Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
hier nun ein Urteil aus Sinzig zur fiktiven Schadensabrechnung und zu den restlichen Sachverständigenkosten. Wieder war es die HUK-Coburg, die meinte, eigenmächtig denn Schadensersatzanspruch des Geschädigten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall beschneiden zu können. Auch der bisher die HUK-Coburg vertretende Anwalt aus Köln konnte jedoch mit seinen Argumenten bezüglich der fiktiven Abrechnung und der Sachverständigenkosten nicht durchdringen. Die HUK-Coburg sollte jetzt doch langsam mal lernen, dass bei der fiktiven Schadensabrechnung auch solche Positionen zu erstatten sind, die bei Abrechnung nach Gutachten nicht anfallen. Auch Reparaturkosten sind nach Gutachten zu ersetzen, obwohl eine Reparatur nicht durchgeführt wird. Das gilt auch für Verbringungskosten und Ersatzteilaufschläge. Das Schadensersatzrecht ist eben kein Kostenerstattungsrecht. Das Gericht verurteilte folgerichtig die HUK-Coburg zur Zahlung der gekürzten Beträge. Damit stellte das Gericht fest, dass die Kürzungen rechtswidrig waren. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde von dem das Gutachten erstellenden Sachverständigen K. übersandt.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Aktenzeichen:
10 C 520/11
Verkündet am 23.10.2013
Amtsgericht
Sinzig
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
!n dem Rechtsstreit
des Herrn D. M. aus W.
– Kläger –
gegen
HUK Goburg, vertreten durch d. Vorstand, Pfarrer-Byns-Str. 1, 53249 Bonn
Beklagte –
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B. M. aus K.
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Sinzig durch die Richterin am Amtsgericht … nach dem Sach- und Streitstand am 25.09.2013 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 629,52 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2010 zu zahlen, im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 12% und die Beklagte zu 88%.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz in Form von weiteren Reparatur- und Gutachterkosten resultierend aus einem Verkehrsunfall vom xx.09.2010, Wassenach, hinsichtlich dessen die vollständige Haftung der Beklagten dem Grunde nach unstreitig ist.
Dem Kläger wurde für die Erstellung eines Schadensgutachtens des von ihm beauftragten Sachverständigen K. ein Gutachterhonorar in Höhe von 653,30 Euro berechnet, welches der Kläger an den Sachverständigen ausglich.
Hinsichtlich der Einzelheiten der klägerseits ausgeglichenen Sachverständigenkosten wird auf die Honorarrechnung des Sachverständigen K. vom 20.09.2010 (Bl. 28 dA) Bezug genommen.
Hinsichtlich der Feststellungen des Sachverständigen wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 20.09.2010 (Bl. 15ff d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte zahlte auf das geltend gemachte Sachverständigenhonorar lediglich 252,50 Euro, ebenfalls die geltend gemachten Reparaturkosten regulierte sie nicht in der klägerseits geltend gemachten Höhe und zog hier einen Gesamtbetrag von 315,91 Euro ab, wobei im Hinblick auf die geltend gemachten Lackierungskosten ein Abzug in Höhe von 87,19 Euro, im Hinblick auf die geltend gemachten Kosten für Ersatzteile ein Abzug in Höhe von 108,72 Euro sowie im Hinblick auf die geltend gemachten Verbringungskosten ein Abzug in Höhe von 120,00 Euro erfolgte.
Hinsichtlich der Einzelheiten der Schadensabrechnung der Beklagten wird auf Bl. 35 d.A. Bezug genommen.
Die geltend gemachten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten regulierte die Beklagte lediglich mit einem 1,3-fachen Gebührensatz im Hinblick auf die geltend gemachte Geschäftsgebühr
Der Kläger vertritt die Auffassung, der gesamte seinerseits geltend gemachte Schaden sei ersatzfähig.
Im Hinblick auf die geltend gemachten Verbringungskosten und die geltend gemachten UPE-Aufschläge sollte dies bereits aus Rechtsgründen, auch bei fiktiver Abrechnung seien diese Positionen vom Schädiger auszugleichen, sofern sie vom Sachverständigen – wie hier – vorprozessual in dessen Gutachten berücksichtigt worden seien.
Aufgrund des Umfangs der Angelegenheit sei auch eine 1,5-fache Geschäftsgebühr der vorprozessual tätigen Rechtsanwälte zu erstatten.
Er beantragt.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 716,71 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 12.10,2010 zu zahlen,
sowie,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 144,33 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
Sie vertritt die Auffassung, im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung seien die Positionen “ ‚Verbringungskosten“, „UPE-Aufschläge“ nicht erstattungsfähig.
Die geltend gemachten Gutachterkosten seien überhöht und deshalb nicht in vollem Umfang zu erstatten.
Die Schadensbeseitigung am Fahrzeug des Klägers, einem Audi A6, Erstzulassung xx.05.1998, welches zum Zeitpunkt der Begutachtung durch den vorgerichtlichen Sachverständigen unstreitig eine Kilometerleistung von 330.034 aufgewiesen habe in dem Kfz-Betrieb… bzw. der Firma … in gleicher Art und Weise wie aus dem klägerseits vorgelegten Kostenvoranschlag ersichtlich, durchgeführt werden können. Beide Betriebe hätten die Reparatur vergleichbar einer markengebundenen Fachwerkstatt durchführen können. Hierbei wären die ausweislich der Schadenskalkulation der Beklagten ersichtlichen geringeren Kosten angefallen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 12.03.2013.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen W. vom 08.07.2013 (Bl. 370ff d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist überwiegend begründet.
Die Beklagte schuldet weiteren Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom 17.09.2009 in der ausgeurteilten Höhe gem. §§ 7 SfVG, 115 VVG,
Die geltend gemachten Kosten für die Tätigkeit des Sachverständigen sind in vollem Umfang ersatzfähig.
Die Kosten der Einholung des Sachverständigengutachten gehören zu den gem. § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit, wie vorliegend offensichtlich, die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig war. Zwar ist grundsätzlich der vom Geschädigten tatsächlich aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch, wahrt jedoch der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH VersR 2007, 560ff = DS 2007, 144).
Anhaltspunkte dafür, dass die Grenze des Erforderlichen vorliegend überschritten wurde, haben sich für das Gericht nicht ergeben. Der Sachverständige hat sein Honorar an die Schadenshöhe orientiert nach den Grundsätzen der maßgeblichen BVSK-Honrorbefragung berechnet und sich – unstreitig – innerhalb des jeweils einschlägigen Honorarkorridors dieser Honorarbefragung bewegt.
Die vorprozessuai angefallenen Sachverständigenkosten waren somit in vollem Umfang, und somit hinsichtlich eines restlichen weiteren Betrages in Höhe von 400,80 € ersatzfähig und von der Beklagten geschuldet.
Die Beklagte schuldet weiterhin die geltend gemachten fiktiven Verbringungskosten und UPE-Aufschläge in einer Höhe von 120,– € bzw. 108,72 €.
Diese sind grundsätzlich auch bei fiktiver Schadensabrechnung zu erstatten (vgl. LG Koblenz, Schadenspraxis 2010, 189, LG Koblenz, 14 S 68/06).
Abzuweisen war die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 87,19 €. Aufgrund des obenbezeichneten Sachverständigengutachtens des Sachverständigen W. steht nämlich fest, dass die Reparatur in dem Fachbetrieb … zu dem in dieser Höhe geringeren Kosten aufgrund der dort maßgeblichen Stundenverrechnungssätze hätte durchgeführt werden können. Aufgrund der Laufleistung und des Alters des unfallgeschädigten Fahrzeuges des Klägers zum Zeitpunkt des Schadensereignisses hatte dieser keinen Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten in einer Marken gebundenen Fachwerkstatt, sofern die Beklagte, wie hier, nachweist, dass in einem Referenzbetrieb die Reparatur in gleichwertiger Art und Weise durchgeführt werden kann.
Das Gericht folgt hier den Ausführungen des Sachverständigen W. , die den Reparaturaufwand diesbezüglich im Sinne der Beklagten stützen. Die Ausführungen des Sachverständigen sind diesbezüglich zwar knapp und nicht umfangreich begründet, angesichts der geringen Höhe der noch beweisbedürftigen Teilforderung erachtete das Gericht, dass eine weitere Beweiserhebung diesbezüglich als entbehrlich.
Weitere Rechtsanwaltskosten als die bereits regulierte 1.3 Geschäftsgebühr waren nicht erstattungsfähig, da die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1.3 für durchschnittliche Fälle nicht dargetan waren.
Es handelt sich vorliegend um die Regulierung eines als durchschnittlich schwierig einzustufenden Verkehrsunfalls (vgl. BGH, DAR 2013, 238).
Die geltend gemachten Verzugszinsen sind gem. §§ 280s 286, 288 BGB begründet.
Die prozessuaien Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
…
Richterin am Amtsgericht
Beschluss
Der Streitwert wird auf 716,71 € festgesetzt.
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Richterin am Amtsgericht
Urteilsliste “Fiktive Abrechnung u. SV-Honorar” zum Download >>>>>
Eine Reparatur in „gleichwertiger Art“ ist kein tragfähiges Kriterium für die Höhe des Schadenersatzes bei fiktiver Abrechnung. Eine solche Beurteilung stützt sich in erster Linie auf theoretische Überlegungen, die letztlich aber bei genauerer Verifizierung nicht ausreichen können, die allenfalls maßgebliche VERGLEICHBARKEIT festzustellen. Expertisen, die diese Thema abhandeln, sind deshalb mit äußerster Vorsicht zu genießen. Der quantitative Umfang des Gutachtens hat erfahrungsgemäß nichts zu tun mit der Qualität der Feststellungen.
G.v.H.
Das Urteil leidet an einem ganz erheblichen Mangel. Das Gericht hat entsprechend der gekürzten Stundensätze der von der Versicherung benannten freien Werkstatt diese Stundensätze bei der Berechnung der fiktiven Reparaturkosten zugrunde gelegt. Und genau hier liegt der Fehler. Der BGH hat in seinem Urteil vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 – (BGH VersR 2010,225) ausgeführt, dass der Schädiger, wenn er den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im S. d. § 254 II BGB auf eine günstigere Reparatiurmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen freien Werkstatt verweisen will, er darlegen und ggf. beweisen muss, dass eine Reparatur in der freien Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Das bedeutet, dass der Schädiger, wenn er den Einwand der Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht erhebt, darlegen muss, dass die Reparatur in dem von ihm benannten Reparaturbetrieb preisgünstiger ist als die im Gutachten zugrunde gelegte Reparatur in der Markenfachwerkstatt. Der Beweis der billigeren Reparatur ist nicht durch die Vorlage günstigerer Stundensätze geführt. Entscheidend ist, wie lange die Reparatur dauer, welche Ersatzteile benötigt werden, welche Arbeiten in welcher Zeit durchgeführt werden können. Deshalb hat der Schädiger auch in diesem Fall nicht ausreichend dargelegt, dass die Reparatur in der Alternativwerkstatt insgesamt preisgünstiger sein soll als die Reparatur in der Markenfachwerkstatt. Das heißt, der Schädiger hat nicht ausreichend dargelegt, dass der Geschädigte mit einer Reparatur in der Markemnfachwerkstatt gegen die Schadensgeringhaltungspflicht verstößt. Um einen entsprechenden Beweis durch Urkunden erbringen zu können, hätte der Schädiger bzw. sein Versicherer einen verbindlichen Kostenvoranschlag der freien Werkstatt vorlegen müssen. Da das nicht geschehen ist, ist der Schädiger seiner Darlegungspflicht – und erst recht nicht seiner Beweispflicht – nachgekommen. Der Geschädigte hätte daher nicht auf die billigeren Stundensätze verwiesen werden dürfen. Insoweit ist das Urteil grottenfalsch.