Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
wieder einmal musste eine Geschädigte das Gericht bemühen, damit sie zu ihrem Recht gelangt. Am 31.3.2012 ereignete sich in Stendal /Sachsen-Anhalt ein Verkehrsunfall, bei dem der Pkw der späteren Klägerin beschädigt wurde. Sie suchte einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen ihrer Wahl aus und beauftragte ihn, das Schadensgutachten zu erstellen. Die hinter dem Schädiger stehende Kfz-Haftpflichtversicherung mit Niederlassung in Frankfurt am Main kürzte die Sachverständigenkosten um 136,61 €. Diese Kosten sind Gegenstand des Rechtsstreites vor dem AG Frankfurt. Mit dem Zahlungsantrag stellten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen Feststellungsantrag bezüglich der Verzinsungsverpflichtung der Gerichtskosten. Die beklagte Haftpflichtversicherung war durch den sonst von der HUK-Coburg bekannten Kölner Rechtsanwalt vertreten. Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Lest selbst das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und dem Autor zugesandt durch Herrn Rechtsanwalt Lutz Imhof aus Aschaffenburg.
Amtsgericht Frankfurt am Main verkündet: 13.08.2013
31 C 1566/13 (16)
I m N a m e n d e s V o l k e s
Endurteil
In dem Rechtsstreit
der Frau S. K. aus S.
– Klägerin –
Prozessbevollmächtigte: RAe. D.I.& P. aus A.
g e g e n
Zurich Insurance plc. ges. vertr. d. Hauptbevollmächtigter Ralph Brand, Niederlassung für Deutschland, solmsstraße 27-37, 60486 Frankfurt am Main
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B.M. aus K.
hat das Amtsgericht Frankfurt am Main – Abteilung 31 – durch Richter am Amtsgericht … im schriftlichen Verfahren nach § 495a S. 1 ZPO auf die Stellungnahme der Beklagten mit Datum vom 30.6.2013
am 13.8.2013
für Recht erkannt:
I.
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 136,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.6.2012 zu zahlen.
2.
es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit von der Einzahlung der Gerichtskosten bei der gerichtskasse bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
V.
Der Streitwert wird auf 136,61 € festgesetzt.
Ta t b e s t a n d :
Das Gericht sieht von der – nach § 313a ZPO entbehrlichen – Darstellung des Tatbestandes ab.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage hat Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die beklagte Haftpflichtversicherung des Unfallgegners Anspruch auf Zahlung restlicher, ihr entstandener Kosten für das unfallbedingte Sachverständigengutachten gemäß der §§ 823 I, 249 BGB, 7 I, 17, 18 StVG.
Das Gericht schließt sich der mittlerweile ganz überwiegenden Rechtsansicht an, nach welcher der Schadensersatzanspruch eines Unfallgeschädigten – hier der Klägerin im Anschluss an den Verkehrsunfall vom 31.3.2012 in 39576 Stendal / Sachsen-Anhalt – auf Erstattung von Sachverständigenkosten jedenfalls dann begründet ist, wenn den Geschädigten kein Auswahlverschulden bei Beauftragung des konkreten Sachverständigen trifft und so die Kosten der Einholung des Sachverständigengutachtens im Sinne des § 249 II 1 BGB „erforderlicher“ Aufwand zur Wiederherstellung des beschädigten Fahrzeugs sind (vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.3.2011 – 31 C 2304/10 -; Urt. v. 19.12.2011 – 31 C 1623/11 -; Urt. v. 2.3.2012 – 31 C 2403/11 -; Urt. v. 7.5.2012 – 31 C 677/12 -; Urt. v. 13.3.2013 – 31 C 295/13 -: Urt. v. 17.6.2013 – 31 C 521/13 – ; im Anschluss an LG Frankfurt am Main Urt. v. 12.10.2010 – 2/1 S 183/10 – ). Ein solches Auswahlverschulden der unfallgeschädigten Klägerin , welches das – grundsätzlich dem Schädiger (und damit auch dessen Haftpflichtversicherung) aufzubürdende – Risiko eines (auch im Einzelposten) „überteuerten“ Gutachters ausnahmsweise auf den Geschädigten abzuwälzen imstande wäre, ist hier in Gestalt einer sich für einen Geschädigten ohe spezielle Vorkenntnisse über eine Preisgestaltung an – sehr speziellen – „Sachverständigenmarkt“ und ohne sonstige spezielle Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten – gleichsam evident aufdrängenden „Überteuertheit“ des Gutachters weder ersichtlich noch anhand dieses – alleine relevanten – Maßstabes von der – insoweit in vollem umfang darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten – in der Klageerwiderung dargetan. Auch mit dem Hinweis auf vermeintlich überzogene Einzelposten ist diesen Vorgaben einer Darlegung eines evidenten Auswahlverschuldens erkennbar nicht genügt.
Der Feststellungsanspruch ist begründet. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die „materielle“ Möglichkeit einer Verzinsung von Gerichtskosten ausschließen wollte, sind weder erkennbar noch von der Beklagten, die sich unzureichend auf den pauschalen Hinweis auf § 104 I 2 ZPO, der ersichtlich nur die Verzinsung im Kostenfestsetzungsverfahren (bewußte Hervorhebung durch das Gericht!) regelt, beschränkt, substantiiert vorgetragen.
Der Anspruch zu den Zinsen folgt aus Verzug.
Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen. Höchstrichterliche Rechtsprechung, der die getroffene Entscheidung zuwider liefe, ist nicht ersichtlich. Auch sonstige Gründe, die Berufung zuzulassen ( § 511 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 ZPO), sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 48 I1 GKG, 3 ZPO.
So das Urteil des Amtsrichters der 31. Zivilabteilung des AG Frankfurt am Main. Und nun bitte Eure Kommentare.
Im Gegensatz zu AG Wertheim hat das AG Frankfurt die Prozesskostenzinsen mit 5 %-punkten über dem Basiszinssatz festgesetzt. So kenne ich das auch nur. Bei nächsten Mal sollten die Kollegen dieses Urteil mit einreichen, wenn es noch einmal heißt, in Wertheim Klage gegen den Schädiger einzureichen.