Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
als sonntägliche Lektüre bieten wir Euch nunmehr ein Mietwagen-Urteil der Berufungskammer des Landgerichts Mosbach. Es ging um die Berufung gegen das Urteil des AG Buchen. Das AG Buchen hatte bereits unter Zugrundelegung der Schwacke-Liste die erforderlichen Mietwagenkosten festgestellt. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Geeignetheit dieser Schätzgrundlage verfingen weder in erster Instanz noch in der Berufungsinstanz. Die Einwendungen gegen die Schwacke-Liste sind nur grundsätzlicher Art und nicht geeignet, die Fraunhofer-Erhebung als geeignetere Schätzgrundlage darzustellen. Das Gegenteil ist zumindest auch in der Odenwald-Region gegeben, wie die Ausführungen der Berufungskammer zeigen. Lest aber selbst das Berufungsurteil des LG Mosbach zu den Mietwagenkosten und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und noch einen schönen Sonntag.
Willi Wacker
5 S 51/12 Verkündet am
1 C 76/12 Amtsgericht Buchen 31.10.2012
Landgericht Mosbach
5. Zivilkammer
Im Namen das Volkes
Urteil
Im Rechtsstreit
…
– Klägerin / Berufungsbeklagte –
…
– Beklagter / Berufungskläger –
wegen Schadensersatz
hat die 6. Zivilkammer am Landgerichts Mosbach auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2012 unter Mitwirkung von
Präsident des Landgerichts …
Richter am Landgericht …
Richter …
für Recht erkannt
1. Die Berufung des Beklagten gemäß Urteil des Amtsgerichts Buchen vom 31.05.2012 – 1 C 76/12 – wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten dar Berufung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(abgekürzt gemäß § 540 ZPO)
I.
Die Klägerin macht restliche Schadensersatzansprüche betreffend Reparatur- und Mietwagenkosten aus einem Vorfall vom 11.09.2011, bei welchem ihr Pkw beschädigt wurde, geltend. Die Einstandspflicht des Beklagten ist unstreitig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Amtsgericht Buchen hat der Klage im wesentlichen stattgegeben und den Beklagen zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € 1.766,16 nebst Zinsen hieraus und Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung verurteilt. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrags aus der ersten Instanz vertritt der Beklagte insbesondere die Ansicht, die geltend gemachten Kosten für den Raparaturablaufplan und die Beschaffungskosten seien nicht erforderlich gewesen, die erforderlichen Mietwagenkosten könnten nicht nach Schwackeliste geschätzt werden, der Klägerin wäre ein günstigerer Tarif zugänglich gewesen und auch die Nebenkosten seien nicht berechtigt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Buchen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht, das Urteil sei richtig. Das Amtsgericht habe mit Recht die Schwackeliste angewendet. Im nördlichen Teil des Neckar-Odenwald-Kreises sei kein Großvermieter wie Sixt, Avis, Europcar und dergleichen ansässig.
II.
Die nach §§ 511 Abs. 1, 517, 519, 520 Abs. 2 und 3 ZPO zulässige Berufung hat in der Sache nach Maßgabe von § 513 ZPO keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO; nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen rechtfertigen auch keine andere Entscheidung. Zu Recht kam das Amtsgericht Buchen zu dem Ergebnis, die restlich geltend gemachten Reparaturkosten sowie der abgerechnete Mietzins seien erforderlich gewesen.
Das Amtsgericht hat der Klägerin zunächst mit zutreffender Begründung die Kosten für die Erstellung eines Reparaturablaufplanes sowie die Beschaffungskosten zugesprochen. Die Beklagte bzw. die hinter Ihr stehende Versicherung hatte die Dauer der Reparatur bestritten, so dass die Klägerin die Raparaturdauer nachweisen musste und die Kosten für die Erstellung eines Reparablaufplanes daher einen gemäß § 249 BGB erstattungsfähigen Schaden darstellen. Die Beschaffungskosten sind konkret angefallen und sind von der Beklagten ebenfalls zu erstatten.
Das Amtsgericht ist darüber hinaus mit zutreffenden Erwägungen, denen sich die Kammer anschließt, davon ausgegangen, dass die Mietwagenkosten der zugesprochenen Höhe nach erstattungsfähig sind. Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkostan verlangen, die ein verständeger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Er hat ferner nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann (BGH NJW 2008, 1519).
Dass das Amtsgericht Buchen diesen Normaltarif im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO unter Zugrundelegung des Schwacke-Mietpreisspiegels bestimmt hat, ist weder nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (vgl. VersR 2008, 92; Urteil vom 16.12.2011 – 4 U 106/11) noch der Kammer (vgl. Urteil vom 01.02.2012 – 5 S 51/11 und Urteil vom 16.06.2012 – 5 S 76/11) zu beanstanden. Der BGH (NJW 2008, 1510; VersR 2010, 683: NJW-RR 2011, 1109) hat wiederholt ausgesprochen, dass der Tatrichter bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Mietwagenkosten den Normaltarif grundsätzlich auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels ermitteln kann. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Es ist nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen auf eine Schätzgrundlage nachzugehen. Einer weiteren Abklärung bedarf es nur dann, wenn konkret dargelegt wird, dass es dem Geschädigten möglich gewesen wäre, im betreffenden Zeitraum ein Fahrzeug zu günstigeren Bedingungen anzumieten oder dass die geltend gemachten Mängel der betreffenden Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken.
Die von dem Beklagten angeführten Erhebungen des Fraunhofer Instituts sind nicht geeignet, konkrete Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Schwacke-Liste zu begründen. Diese Erhebung hat jedenfalls für das hier einschlägige Gebiet mit der Postleitzahl 74 erhebliche Nachteile. Dies hat die Kammer (a.a.O.) bereits wiederholt entschieden. Auch die von dem Beklagten in Bezug genommenen obergerichtlichen Entscheidungen führen nicht zu Zweifeln an der Geeignetheit der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage. Das Amtsgericht hat sich mit den Vor- und Nachteilen der Listen auseinandergesetzt und sich im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens für die Anwendung der Schwacke-Liste entschieden.
Die Klägerin kann zudem die Kosten für den Vollkaskoschutz sowie Zustell- und Abholgebühr als Nebenkosten verlangen. Dies wurde vom Landgericht Mosbach bereits vielfach entschieden (vgl. z.B. Urteil vom 14.04.2010 – 5 S 55/09, vom 02.03.2011 – 5 S 50/10 und vom 26.09.2012 – 5 S 41/12). Gerichtsbekannt beinhalten die sich aus der Schwacke-Liste 2010 ergebenden Preise die besagten Nebenkosten nicht.
Da der tatsächlich gezahlte Mietpreis danach erforderlich war, musste das Amtsgericht Buchen die von der Beklagten vermissten Ausführungen zur Zugänglichkeit eines günstigeren Tarife nicht bei der Bemessung des Schadens nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB machen. Die Klägerin hat nämlich wie dargelegt die Erforderlichkeit der tatsächlichen Mietwagenkosten nachgewiesen. Liegt deren Erforderlichkeit aber vor, kommt es bei der Bemessung des Schadens nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht mehr darauf an, ob dem Geschädigten ein günstigerer Normaltarif im relevanten zeitlichen und örtlichen Markt ohne weiteres zugänglich war (vgl. BGH NJW 2005, 1933 ff.).
Auch der von dem Beklagten behauptete Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB liegt nicht vor. Diesbezüglich obliegt es dem, der sich auf eine Verletzung der der Schadensminderungspflicht beruft, die zugrundeliegenden Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. BGH VersR 2010, 683). Dieser Darlegungs- und Beweispflicht ist der Beklagte nicht hinreichend nachgekommen. Der Beklagte beschränkt sich vorliegend auf die Behauptung, der Geschädigten seien andere Tarife ohne weiteres zugänglich gewesen. Er trägt jedoch nicht vor, das Mitverschulden beruhe auf dem Ausschlagen von ihr konkret unterbreiteter zumutbarer Alternativangebote. Allein dieser Vortrag wäre erfolgversprechend gewesen (BGH, a.a.O.), weil die Klägerin hier einen Tarif vereinbart hat, der noch unter dem Normaltarif nach Schwacke-Liste lag.
Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf die restlichen vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von € 114,47 zu. Auf die von dem Beklagten bestrittene Zahlung der Klägerin kommt es nicht an. Bei dem Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltsgebühren handelt sich um einen Befreiungsanspruch nach § 257 BGB, der sofort fällig ist, auch wenn die Forderung, von der zu befreien ist, noch nicht fällig ist (Palandt BGB, 71. Aufl., § 257, Rn. 1). Die Klägerin kann daher hier auch statt auf Freistellung direkt auf Zahlung klagen, weil direkt mit einer Inanspruchnahme durch den Klägervertreter zu rechnen ist (Kammer, Urteil vom 26.09.2012 – 5 S 41/12; OLG Schleswig, Urteil vom 23.04.1998 – 13 U 6/97).
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil ein Grund nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht ersichtlich ist.