Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
hier stelle ich Euch ein Sachverständigenkostenurteil der Richterin der 7. Zivilabteilung des AG Rosenheim vom 2.6.2013 vor. Obwohl der BGH in seinem Urteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – ( = BGH NJW 2007, 1450 = ZfS 2007, 507 = VersR 2007, 560 = DS 2007, 144 ) entschieden hatte, dass für den Fall, dass der Geschädigte mit der Beauftragung des qualifizierten Kfz-Sachverständigen den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen wahrt, weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt ist, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. auch BGH VersR 2004, 1189, 1190 f.). Gleichwohl hat sich die Richterin des AG Rosenheim offenbar aufgrund der ellenlangen zu werkvertraglichen Gesichtspunkten vortragenden Argumente der HUK-Anwälte dazu verleiten lassen, doch die einzelnen Preise in der Rechnung des Sachverständigen zu überprüfen. Da die Preise, was der HUK-Coburg von Anfang an bekannt war, im Rahmen der Preise der BVSK-Honorarbefragung lagen, war der gesamte Vortrag der HUK-Coburg unerheblich. Er war nicht geeignet, das klägerische Vorbringen zu Fall zu bringen. Mithin ist festzuhalten, dass mit diesem Urteil schon wieder ein Urteil gegen die HUK-Coburg ergangen ist, das die rechtswidrigen Sachverständigenkostenkürzungen durch die HUK-Coburg beweist. Von Einzelfällen zu sprechen, wie es der HUK-Coburg-Sprecher, Herr Alois Schnitzer im Buch der Frau Krüger „Die Angstmacher – Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ auf Seite 178 darstellt, kann also keine Rede sein.
Es ist vielmehr festzustellen, dass von Schleswig-Holstein bis Baden-Württemberg und von Mecklenburg-Vorpommern bis Bayern flächendeckend Urteile gegen diese Coburger Versicherung wegen ihrer rechtswidrigen Schadenskürzungen ergehen. Allerdings ziehen die Mitkonkurrenten der HUK-Coburg jetzt fortlaufend nach. Lest daher das Urteil aus Rosenheim selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Rosenheim
Az.: 7 C 2492/12
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Weiler, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
eriässt das Amtsgericht Rosenheim durch die Richterin … am 02.06.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 166,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.01.2013 zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 166,08 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über restliche Schadensersatzansprüche anlässlich eines Verkehrsunfalls vom 24.09.2012, wobei die Beklagte die alleinige Haftung ihrer Versicherungsnehmer dem Grunde nach anerkannt hat und lediglich einen Teil der geltend gemachten Sachverständigenkosten fijr nicht erstattungsfähig hält.
(abgekürzt nach § 313a Abs.1 ZPO).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
A.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des restlichen Schadensersatzanspruchs in Höhe von 166,08 €.
Sachverständigenkosten sind grundsätzlich erforderlicher Herstellungsaufwand, ohne dass im Rahmen des Erforderlichen eine Preiskotrolle durchgeführt werden muss. Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Honorar ist erstattungsfähig, eine Verpflichtung, die Rechnung auf Grund pauschaler Stundensätze zu erstellen, besteht nicht (BGH NZV 2007, 456; OLG München, NJW 2010, 1462; BGH NJW 2006, 2472). Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können gegenüber dem Geschädigten nur dann erhoben werden, wenn diesen ein Auswahlverschulden trifft oder die Überhöhung evident ist, vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, Az.: 1 U 246/07. Soweit sich die Abrechnung im Honorarkorridor der BVSK befindet, kann dem Geschädigten ein solches Auswahlverschulden nicht angelastet werden. Ebenso wenig kann dann von einer evidenten Überhöhung gesprochen werden.
Bei einer Schadenshöhe von wie vorliegend 3.001,18 € liquidieren 90 % der BVSK-Sachverständigen ihr Grundhonorar über 477,00 € und unter 439,00 € netto. Der Honorarkorridor, in dem zwischen 40 % und 60 % der BVSK-Sachverständigen ihr Honorar bei dieser Schadenshöhe berechnen, liegt bei 404,00 € bis 446,00 € netto. Da das hier streitgegenständliche Sachverständigenhonorar netto 420,00 € beträgt und diesen Gebührenrahmen daher nicht überschreitet, kann es durchaus als üblich und angemessen angesehen werden.
Der 1. Fotosatz von 3,00 € pro Lichtbild erscheint nicht überhöht angesichts dessen, dass üblicherweise zwischen dem ersten Fotosatz und dem zweiten Fotosatz unterschieden wird und dabei nach der BVSK-Honorarbefragung 2011 für 15 Lichtbilder im ersten und zweiten Fotosatz ein Kostenkorridor von 49,65 € bis 65,55 € ergibt, das Kfz-Sachverständigenbüro … für die 15 Lichtbilder jedoch nur einen Betrag in Höhe von 45,00 € abgerechnet hat. Insoweit kann von einer evidenten Überhöhung nicht die Rede sein.
Die vom Sachverständigenbüro … geltend gemachten Schreib- und Druckkosten in Höhe von insgesamt 90,00 € erscheinen ebenso nicht überhöht. Pro Seite wurden 3,60 € in Ansatz gebracht, nach der BVSK-Honorarbefragung 2011 besteht insoweit ein Korridor der Kosten zwischen 2,47 € und 3,75 € pro Seite, sodass auch diesbezüglich die geltend gemachten Kosten des Sachverständigenbüros … im Rahmen diese Korridors liegen.
Auch soweit eine zusätzliche Pauschale in Höhe von 29,00 € für EDV berechnet wurden, kann von einer evidenten Überhöhung oder einem Ausfallverschulden nicht ausgegangen werden. Insbesondere handelt es sich hierbei um Fremdkosten, die tatsächlich entstanden sind.
B.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Jo mei, Willi, auch bei uns in Bayern unterliegen manchmal, nicht immer, die jungen Madeln am Richtertisch der Gefahr, durch die manchmal mehr als 30 Seiten langen Schriftsätze der HUK-Anwälte völlig konfus zu werden. Dann kommt so etwas bei heraus. Aber immerhin stimmt das Ergebnis. Wieder ein Schlag ins Gesicht der HUK-Coburg. Aber ich höre schon die Vorstände, dass wieder einmal das Gericht nicht erkannt hat, dass der Versicherer und dessen Versicherungsgemeinschaft von Sachverständigen abgezockt würden. Das Gegenteil ist der Fall. Mittlerweile habe ich das Buch der Frau Krüger durchgelesen. Sie beschreibt zu Recht, dass die Versicherungswirtschaft die Gesellschaft abzockt. Recht hat sie, die Autorin.
Servus
Euer Aigner Alois
Kraftvolle Entscheidungsgründe zum Auftakt , wenn es dort heißt:
I.
„Sachverständigenkosten sind grundsätzlich erforderlicher Herstellungsaufwand, ohne dass im Rahmen des Erforderlichen eine Preiskotrolle durchgeführt werden muß.“
II.
„Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können gegenüber dem Geschädigten nur dann erhoben werden, wenn diesen ein Auswahlverschulden trifft oder die Überhöhung evident ist, vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, Az.: 1 U 246/07.“
III.
Und dann wird doch wieder gerechnet und Bezug genommen auf die Honorarerhebung eines Berufsverbandes. Rückgriff auf Vergangenheitsdaten als „Vergleichsmaßstab“? Also doch Preiskontrolle.- Warum …..? Traute die Richterin Ihrer eigenen Überzeugung nicht oder war der Kläger ein BVSK -Sachverständiger ?
IV.
„Gebühren“rahmen ???? Wo keine „Gebührenabrechnung“ vorliegt, gibt es auch keinen „Gebührenrahmen“ und wo es keinen „Gebührenrahmen“ gibt, ist auch auf einer solchen Beurteilungsebene eine Überprüfung nicht veranlaßt und selbst eine vergleichende Gegenüberstellung nicht zielführend.
V.
…“erscheinen nicht „überhöht“ ? Auch eine „Überhöhung“, für sich allein genommen, wäre kein Kriterium für die Schadenersatzverweigerung. Das hat bekanntlich nicht nur der BGH deutlich herausgekehrt. Entscheidend ist zunächst, an welchem Punkt denn aus der Sicht des Geschädigten (und nicht aus der Sicht der Beklagten oder des Gerichts) von einer solchen auszugehen wäre und ob dem Geschädigten dies unter Berücksichtigung einer erheblichen Honorarbandbreite hätte auffallen müssen !
VI.
Schlußendlich fällt auch bei diesem Urteil wieder auf, dass die entscheidungserhebliche Frage nach der Erforderlichkeit, das ist die Ausgangslage, nicht konstant im Mittelpunkt der schadenersatzrechtlichen Beurteilung gehalten wird, denn was erforderlich ist, kann
durchaus auch noch (scheinbar) „überhöht“ sein und muß nicht zwingend in der Bandbreite einer Honorarbefragung liegen.
Dieter C.