AG Darmstadt verurteilt Garanta-Versicherungs-AG zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 27.5.2013 -309 C 196/12- .

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

zum Wochenende gebe ich Euch noch ein Sachverständigenrestkostenurteil aus abgetretenem Recht bekannt. Wieder einmal musste die Amtsrichterin der 309. Zivilabteilung des AG Darmstadt über restliche Sacuhverständigenkosten entscheiden, die die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung, in diesem Fall die Garanta-Versicherung, meinte nicht zahlen zu müssen. Da lag die Versicherung schief, wie das nachfolgende Urteil beweist. Das Urteil wurde erstritten und eingesandt durch die Kanzlei Dr. Imhof & Partner in Aschaffenburg. Lest selbst das Urteil und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker

Amtsgericht Darmstadt

Geschäfts-Nr.: 309 C 196/12

Urteil
Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

der Sachverständigen-GbR. D., D. & K. , vertr. d.d. Geschäftsführer in R.

Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. I. & K. aus A.

gegen

Garanta Versicherungs-AG vertr. d.d. Vorstand W. Bockshecker, Ostendstr. 100, 90482 Nürnberg

Beklagte

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. S. aus  H.

hat das Amtsgericht Darmstadt durch Richterin am Amtsgericht … im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO am 27.05.2013 für Recht erkannt:

1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 5.9.2012, Aktenzeichen: … , wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 214,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 11.5.2012, vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 39,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 14.8.2012 sowie Mahnkosten in Höhe von 3,00 Euro bezahlen.

2. Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

6. Der Streitwert wird auf 214,11 Euro festgesetzt.

Tatbestand

(Von der Darstellung wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in der Hauptsache begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Zahlung von restlichem Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 24.1.2012 in Darmstadt in Höhe von 214,11 Euro gegen die Beklagte. Insoweit war der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 5.9.2012 aufrechtzuerhalten.

Dieser wurde der Beklagten am 7.9.2012 zugestellt. Die Beklagte hat selbst am 11.9.2012 Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt. Gemäß § 694 Abs. 2 ZPO ist ein verspäteter Widerspruch als ein Einspruch zu behandeln. Auf den später eingelegten Einspruch durch die Nürnberger Sofortservice AG kommt es insoweit nicht mehr an. Es liegt ein wirksamer Einspruch vor.

Der Beklagtenvertreter hat mit Schreiben vom 27.11.2012 eine Originalprozessvollmacht der Beklagten vorgelegt (Blatt 14 der Akten), so dass auch § 80 ZPO Genüge getan ist. Der Prozessbevollmächtigte kann die Beklagte im Prozess wirksam vertreten.

Die … GmbH & Co. KG hat ihre Ansprüche auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 214,11 Euro Sachverständigenhonorar wirksam abgetreten, § 398 BGB. Die Klägerin schloss mit der Zedentin am 20.4.2012 einen Abtretungsvertrag hinsichtlich der Gutachterkosten aus dem genannten Unfall. Die Abtretung ist ausdrücklich auf den Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten begrenzt, so dass die Abtretung hinreichend bestimmt ist.

Der Zedentin standen Ansprüche gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG auf Sachverständigenhonorar zu. Sie hatte einen Direktanspruch gegen den Versicherer des Unfallverursachers aus § 115 VVG, so dass die Klägerin diesen Anspruch unmittelbar gegen die Beklagte geltend machen kann.

Die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Schadensumfang nach einem Verkehrsunfall sind als Kosten der Schadensfeststellung Teil des zu ersetzenden Schadens des Geschädigten im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und damit dem Grunde nach erstattungsfähig. Der Höhe nach ist der Ersatzanspruch auf den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag beschränkt. Maßgebend ist, ob sich die Sachverständigenkosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144). Dabei ist anerkannt, dass der Geschädigte nicht zu einer Marktforschung zugunsten des Schädigers und des Haftpflichtversicherers verpflichtet ist (BGH, NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144). Der Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars führt nur dann zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigten, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt (vgl. OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 1029, OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.6.2008, 1 U 246/07). Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall nicht vor.

Der Geschädigte hat am 20.4.2012 eine konkrete Honorarvereinbarung mit der Klägerin getroffen, welche eine Vergütung in Relation zur Schadenshöhe zuzüglich Nebenkosten vorsieht. Eine willkürliche Honorarfestsetzung ist hierbei nicht zu erkennen. Es liegt auch kein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung vor. Das Gericht folgt hier der Auffassung des Landgerichts Frankfurt in seiner Entscheidung vom 31.3.2011, wonach ein Honorar, dass bei Reparaturbeträgen bis 3.000,00 Euro, netto 25 % dieses Betrages nicht überschreitet nicht den Rahmen verlässt, der für die Berechnung von Sachverständigenhonoraren angemessen ist. Vorliegend macht das Netto-Grundhonorar 24 % der Nettoreparaturkosten aus. Dies ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Die seitens des Sachverständigen in Ansatz gebrachten Nebenkosten sind gleichfalls nicht zu beanstanden. Eine Preiskontrolle ist bei den Nebenkosten ohnehin nur eingeschränkt zulässig, wenn der Geschädigte sich im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen hält. So erscheint es nicht unangemessen für Lichtbilder einen Satz für 2,80 Euro abzurechnen. Die Nebenkosten für Porto, Telefon, Fax und Büromaterial werden generell mit 75,00 Euro pauschal honoriert. Dies erscheint bei einem durchschnittlichen Gutachten ebenfalls nicht unangemessen. Die Fahrtkosten sind konkret mit 0,90 Euro für 52 km abgerechnet worden und nicht wie in der Rechnung ausgewiesen mit 1,80 Euro, so dass diese Kosten ebenfalls nicht als überhöht angesehen werden können.

Ein Verstoß des Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht vorgetragen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Sachverständigentarif ohne weiteres zugänglich war. Bei Sachverständigengutachten fehlt es an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten oder einheitlich zugänglichen Preislisten, die einen Vergleich der Kosten überhaupt erst ermöglichen würden. Von einem Laien, der zum ersten Mal mit einer Unfallabwicklung konfrontiert ist, kann nicht erwartet werden, dass er die Honorarbefragungen des BVSK kennt und auswerten kann. Ein überhöhtes Honorar war aus der ex-ante Sicht eines objektiven Dritten in der Person des Geschädigten nicht erkennbar und nur hierauf kommt es an.

Der Geschädigte ist nicht zur Marktforschung dergestalt verpflichtet, dass von ihm verlangt werden kann, etwa an Hand von Kostenvoranschlägen, den günstigsten Sachverständigen zu ermitteln, da dies wohl abstrakt- ohne vorherige Begutachtung des Unfallfahrzeuges- auch kaum möglich geschweige denn zumutbar wäre (vgl. OLG Naumburg, Urt. vom 20.01.2006 – 4 U 49/09).

Auf die Rechnung in Höhe von 645,69 Euro zahlte die Beklagte 431,58 Euro, so dass ein Anspruch von 214,11 Euro seitens des Zedenten noch offen war.

Der Haftpflichtversicherer kann sich nach § 255 BGB mögliche Ersatzansprüche des Geschädigten wegen den Sachverständigen auf Rückzahlung eines überhöhten Honorars aus § 812 BGB abtreten lassen und im Wege der Aufrechnung geltend machen, wenn er sich auf eine Überhöhung des Sachverständigenhonorars berufen will (vgl. OLG Naumburg, NJW2006, 1029 ff., OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.6.2008, ).

Der Kläger hat Anspruch auf Verzugszinsen gemäß §§ 286, 288 BGB in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.5.2012. Die Beklagte hat die Zahlung weiterer Kosten mit Schreiben vom 8.5.2012 endgültig und ernsthaft abgelehnt und ist danach in Verzug geraten.

Der Anspruch auf die nichtbeglichenen vorgerichtlichen Anwaltskosten folgt als Verzugsschaden aus §§ 280 Abs. 1, 286 BGB. Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts war erforderlich und zweckmäßig, da es sich um einen schwieriger gelagerten Fall handelte. Die Beklagte wurde außergerichtlich zur Zahlung von Rechtsanwaltsgebühren aufgefordert, so dass sich der zunächst bestehende Freistellungsanspruch gemäß § 250 BGB in einen Schadensersatzanspruch in Geld umwandelte. Eine Gebührenrechnung vom 30.7.2012 wurde vorgelegt. Nunmehr wird anstatt der zunächst geltend gemachten 1,5 Geschäftsgebühr eine 1,3fache Geschäftsgebühr geltend gemacht, so dass sich ein Anspruch in Höhe von 39,00 Euro errechnet. Die Beklagte ist nach Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist zum 13.8.2012 mit der Zahlung in Verzug geraten.

Die Klägerin hat weiterhin Anspruch auf Erstattung von Mahnausfagen in Höhe von 3,00 Euro, da sie mit Schreiben vom 14.5.2012 die Beklagte aufforderte den Restbetrag zu regulieren. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beklagte schon in Verzug, §§ 286 Abs. 1, 280 BGB.

Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

Die Berufung war mangels des Vorliegens der Voraussetzung des § 511 Abs. 4 ZPO nicht zuzulassen.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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