Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
und schon wieder musste die HUK-Coburg ein für sie negatives Urteil hinnehmen. Nachstehend gebe ich Euch ein sauber begründetes Urteil zu den erforderlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht bekannt. Der entscheidende Amtsrichter der 107. Zivilabteilung des Amtsgerichts Bonn kommt dabei ohne Honorarlisten oder sonstigem Schnickschnack aus. Inzidenter wurden auch noch die Argumente, die zum Erlass des Deckelungsurteils des LG Saarbrücken führten, beiseite geschoben. Die Nebenkosten sind nach dem tatsächlichen Aufwand und Anfall, nicht pauschal wie das Grundhonorar, abzurechnen. Insgesamt daher ein schönes Urteil aus dem Rheinland. Gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
107 C 61/13
Amtsgericht Bonn
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn …
Klägers,
gegen
die HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, Pfarrer-Byns-Str. 1, 53121 Bonn,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Bonn
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 06.05.2013
durch den Richter am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 94,38 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 03.03.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist weitgehend begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht der geschädigten Zedentin … einen Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten des nach dem Verkehrsunfall vom 03.01.2013 in Wachtberg zur Feststellung des Schadensumfangs am Kraftfahrzeug der Zedentin eingeholten Sachverständigengutachtens vom 08.01.2013 in Höhe von 94,38 Euro.
Die Haftung dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die mit Rechnung vom 08.01.2013 geltend gemachten Kosten in Höhe von 711,38 Euro, von denen die Beklagte bislang lediglich 617,00 Euro beglichen hat, stellen auch den nach § 249 BGB Abs. 2 BGB erforderlichen Geldbetrag dar. Der Geschädigte ist zu einer Marktforschung zu Gunsten des Schädigers nicht verpflichtet (BGH, Urteil vom 23.01.2007, VI ZR 67/06; LG Bonn, Urteil vom 28.09.2011, 5 S 148/11). Der Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars führt nur dann zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigtern, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt (OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, 4 U 49/05; LG Bonn, a.a.O.).
Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Anhaltspunkte für eine willkürliche Festlegung des Honorar liegen nicht vor. Die geschädigte Zedentin hat mit dem Kläger eine Honorarvereinbarung getroffen, welche eine Vergütung in Relation zur Schadenshöhe zuzüglich Nebenkosten gemäß der Honorartabelle des Klägers vorsieht.
Ebenso wenig liegen ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung oder ein Auswah!verschulden der Zedentin vor.
Angesichts der vom Kläger festgestellten Nettoreparaturkosten von immerhin 3.436,11 Euro besteht jedenfalls kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung.
Dem kann auch nicht die Höhe der mit vorgenannter Rechnung geltend gemachten Nebenkosten entgegen gehalten werden. Denn die geschädigte Zedentin hat mit dem Kläger die Abrechnung der geltend gemachten Fahrtkosten, Fotokosten, Schreibkosten, Telefon- und Portokosten ausdrücklich vereinbart. Ein jedenfalls auffälliges Missverhältnis zwischen diesen Leistungen und den abgerechneten Beträgen ist im Übrigen nicht ersichtlich.
Ein Vergleich der Kosten eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe war der geschädigten Zedentin schließlich mit zumutbarem Aufwand nicht möglich. Diese Kosten sind – etwa im Unterschied zu Mietwagenkosten – in der Regel nicht frei am Markt zugänglich und darüber hinaus auch in der Regel allenfalls nach eingehender Besichtigung des beschädigten Kraftfahrzeugs festzustellen.
Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291, 696 Abs. 3 ZPO.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Einen früheren Anspruch auf Zinsen oder Ersatz von Mahnkosten, insbesondere aus Verzug, hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt.
Der mit Rechnung vom 08.01.2013 geltend gemachte Betrag war ausweislich des Rechnungstextes bis zum 07.02.2013 zahlbar, so dass zum Zeitpunkt des Schreiben der Klägerseite vom 06.02.2013 noch kein Verzug eingetreten war. Das Schreiben der Beklagten vom 05.02.2013 ist insbesondere angesichts des Wortlauts, dass es ohne entsprechenden Vortrag bei dem gezahlten Betrag verbleiben muss, jedenfalls noch nicht als endgültige Erfüllungsverweigerung anzusehen. Die Vorschrift des § 286 Abs. 3 BGB ist bei den hier gegebenen Ansprüchen aus unerlaubter Handlung mangels Entgeltforderung schließlich nicht anwenbar. Unabhängig davon fehlt konkreter Vortrag, wann genau der Beklagten die vorgenannte Rechnung oder Zahlungsaufforderung zugegangen ist.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Nr. 1 BGB vorliegen. Die Entscheidung betrifft einen Einzelfall und weicht im Übrigen von der vom Kläger zitierten Rechtsoprechung des Landgerichts Bonn nicht ab.
Der Streitwert wird auf 94,38 EUR festgesetzt.
Willi Wacker zu deinem Vorwort noch ein paar Gedanken:
Wie soll der Geschädigte als Laie wissen oder kennen, dass angeblich nur Nebenkosten bis zu 100,00 €, wie das LG Saarbrücken annimmt, erforderlich im Sinne des § 249 BGB sind? Dazu ist der Geschädigte nicht in der Lage. Preisvergleiche muss er auch nicht anstellen. Sind dann tatsächlich angefallene Nebenkosten wie längere Wegstrecken, weil Unfall auf dem Lande oder mehr Gutachtenumfang und mehr Fotos, weil besonderes Fahrzeug beschädigt wurde, vom Sachverständigen oder gar vom Geschädigten selbst zu tragen? Doch wohl kaum. Das wäre ansonsten auch mit Sinn und Zweck des § 249 BGB nicht vereinbar, denn damit soll der möglichst ursprüngliche Zustand vor dem Unfall wiederhergestellt werden. Wenn aber zur Wiederherstellung auch eine vorherige Begutachtung notwendig ist, dann sind auch die dadurch entstandenen Kosten adäquat kausal auf den Unfall zurückzuführen und damit erstattungspflichtig.
Der Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht greift nicht, denn ein einmal eingetretener Schaden kann nicht gemindert werden. Wenn die vorherige Begutachtung zur Wiederherstellung erforderlich ist, dann sind auch die Kosten vom Schädiger in voller Höhe zu ersetzen. Er konnte und musste davon ausgehen, dass die durch die Begutachtung angefallenen Kosten zum Wiederherstellungsaufwand gehören. Auf die Ex-Ante-Betrachtung kommt es an.
Allerdings ist der Schädiger nicht rechtlos. Er kann sich, wie hier bereits mehrfach hingewiesen wurde, den Rückforderungsanspruch gegen den SV abtreten lassen. Aus abgetretenem Recht kann er dann gegen den SV vorgehen. In diesem Fall gelten dann werkvertragliche Grundsätze. Dann kann es auf die immer wieder von der HUK und anderen angesprochene Angemessenheit und Üblichkeit ankommen. Allerdings ist dann auch BGH X ZR 122/05 zu beachten.