Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch ein Urteil aus der Eifel zum Thema Sachverständigenkosten bekannt. Der klagende Sachverständige musste aus abgetretenem Recht gegen die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung gerichtlich vorgehen, weil die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung nicht gewillt war, vollen Schadensersatz zu leisten. Bei der eintrittspflichtigen Versicherung handelt es sich um die ERGO-Versicherung. Lest selbst das Urteil der Richterin des Amtsgerichts Schleiden. Das Urteil wurde erstritten und eingereicht durch die Kanzlei Markus Hesse aus Euskirchen. Gebt bitte Eure Kommentare bekannt.
Viele Grüße
Willi Wacker
10 C 181/12
Amtsgericht Schleiden
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn
…
Klägers,
gegen
…
Beklagte,
hat das Amtsgericht Schleiden
im vereinfachten Verfahren gemäß § 405a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 03.04.2013
durch die Richterin …
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 588,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 03.10.2012 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
– Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen-
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus abgetretenem Recht gemä& §§ 398 BGB, 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG auf Zahlung weiterer 588,05 €. Der genannte Betrag stellt den dem Geschädigten … gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG., 115 VVG i.V.m. 249 BGB zu ersetzende Wiederherstellungsaufwand aus dem Verkehrsunfall vom 01.03.2012 dar.
Der Kläger ist aufgrund der Abtretung des Anspruchs auf Erstattung der Gutachterkosten vom 18.06.2012 (Bl. 13 GA) durch den Geschädigte … an ihn aktivlegitimiert. Ein Verstoß gegen §§ 3, 5 RDG liegt nicht vor: die Abtretungserklärung ist auch hinreichend bestimmt bzw. der Inhalt der abgetretenen Forderung hinreichend bestimmbar, da die Abtretungserklärung sowohl den Geschädigten, die Versicherung und den Schadensfall – Schadensnummer … – erkennen lässt. Unschädlich ist, dass die genaue Höhe der angefallenen Sachverständigenkosten in der Erklärung nicht angegeben ist, da sich aus der ausschließlichen Abtretung der Ansprüche des Geschädigten im Hinblick auf die Gutachterkosten jedenfalls ergibt, dass nur die von dem Kläger in Rechnung gestellten Beträge von der Abtretung umfasst sein sollen.
Dem Geschädigten stand gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten zur Feststellung des Schadensumfangs an seinem Fahrzeug in Höhe von 1.038,00 € brutto zu. Auf diesen Betrag hat die Beklagte lediglich einen Betrag in Höhe von 449,95 € gezahlt, so dass der titulierte Betrag offen steht.
Die Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitg.
Gemäß § 249 BGB hat die Beklagte insofern den Geldbetrag zu ersetzen, der zur Herstellung des Zustandes erforderlich ist, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Zu den im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs zu erstattenden Kosten gehören auch die zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens notwendigen Kosten, soweit die Einholung dieses Gutachtens zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist (Grüneberg in Palandt, BGB, 71. Auflage, § 249 Rn. 58 mwN). Die notwendigen Kosten hat der Schädiger dabei nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu tragen, wobei der Geschädigte im Rahmen der Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen darf, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint, und in diesem Sinne einen qualifizierten Sachverstandigen seiner Wahl mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragen darf (BGH-Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06: AG Schleiden, Urteil vom 20.01.2012, – Az. 10 C 11/11). Es ist jedoch zu beachten, dass die vom Geschädigten geltend gemachten Kosten nicht unbegrenzt erstattungsfähig sind, sondern nur in dem Umfang, in dem ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten sie für zweckmäßig und notwendig halten darf, da der Geschädigte andernfalls gegen seine Schadensminderungspflicht und das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06).
Die von dem Geschädigten veranlassten Kosten überschreiten den Rahmen des Erforderlichen nicht. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06 (zitiert, nach juris) gelten bei der Ermittlung des Erforderlichen grundsätzlich folgende Maßstäbe:
„[Der Geschädigte] ist nach dem Wirtschaftiichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. Senatsurteite 115, 364, 363 f.; 132, 373, 376 f.; 155, 1, 4 f.; 162, 161, 164 f.; 163, 362, 365). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich. später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. Senatsurteil BGHZ 163, 362, 3671).“
Dabei hat der Bundesgerichtshof es grundsätzlich gebilligt, dass der Sachverständige auch eine Pauschalierung des Honorars vornimmt (Rn. 20):
„Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts überschreitet ein Kraftfahrzeugsachverständiger vor allem dadurch, dass er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung grundsätzlich nicht Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird als Erfolg geschuldet: hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 – X ZR 122/05 – aaO Rn. 15 ff.)“.
Unter Rn. 14 und 15 führt der BGH Folgendes aus:
„Nach den vorstehenden Grundsätzen kommt es entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung im Schadensersatzprozess grundsätzlich nicht darauf an, ob die zwischen dem Kläger und dem Sachverständigen getroffene Preisvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 BGB unwirksam ist. Ebenso ist es nicht von Bedeutung, welche Vergütung bei fehlender Honorarvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen von letzterem nach „billigem Ermessen“ gemäß § 315 Abs. 1 BGB bestimmt werden könnte. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. […] Die Frage, ob nach einem Verkehrsunfall ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB verlangt werden kann, wird von einer Vielzahl von Gerichten bejaht (vgl. etwa AG Altenkirchen ZfS 1994, 88; AG München DAR 1996, 298; AG Köln VersR 1988, 1251, 1252; AG Aachen, ZfS 1999, 196; AG Herne-Wanne NZV 1999, 256, 257; AG Halle-Saalkreis ZfS 1999, 337; AG Hattingen VersR 2000, 1426, 1427; AG Darmstadt ZfS 2000, 65; AG Frankfurt aM ZfS 2001, 165; SP 2002, 287, 288; AG Wiesbaden SP 2002, 360; AG Westerburg ZfS 2000, 63, 64; ZfS 2002, 72, 73; AG Eltville SP 2002, 322; AG Bad Kreuznach SP 2002, 72; AG Hamm SP 2002, 322; AG Dresden DAR 2002, 459, 460; AG Siegburg ZfS 2003, 231 238; AG Weinheim ZfS 2004, 18; AG Nürnberg ZfS 2004, 131; AG Berlin-Mitte SP 2005, 175; LG Halle ZfS 2006, 91; ebenso Roß, aaO; a.A. z.B. LG Köln SP 2002, 320; AG Leipzig SP 2002, 287; LG Leipzig Urteil vom 23. März 209, 5-1 S 7099/04). Hiergegen bestehen aus schadensrechtlicher Sicht keim Bedenken.“
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe durften die Kosten für das Sachverständigengutachten nach der Honorartabellen des Bundesverbands der freien und unabhängigen Sachverständigen e.V. (BVSK) abgerechnet werden. Konkrete Vorgaben, wonach sich eine Pauschalierung des Sachverständigenhonorars zu richten hat, lässt sich der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen. Eine Heranziehung der BVSK-Honorartabelte 2010/2011 zur Ermittlung der Kostenberechnung hat der Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen vom 04.04.2008 (BGHZ 167, 139; NJW-RR 2007, 56) jedenfalls nicht beanstandet. Die BVSK-Honorartabelle 2010/2011 stellt aus Sicht der erkennenden Abteilungsrichterin auch eine taugliche Schätzgrundlage zur Ermittlung der üblichen Vergütung gemäß § 28? ZPO dar. Anhaltspunkte, dass die Honorarempfehlung des BVSK die rechtlich zulässige Preisgestaltung überschreitet, bestehen für das erkennende Gericht nicht. Die Honorarempfehlungen beruhen auf einer Umfrage unter jeweils (d.h. bezogen auf die verschiedenen Regionen unter Berücksichtigung der Postleitzahlgebiete) deutlich über 800 Sachverständigenbüros zu deren üblichen Vergütungssätzen, wobei durch die Eingrenzung nach Postleitzahlengebieten örtliche Besonderheiten berücksichtigt werden. Damit beruht die Befragung – auch im Hinblick auf die einzelnen Postleitzahlengebiete – auf einer ausreichenden Basis, um als Schätzgrundlage für eine ortsübliche Vergütung im Sinne von § 287 ZPO herangezogen zu werden (vgl. auch LG Dortmund, Urteil vom 05.08.2010, Az. 4 S 11/10; vgl. für das Grundhonorar auch LG Saarbrücken, Urteil vom 10.02.2012, Az. 13 S 109/10). Anhaltspunkte dafür, dass die befragten Sachverständigen in Kenntnis des Beweggrundes der BVSK-Befragung bewusst höhere Preise „angemeldet“ und so eine vom BVSK nicht überprüfte Preisanhebung veranlasst hätten, sieht das Gericht nicht. Andere als Schätzgrundlage besser geeignete Erhebungen als die BVSK-Befragung sind nicht ersichtlich (so auch das LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 29.02.2012, 8 S 2791/11). Insbesondere scheidet eine Anwendung der Grundsätze des JVEG für die Vergütung von privaten Sachverständigen nach Ansicht der erkennenden Richterin aus, da der Anwendungsbereich des JVEG auf die in § 1 JVEG genannten Verfahren beschränkt ist (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06; weiter AG Hamburg, Urteil vom 20.03.2006, Az. 644 C 547/05).
Danach liegt eine Überschreitung der rechtlich zulässigen Preisgestaltung im Hinblick auf das Grundhonorar in Höhe von 565,00 € durch den Kläger nicht vor. Seine Abrechnung bewegt ssch innerhalb des sogenannten Honorarkorridors, innerhalb dessen zwischen 50 bis 60 % der Befragten im Postleitzahlengebiet 5 abrechnen. Der Kläger hat auch zutreffend seine Abrechnung unter Zugrundelegung des von ihm ermittelten und von der Beklagten nicht beanstandeten Wiederbeschaffungswerte in Höhe von 4.450,00 € unter Berücksichtigung der linken Tabelle der BSVK-Tabelle vorgenommen, da die Schäden an dem Fahrzeug als sogenannter wirtschaftlicher Totalschaden zu werten sind. In einem solchen Fall ist, ausweislich der durch die Beklagte zu den Akten gereichten Erläuterungen der BSVK (Bl. 41 GA), nach dem Wiederbeschaffungswert abzurechnen. Dies hat der Kläger auch getan. Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt vor, wenn die Vergleichsbetrachtung zwischen Reparaturaufwand (Reparaturkosten zuzüglich Minderwert) und Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert minus Restwert) ergibt, dass die Ersatzbeschaffung die wirtschaftlich günstigere Alternative ist (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 22. Auflage 2012, § 249 BGB, Rn. 24; Schiemann in Staudinger BGB, Neubearbeitung 2005, § 249, Rn. 184). So steht es hier.
Wollte man demgegenüber annehmen, dass die Forderung des Sachverständigen überhöht sei, so könnte man dies dem Geschädigten allenfalls dann entgegen halten, wenn dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder aber die Erhöhung der Vergütung derart evident ist, dass eine Beanstandung durch den Geschädigten gefordert werden muss (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16..06.2008, Az. 1 U 246/07). Hierfür bestehen jedoch vorliegend keine Anhaltspunkte. Dies insbesondere auch nicht im Vergleich zu der BSVK-Tabelle zum Bundesdurchschnitt. Die darin veranschlagten Honorare sind nicht derart niedriger, dass sich ein Geschädigter bei der Abrechnung eines Sachverständigen nach der BSVK-Tabelle zum Postleitzahlengebiet 5 gehalten sehen muss, sich nach einem günstigeren Sachverständigen umzusehen.
Ein Verstoß gegen seine aus § 254 BGB folgende Schadensminderungspflicht durch den Geschädigten ist ebenfalls nicht ersichtlich, insbesondere hat die Beklagte die insoweit darlegungs- und beweisbelastet ist, nicht vorgetragen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Sachverständigentarif ohne weiteres zugänglich war.
Durch die Anwendung dieser Grundsätze wird der Versicherer nicht rechtlos gestellt. Er kann sich nach § 255 BGB mögliche Ersatzansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen auf Rückzahlung eines überhöhten Honorars aus § 812 BGB, etwa i.V.m. §§ 138, 307 ff., 315 oder 832 Abs. 2 BGB – abtreten lassen und im Wege der Aufrechnung geltend machen (OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2006, Az. 4 U 49/05, NJW-RR 2006, 1029 ff.: OLG Düsseldorf‘, Urt. v. 16.06.2008, Az. 1 U 246/07; so auch AG Bonn, Urteil v. 05.12.2011, 108 C 294/11) oder selbst einklagen.
Auch Nebenkosten in Gestalt von Fahrtkosten, Kosten für Telefon und Porto, Foto-, Kopier- und Schreibkosten sind zu ersetzen, da die von dem Kläger abgerechnete Grundvergütung den Arbeitsaufwand des Sachverständigen ausgleicht, nicht aber die weiter anfallenden Kosten. Auch die Nebenkosten hat der Kläger dabei in nicht zu beanstandender Weise auf der Grundlage der BVSK-Honorarempfehlung zum Postleitzahlengebiet 5 2010/2011 abgerechnet. Eine willkürliche Festsetzung der Kosten ist demnach für das Gericht nicht feststellbar. Eine solche wäre auch für den Geschädigten nicht feststellbar gewesen. Dies gut selbst vor dem Hintergrund, dass die geltend gemachten „Nebenforderungen“ (Fahrt-, Foto-, Schreib- und Kopierkosten sowie die Telefon- und Portopauschale) nahezu 45 % des Grundhonorars ausmachen. Die der Rechnung des Klägers zugrundegelegten Beträge konnten sämtlich aus der Liste der „BVSK-Honorarbefragung zum Postleizahlengebiet 5“ als allgemeiner Tabelle ermittelt werden, wenn sie auch den dort zugrunde gelegten Höchstbeträgen entsprechen. Bei solcher Sachlage ist zu vermuten, dass der mit der Rechnung eines Sachverständigen geltend gemachte Betrag dem angemessenen, wenn auch oberen, Marktpreis entspricht und damit dieser Betrag auch im schadensrechtlichen Sinne „erforderlich“ war (vgl. LG Dortmund Urteil vom 12.04.2012, Az. 21 S 21/09). Die Höhe der „Nebenforderungen“ gegenüber dem Grundhonorar ist bei geringer Schadenshöhe, die eine geringere „Grundvergütung“ zur Folge hat, vorgegeben. Die Länge eines Gutachtens, die Zahl der erforderlichen Lichtbilder, die anfallenden Fahrtkosten und der Aufwand an Porto- oder Telefonkosten ist tendenziell unabhängig von der Höhe des entstandenen Fahrzeugsachschadens, so dass man im Ansatz von einem fixen Betrag an Nebenkosten ausgehen kann, mit dem Ergebnis, dass die Nebenkosten innerhalb des Gesamthonorars einen umso größeren Anteil ausmachen, je geringer das Gesamthonorar bzw. das Grundhonorar ist (vgl. LG Dortmund Urteil vom 12.04.2012, Az. 21 S 21/02). Hinzu kommt, dass es eine Frage der Praxis des betreffenden Sachverständigen ist, ob er bestimmte Nebenleistungen gesondert ausweist und damit nach außen hin den Anteil der „Nebenkosten“ stärker betont, oder ob er solche Nebenleistungen nicht gesondert ausweist sondern stattdessen ein „Grundhonorar“ höher in Ansatz bringt (vgl. LG Dortmund., Urteil vom 12.04.2012, Az. 21 S 21/09).
Soweit sich die Beklagte gegen die Erforderiichfceit eines zweiten Fotosatzes bzw. der Kopien wendet, vermag sie mit diesen Bedenken nicht durchzudringen. Hinsichtlich dieser Einwendung weist der Kläger zurecht darauf hin, dass nicht nur die Fertigung des Originals des Sachverständigengutachtens für die gegnerische Versicherung zu seinen Aufgeben gehört, sondern auch die Fertigung eines Duplikats für den Auftraggeber, dass ebenfalls eines vollständigen Lichtbildsatzes bedarf, um Schadensersatzansprüche in ausreichender Weise prüfen und durchsetzen zu können.
Der Anspruch auf Zinsen in geltend gemachter Höhe ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB :
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen.
Der Streitwert wird auf bis im 600,00 € festgesetzt.
So und nun Eure Kommentare bitte.
Gute bzw. richtige Denkansätze in den Entscheidungsgründen. In jedem Falle aber eine Fleißarbeit, die erkennen läßt, dass diese Richterin der Sache auf den Grund gehen wollte. Respektabel auch die Überlegungen zum Nebenkostenbedarf und der Unabhängigkeit dieser Nebenkosten von der Schadenhöhe, jedoch keine Unabhängigkeit von der Qualität der Beweissicherung.
Wer die Erforderlichkeit eines 2. Fotosatzes bestreitet, muß jedoch auf dem Mond geboren sein und da kann man nur konstatieren: „Gefährlich ist´s, den Leu zu wecken“, denn bekanntlich ist eine Fotodokumentation ein unabdingbarer Bestandteil eines vollständigen Beweissicherungs-Gutachtens und über ein solches will nicht nur der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer verfügen, sondern auch der Unfallgeschädigte als Anspruchsteller und last not least der Rechtsanwalt des Unfallopfers. Schließlich dürfte auch noch eine
vergleichbare Fotodokumentation für die Handakte des Sachverständigen ihre Berechtigung finden. Also vorher mehr als sorgfältig durchdenken, was man mit guter Begründung , die es schadenersatzrechtlich nicht gibt, in Frage stellen will.
Übrigens ist eine Honorarbefragung nicht gleich zu setzen mit eine Honorar“empfehlung. Ein kleiner Wermutstropfen in den Entscheidungsgründen, weil dies kartellrechtlich fragwürdig wäre.
Eure
Wildente
Hallo, Willi Wacker,
es ist erfreulich, dass diese Richterin in den Entscheidungsgründen des Urteils dem Unfallgeschädigten nicht (leichtfertig) unterstellt hat, ein nicht verständiger und nicht wirtschaftlich denkender Mensch zu sein. Von einer solchen diskriminierenden Einschätzung ist aber wohl immer dann auszugehen, wenn
eine Versicherung die Erstattungsfähigkeit der einem Unfallopfer entstandenen Gutachterkosten als erforderlich bestreitet. Schlimmer geht´s nimmer!
Gruß
G.v.H.
Sehr geehrtes Reaktionsteam,
„“[Der Geschädigte] ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm „Zumutbaren“ den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, „s o f e r n“ er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.
Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die „spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflußmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. Senatsurteite 115, 364, 363 f.; 132, 373, 376 f.; 155, 1, 4 f.; 162, 161, 164 f.; 163, 362, 365). “
Mich würde einmal interessieren, inwieweit diesen „Randbedingungen“ in der Beurteilung überhaupt Rechnung getragen wird. Wäre bei einer Kürzungsabsicht des Schadenersatzes abklärungshalber zuvor nicht die Frage denkbar, wo und inwieweit bei dieser Vorgehensweise genau diesen angesprochenen Kriterien Rechnung getragen wurde ? Auf die Antworten darf man dann ebenso gespannt sein, wie auf die Nichtantworten .
Mit besten Grüßen
aus Bochum & Tangendorf
Dipl.-Ing. Harald Rasche
Etwa für neue Lustreisen nach Budapest mit dem rechtswidrig gekürzten Schadenersatz ? Hier hat es mal nicht funktioniert und ob deshalb einer der auserwählten Kandidaten zu Hause bleiben muß, wage ich zu bezweifeln.-
Gruß
Nora
Hallo Wildente,
natürlich müssen mindestens drei, wenn nicht vier Fotosätze gefertigt werden. Die eintrittspflichtige Versicherung wünscht schon für sich einen Fotosatz. Der Besteller des Gutachtens, der Geschädigte, hat aufgrund werkvertraglicher Ansprüche ebenfalls Anspruch auf Vorlage eines kompletten Gutachtens mit Lichtbilddokumentation. Im Falle des Rechtsstreites muss ein weiteres Exemplar für das Gericht mit kompletter Fotodokumentation vorhanden sein und der Sachverständige kann und darf selbst einen Satz für seine Handakte erstellen, um beweisen zu können, dass er den Werkvertrag ordnungsgemäß erfüllt hat und damit Anspruch auf den Werklohn hat, § 632 BGB. Dabei ist dann noch nicht zu vergessen, dass auch der Prozessbevollmächtigte des Geschädigten zur Beweisführung gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung ein Exemplar benötigt.
Die Argumentation der Versicherer, dass nur ein Fotosatz erforderlich ist, geht dahin, dem Geschädigten Beweismittel zu entziehen. Denn Gegenstand der sachverständigen Begutachtung ist nicht nur die Feststellung der voraussichtlichen Reparaturkosten bzw. der Schadenshöhe inklusive Wertminderung, Restwert, Wiederbeschaffungswert, etc, sondern auch der Dokumentation der Unfallschäden. Also Holzauge sei wachsam. Lasst Euch nicht auf so unsinnige Argumente, dass nur ein oder zwei Fotosätze erforderlich seien, ein. Drei Fotosätze ist das Mindeste, was der Geschädigte verlangen kann.
Mit freundlichen Grüßen
F-W Wortmann
Die Beklagte wehrt sich sogar gegen den zweiten Fotosatz bzw. Kopien. Das bedeutet doch, dass für die Versicherung keine Fotos gemacht werden sollen. Der Auftraggeber, der Geschädigte, hat auf Grund des Vertrages mit dem Sachverständigen auf jeden Fall Anspruch auf ordnungsgemäße Erfüllung des Werkvertrages. Dazu gehört auch eine ordentliche Fotodakumentation der Schäden. Wenn aber schon der Geschädigte werkvertraglich einen Anspruch auf Dokumentation der Schadensstellen hat, und nur ein Fotosatz ausreichen soll, wo bleibt dann die Versicherung?
Ich glaube, dass sich die ERGO hier selbst ein Tor geschossen hat.
Vielleicht reicht es ja der Versicherung, dass ihr Kopien der Lichtbilder vorgelegt werden? Mit Sicherheit nein. Also ist ihre Forderung nach nur einem Fotosatz doch von vornherein Unsinn. Aber auch 2 Fotosätze reichen m.E. nicht aus, wie schon mein Vorkommentator festgestellt hat. Aber diese leidige Frage nach den erforderlichen Fotosätzen war bereits Ende der 1990er Jahre schon aufgetreten. Offenbar kommt dieses Thema immer wieder nach einiger Zeit hoch.
Nein, nein, liebe ERGO-Versicherungs-Gruppe, mit den nach Eurer Meinung einzusparenden Kosten für den 2. Fotosatz kann man die Budapest-Reisen nicht finanzieren und die weggelaufenen Kunden nicht wieder zurückholen. Ist das Ansehen einmal rampoiniert, lebt es sich weiter ungeniert!!
Servus
Aigner Alois