Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
hier und heute veröffentlichen wir für Euch wieder ein vorbildlich begründetes Urteil aus Frankfurt am Main zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht einer Factoring Firma gegen die Zurich Insurance plc. Die Richter und Richterinnen beim AG Frankfurt / Main haben es jetzt drauf. Schadensersatz bleibt Schadensersatz – auch wenn der Schadensersatzanspruch abgetreten worden ist. Und der ganze Streit um knapp 35,– €. Die Zurich Versicherung muss es ja nötig haben. Denn im Interesse der Versichertengemeinschaft macht es wenig Sinn, einen derartigen unsinnigen Prozess zu führen und dann am Ende auch noch zu Lasten der Versichertengemeinschaft zu dem ausgeurteilten Betrag auch noch Zinsen und Gerichts- und Anwaltskosten zu zahlen. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Frankfurt am Main Verkündet – lt. Prot. – am:
Aktenzeichen: 32 C 682/13 (84) 10.10.2013
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Deutsche Anwaltliche Verrechnungsstelle AG v.d.d. Vorstand Sven Ries u.a., Schanzenstr. 30, 51063 Köln
Klägerin
Prozessbevollmächtigte: R. R. GmbH in Köln
gegen
Zürich Insurance plc, Niederl. f. Deutschland v.d.d. Chief Executive Officer Patrick Manley u.a., Solmsstr. 27-37, 60486 Frankfurt am Main
Beklagte
hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht … im Wege schriftlicher Entscheidung nach §§495a, 128 Abs.2 ZPO aufgrund des Schriftsatzschlusses vom 16.08.2013 für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 34,63 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 05.09.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, da gegen das Urteil ein Rechtsmittel unzweifelhaft nicht gegeben ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin stehen aus abgetretenem Recht gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 Abs. 1, 17, 18 StVG, 249, 398 BGB i.V.m. § 115 VVG gegen die Beklagte Schadenersatzansprüche in Höhe der von der Beklagten nicht beglichenen Kosten für die Einholung des von den Geschädigten in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten zu.
Die Klägerin ist aufgrund der wirksamen Abtretungen des Geschädigten … vom 18.10.2012 aktiv legitimiert.
Die geltend gemachten Ansprüche sind in ihrer Höhe berechtigt. Der Einwand der Beklagten, die von der Klägerin für die Gutachtenserstellungen gegenüber den Geschädigten in Rechung gestellten Gebühren seien nicht angemessen und üblich und in der Folge nicht erforderlich und ersatzfähig, dringt nicht durch. Aufgrund der alleinigen Beurteilung des Ersatzfähigkeit der geltend gemachten Sachverständigenkosten anhand ihrer Erforderlichkeit i.S.d. § 249 BGB kommt es auf die Frage der Üblichkeit des Honorars i.S.d. § 632 BGB und damit auf die Frage, ob als Schätzgrundlage die BVSK-Honorarbefragung, eine Gesprächsergebnis der HUK-Coburg, eine Pauschale im Verhältnis zur Höhe der Reparaturkosten oder ein Zeithonorar zugrunde zu legen ist und ob und in welcher Höhe Nebenkosten abrechenbar sind, nicht entscheidungserheblich an.
Kosten für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens sind gemäß § 249 BGB als Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte, dem Grunde nach erstattungsfähig. Aus dem Grundanliegen des § 249 BGB, dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers einen möglichst vollständigen Schadensausgleich zukommen zu lassen, folgt für die Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung für zweckmäßig und notwendig halten durfte und in vernünftigen Grenzen gehalten hat, dass eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen ist, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten, zu nehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.1996 – VI ZR 138/95, NJW 1996, 1958). Aus der Höhe der für die Gutachtenserstellung dem Geschädigten in Rechnung gestellten Kosten – mit Ausnahme des Vorliegens eines ahlverschuldens des Geschädigten oder bei fehlerhaften Angaben gegenüber dem Gutachter sowie bei Bagatellschäden – kann daher regelmäßig nicht auf deren fehlende Erforderlichkeit geschlossen werden. Zwar darf ein Geschädigter auf Kosten des Schädigers nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren. Solange für den Geschädigten als Laien jedoch nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Verschulden bei der Auswahl des Sachverständigen zur Last fällt, kann der Geschädigte von dem Schädiger den Ausgleich der an den Sachverständigen gezahlten Aufwendungen verlangen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008 – 1-1 U 246/07, Schaden-Praxis 2008, 340; OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006 – 4 U 49/05, juris; AG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.01.2012 – 32 C 1097/11 (72), Urteil vom 25.05.2012 – 32 C 690/12 (72); Urteil vom 28.08.2012 – 30 C 103/12 (20); Urteil vom 19.12.2011 – 31 C 1623/11 (16); Urteil vom 02.03.2012 – 31 C 2403/11 (16); Palandt-Grüneberg, BGB, 71. Auflage, 2011, § 249 Rn. 58 jeweils m.w.N.). Anhaltspunkte für solch ein Auswahlverschulden des Geschädigten und Zedenten … bei seiner Entscheidung zur Beauftragung des Sachverständigenbüros … für die Gutachtenserstellung oder für eine für den Geschädigten bei Beauftragung erkennbare Überhöhung von dessen Gebühren sind weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen. Dass die berechneten Gutachterkosten eine derartige Höhe erreicht haben, dass bei den Geschädigten vernünftigerweise Zweifel an der Angemessenheit der Rechnungshöhen aufkommen mussten, ist insbesondere unter Berücksichtigung der jeweiligen Rechnungshöhe im Verhältnis zur jeweils begutachteten Schadenshöhe sowie des Umfangs des beklagtenseits vorgenommenen Kürzungsbetrages von 6,45 Prozent nicht erkennbar. Diese sind demnach von den Schädigern bzw. der Beklagten als deren Haftpflichtversicherung vollumfänglich zu erstatten.
Da die Beklagte auf den Rechnungsbetrag in Höhe von 536,81 EUR nur eine Zahlung in Höhe von 502,18 EUR geleistet hat und somit nur in Höhe der Zahlungsbeträge Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB eingetreten ist, bestehen die Ansprüche in geltend gemachter Höhe.
Die Zinsansprüche ergeben sich aus §§ 286 Abs. 1 S.2, 249, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht zuzulassen.
… ,
Richterin am Amtsgericht
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Amtsgericht Frankfurt am Main Frankfurt am Main, 10.10.2013
Aktenzeichen: 32 C 682/13 (84)
Beschluss
In dem Rechtsstreit
Deutsche Anwaltliche Verrechnungsstelle AG v.d.d. Vorstand Sven Ries u.a., Schanzenstr. 30, 51063 Köln
Klägerin
Prozessbevollmächtigte: R. R. GmbH in Köln
gegen
Zürich Insurance plc, Niederl. f. Deutschland v.d.d. Chief Executive Officer Patrick Manley u.a., Solmsstr. 27-37, 60486 Frankfurt am Main
Beklagte
wird der Gebührenstreitwert festgesetzt auf 34,63 Euro, (§ 48 GKG iVm § 3 ZPO). Die darüber hinaus geltend gemachten Beträge beziehen sich auf Nebenforderungen im öinnö des § 4 ZPO, die nicht streitwerterhöhend wirken.
… ,
Richterin am Amtsgericht
Einen Wermutstropfen gibt es – leider – auch in diesem Urteil.
Im 4. Absatz der Entscheidungsgründe wird wieder der Begriff der „Gebühren“ gebraucht:
„Die geltend gemachten Ansprüche sind in ihrer Höhe berechtigt. Der Einwand der Beklagten, die von der Klägerin für die Gutachtenserstellungen gegenüber den Geschädigten in Rechung gestellten Gebühren seien nicht angemessen und üblich und in der Folge nicht erforderlich und ersatzfähig, dringt nicht durch.“
Ansonsten ein absolut ordentliches Urteil.
Hey Robert,
der Begriff „Gebühren“ wurde von den Anwälten der Beklagten gebraucht. Die Beklagte hat gegen die Höhe der Sachverständigenkosten eingewandt, dass „… die in Rechnung gestellten GEBÜHREN nicht angemessen seien…“. Damit hat wieder einmal die Versicherungswirtschaft versucht, dem Geschädigten und auch dem Gericht zu suggerieren, es gäbe einheitliche Sachverständigenhonorare, wie dies bei Gebühren der Fall ist.
Es ist damit doch klar erkennbar, dass die Versicherungswirtschaft, gesteuert durch den GDV, eine einheitliche „Honorarordnung“ a la „Gebührenordnung“ herbeiführen will, selbst wenn falsche Begriffe gewählt werden. Der Zweck heiligt schon die Mittel.
Deshalb sollte schon von vornherein diesem Ansinnen ein Riegel vorgeschoben werden.
Grüße
Werner Hogrebe
Man sollte einmal die Ursachen zu ergründen versuchen, warum in Urteilen immer wieder der Begriff „Gebühren“ auftaucht. Möglicherweise wäre schon in der Klage rein vorsorglich darauf hinzuweisen, dass die Beklagte in der zu erwartenden Replik mit diesem Begriff den Eindruck zu erwecken versucht, dass es eine Gebührenordnung geben würde, die Beklagte sich mit ihrer vorgenommenen Kürzung daran hält, der Sachverständige jedoch diese Gebührenordnung mehr oder weniger fahrlässig mißachtet und seinen Auftraggeber zu gut deutsch „besch….. “ hat.
Ansonsten ist dieses Urteil in der logischen Sequenz der Entscheidungsgründe vorbildlich und verständlich ausgestaltet und insofern auch lehrreich.
Euer
Knurrhahn
Es fällt auf, dass nahezu alle Versicherer bei den Versuchen einer Honorarkürzung den Begriff „Gebühren “ benutzen. Da soviel Unwissen und mangelnder Sachverstand kaum zu unterstellen sind, liegt der Verdacht einer Absprache nahe. Dafür spricht auch, dass das Thema mit unterschiedlichen Schwerpunkten angegangen wird. Was meint ihr dazu ?
Gruss
Leicaflash
Hey Leicaflash,
wie ich schon am 8. November in meinem Kommentar erwähnt habe, vermute ich eine gezielte und gesteuerte Aktion des GDV. Gerade in Schreiben der HUK-Coburg kommt immer wieder der Begriff der „Gebühren“ vor. Mir gegenüber hatte die HUK-Coburg mal erklärt, dass dies aus Gewohnheitsrecht erfolge. Das würde doch bedeuten, dass schon vor unvordenklichen Zeiten „Sachverständigengebühren“ existiert hätten. Das ist aber nie der Fall gewesen. Es wird also bewußt Unwahres behauptet.
In der Tat soll offenbar der Eindruck erweckt werden, es gäbe eine „Sachverständigengebührenordnung“, nach der einheitlich abgerechnet würde. Auch das ist falsch!
Wenn die HUK-Coburg allerdings meint, ihr Honorartableau sei eine solche „Gebührenordnung“, so irrt sie gewaltig. Zum einen ist es nur eine interne Anweisung, mehr nicht. Das Honorartableau hat keinerlei Außenwirkungen. Schon von daher kann es keine Schätzgrundlage für die Höhe der Sachverständigenkosten sein.
Der Versuch der Versicherungswirtschaft, eine einheitliche „Sachverständigenkostenordnung“ herbeizuführen, muss schon bereits im Anfang erstickt werden. Die Versicherungen haben dort Einsparpotential, wo sie unsinnige Rechtsstreite um angeblich überhöhte Sachverständigenkosten führen. Denn im Falle des Unterliegens haben sie nicht nur die rechtswidrig gekürzten Kosten plus Zinsen, sondern auch noch die Anwalts- und Gerichtskosten verzinslich zu tragen. Und wenn der Anwalt des Geschädigten clever ist, muss der Versicherer über § 104 ZPO hinaus auch die Gerichtskosten, die der Kläger vorgeschossen hat, insgesamt, also für den gesamten Rechtsstreitzeitraum mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinsen. Ein wahrlich unwirtschaftliches Unternehmen. Hier liegt Einsparpotential.
Aber es ist ja einfacher, zulasten der Versicherungsgemeinschaft gegen angeblich überhöhte Sachverständigenkosten gerichtlich vorzugehen. Wie hatte schon der Vertreter der HUK-Coburg gegenüber der Frau Anja Krüger auf Seite 178 ihres Buches „Die Angstmacher -Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ angegeben, dass die HUK-Coburg mit bis zu 200 Sachverständigen wegen der ihrer Meinung nach überhöhten Rechnungen nicht klarkommt. Dabei verkennt der Vertreter der HUK-Coburg, dass der BGH bereits entschieden hatte, dass weder der Schädiger noch der Versicherer noch das Gericht berechtigt sind, die Höhe der Kosten zu überprüfen, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen nicht überschritten hat.
Also muss abschließend festgestellt werden, dass hier mit Systematik versucht wird, eine Art „Sachverständigenkostenordnung“ einzuführen bzw. vermeintlich überhöhte Kosten als aus diesem Rahmen herausfallend zu bezeichnen. Der Rahmen wird dann selbst vorgegeben, entweder als Gesprächsergebnis BVSK mit HUK-Coburg oder das darauf fußende Honorartableau. Beide sind jedoch kein Maßstab gegenüber dem Geschädigten. Das Gesprachsergebnis ist Sondervereinbarung. Auf Preise von Sondervereinbarungen muss sich ein Geschädigter nicht verweisen lassen (vgl. BGH Urt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09 -). Das Honorartableau ist nur ein interner Prüfmaßstab ohne Außenwirkung.
Grüße
Werner Hogrebe
Hi, Werner Hogrebe,
danke für DEINEN Kommentar.-
Genau so ist es, wie Du es zusammenfassend noch mal aufgegriffen hast und weil wir auch zu diesem Thema versicherungskritisch reagieren, wird uns unterstellt, dass wir „versicherungsfeindlich“ eingestellt seien und so hat man gleich einen Sündenbock gefunden. Tatsache ist hingegen, dass wir nur die Wirklichkeit abbilden und kommentieren. Sollte es tatsächlich nur noch 200 versicherungsunabhängige Kfz.-Sachverständige in der BRD geben, mit denen die HUK-Coburg „Ärger“ hat ? Wer ansonsten allerdings den Konflikt verdrängt, der scheut die Wahrheit, weil Konfrontation im Sinne der zweifelsohne unbequemen Auseinandersetzung ein wesentlicher Bestandtei des Strebens nach Wahrheit ist.
Gerade an dem Engagement von CH ist deutlich erkennbar, dass die Impulse nicht von der schweigenden Mehrheit, sondern vielmehr von einer denkenden Minderheit ausgehen. Danke HUK-Coburg für diese Bestätigung. Aber darin liegt der Antrieb, der die fast stetig steigende Beachtung von CH in der Öffentlichkeit findet. Das Entscheidende ist, dass WIR handeln.
Mit herzlichem Gruß
aus den Highlands
Leicaflash