AG Berlin-Mitte verurteilt DA Direkt Versicherung zur Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit vorbildlich begründetem Urteil vom 24.9.2013 – 3 C 3047/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

zum beginnenden Wochenende geben wir Euch hier wieder ein vorbildlich begründetes Sachverständigenkostenurteil des Amtsgerichts Mitte aus Berlin gegen die DA Direkt Versicherung AG bekannt. Der sonst früher für die HUK-Coburg tätige Anwalt aus Köln, der nunmehr die Beklagte vertreten hat,  konnte auch für seine neue Mandantin nur ein unterliegendes Urteil herausholen. Weil die DA Versicherung die Sachverständigenkosten nach einem unverschuldeten Unfall des Geschäadugten rechtswidrig kürzte, musste der Sachverständige aus abgetretenem Recht gegen die DA Versicherung gerichtlich vorgehen. Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Jetzt muss die DA nicht nur die vorher rechtswidrig gekürzten Kosten als erforderlichen Herstellungsaufwand verzinslich nachzahlen, sondern auch Gerichts- und Anwaltskosten zahlen. Zutreffend hat das erkennende Gericht auch zu dem von der Beklagtenseite eingeführten Urteil des LG Saarbrücken, ohne das Saarländische Gericht zu benennen, Stellung genommen und die Übernahme der Rechtsprechung des LG Saarbrücken mit seinem „Nebenkostendeckelungs-Urteil“ verneint. So ist es richtig, erst gar nicht mehr das unsägliche Urteil erwähnen, das auch von den umliegenden Landgerichten nicht angewandt wird.   Ich vermute, dass der GDV dieses sorgfältig begründete Urteil nicht zur Veröffentlichung vorgesehen hat. Deshalb ist es wichtig, dass das Urteil einem breiten Leserkreis bekannt gegeben wird.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker

Amtsgericht Mitte
Im Namen des Volkes
Urteil

Geschäftsnummer: 3 C 3047/13                                       verkündet am : 24.09.2013

In dem Rechtsstreit

des Herrn …

Klägers,

– Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte N. & K. in Berlin –

g e g e n

die DA Direkt Deutsche Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand Joachim Abel und Norbert Wulff, Oberstedter Straße 14, 61440 Oberursel,

Beklagte,

– Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt B. M. in Köln –

hat das Amtsgericht Mitte, Zivilprozessabteilung 3, Littenstraße 12 – 17,10179 Berlin, im schriftlichen Verfahren nach Schriftsatzfrist bis zum 20.08.2013, durch die Richterin am Amtsgericht …
f ü r  R e c h t  e r k a n n t :

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 169,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 2012 zu zahlen sowie ihn von den vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 39,00 € freizustellen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Auf einen Tatbestand wird gemäß § 313 a ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung der vollständigen Rechnung vom 5. September 2012 aus §§ 7 StVG, 249 BGB, 115 VVG. Er hat sich den Anspruch von der Geschädigten M. F. unter dem 29. August 2012 abtreten lassen. Hinsichtlich der Höhe des Sachverständigenhonorars sind keine Abstriche zu machen. Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag vom Schädiger zu zahlen und hierzu zählen auch diejenigen Sachverständigenkosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind. Danach sind die Kosten zu erstatten, die ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung erachten darf. Entscheidend ist hier aber allein, ob die an den Sachverständigen gezahlten Kosten den erforderlichen Wiederherstellungsaufwand angemessen repräsentieren (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144). Ein Geschädigter ist vor Erteilung des Gutachtenauftrages nicht verpflichtet, Marktforschung zu betreiben und Kostenvoranschläge verschiedener Gutachter einzuholen. Dies dürfte ohne vorherige Begutachtung des beschädigten Fahrzeugs ohnehin schwer möglich sein. Hierfür fehlt es an Tarifübersichten, um sich entsprechend vorab informieren zu können. Der Streit über die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten darf aber nicht auf dem Rücken der Geschädigten ausgetragen werden (OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 1029). Ein Geschädigter darf allerdings auch nicht jeden beliebigen Preis mit dem Sachverständigen vereinbaren. So lange es jedoch für einen Laien nicht erkennbar ist, dass die vom Sachverständigen zugrundegelegte Pauschale geradezu willkürlich festgesetzt wurde und ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Honorar besteht, kann ein Geschädigter die Erstattung dieser Kosten vom Schädiger verlangen (OLG Nürnberg, OLG-Report 2002, 471). So liegt es auch in diesem Fall. Der Sachverständige hat bei einem Schaden von 3.374,76 € brutto Reparaturkosten ein Grundhonorar von 440,– € zugrundegelegt und Fahrtaufwendungen sowie weitere Nebenkosten geltend gemacht, so dass inklusive Mehrwertsteuer ein Bruttobetrag von 661,05 € vorliegt. Hier musste sich der Geschädigten nicht aufdrängen, dass das berechnete Honorar unangemessen hoch war. Hierbei ist insbesondere wieder zu berücksichtigen, dass es an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten und an allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden (LG Saarbrücken, Urteil vom 22. 6. 2012, 13 S 37/12). Der Sachverständige durfte seine Nebenausgaben auch pauschal geltend machen und zusätzlich Fahrtaufwendungen beanspruchen. Diese Nebenkosten mussten der Geschädigten ebenfalls nicht als unangemessen hoch ins Auge springen, sondern sie durfte sie als orts- und branchenüblich annehmen. Insbesondere kann von einem Geschädigten nicht erwartet werden, dass er sich mit der Höhe der Nebenkosten auseinandersetzt, da die Höhe bereits unter Juristen umstritten ist und für einen Laien nicht erkennbar ist, in welcher Höhe die Nebenkosten angemessen sind.

Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden.

Des weiteren hat der Kläger einen Anspruch auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 169,00 € und einer 1,3 Geschäftsgebühr.

Die Zinsen folgen §§ 286, 288 f BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Berufung wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen.

So das überzeugende Urteil des AG Mitte in Berlin. Und nun bitte Eure Kommentare. 

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Berlin-Mitte verurteilt DA Direkt Versicherung zur Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit vorbildlich begründetem Urteil vom 24.9.2013 – 3 C 3047/13 -.

  1. Tim J. sagt:

    Hallo, Willi Wacker,

    danke für die Einstellung dieses aufklärenden Urteils des AG Berlin-Mitte. Folgende Entscheidungsgründe/Hinweise sorgen dabei für die zweifelsohne erforderliche Beachtung:

    1) „Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung der vollständigen Rechnung vom 5. September 2012 aus §§ 7 StVG, 249 BGB, 115 VVG.“

    2) „Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag vom Schädiger zu zahlen und hierzu zählen auch diejenigen Sachverständigenkosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind.“

    3) „Der Sachverständige durfte seine Nebenausgaben auch pauschal geltend machen und zusätzlich Fahrtaufwendungen beanspruchen. Diese Nebenkosten mussten der Geschädigten ebenfalls nicht als unangemessen hoch ins Auge springen, sondern sie durfte sie als orts- und branchenüblich annehmen. Insbesondere kann von einem Geschädigten nicht erwartet werden, dass er sich mit der Höhe der Nebenkosten auseinandersetzt, da die Höhe bereits unter Juristen umstritten ist und für einen Laien nicht erkennbar ist, in welcher Höhe die Nebenkosten angemessen sind.“

    Mit besten Grüßen
    von Helgoland

    Tim J.

  2. Göckchen sagt:

    @ Tim J.
    Die Darstellung der Rechtslage in Ziff.3 werde ich vorschlagen als Leitsatz für das nächste BGH-Urteil zu diesem Thema.

  3. Ra Imhof sagt:

    Gut begründet.
    Der Laie besitzt ebenso wie jeder Richter keinerlei Massstab zur Beurteilung der üblichen Höhe von Gutachterkosten.
    Dennoch darf er nach unserer Rechtsordnung einen Gutachter seiner Wahl beauftragen,dadurch Kosten in ihm völlig unbekannter Höhe auslösen und deshalb auch darauf vertrauen,dass ihm die aus diesem Auftrag entstehenden Kosten vollständig und nicht nur zum Teil nach dem Gutdünken des jeweiligen Schadensersatzschuldners ersetzt werden.
    Gutachterkosten entstehen durch Auftragserteilung zu einem Zeitpunkt,in dem oft noch nichteinmal bekannt ist,welcher Versicherer zahlen muss.
    Während z.B.die Versicherungskammer grundsätzlich die vollen Gutachterkosten reguliert,wird diese Schadensposition z.B.von der HUK grundsätzlich eigenmächtig gekürzt.
    Wie also soll sich also der Geschädigte der regelmässig nicht hellsehen kann verhalten?
    Soll er die Begutachtung seines Schadens unterlassen,weil er befürchten muss,auf Teilen der Gutachterkosten selbst „sitzen“ zu bleiben,weil vielleich später herauskommen könnte,dass die HUK für die Regulierung zuständig ist?
    Es ist daher geradezu grotesk,wenn manche Gerichte in Schadensersatzprozessen von Unfallopfern Gerichtsgutachten zur Üblichkeit von Gutachterkosten einholen.
    Licht und Schatten sind allerdings leider auch in Berlin nahe beieinander.

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