverständigen ist auch prüffähig und fällig im Sinne von §§ 631 Abs. 1, 632 Abs. 1 und 2 BGB.

3)

Ein Restanspruch der Klagepartei auf Erstattung der Sachverständigenkosten besteht noch in Höhe von 228,40 €, da angemessene und erforderliche Sachverständigenkosten in Höhe von 1.108,63 € vorliegen, auf die die beklagte Partei bereits 880,23 € bezahlt hat.

Entgegen der Ansicht der beklagten Partei ist auch der Teilbetrag der Sachverständigenkosten zu ersetzen, der über den bereits beglichenen Teilbetrag hinausgeht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob – wie die Beklagtenpartei behauptet – dieser Restbetrag übersetzt ist und daher nicht als übliche Vergütung angesehen werden kann.

Grundsätzlich darf der Sachverständige sein Honorar auch ohne Angabe des Zeitaufwands nach dem Gegenstandswert festsetzen, da es sich um ein Routinegutachten handelt.

Dabei ist es der Beklagtenpartei verwehrt, sich gegenüber der Klägerin als Geschädigter auf eine vermeintliche Überhöhung der Sachverständigengebühren zu berufen. Dies gilt sowohl für das Grundhonorar als auch für die geltend gemachten Nebenkosten.

Denn solange die Geschädigte bei der Beauftragung des Sachverständigen nicht erkennen konnte, dass dieser sein Honorar geradezu willkürlich festgesetzt hat, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen oder der Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt, sind auch etwa überhöhte Sachverständigengebühren als ersatzfähiger Schaden anzuerkennen (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 69. Aufl., 2010, § 249, Rn. 58; OLG Naumburg vom 20.01.2006 – 4 O 49/05, NJW-RR, 2006, 1029 ff; OLG Nürnberg vom 03.07.2002 – 4 O 1001/02, VRS 103, 321 ff).

Hintergrund ist, dass es dem Geschädigten weder zuzumuten ist, die Schadensabwicklung allein in die Hände des Schädigers bzw. dessen Versicherers zu legen, noch „Marktforschung“ zu betreiben und mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen vor Ort einzuholen. Denn es dürfte ihm kaum möglich sein, vor der Auftragserteilung die Angemessenheit der zu erwartenden Vergütung zu beurteilen, da hierzu das Fahrzeug vorab durch mehrere Sachverständige begutachtet werden müsste. Ferner fehlen Tarifübersichten, anhand derer sich der Kunde informieren könnte.

Es bedarf daher keiner Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob die in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten überhöht waren.

Es liegen weder Hinweise vor, dass es sich bei der vorliegenden Sachverständigenrechnung um eine „Scheinrechnung“ handelt, noch, dass eine willkürliche Festsetzung der Sachverständigenvergütung erfolgte, welche für den Geschädigten … auch erkennbar war.

Auch wenn der Sachverständige aus abgetretenem Recht vorgeht, ist die Kfz-Haftpflichtversicherung wie im Verhältnis zum Geschädigten selbst gehindert, sich auf eine angebliche Überhöhung der Sachverständigenkosten zu berufen.

Für die in Anspruch genommene Kfz-Haftpflichtversicherung ergibt sich die Möglichkeit, sich etwaige Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen wegen Gebührenüberhöhung abtreten zu lassen, um sodann gegenüber dem Sachverständigen darzulegen, dass und warum sein Honorar überhöht ist. Der Versicherer ist demnach nicht rechtlos gestellt (OLG Naumburg vom 20.01.2006 – 4 O 49/05, NJW-RR).

II.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2,286, 288 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.

IV.

Die Berufung war nicht zuzulassen. Die der Entscheidung zugrunde liegende Rechtsfrage ist nach Auffassung des Gerichts nicht mehr klärungsbedürftig.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Amberg sieht Stellung des Sachverständigen korrekt und verurteilt Zurich Versicherung zur Zahlung restlichen Schadensersatzes aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 28.2.2013 -2 C 1205/12-.

  1. Gottlob Häberle sagt:

    @ Willi Wacker

    „Ferner fehlen Tarifübersichten, anhand derer sich der Kunde informieren könnte“.
    Dies kann man auch als Absage an die BVSK-Honorartabelle werten.

    „Denn es dürfte ihm kaum möglich sein, vor der Auftragserteilung die Angemessenheit der zu erwartenden Vergütung zu beurteilen, da hierzu das Fahrzeug vorab durch mehrere Sachverständige begutachtet werden müsste“.

    So ist es.

    „Es bedarf daher keiner Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob die in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten überhöht waren“.

    Das erkennende Gericht hat offensichtlich die BGH Rechtsprechung verstanden.

    Grüße aus dem Wilden Süden
    Gottlob Häberle

  2. Willi Wacker sagt:

    Hallo Gottlob Häberle,
    so isses. Das Gericht hat sich die BGH-Rspr. verinnerlicht und die OLG-Respr. insbesondere zutreffend angewandt. So müßte es immer sein.
    Grüße in den Wilden Süden
    Willi Wacker

  3. Netzfundstelle sagt:

    ……. gut zu wissen ……

    Versicherer Zurich erzielt Milliardengewinn 14.02.2013, 12:23 Uhr

    Trotz hoher Belastungen durch den Hurrikan „Sandy“ wartet der Versicherungskonzern mit einem Gewinnanstieg auf und übertrifft die Erwartungen der Analysten. Zurich Financial hält zudem die Dividende stabil.

    Netzfundstelle: Handelsblatt – http://www.handelsblatt.com

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