Mit Beschluss vom 3.6.2009 – 3 C 68/09 – hat der Amtsrichter des AG Rudolstadt – Zweigstelle Saalfeld – die Kosten des Rechtstreites den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt, nachdem die beklagte Haftpflichtversicherung nach Klageerhebung und -Zustellung den eingeklagten Schadensersatzbetrag gezahlt hat.
G r ü n d e :
I.
Mit ihrer den Beklagten am 11. bzw. 13.3.2009 zugestellten Klage machte die Klägerin restlichen materiellen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der von den Beklagten trotz unstreitig bestehender Einstandspflicht bislang nicht gezahlt worden war. Hintergrund der Nichtzahlung war, dass die Klägerin ihr Fahrzeug im Rahmen der sog. 130% -Regel hat reparieren lassen, die Reparaturkosten insgesamt also den Wiederbeschaffungswert abzgl. des Restwertes des Fahrzeuges überstiegen, nicht jedoch um mehr als 30%. Die Beklagten sind davon ausgegangen, dass der von der Rspr. verlangte Nachweis des Weiternutzungsinteresses durch den Geschädigten, der regelmäßig durch eine sechsmonatige Weiternutzung zu erbringen sei, nicht nur materielle Anspruchsvoraussetzung, sondern Fälligkeitsvoraussetzung sei. Nach Eingang der Klage hat die beklagte Haftpflichtversicherung den begehrten Betrag beglichen und den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Klägerin hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen. Beide Parteien haben wechselseitige Kostenanträge gestellt.
II.
Nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung und der Leistung nach Rechtshängigkeit war über die Kostentragung nach § 91 a ZPO zu entscheiden. Danach waren die Kosten des Rechtstreites den Beklagten als Gesamtschuldner aufzuerlegen.
Die Beklagten irren, wenn sie meinen, sie hätten der Klägerin keinen Klageanlass gegeben. Sie befanden sich in der irrigen Annahme, sie könnten die Klägerin die über den Wiederbeschaffungsaufwand hinausgehende Regulierung bis zum Nachweis des Integritätsinteresses verweigern, mithin die Klägerin zunächst auf den Ablauf und die darin bestehende Weiternutzung des Fahrzeuges über die Frist von sechs Monaten hin verweisen.
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 18.11.2008 (BGHZ 178, 338 ) in einem gleichgelagerten Fall klargestellt, dass in den Fällen wie dem vorliegenden bei vollständiger und fachgerechter Reparatur des Fahrzeuges nicht nur der Wiedrbeschaffungsaufwand, sondern auch die diesen übersteigenden und im Rahmen der 130%-Grenze bleibenden Reparaturkosten sofort fällig und durch den Schädiger zu regulieren sind. Dies führt in der Praxis dazu, dass die Versicherer in Fällen der vorliegenden Art eine gewisse Vorleistungspflicht trifft, da – hieran hat der BGH ausdrücklich festgehalten – der Nachweis des Integritätsinteresses nach wie vor erst durch eine regelmäßige Weiternutzung des reparierten Fahrzeuges über die Dauer von sechs Monaten erbracht werden kann. Dies führt dazu, dass , sollte das Integritätsinteresse nach Ablauf dieser Frist nicht nachweisbar sein, in der Person des Versicherers ein Rückforderungsanspruch des den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigenden Betrages entsteht. Dieser erhöhte Abwicklungsaufwand ist indes – so der BGH ausdrücklich – dem Versicherer zuzumuten. Sein Interesse an einer möglichst einfachen Abwicklung des Schadens muß insofern – auch diese Ansicht teilt das erkennende Gericht ganz ausdrücklich – hinter dem legitimen Interesse des Geschädigten an einer alsbaldigen Regulierung zurückstehen. Es kann nicht angehen, dass in einer Sizuation wie der gegebenen der Geschädigte nur im Interesse einer vereinfachten Regulierungspraxis der Versicherer gezwungen wird, einen erheblichen Teil des ihm zustehenden Schadensersatzes bei der Durchführung einer Reparatur für ein halbes Jahr vorzufinanzieren. Mithin besteht im Ergebnis kein Zweifel, dass die Klage vor Erledigung des Rechtstreites begründet war. Bei streitiger Entscheidung wären die Beklagten mit der Kostenfolge unterlegen gewesen.
Das waren die klaren Worte des Amtsrichters aus Rudolstadt-Saalfeld gegenüber dem eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer, der es immer noch nicht gemerkt hat, dass der BGH auch bei den 130%-Fällen eine sofortige Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs bejaht hat.
Mit der Frage der Fälligkeit scheinen sich sehr viele Versicherer schwer zu tun.
Genauso mit der Fälligkeit der Nettoreparaturkosten bei Teilreparatur, durch die das Fahrzeug betriebs- und verkehrssicher gemacht wurde und gleichzeitig die Bruttoreparaturkosten knapp unter dem Wiederbeschaffungswert gelegen sind.
Damit tun sich im Übrigen auch einige Anwälte schwer…
Grüße
Andreas
Hallo Andreas,
Du hasr recht. Eigentlich müßte nach dem entscheidenden BGH-Urteil zur Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs auch im 130%-Bereich alles klar sein. Da dieses BGH-Urteil jedoch den Versicherern nicht schmeckt, wird versucht, immer wieder das Urteil in den Instanzen zu unterlaufen, nach dem Motto „Was schert mich der BGH?“. Ich reguliere so, wie ich es für richtig halte. Immerhin steckt ja hinter der Versicherung die Versichertengemeinschaft. Würde nach den Vorgaben der BGH-Rechtsprechung reguliert, müßten auch die Prämien erhöht werden, und auch das ist wieder schlecht für die Versicherten, denn sie müssen ja mehr zahlen. Also ist es das Beste nach eigenem Gutdünken zu regulieren ohne irgendwelche Vorgaben von Gesetzgebern, Gerichten, Aufsichtsbehörden etc.- eben nach alter Gutsherrenart. So ist das aber – Gott sei Dank – in einem Rechtsstaat nicht möglich. Rechtswidrige Schadensregulierungen werden durch die dritte Gewalt korrigiert und an „den Pranger“ gestellt – und wenn es ganz arg wird hier bekannt gegeben.
Noch ein schönes Wochenende
und man sieht sich
Dein Willi