Der Amtsrichter der 93. Zivilabteilung hat mit Beschluss vom 21.8.2013 – 93 C 1710/13 (30) – in einem von ihm zu entscheidenden Rechtsstreit zwischen einem freien Kfz-Sachverständigen und der R+V Versicherung AG zu erkennen gegeben, dass er seinen bisher vertretenenen Rechtsstandpunkt bezüglich der Sachverständigenkosten im Falle einer behaupteten Überhöhung nicht mehr aufrecht erhalten werde. Er hat sich der – zutreffenden – Argumentation der Klägerseite angeschlossen und die Beklagte auf den Vorteilsausgleich verwiesen. Nachfolgend geben wir Euch den Wortlaut des Beschlusses vom 21.8.2013 bekannt. Der Beschluss wurde dem Autor zugesandt durch das Anwaltsbüro Dr. Imhof und Partner, Weißenburger Straße 20-22, 63739 Aschaffenburg. Lest bitte selbst den Beschluss und gebt Eure Meinungen kund.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Amtsgericht Wiesbaden Aktenzeichen: 93 C 1710/13 (30) Wiesbaden, 21.8.2013
B e s c h l u s s
In dem Rechtsstreit
des Kfz-Sachverständigen A. M. aus S.
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte: RAe. D.I. & P. aus A.
g e g e n
R+V versicherung AG, ges. vertr. durch den Vorstand Dr. F.C., Raiffeisenplatz 1 in 65189 Wiesbaden
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigter: RA. B.M. aus K.
teilt das Gericht nunmehr die Auffassung der Klägerseite, dass im Schadensersatzprozess die Erstattungspflicht der Beklagten sich lediglich nach den Voraussetzungen der § 249, 254 BGB richtet (so bereits AG Wiesbaden Urt. v. 20.2. 2003 – 91 C 3416/02 – 37 – = AG Wiesbaden SP 2003, 180 ff.). Die Beklagte könnte den Einwand, dass die Rechnung des Klägers übersetzt ist, allenfalls dann geltend machen, wenn sie sich in entsprechender Anwendung des § 255 BGB vom Geschädigten einen etwaigen Anspruch nach § 812 I BGB hätte abtreten lassen. Für den Fall, dass die Sachverständigenrechnung tatsächlich überhöht sein sollte, steht dem Geschädigten, nämlich gegen den Sachverständigen in Höhe des übersteigenden Honoraranspruchs ein Bereicherungsanspruch nach § 812 I BGB zu. In entsprechender Anwendung sowohl des § 255 BGB als auch des Grundsatzes von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ist der Geschädigte verpflichtet, diesen Bereicherungsanspruch an die Haftpflichtversicherung und den Schädiger als Gesamtgläubiger abzutreten (vgl. auch: OLG Frankfurt / Main ZfS 1995, 174, 175 2. Spalte Mitte). Allenfalls aufgrund dieses abgetretenen Anspruchs des Geschädigten könnte die Beklagte den Kläger eine Überhöhung seiner Rechnung entgegen halten (vgl. zu diesem Vorgehen: AG Wiesbaden aaO.). Da die Beklagte zu alledem nichts vorgetragen hat, bleibt es nach erneuter Sach- und Rechtsprüfung bei der im Urteil des AG Wiesbaden vom 22.2.2003 geäußerten Rechtsauffassung. Eine etwaige im Laufe dieses Rechtsstreites vertretene Auffassung wird ausdrücklich nicht mehr aufrecht erhalten.
Eine Frist zur Stellungnahme wird auf 14 Tage gewährt.
…. ( Richter am AG )
Das war der Wortlaut des Beschlusses, mit dem das Gericht nunmehr zu erkennen gibt, dass die Sachverständigenkosten auch dann zu ersetzen sind, wenn sie vermeintlich überhöht sind, allerdings dem Schädiger der Vorteilsausgleich zusteht. Und jetzt bitte Eure Kommentare.
Siehe auch: CH-Beitrag vom 08.01.2014
Offenbar setzt sich immer mehr durch, dass im Schadensersatzprozess nur schadensersatzrechtliche Gesichtspunkte zählen. Auf werkvertragliche Geichtspunkte kommt es nicht an. Werkvertragliche Gesichtpunkte, wie Unangemessenheit, Nichtortsüblichkeit etc. , haben im Schadensersatzprozess nichts zu suchen. Zwar versucht die Versicherungswirtschaft immer wieder im Rahmen des Schadensersatzrechtes, wenn es um die Leistung des Schadensersatzes geht, die werkvertraglichen Gesichtspunkte, wie Angemessenheit, Üblichkeit pp., ins Spiel zu bringen, um damit ihre Schadensersatzverpflichtung zu drücken. Letztlich wird ihr das nicht gelingen, denn immer wieder werden Richtern die Augen geöffnet auf die wahren Voraussetzungen des Schadensersatzrechtes. Es ist daher lobenswert, dass so ein Block wie Captain-HUK, solche Urteile hier veröffentlicht.
Bleibt jetzt abzuwarten, wie sich die R+V Versicherung zu dem Beschluss stellt. Vielleicht will die den Redchtsstreit durchziehen, bis zum bitteren Ende. >Ich hoffe, Captain-HUK wird über den Fortgang berichten.
Auch im Fall des AG Wiesbaden sieht man, dass dieser Block doch schon Erfolg hatte. Weiter so Jungs.
Hei SV Rheingau,
ich glaube, dass in diesem Fall das ständige Bohren und Nachlegen des Prozessbevollmächtigten des Klägers zum Umdenken des Richters geführt hat. Durch die fundierten Schriftsätze des Klägervertreters (im Gegensatz zu den werkvertraglichen Ausführungen des Beklagtenvertreters, der übrigens füher für die HUK-Coburg tätig war) sind dem Richter die Augen geöffnet worden. Es zeigt sich, wie wichtig es ist, einen im Verkehrsschadensrecht erfahrenen Anwalt zu beauftragen.