Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
hier geben wir Euch heute ein Urteil des AG Görlitz zum Thema Mietwagen und Standgebühren bekannt. Auch die Aktivlegitimation wurde – wieder einmal – erfolglos bestritten. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung hatte auch keinen Anspruch darauf, dass das Unfallopfer einen Kredit aufnimmt, um die Reparaturkosten auszugleichen, wenn die Beklagte zu einhundert Prozent haftet. Weil aber das Unfallopfer mitteilen ließ, dass es die zum Ausgleich der Rechnung notwendigen Gelder nicht besitzt, reagierte die regulierungspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung sofort zurückhaltend, als ob sie das Unfallopfer aushungern lassen wollte. Dieses Unterfangen klappte aber nicht. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Görlitz
Abteilung für Zivilsachen
Aktenzeichen: 4 C 18/13
verkündet am: 07.10.2013
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
… Versicherungs-Gesellschaft, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Görlitz durch
Richter am Amtsgericht …
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22.08.2013 am 07.10.2013
für Recht erkannt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 868,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 19.02.2013 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 120% des für die Klägerin aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in genannter Höhe leistet
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall vom 30.05.2012 in Görlitz, an dem die Klägerin als Fahrerin des PKW Citroen Saxo … beteiligt war. Die Beklagte ist der Haftpflichtversicherer des unfallgegnerischen Fahrzeugs.
Die vollumfängliche Haftung der Beklagten für den Unfallschaden der Klägerin ist unstreitig. Uneins sind die Parteien über die Schadenhöhe, namentlich die von der Beklagten zu übernehmenden Mietwagen- und Standkosten sowie die Aktiv-Legitimation der Klägerin.
Halter des Citroen ist der Zeuge … .
Das Fahrzeug wurde zwischen dem 05.06.2012 und dem 12.06.2012 im Autohaus … repariert.
Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin bezeichneten diese mit Schreiben vom 06.06.2012 gegenüber der Beklagten als Eigentümerin des verunfallten PKW. Hierbei traten sie sowohl für die Klägerin, als auch für den Zeugen … auf. Von letzterem waren sie unter dem 02.06.2012 schriftlich bevollmächtigt worden. Auf Aufforderung der Beklagten vom 06.07.12 legten sie ihr die schriftliche Vollmacht vor.
Mit Schreiben vom 11.06.2012 teilten die Bevollmächtigten der Klägerin der Beklagten mit, daß die Klägerin wirtschaftlich nicht in der Lage sei, die zu erwartende Reparaturrechnung der Firma … aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren oder hierfür einen Kredit aufzunehmen, weshalb ihr, wie sie meine, bis zum Ausgleich durch die Beklagte ein Mietwagen oder Nutzungsausfall zusteht. Zugleich wurde der Ersatz des bis dahin bereits bezifferbaren, hier nicht gegenständlichen Schadens von 626,07 €, insbesondere die Gutachterkosten von 596,07 €, gefordert.
Unter dem 12.06.2012 rechnete das Autohaus … (GA 26) Reparaturkosten in Höhe von … und Kosten eines Mietfahrzeuges Ford Focus für den Zeitraum vom 02. bis 12. Juni 2012 in Höhe 3.479,25 € gegenüber dem Zeugen ab.
Unter demselben Datum wandte sich der Reparaturbetrieb unter Vorlage der Rechnung schriftlich an die Beklagte (GA 33) und teilte mit, „unsere Kundin Frau …“ könne die Reparaturkosten nicht aus eigenen Mitteln zahlen, weshalb sie den Citroen nicht zurück erhalte, jedoch weiter Mietwagenkosten und Standgebühren von 10,00 € netto anfielen.
Die Kosten des Mietwagens errechnete die Firma L. dabei wie folgt:
Kfz-Typ des Geschädigten: Citroen Saxo Gruppe I
Kfz-Typ vermietet/berechnet: Ford Focus Gruppe I
Tarifelement Preis Anzahl Betrag
Normaltarif
pro Woche 315,00 1 315,00
pro Zusatztag 37,56 3 112,68
CDW (Vollkasko)
pro Woche 95,00 1 95,00
pro Zusatztag 10,47 3 31,41
Zwischensumme 554,09
Zuschlag (für unfallbedingte
Mehrleistung) 20% 110,83
Zwischensumme 664,91
Zusatzleistungen
2. Fahrer pro Tag 16,81 10 168,10
Zustellung/Abholung (nach Aufwand)
Zwischensumme 833,01
MwSt19% 158,27
Gesamtbetrag 991,28
Am 03.07.2012 gab die Klägerin den Mietwagen an das Autohaus zurück.
Unter dem 03.07.2012 (GA 35) rechnete die Firma… gegenüber dem Zeugen die bis dahin weiter angefallenen Mietwagenkosten wie folgt mit 2176,52 € brutto ab:
Kfz-Typ des Geschädigten: Gruppe I
Kfz-Typ vermietet/berechnet: Gruppe I
Tarifelement Preis Anzahl Betrag
Normaltarif
pro Woche 315,00 3 945,00
pro Zusatztag 37,56
CDW (Vollkasko)
pro Woche 95,00 3 285,00
Sonstiges 0,00
Zwischensumme 1.230,00
Zuschlag (für unfallbedingte
Mehrleistung) 20% 246,00
Zwischensumme 1.476,00
Zusatzleistungen
2. Fahrer pro Tag 16,81 21 353,01
Zustellung/Abholung (nach Aufwand)
Vermietung außerhalb Geschäftszeit 57,98 0,00 0,00
Zwischensumme 1.829,01
MwSt19% 347,51
Gesamtbetrag 2.176,52
Hierauf zahlte die Beklagte 886,24 €.
Weder hat die Klägerin mit dem Vermieter vereinbart, dass das Metfahrzeug von einem zweiten Fahrer genutzt werde, noch war dies tatsächlich der Fall.
Unter dem 21.07.2012 gab der Zeuge … eine schriftliche Erklärung ab, nach welcher er den Citroen Saxo bereits im Juli 2011 der Klägerin geschenkt habe.
Unter dem 24.07.2012 kündigte die Beklagte die vollständige Zahlung der Rechnung vom 12.06.2012 an, deren Ausgleich dann auch am 26.07.2012 erfolgte.
Unter dem 26.07.2012 (GA 38) rechnete das Autohaus mit an den Zeugen … adressierter Rechnung Standkosten für den Citroen vom 02.06.2012 bis 26.07.2012 für 43 Tage mit 511,70 € brutto ab. Hierauf zahlte die Beklagte 119,00 €.
Streitgegenständlich sind danach Mietwagenkosten im Zeitraum der 31 Tage vom 02.06. bis 03.07.2012 von (991,28 € – 991,28 € + 2176,52 € – 886,24 € =) 1.290,28 € sowie Standgebühren von (511,70 € -119,00€ =) 397,70 €. Summe: 1682,98 €.
Die Klägerin behauptet, ihr Vater, der Zeuge … habe ihr den Citroen im Juli 2011 geschenkt und ihr das Eigentum an dem Fahrzeug übertragen. Die Rechnungen seien irrtümlich auf den Zeugen … ausgestellt, was damit zusammen hänge, daß er Halter des Fahrzeugs sei. Sie sei wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen, die Reparaturkosten vorzufinanzieren.
Sie macht vorgerichtliche Anwaltskosten nach einem Gegenstandswert von 6.788,54 € geltend, auf den die Beklagte bereits 546,69 € gezahlt hat.
Die Klägerin beantragt
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.682,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen
und
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von einer Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten über 57,24 € vorgerichtliche Kosten freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe habe noch am 16.07.2012 telefonisch mitgeteilt, der Zeuge sei Eigentümer und Halter des Citroen.
Dieser sei auch in dem vorgerichtlich eingeholten Schadensgutachten des Dipl. Ing. … als Auftraggeber angegeben. Unter dem 04.06.2012 habe der Zeuge auch eine Erklärung, nach welcher er „meine Schadenersatzansprüche … gegen … den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeugs…“ an den Gutachter abtrete, unterzeichnet.
Die lange Mietdauer des Ersatzfahrzeuges sei allein wegen der von der Klägerin zu vertretenden Unklarheit bezüglich ihrer Aktivlegitimation angefallen.
Die geleisteten Zahlungen auf die Kosten des Mietwagens würden auch die erforderlichen Aufwendungen für eine Metdauer von 31 Tagen decken. Auch meint die Beklagte, die Klägerin sei verpflichtet gewesen, sich nach einem günstigeren Mietwagen umzusehen.
Die Beklagte bestreitet „rein vorsorglich“, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen sei, die Reparaturkosten selbst oder durch Kredit vorzufinanzieren.
Das Gericht hat die Klägerin ausführlich zum Sachverhalt angehört und Beweis durch Vernehmung des Zeugen erhoben. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.08.2013 (GA178 ff) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nur zum Teil gemäß §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. I S 1 StVG, § 823 Abs. I BGB, § 115 I VVG begründet.
a) Mietdauer
Die Beklagte hat der Klägerin den Mietzins sowie Standgebühren in der erforderlichen Höhe (s.u.) über den vollständigen von dieser in Anspruch genommenen Zeitraum zu erstatten.
Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, ihre verzögerliche Regulierung des Unfallschadens beruhe auf von der Klägerin verursachten Unklarheiten über ihre Aktiv-Legitimation. Auch nach – insoweit zutreffender – Auffassung der Beklagten kommen ernstlich als Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs nur der Fahrzeughalter und die Klägerin in Betracht Letztere war zudem unbestritten Besitzerin des Fahrzeugs, weshalb für sie bereits die Eigentumsvermutung aus § 1006 BGB streitet. Anders, als die Beklagte meint, ergibt sich aus der Haltereigenschaft für ein Kraftfahrzeug kein Anscheinsbeweis dafür, dass Halter und Eigentümer identisch seien, eben weil diese Eigenschaften personell auseinanderfallen können. Für die streitige Behauptung, die Klägerin habe der Beklagten gegenüber noch am 16.07.2012 die Rechtsbehauptung aufgestellt, ihr Vater sei Eigenümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs, hat letztere Beweis nicht angeboten. Der auch vorgerichtlich für die Klägerin aufgetretene Prozessbevollmächtigte sich gegenüber der Beklagten sogleich sowohl für den Zeugen …. , als auch für die Klägerin als bevollmächtigt bestellt. Die im Zusammenhang mit der Schadensregulierung gegenüber der Beklagten abgegebene anwaltliche Erklärung vom 06.06.2012, nach welcher die Klägerin die Eigentümerin des PKW sei, ist mithin beiden in Betracht kommenden Anspruchsinhabern in der Weise zuzurechnen, sodaß dadurch alle zuvor wohlmöglich vernünftig begründbaren Zweifel an der Aktivlegitimation der Klägerin endgültig ausgeräumt waren und die Beklagte insbesondere nicht mehr mit der Inanspruchnahme (auch) durch den Fahrzeughalter und Vater der Klägerin rechnen mußte. Das die Prozesbevollmächtigten der Klägerin vorgerichtlich tatsächlich zugleich durch den Halter legitimiert gewesen sind, ist zwischen den Parteien unstreitig.
Unter dem 12.06.2012 erhielt die Beklagte auch die Mitteilung, die Klägerin könne Reparaturkosten nicht aus eigenen Mitteln bezahlen, so dass der Citroen von der Werkstatt auch nicht an sie herausgegeben werde, bis die Rechnung beglichen sei. Für die Beklagte war danach klar, daß ihr weitere Kosten entstehen würden, solange sie nicht reguliert.
Ein Mitverschulden – § 254 BGB – für das Entstehen weiterer Kosten ist danach der Klägerin nicht anzulasten. Sie ist insbesondere nicht verpflichtet einen Kredit aufzunehmen, um wohlmöglich dem Schädiger Kosten zu ersparen.
Den Schadensersatzgläubiger trifft nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB die Obliegenheit nach Möglichkeit und im Rahmen des Zumutbaren zur Minderung des ihm von dem anderen Teil zu ersetzenden Schadens beizutragen. Die Schadensersatzpflicht des anderen Teils wird insoweit eingeschränkt. Bei Nichtbeachtung der Obliegenheit muss der Geschädigteden Rechtsnachteil hinnehmen, nicht seinen gesamten Schaden ersetzt zu erhalten (BGH MDR 89, 45).
Das Unterlassungsverschulden im Sinne des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB setzt nicht die Verletzung einer besonderen Rechtspflicht voraus, sondern umfasst jeden Verstoß gegen Treu und Glauben, mithin ein Unterlassen derjenigen Maßnahmen, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach Lage der Sache ergreifen würde, um Schaden von sich abzuwenden (BGH NJW 1951, 797/798 und BGHZ 4, 170, 174; seither st. Rspr.; s. auch BGH VersR 1965, 183, 185).
Der Geschädigte ist im Rahmen der ihm nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht deshalb nicht stets gehalten, ein Deckungsgeschäft vorzunehmen (vgl. BGH WM 1965, 102, 104; BGHZ 62, 103, 106/107; BGHR BGB § 288 Abs. 2 Bankkredit 1). Dies muss vielmehr im Einzelfall von der Sache her geboten und ihm auch zuzumuten sein (AG Görlitz, Urteil vom 21.11.2011 – 4 C 34/10; Urteil vom 14.11.2011 – 4 C 350/11).
Insbesondere kann eine Pflicht des Geschädigten, zur Schadensbeseitigung einen Kredit aufzunehmen, nur unter besonderen Umständen angenommen werden (vgl. Palandt/Heinrichs aaO § 254 Anm. 3 b ee; MünchKomm/Grunsky aaO; Staudinger/Medicus BGB, § 254 Rn. 51). Die Rechtsprechung hat eine solche Pflicht nur ausnahmsweise bejaht (vgl. etwa BGH VersR 1963, 1161, 1162 und BB 1965, 926, 927). Es ist grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadensbeseitigung zu finanzieren (vgl. BGHZ 61, 346, 348). Der Geschädigte hat Anspruch auf sofortigen Ersatz und ist nicht verpflichtet den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder zur Vermeidung von Folgeschäden Kredit aufzunehmen. Vielmehr hat der Schädiger grundsätzlich auch die Nachteile zu ersetzen, die daraus herrühren, daß der Schaden mangels sofortiger Ersatzleistung nicht gleich beseitigt worden ist und sich dadurch vergrößert hat (so mit Recht MünchKomm/Grunsky aaO; vgl. auch OLG München VersR 1964, 442 und 1969,1098; OLG Nürnberg VersR 1965, 246, 247; OLG Köln DB 1973, 177). Das Risiko, dem Geschädigten überhaupt zum Ersatz verpflichtet zu sein, trägt dabei der Schädiger, wie es umgekehrt zu Lasten des Geschädigten geht, wenn ein anfänglicher Streit über den Haftungsgrund später zu seinen Ungunsten geklärt wird.
Besondere Gründe, aus denen sich vorliegend ergeben könnte, dass die Klägerin verpflichtet sei, die Reparatur ihres Kleinwagens durch Kredit vorzufinanzieren, um dem beklagten großen Versicherungsuntemehmen wohlmöglich Kosten zu ersparen, ergeben sich unter keinem Aspekt. Dafür, dass der Klägerin aus eigenen Mitteln zumutbar hätte in Vorlage treten können, trägt die Beklagte die (primäre) Darlegungs- und Beweislast. Dies ist indes streitig geblieben, ohne das die Beklagte dazu weiter substantiiert vortragen konnte.
b) Mietzinshöhe
Allgemein gilt folgendes:
Mietet der Unfallgeschädigte ein Ersatzfahrzeug, kann er grundsätzlich nur die Sätze des sogenannten Normaltarifs, eventuell abzüglich eigener ersparter Aufwendungen (Verschleiß etc.) ersetzt verlangen (vgl. BGH NJW 2007, 1676 m.w.N.). Höhere Sätze, die von einem Vermieter verlangt werden, insbesondere beim sogenannten Unfallersatztarif, sind wohlmöglich erforderlich, soweit spezifische, vom Anspruchsteller substantiiert darzulegende, im Normaltarif nicht berücksichtigte Leistungen bei der Vermietung einen Zuschlag rechtfertigen, deren Inanspruchnahme durch den Mieter sachgerecht ist (BGH NJW 2007, 3782, m.w.N.; AG Görlitz, Urteile vom 08.11.2011 – 4 C 357/11; vom 06.03.2012 – 4 C 696/11; vom 06.03.2012 – 4 C 696/11, Urteil vom 13.03.2013 – 4 C 524/12; LG Görlitz, Urteil vom 15.05.2012 – 2 S 133/11).
Wenn dies der Fall ist, kann der Schädiger den Ansatz der Erhöhung nur entgehen, wenn er den Nachweis erbringt daß dem Geschädigten für den konkreten Leistungsumfang ein günstigerer Tarif ohne Weiteres zugänglich war – § 254 BGB (BGH NJW 2010, 1445, m.w.N.). Die Höhe der notwendigen Mehraufwendungen, für die der Geschädigte die Beweislast trägt kann gegebenenfalls geschätzt – § 287 ZPO – werden, wobei in der Regel ein Aufschlag von 20% angemessen sein dürfte (OLG Köln, NZV 07, 362; LG Bonn, NZV10, 245; AG Görlitz, Urteil vom 24.11.2011 – 4 C 350/11; AG Görlitz, Urteil vom 13.03.2013 – 4 C 524/12; LG Görlitz, a.a.O.).
Die Ermittlung des Normaltarifs kann anhand des Schwacke Mietpreisspiegels erfolgen (OLG Stuttgart NJW-RR 09, 1540; BGH NJW-RR 10, 1251; AG Görlitz, Urteil vom 24.11.2011 – 4 C 350/11; AG Görlitz, Urteil vom 13.03.2013 – 4 C 524/12; Urteil vom 30.112012 – 4 C 357/12, LG Görlitz, a.a.O.).
Speziell ist aber zu beachten:
Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob der in Rechnung gestellte Anmietungstarif betriebswirtschaftlich notwendig war und im Hinblick auf Mehraufwendungen bei der Vermietung von Unfallersatzfahrzeugen einen ggf. pauschalierten Aufschlag auf den Normaltarif rechtfertigt.
Denn der Geschädigte kann im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung dann einen höheren Betrag als den Normaltarif ersetzt verlangen, wenn plausibel ist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war (vgl. nur BGH, Urteil vom 13.06.2006, Az: VI ZR 161/05). Nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen kommt es insbesondere für die Frage der Erkennbarkelt der Tarifunterschiede für den Geschädigten darauf an, ob ein vernünftiger oder wirtschaftlich denkender Geschädigter unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebotes zu einer Nachfrage nach einem günstigeren Tarif gehalten gewesen wäre. Zu einer solchen Nachfrage ist der Geschädigte allerdings nur gehalten, wenn er Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Unfallersatztarifes haben muss. Dies ist nur dann der Fall, wenn der angebotene Tarif „erheblich“ bzw. „auffällig hoch“ über den in der „Schwacke-Liste“ aufgezeigten Tarifen liegt (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2006, Az: VI ZR 237/05). In der Rechtsprechung hat sich hinsichtlich der Frage der Erkennbarkeit die Überzeugung gebildet dass ein Geschädigter Zweifel an der Angemessenheit des Tarifes dann haben muss, wenn dieser zwischen 50 % bis 100 % höher liegt als der örtlich übliche Normaltarif (OLG Dresden, Beschluß vom 19.02.2007, Az: 7 U 720/06).
Darüber hinaus ist aber zu beachten, daß der Geschädigte gehalten ist, die Mietwagenrechnung, soweit dies aufgrund eigener Wahrnehmung möglich ist, jedenfalls darauf zu prüfen, ob Leistungen, die den abgerechneten Positionen entsprechen, auch tatsächlich erbracht worden sind. Unfallbedingte Mehrleistungen werden im wesentlichen im administrativen Bereich des Vermieters erbracht, sodaß die Prüfmöglichkeit des Geschädigten, wenn denn ein Verkehrsunfall die Anmietung bedingt hat, bereits erschöpft ist.
Etwas anderes gilt aber für abgerechnete Leistungen, die der Geschädigte weder beauftragt, noch in Anspruch genommen hat, was ohne weiteres seiner persönlichen Wahrnehmung unterliegt. Solche Leistungen darf der Vermieter nicht abrechnen und muß der Mieter – für ihn offenkundig – nicht bezahlen. Er kann sie folglich auch nicht als erforderlichen Schadenersatz an den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung weitergeben.
Dies gilt vorliegend bezüglich der Mietaufschläge für einen zweiten Fahrer. Hierzu hat die Klägerin bekundet, weder gegenüber der Vermieterin angegeben zu haben, daß Mietfahrzeug einem zweiten Fahrer überlassen zu wollen, noch sei dies Vertragsgegenstand geworden oder tatsächlich geschehen.
Sie kann deshalb gegenüber der Beklagten die hierfür – unberechtigt – abgerechneten Kosten in Höhe von brutto 620.12 € nicht geltend machen.
Die danach noch aus der Abrechnung zu betrachtenden 2547,68 € überschreiten den örtlichen Normaltarif nicht um mehr als 50%.
Nach der Schwacke Meitpreisliste fallen für ein Fahrzeug der Klasse 1 für 31 Tage im arithmetischen Mittel nämlich an:
Wochentarif: 4 mal 424,66 € 1.698,64 €
3-Tagestarif 243,41 €
Zwischensumme 1.942,05 €
31 Tage Vollkasko zu 15,85 € 491,35 €
. 2.433,40 €
Zu beachten ist aber, dass sich die Klägerin während der Zeit der Nutzung des Mietfahzeuges ersparte Kosten, die bei der Nutzung des eigenen PKW angefallen wären, anrechnen lassen muß. Es ist deshalb so zu verfahren, daß die ersparten Eigenaufwendungen mit einem pauschalen Abschlag vom Normalpreis (ohne Vollkasko) zu berücksichtigen sind, den das Gericht auf 10 % der Mietwagenkosten bemißt (vgl. OLG Dresden, Beschluß vom 29.06.2009 – 7 U 499/09; OLG Hamm, MDR 2000, 1246).
Dieser Abschlag ist vorliegend mit 1.942,05 € /10 = 194,21 € zu berücksichtigen. Die Beklagte hat danach noch an die Klägerin zu zahlen:
Mietwagenkosten inkl. Vollkasko 2.547,68 €
./. Eigenerspamis 194,21 €
./. Zahlung Beklagte 991,28 €
./. Zahlung Beklagte 886,24 €
. 475,95 €
c) Standgebühren
Aus den vorgeschilderten Erwägungen (oben a)) folgt, dass die Beklagte der Klägerin auch die Standgebühren über den vollen Zeitraum zu erstatten hat:
Standgebühren 511,70 €
Zahlung Beklagte 119,00 €
. 392,70 €
. 868,65 €
d) Nebenforderungen
Der titulierte Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 I BGB.
Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten besteht als Teil des Schadenersatzanspruchs. Der Gegenstandswert berechnet sich nach der Höhe der begründeten Forderung. Die klägerseits insoweit angenommenen 6.788,54 € sind um 814,33 € zureduzieren, den Betrag um den die Mietwagenkosten überzogen sind:
wenn das klägerfahrzeug auf den vater zugelassen war, ist die tochter der 2 fahrer ( rechnungen wurden ja auch auf den vater ausgestellt)
Hei Willi,
jetzt ist dir am Abfassen der Überschrift und im Vorwort selbst ein Fehler unterlaufen. Du sprichst von „Standgebühen“. Das ist falsch. Gemeint sind Standentgelte, die der Vermieter für das Abstellen des Fahrzeugs verlangt.
Nichts für ungut. Aber ich wollte einmal darauf hinweisen.
Grüße aus Sachsen
Robert Richter
Hallo Robert Richter,
upps, da ist mir ein Lapsus passiert. Du hast Recht. Es gibt keine Standgebühren, auch wenn sie landläufig häufig so genannt werden. Es handelt sich um „Standentgelte“. Hätte mir nicht passieren dürfen, ist es aber. Sorry.