Mit Urteil vom 11.06.2013 hat das Amtsgericht Ahrensburg den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 52,84 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Leider hat das Gericht die Kosten einer Halterfrage nicht zugesprochen. Erstritten wurde das Urteil von der Kanzlei Hamburger Meile.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig, sie hat auch in der Sache Erfolg.
Der Kläger kann von dem Beklagten Zahlung von EUR 52,84 gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 398 BGB verlangen.
Unstreitig wurde mit dem auf den Beklagten zugelassenen Fahrzeug (XX-XX XXX) am XX.XX.2012 ein Verkehrsunfall verursacht, die Haftung trägt zu 100 % der Beklagte. Der Kläger ist aktivlegitimiert durch die wirksame Abtretung der Ansprüche des Unfallgegners des Beklagten auf Erstattung der Gutachterkosten durch den Geschädigten (vgl. BGH Urteil vom 23.01.2007 – Az.: VI ZR 67/06 zit. nach Juris). Der Kläger kann den Beklagten auch direkt in Anspruch nehmen und muss sich nicht vorrangig an dessen Versicherung halten. Dem Kläger steht ein Wahlrecht dahingehend zu, ob er beide Parteien als Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB oder einen von beiden in Anspruch nimmt.
Die Kosten des Sachverständigengutachtens sind vom Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1 StvG, § 823 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit umfasst, da sie als Kosten der Schadensfeststellung Teil des zu ersetzenden Schadens des Geschädigten gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sind (vgl. BGH Urteil vom 23.01.2007 – Az.: VI ZR 67/06 zit. nach Juris). Der Höhe nach ist der Ersatzanspruch jedoch auf den zur Wiederherstellung des beschädigten Fahrzeugs des Zedenten erforderlichen Geldbetrag begrenzt. Maßgeblich ist, ob sich die Sachverständigenkosten insoweit innerhalb der Grenzen, des zur Wiederherstellung Erforderlichen bewegen (vgl. BGH Urteil vom 23.01.2007 – Az.: VI ZR 67/06 zit. nach Juris). Daher kann der Kläger nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. BGH Urteil vom 15.10.1991 – Az.: VI ZR 314/90 zit. nach Juris). Anerkannt ist insoweit, dass der Geschädigte nicht zu einer Marktforschung zugunsten des Schädigers oder Haftpflichtversicherers verpflichtet ist (vgl. BGH Urteil vom 23.01.2007 – Az.: VI ZR 67/06 zit. nach Juris). Vielmehr ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. BGH Urteil vom 15.10.1991 – Az.: VI ZR 314/90 zit. nach Juris).
Damit der Einwand zu hoher Sachverständigenkosten zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigten führt, muss für einen Laien erkennbar gewesen sein, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligem Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last gelegt werden kann (vgl. LG Bonn Urteil vom 28.09.2011 -Az.: 5 S 148/11; OLG Düsseldorf Urteil vom 16.06.2008 – Az.: 1 U 246/07 zit. nach Juris).
Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Der Geschädigte traf mit dem Kläger am 21.09.2012 eine Honorarvereinbarung. Durch ausdrücklichen Hinweis auf die AGB des Klägers, welche dem Angebot rückseitig beigelegt waren, sind die AGB auch wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Diese Vergütungsvereinbarung enthält eine Vergütung in Relation zur Schadenshöhe zuzüglich, ebenfalls aufgeführter Nebenkosten. Dies stellt keine überraschende Klausel i. S. d. § 305c BGB dar, da ein Teil der Sachverständigen auf einer solchen Basis abrechnet. Auch der Beklagte und seine Haftpflichtversicherung empfehlen letztlich eine Abrechnung auf einer vergleichbaren Grundlage. Die Klausel stellt überdies keine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB dar, denn eine an der Schadenshöhe orientierte Abrechnung eines Schadensgutachtens trägt dem Umstand Rechnung, dass das Schadensgutachten i. d. R. dazu dient, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Als Erfolg wird die richtige Ermittlung des Schadens geschuldet, wofür der Sachverständige haftet. Ein, von der Schadenshöhe abhängiges, Sachverständigenhonorar stellt somit sicher, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl. BGH, Urteil vom 04.04.2006 – Az. X ZR 122/05 zit. nach Juris). Aus der Gestaltung der Honorarvereinbarung war für den Geschädigten bei Unterzeichnung des Vertrages mit dem Kläger indes nicht zu erkennen, dass diese willkürlich festgesetzt wurde.
Für einen Verstoß des Geschädigten gegen die Schadensminderungspfiicht gemäß § 254 BGB trägt der Schädiger die Darlegungs- und Beweislast (vgl. LG Bonn Urteil vom 28.09.2011- Az.: 5 S 148/11 zit. nach Juris). Insoweit ist der Beklagte darlegungsbelastet geblieben. Er hat insbesondere nicht vorgetragen, dass dem Geschädigten die Einholung eines günstigeren Gutachtens ohne weitere Umstände möglich gewesen wäre, der einfache Verweis auf die Honorartabelle seiner Versicherung und das Internet ist dabei nicht ausreichend. Mit einem solchen Verweis ist gerade nicht dargetan, ob es tatsächlich Sachverständige gibt, die auf der Grundlage der Honorartabelle der Versicherung abrechnen und die Konsultierung eines solchen dem Geschädigten auch ohne zusätzliche Umstände möglich gewesen wäre. Soweit der Beklagte vorträgt, die vom Kläger geltend gemachten Nebenkosten lägen über denen des JEVG, führt dies nicht zu einem Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Geschädigten. Die Übertragung der Grundsätze des JVEG für die Vergütung gerichtlich bestellter Sachverständiger auf Privatgutachter ist nicht angebracht, da schon die Haftungsregelung von Privatgutachtern und gerichtlich bestellten Sachverständigen unterschiedlich ausgestaltet ist (vgl. BGH Urteil vom 23.01.2007 – Az.: VI ZR 67/06 zit. nach Juris).
Der Zinsanspruch sowie der Anspruch auf Freihaltung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergeben sich aus §§ 280, 286, 288 BGB. Mit endgültiger Verweigerung der Zahlung durch Schreiben vom 02.10.2012 ist die Versicherung gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB am 03.10.2012 in Verzug geraten. Den Verzug seines Versicherers muss sich der Beklagte gemäß § 10 Abs. 5 AKB zurechnen lassen (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, § 425 Rn. 3). Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten für die Halterauskunft gemäß §§ 280, 286 BGB besteht hingegen nicht. Dem Geschädigten waren Name und Adresse des Schädigers, sowie dessen Versicherung bekannt. Die Versicherung regulierte den Schaden, bis auf den streitigen Teil, sodass kein Anlass bestand, an der Haltereigenschaft des Beklagten zu zweifeln.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr, 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713.
Soweit das AG Ahrensburg.
Wichtig an dem Urteil ist, dass für die von Versicherungen – hier auch von der HUK-Coburg – behaupteten Schadensgeringhaltungspflichtverletzungen der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig ist. Zur Darlegung der behaupteten Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht reicht es allerdings nicht, Bezug auf das Honorartableau der HUK-Coburg zu nehmen.
Und hinsichtlich der Nebenkosten ist eine Heranziehung – egal ob direkt oder analog – der Bestimmungen des JVEG nicht möglich. Auch eine Deckelung, wie sie das LG Saarbrücken vorgenommen hat, ist nicht möglich. Auch das ist aus dem Urteil herauszulesen.
Lieber Herr Wortmann,
Sie haben genau die richtigen Punkte angesprochen, so dass ich mir eine Wiederholung ersparen kann. Den meines Erachtens wichtigsten Satz aus den Entscheidungsgründen sollte man sich gut merken:…, der einfache Verweis auf die Honorartabelle seiner Versicherung und das Internet ist dabei nicht ausreichend.“
„Aber auch die folgenden Ausführungen sind von Interesse:“ Mit einem solchen Verweis ist gerade nicht dargetan, ob es tatsächlich Sachverständige gibt, die auf der Grundlage der Honorartabelle der Versicherung abrechnen und die Konsultierung eines solchen dem Geschädigten auch ohne zusätzliche Umstände möglich gewesen wäre.“
Selbst wenn eine Konsultierung ohne zusätzliche Umstände ( was praktisch wohl nie der Fall ist) möglich gewesen wäre und z.B. 1 Foto dort nur 1,80 € kosten würde, hätte dann der Geschädigte einen solchen Sachverständigen in Anspruch nehmen müssen ? Wer garantiert ihm denn dessen Unabhängigkeit und dass auch dieser Sachverständige ein verkehrsfähiges Beweissicherungs-Gutachten nach den sog. Mindestanforderungen erstellt hätte? Wer könnte ihm denn garantieren, dass der Sachverständige zu gleichen Ergebnissen gefunden hätte ? Wer garantiert ihm weiter, dass er sich nicht einem „Referenzsachverständigen“ in die Arme gelaufen wäre ?
Natürlich gibt es solche Sachverständige, die „so“ abrechnen und als Zeugen herzlich willkommen sind. Also her mit den Namen oder sollen wir etwa diese benennen ?
P.C.