Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
jetzt kurz vor dem Wochenende möchte ich Euch doch noch ein Restschadensersatzurteil aus abgegtretenem Recht bekanntgeben. Nachstehend veröffentlichen wir ein aktuelles Urteil aus München zum Thema restliche Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht. Das Amtsgericht hat sich hinsichtlich der Abtretung und der Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten auch bei einem geringen Schaden Mühe gegeben und die herrschende Rechtsprechung zutreffend zitiert und angewandt. Leider hat das Gericht dann aber wieder Bezug genommen auf eine Honorarbefragung des BVSK, aber ohne detaillierte Angemessenheitsprüfung. Eine Seite des Urteils hätte man (dem Steuerzahler) schenken können. Lest das Urteil aber bitte selbst und gebt auch am Wochenende Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker
Amtsgericht München
Az.: 345 C 1626/13
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
Dipl.-Ing. …,
– Kläger –
gegen
Zürich Insurance plc NfD,, 53287 Bonn
– Beklagter –
wegen Forderung
erlässt das Amtsgericht München durch den Richter am Amtsgericht … am 26.04.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
Die Beklagte wird als verurteilt, an die Klagepartei 123,64€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.2.2013 zu bezahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
Gem. § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klagepartei hat aus abgetretenem Recht, § 398 BGB, auch hinsichtlich der hier geltend gemachten Sachverständigenkosten gemäß § 249 BGB einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Das Sachverständigengutachten dient der Ermittlung des Schadensumfangs. Die Kosten hierfür hat der Ersatzpflichtige als Sachfolgeschaden gem. § 249 II 1 BGB zu tragen. Durch das Sachverständigengutachten wird der Geschädigte häufig erst in die Lage versetzt, zu entscheiden, welche konkrete Schadensabrechnungsart er wählen will. Darüber hinaus dient das Gutachten auch der Beweissicherung.
Nachdem die Beklagte vorprozessual 349,86 € bezahlt hat, besteht noch ein weiterer Restanspruch in Höhe der Klageforderung. Eine mögliche Bagatellschadensgrenze ist bei Reparaturkosten über EUR 700,00 jedenfalls überschritten (s. BGH NJW 2007 S. 1450; Landgericht München I Urteil vom 19.4.2012 Az. 19 S 23766/11). Ob diese existiert kann hier offen bleiben (LG Nürnberg-Fürth NZV 2009, S. 244).
Der Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens über einen Kraftfahrzeugunfallschaden ist ein Werkvertrag. Die Vergütung für ein Verkehrsunfallgutachten eines Sachverständigen richtet sich, wenn keine bestimmte Vergütung vereinbart worden ist mangels einer Taxe i.S.v. § 632 II BGB nach der üblichen Vergütung. (BGH Urteil vom 10.10.2006 AZ. X ZR 42/06) Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar kann grundsätzlich als erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 II 1 BGB verlangt werden (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144). Allein dadurch, dass ein Sachverständiger eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt, überschreitet er die Grenzen zulässiger Preisgestaltung grundsätzlich nicht (BGH NJW 2006, 2472).
Zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, ist ein Geschädigter grundsätzlich nicht verpflichtet (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 ; OLG Nürnberg SP 2002, 358 = VRS 103 [2002] 321 = OLGR 2002, 471 = NV-WZ-RR2002, 711, OLG München 10 U 3258/09).
Es ist für das Gericht kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ersichtlich. Der in Rechnung gestellte Betrag bietet nicht von vornherein Anlass dafür diesen als überhöht und ungerechtfertigt anzusehen. Die Rechtsbeziehung zwischen Geschädigtem und Sachverständigem unterliegt dem Werksvertragsrecht, der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe, dessen etwaiges Verschulden sich der Auftraggeber anrechnen lassen müsste.
Die hier geltend gemachte Höhe der Sachverständigenkosten ist nicht unangemessen hoch. Nach der Honorarbefragung des BVSK 2010/2011 ist die hier geltend gemachte Summe in der dort aufgeführten Spanne, so dass sie als üblich anzusehen ist. Dabei ist das Gericht gemäß § 287 ZPO vorgegangen.
Auch insoweit verweist das Gericht auf die nunmehr herrschende Rechtsprechung, dass auch die Schadenshöhe als Berechnungsgrundlage für die Sachverständigenkosten anzunehmen ist. Dies umso mehr, nachdem es immer noch keine Honorarverordnung für die Sachverständigen im Kfz-Gewerbe gibt (LG Hamburg Urteil vom 23.07.2007 – 331 S 15/07; LG Leipzig Urteil vom 20.07.2007 – 9 0 354/07).
Auch hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten ist die Üblichkeit nicht überschritten, so dass die Gesamtrechnung des Sachverständigen, wie sie die Klagepartei hier vorgelegt hat, als angemessene Sachverständigenvergütung nicht zu beanstanden ist. Dabei hat das Gericht auch wieder die Honorarbefragung des BVSK 2010/2011 berücksichtigt. Weiterhin hat das Gericht auch eine Gesamtschau von Grundhonorar und Nebenkosten vorgenommen, da bei entsprechend niedrigem Grundhonorar eine etwas höhere Kalkulation der Nebenkosten denkbar ist. Auch wurde berücksichtigt, dass der Gesamtbetrag der Nebenkosten noch im Bereich des Üblichen blieb.
Die Klage war daher in Höhe des noch nicht bezahlten Restbetrages begründet.
Zinsen: § 286, 288 BGB
Kosten: § 91 ZPO
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 713 ZPO