Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des AG Cochem vom 22.02.2012 (22 C 341/11) hat das LG Koblenz die beteiligte Versicherung zur Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe 1.989,57 € sowie zur Zahlung weiterer RA-Kosten iHv 899,40 € zzgl. Zinsen verurteilt. Dabei stellt das Berufungsgericht eindeutig fest, dass der Schädiger keinen Anspruch darauf hat, dass Mietwagenkosten grundsätzlich nach der Fraunhofer Tabelle abzurechnen sind. Vielmehr legt die Berufungskammer hier als Schätzungsgrundlage die Schwacke-Liste zugrunde.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist überwiegend begründet.
Sie hat gegen die Beklagte gemäß §§ 115 I Nr. 1 VVG, 1 PflVG In Verbindung mit §§ 7 I StVG, 249 BGB sowohl den geltend gemachten Freistellungsanspruch betreffend ihr von der X in Rechnung gestellte Mietwagenkosten, als auch einen Zahlungsanspruch betreffend die Erstattung aussergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in tenorierter Höhe.
Zu Recht geht das Amtsgericht von einem wirksam geschlossenen Mietwagenvertrag zwischen der Klägerin und der Y als Vermieterin aus. Der von ihr vorgelegte schriftliche Vertrag, Bl. 71 dA verhält sich über die erforderlichen essentialia negotii eines Mietvertrages, da sich die Parteien sowohl über Mietzins, – gegenstand und -beginn geeinigt haben.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts haben sie sich jedoch nicht auf einen Mieteins von 25,- EUR/Tag geeinigt. Vielmehr ist der Betrag „25,- EUR + MwSt/Tag“ ausweislich des Vertragsdokumentes eindeutig nicht unter der Rubrik „Tarif“, sondern unter dem Oberpunkt „Haftungsreduzierung“ und hier ausdrücklich in der Zeile „Rate/Tag“ vereinbart worden. Zur Frage des Mietzinses hat sich die Klägerin mit der Y vielmehr auf deren „Normaltarif“ geeinigt, was ausreichend bestimmt ist, da dies – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht eine betragsmäßige Bezifferung voraussetzt, sondern lediglich eine Bezifferbarkeit anhand der Gesamtumstände.
Soweit die Beklagte sich gegen die Höhe der (noch) geltend gemachten Mietwagenkosten mit dem Argument wendet, diese konnten – um als erforderlich im Sinne von § 249 BGB anerkannt zu werden und damit der Höhe nach ersatzfähig zu sein – ausschließlich anhand der Erhebungen des Fraunhofer Instituts „Marktpreisspiegel Mietwagen – Deutschland“ ermittelt werden, dringt sie mit ihrer Auffassung nicht durch.
Erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne von § 249 BGB ist derjenige Aufwand, den ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwenig halten durfte. Dabei ist die Bemessung dieses Aufwandes in erster Linie Sache des Tatrichters, § 287 ZPO, ohne dass diese Vorschrift eine Art der Schätzungsgrundlage vorgeben würde. Das Gericht darf die Schadenshöhe lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festsetzen und wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen dürfen nicht ausser Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in zentralen Fragen nicht auf unerlässliche fachliche Kenntnisse verzichten. Gleichwohl können jedoch Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Anwendung finden (statt vieler vgl. BGH Urteil vom 17.05.2011 Az VI ZR 142/10).
Nach diesen Grundsätzen besteht nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (letzmalig mit Urteil vom 18.12.2012, Az VI ZR 316/11) gerade keine generelle Vorzugswürdigkeit des Fraunhofer-Spiegels gegenüber anderen Listen, insbesondere der Schwacke-Mietpreisliste, mit der Folge, dass Berechnungen, die nicht anhand Fraunhofer erfolgen, der Höhe nach per se nicht erforderlich und damit auch nicht erstattungsfähig sein könnten. Mit ihren allgemeinen Erwägungen gegen die Eignung der Schwacke-Liste dringt die Beklagte daher von vorn herein nicht durch.
Aber auch mit einzelfallbezogenen Tatsachen untermauerte Bedenken gegen die Anwendung anderer Listen als der des Fraunhofer-Instituts sind nur dann zu berücksichtigten, wenn konkret aufgezeigt wird, dass sich ihre Mängel auf den zu entscheidenen Fall auswirken (vgl. NJW-RR 2011, 823; 1109; NJW 2009,58; 2010,1445; 2011,1947; BGH Urteil vom 18.12.2012 Az VI ZR 316/11).
Die seitens der Beklagten als vermeintliche Alternativen vorgelegten Angebote, Bl. 53 bis 56 dA, sind mit der konkreten Schadenssituation der Klägerin bei Anmietung am xx.xx.2011 nicht vergleichbar. Weder sind sie konkret genug, um eine abschließende und endgültige Preisermittlung zu ermöglichen, noch entsprechen sie in ihren ablesbaren Parametern dem seitens der Klägerin gegenüber der Y angenommenen Angebot. So betreffen sie beispielsweise eine Anmietzeit mehrere Monate nach dem Unfallgeschehen, gelten nur bei einem Vertragsabschluss über das Internet, setzen Kreditkartenzahlung durch den Mieter voraus und sind zudem ausdrücklich vorreservierungspflichtige Sondertarife, deren Verfügbarkeit im Januar/ Februar 2011 in keiner Weise dargetan ist. Zudem sind die seitens der Beklagten auf Bl. 33 dA erwähnten Anmietstationen 33 km bis rund 70 km vom Wohnort der Klägerin und Unfallfort entfernt; die in nur 21 km Entfernung gelegene Autovermietung Europcar in Lautzenhausen existiert bereits seit dem 30.11.2011 nicht mehr, hätte zur Unfallzeit als vermeintlich nächstgelegene Station von der Klägerin daher gar nicht mehr genutzt werden können.
Somit greifen auch die konkretisierten Erwägungen der Beklagten betreffend die Vorzugswürdigkeit einer Berechnung nach Fraunhofer mangels Auswirkung im konkreten Fall nicht durch.
Die Schadensberechnung der Klägerin basierend auf dem Schwacke-Spiegel (4 Wochen mal die Wochenpauschaie von 535,50 EUR brutto für ein Fahrzeug der Gruppe 3 im Postleitzahlengebiet 568 = 2.142,- EUR) ist daher nach Auffassung der Kammer grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Auch der pauschale Aufschlag von 20% auf die so ermittelten Kosten (2.142,- EUR + 20% = 2.570,40 EUR) entspricht der gefestigten Rechtsprechung der Kammer sowie der weiteren Berufungskammern des Landgerichts Koblenz (vgl. Urteile vom 14.05.2009 Az 14 S 6/08, vom 25.11.2010 Az 14 S 195/09, vom 01.12.2009 Az 6 S 126/09). Aufgrund der Besonderheiten einer Unfallsituation ist in der Regel ein höherer Mietwagenpreis als der Normaltarif zur Schadensbeseitigung im Sinne von § 249 II 1 BGB erforderlich, der – um den betriebswirtschaftlichen Besonderheiten der Kosten und Risiken eines Unfallersatzfahrzeuggeschäfts im Vergleich zum sog. Normalgeschäft gerecht zu werden – mit 20 % pauschaliert werden kann.
Damit liegt der seitens der Y der Klägerin abgerechnete, streitgegenständliche Tarif von 2.336,29 EUR brutto sogar noch unterhalb der Werte einer Berechnung nach Schwacke.
Die Klägerin hat darüber hinaus auch einen Anspruch auf Freistellungvon den geltend gemachten Kosten der Haftungsreduktion in Höhe von 476,- EUR brutto. Diese sind insbesondere nicht mit der Aufschlagspauschale von 20 % abgegolten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (u.A. NJW 2005, 1041) sind die Kosten, die für die Vereinbarung von Vollkaskoschutz bei Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für ein bei einem Verkehrsunfall beschädigtes KFZ anfallen, in der Regel als adäquate Schadensfolge anzusehen. Dass das eigene Fahrzeug der Klägerin zum Unfallzeitpunkt nicht vollkaskoversichert war und daher gegebenenfalls – in den durch den BGH insoweit gezogenen engen Grenzen – ein Abzug unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs zu erfolgen hätte, wird seitens der Beklagten nicht behauptet. Daher sind auch die insoweit geltend gemachten Kosten in voller Höhe ersatzfähig, zumal auch sie noch unterhalb des anhand der Schwacke- Liste zu ermittelnden Wertes von 147,- EUR/Woche liegen.
Gleiches gilt für die seitens der Klägerin in Ansatz gebrachten Kosten für die Winterbereifung. Die Anmietung des Ersatzfahrzeugs erfolgte in der Zeit vom xx.xx.2011 bis xx.xx.2011 und damit in den Wintermonaten, so dass Winterbereifung gemäß § 2 Absatz 3a StVO als gesetzlich vorgeschriebene Standardausstattung anzusehen war. Die Klägerin war damit sogar verpflichtet, ein Ersatzfahrzeug mit Winterbereifung zu nutzen; dass sie dieser gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen ist und ihr diese durch die Y 9,99 EUR/Tag in Rechnung gestellt wurde, kann ihr sicher nicht zum Nachteil gereichen, so dass auch diese Rechnungsposition als ersatzfähiges Schaden zu betrachten ist, zumal sich nach der Schwacke-Liste für Winterbereifung ebenfalls ein separater Kostenpunkt für 10,- EUR/Tag, mithin 280,- EUR insgesamt ergibt.
Mithin steht der Klägerin der geltend gemachte Freistellungsanspruch in voller Höhe zu.
Darüber hinaus hat die Klägerin Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren, die grundsätzlich als eigenständige Position des ersatzpflichtigen Schadens aus einem Verkehrsunfall in Ansatz gebracht werden können (Palandt Grüneberg, BGB, 72. Aufl., §249 Rn 56f). Anhaltspunkte dafür, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes durch die Klägerin im Rahmen der Schadensabwicklung ausnahmsweise nicht erforderlich und zweckmäßig war, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
Zwar ist nach Begleichung der aussergerichtlichen Anwaltskosten durch die Rechtsschutzversicherung (ARAG) der Klägerin, vgl. Bl. 70 dA, infolge der nach § 86 I 1 VVG eintretenden cessio iegts diese insoweit nicht (mehr) aktivlegitimiert. Allerdings ermächtigte die ARAG die Klägerin durch Schreiben vom 26.05.2011, Bl. 146 dA, ausdrücklich, die aussergerichtiche Geschäftsgebühr in eigenem Namen geltend zu machen. Die Klägerin war daher berechtigt, diese im Wege der gewillkürten Prozesstandschaft zu beanspruchen (vgl OLG Brandenburg, Urteil vom 25.10.2007, Az 12 U 131/06; Prölls/ Martin, VVG, 28. Auflage, § 86 Rn 33; Zöller/ Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., vor § 50 Rn 49, 51).
Insoweit greift auch die Verspätungsrüge der Beklagten, Bl. 143 dA, nicht durch. Die Zulassung dieses Vortrags führte nicht zu einer Verzögerung des Rechtsstreits im Sinne von § 296 I ZPO, da die Ermächtigung als solche durch die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2013 nicht bestritten wurde und daher als unstreitig zu behandeln war.
Allerdings besteht der Zahlungsanspruch nicht in Höhe einer 1,5er Gebühr nach Nummer 2300 VV RVG, sondern nur in Höhe eines Betrages von 899,40 EUR, dh einer durchschnittlichen 1,3 Geschäftsgebühr aus dem Gesamtschaden der Klägerin von 13.276.65 EUR (= 735,80 EUR), zuzüglich der Pauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG (20,- EUR) sowie der angefallenen Mehrwertsteuer (143,60 EUR). Weder der Umfang der Angelegenheit, noch der Schwierigkeitsgrad derselben lagen über dem Durchschnitt. Es handelte sich um die Abwicklung eines Verkehrsunfalls, betreffend welchen nicht einmal eine Abwägung der gegenseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge thematisiert wurde. Die volle Einstandspflicht der Beklagten war von vorn herein unstreitig. Allein der Umstand, dass nach der aussergerichtlichen Korrespondenz noch ein Restbetrag an Mietwagenkosten in Streit stand, führt nach Auffassung der Kammer nicht zu eine abweichenden Einschätzung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 I, 92 II Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr 10, 711, 713 ZPO.
Soweit das Urteil des LG Koblenz.
ich finde es toll von euch, das hier ihr kostenlos die urteile veröffentlicht, beim bav gibts die dann ne woche spaeter ja auch, allerdings nicht kostenlos.
bitte weitermachen.:-)