Sehr geehrte Captain-Huk-Leser ,
nachfolgend geben wir Euch hier ein Urteil aus Hagen gegen die LVM Versicherung aus abgetretenem Recht bekannt. Bei einer Kürzug der berechtigten Schadensersatzansprüche des Unfallopfers um 14,76 € hat der nachfolgende Prozess der Versicherung ein Vielfaches gekostet. Der betroffene Versicherungsnehmer der LVM sollte überlegen, ob er nicht Strafantrag wegen offensichtlicher Veruntreuung von Versichertengeldern bei der für ihn zuständigen Polizeidienststelle stellt. Diese wird die Anzeige dann an die zuständige Staatsanwaltschaft weiterleiten. Die Methodik, die hinter der Kürzung derartig geringer Beträge steckt, lässt sich ja aus der Urteilsliste herleiten. Woher soll auch der Geschädigte, ex ante betrachtet, wissen, dass nach Ansicht der eintrittspflichtigen Versicherung nur ein um 14,76 € geringerer Sachverständigenkostenbetrag der erforderliche Geldbetrag im Sinne des § 249 BGB sein soll? Natürlich kann der Geschädigte als Laie das nicht. Also sind die Kürzungen rechtswidrig und gehören vor den Kadi.
Viele Grüße
Willi Wacker
11 C 281/13
Amtsgericht Hagen
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn … ,
Klägers,
gegen
die LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G., ges. vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Jochen Herwig, Kolde-Ring 21, 48151 Münster,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Hagen
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 22.01.2014
durch die Richterin …
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilten den Kläger 14,76€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.08.2013 sowie weitere 39,00€ zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert des Rechtsstreits wird festgesetzt auf 14,76€.
Ohne Tatbestand §313 a ZPO
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf übrigen Schadenersatz aus abgetretenem Recht zu gemäß §§ 71, 115 I Nr. 1 VVG iVm § 398 BGB.
Die Abtretung des Anspruchs an den Kläger durch den Unfallgeschädigten ist wirksam, die vorgelegte Abtretungserklärung an Erfüllung statt ist hinreichend bestimmt gut. Die abgetretene Forderung ist der Höhe nach genau beziffert, die Unfallparteien sowie sämtliche Unfalldaten wurden ebenfalls aufgenommen.
Die Beklagte erkannte ihre Einstandspflicht für die geltend gemachten Unfallschäden aus dem Verkehrsunfall vom 21.06.2013 dem Grunde nach an, indem sie keine Einwände gegen den Anspruch dem Grunde nach erhob, sondern die Rechnung des Sachverständigen lediglich um 14,76 € gekürzt regulierte.
Die Kosten sind auch in der geltend gemachten Höhe zu ersetzen.
Die Kosten des Sachverständigen gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, weil die Begutachtung unstreitig zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig war.
Nach § 249 II 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Vergütung des Sachverständigen zwischen ihm und dem Zedenten vertraglich vereinbart wurde oder ob eine solche Vereinbarung fehlte und der Betrag einseitig vom Sachverständigen zu „bestimmen“ war §315 BGB.
Maßgeblich ist allein, ob sich die Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. Ersatzfähig sind insoweit nur die Kosten, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen.
Nach einem Verkehrsunfall kann nach hiesiger Auffassung grundsätzlich ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand i.S. des § 249 II BGB verlangt werden. Allein dadurch, dass der Kläger eine an der Schadenshöhe orientierte Pauschalierung des Honorars vornimmt, überschreitet der Kläger die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung grundsätzlich nicht. Die Tabelle des Sachverständigen orientiert sich an der Honorarbandbreite der VKS-Honorarumfrage 2011, was gerichtlich nicht zu beanstanden ist. Die Beklagte hat ebenfalls keine konkreten Einwände gegen die Gebührentabelle des Klägers vorgetragen.
Der Kläger hat sein Grundhonorar entgegen der Auffassung der Beklagten nicht überhöht abgerechnet. Unstreitig belaufen sich die von dem Kläger ermittelten Netto-Reparaturkosten nach Abzug der „Wertverbesserungen für Ersatzteile“ in Höhe von 88,45 € auf 4.330,34 €. Mithin wurden nach dem Vortrag der Parteien zunächst ohne Abzüge Netto-Reparaturkosten in Höhe von 4.418,79 € ermittelt zuzüglich eines merkantilen Minderwerts in Höhe von 400,00 €. Insoweit ergibt sich ein Gesamtbetrag der Netto-Reparaturkosten zzgl. Wertminderung in Höhe von 4.818,79 €.
Inwieweit sich der Geschädigte eines Verkehrsunfalls aus Gesichtspunkten der Schadensminderung(§ 254 BGB) bei der Regulierung in Höhe von 88,45 € eine Wertverbesserung entgegen halten lassen muss, betrifft allein eine rechtliche Frage, zu deren Klärung der Sachverständige nicht beauftragt wurde. Insoweit ist die tabellarische Zuordnung eines Grundhonorars in Höhe von 519,00 € nicht zu beanstanden.
Soweit die Beklagte hilfsweise eine Übersetzung der Nebenkosten geltend macht, kann das Gericht dem auch insoweit ebenfalls nicht folgen. Die Geltendmachung von 112,40 € für Nebenkosten einer umfänglichen Schadensbegutachtung und Ausarbeitung steht nach hiesiger Auffassung nicht außer Verhältnis zu dem geltend gemachten Grundhonorar und hält sich im Rahmen dessen, was ein umsichtiger und vernünftig denkender Mensch für erforderlich halten darf §§ 249 II, 287 ZPO.
Die geltend gemachten Nebenforderungen rechtfertigen sich infolge Zahlungsverzugs seit dem 03.08.2013 aus §§ 280 I, II, 286 I, II, 288 I BGB.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung wird nicht zugelassen. Diese Entscheidung im konkreten Einzelfall hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist die Zulassung der Berufung zur Fortbildung und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Rechts behelfsbelehrung:
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Hagen, Heinitzstr. 42, 58097 Hagen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Hagen zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Hagen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschriftvon einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
…..ach, die LVM!
Gestern erreichte uns eine Klageerwiderung von 11 Seiten durch die LVM, weil die Nebenkosten um 16,38 € über den „anerkannten“ 100,00 € liegen. Mithin beträgt der Streitwert 16,38 €!
Jede einzelme Position der Nebenkosten wurde in der Klageerwiderung unter die „Lupe“ genommen.
Beweis zu den Fahrtkosten z.B. „google-Maps“…….
….es geht um 1,5 km, bei Hin- und Rückfahrt also 3,0 km.
Kosten der Lichtbilder seien im „digitalen“ Zeitalter übersetzt……
Der Geck an der Sache ist, dass einzelne Schadenbilder, bei einem Motorradunfall, überflüssig gewesen sein sollen! So seien die Bilder der Motorradkleidung nebst Helm nicht notwendig gewesen……Immerhin, der Streitwert von 16,38 € wäre sodann um ca. 1,50 € bestritten, wodurch sich die Klageforderung reduzieren würde! ^^
…. Ohne Worte, denn die Bekleidung bzw. Schutzausrüstung steht in einem inneren Zusammenhang zum Motorrad…..etc……
Naja, ich gehe davon aus, dass das AG Syke nicht so betriebsblind ist, wie das LG-Saarbrücken!!!!
Hallo, Herr Schwier, solche Vorgänge werden bei uns peinlich genau in einem neuen Ordner angelegt und wenn das Fass dann schließlich überläuft, publiziert. Was in diesem Fall abgeht, beschränkt sich auf reine Schikane und ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten weder zu erklären, noch zu rechtfertigen.
Haben die LVM-Experten schon mal was vom Sinn des Grundgesetzes mitbekommen? Vielleicht ist es in diesem Fall möglich, dass es ein Gericht endlich mal für erforderlich ansieht, sich diese schadenersatzrechtlichen Kuriositäten vom verantwortlichen Vorstand erklären zu lassen.
Das hirnlose Geschwafel von übersetzten Fotokosten dient einzig und allein dazu, das Gericht zu einer Prüfung zu animieren, die der BGH bekanntlich verworfen hat. Das ist der Trick aller Versicherungen, mit dem die schadenersatzrechtliche Komponente verbuddelt werden soll. Ein in der Sache völlig abwegiger und vorsätzlich falscher Vortrag, zumal es nicht um eine werkvertragliche Auseinandersetzung geht. Aber wäre es nicht sinnvoller gewesen, auch in dieser Angelegenheit n u r den Schädiger zu verklagen, damit der einmal sieht, was seine Versicherung da für ein verwegenes Spiel treibt? Bekanntlich gehören immer 2 dazu, solche rechtswidrigen Versuche zu stützen bzw. durchgehen zu lassen und letztlich aber auch ein Dritter und das ist hier mal wieder das zwangsweise bemühte Gericht. Regen Sie doch bei Gericht einmal an, über den Vorgang auch die Staatsanwaltschaft zu informieren und dafür sollte es dann auch eine zwingende Begründung geben.
Mit freundlichen Grüßen
Lorry
Hi, Herr RA Schwiers,
das ist mit Vorsatz ein Regulierungsboykott reinsten Wassers. Dass insoweit zwischen div. Versicherungen Absprachen bestehen, ist mehr als nur wahrscheinlich, denn soviel gehäufte Hirnrissigkeit ist erfahrungsgemäß nicht das Werk eines einzelnen Unternehmens.
G.v.H.
….Kosten der Lichtbilder seien im “digitalen” Zeitalter übersetzt……
Unwissend, unprofessionell und keine Ahnung oder Provokation mit Vorsatz ?
Liebe Sachverständige, fragt einmal Eure Werkstattpartner, was die für Fotos bei der Erstellung eines Kostenvoranschlages abrechnen und problemlos reguliert bekommen. Fachfotografien unter 5,00 € sind normalerweise sowieso nicht zu haben und seht einmal nach, was die DEKRA und die die SSH-Sachverständigen vergleichsweise abrechnen. Habt ihr schon einmal erlebt, dass dort gekürzt und genau so argumentiert wird? Man muss den Eindruck gewinnen, dass die Assekuranz auf professionelle Beweissicherungen überhaupt keinen Wert liegt. Neben den nicht unerheblichen Gestehungskosten ist selbstverständlich auch die professionelle Leistungserbringung zu honorieren mit den dafür eingesetzten Gerätschaften und dem know how. Auf welchem Planeten leben diese Rabulistiker eigentlich ? Und den ganzen Krampf sollen dann die Gerichte auch noch legalisieren ?
freundliche Grüße
Klaus J.
Schadenfotos erstellen haben nicht nur einen Preis sondern sind für den Geschädigten und als auch für den Schädiger von erheblichem Wert:
Die VHV vom 09.01.2014 an den Geschädigten:
Reichen Sie uns bitte aussagekräftige Farbfotos über Art und Umfang der Beschädigung ein. Wir benötigen mindestens ein Foto auf dem der gesamte Schaden zu erkennen ist sowie weitere Detailfotos. Bitte beachten Sie dabei, dass die Fotos scharf und gut belichtet sind.
Nur so können wir uns ein genaues Bild von dem Schaden machen.
Alternativ zum Postweg können Sie uns die Fotos gerne per Mail senden.
@G.v.H.
Genau so ist es. Im Strafrecht nennt man so etwas „bandenmäßiges Vorgehen“.
Siehe hierzu Kommentar vom 18.02.2014 13:52
Es ist also durchaus von Vorteil, wenn alle Versicherer mit der gleichen Strategie das Sachverständigenhonorar rechtswidrig kürzen.
Die Zeit ist reif, liebe Sachverständige und Rechtsanwälte!!