Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch ein positives Urteil des AG Heinsberg zu den restlichen Sachverständigenkosten gegen die Ergo Versicherung bekannt. Wieder war es eine Kfz-Haftpflichtversicherung, die meinte eigenmächtig die Sachverständigenkosten kürzen zu können. Nach wie vor wird auf Seiten der Versicherungen der irrtümliche Glaube vertreten, die Sachverständigenkosten seien an der Angemessenheit und Üblichkeit im werkvertraglichen Sinne zu messen, auch wenn es um Schadensersatzansprüche auf Erstattung der Sachverständigenkosten im Sinne des § 249 BGB geht. Egentlich ist es nach dem Urteil des BGH vom 23.1. 2007 – VI ZR 67/06 – (= BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann) doch so einfach. Aber die Versicherer wollen natürlich nach wie vor das besagte Urteil untergraben, indem einfach irrtümlich behauptet wird, der Geschädigte sei nach diesem BGH-Urteil bezüglich der Erforderlichkeit darlegungs- und beweisbelastet, was schlicht falsch ist. Der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige ist nach wohl herrschender Ansicht Erfüllungsgehilfe des Schädigers (vgl. Himmelreich/Halm/ Staab, Handbuch der Kfz-Schadensregulierung Kap. 13 Rdn. 142; Grunsky NZV 2000, 4; OLG Naumburg NZV 2006, 546). Fehler des Sachverständigen – auch bei der Kostenberechnung – gehen daher zu Lasten des Schädigers. Das heißt, der Schädiger muss sich wegen möglicher Fehler direkt an seinen erfüllungsgehilfen, nämlich den Sachverständigen, wenden und ist folglich nicht berechtigt, Kürzungen des Schadensersatzanspruchs bei dem Geschädigten vorzunehmen. Insoweit ist der Schädiger verpflichtet, vollen Schadensersatz zu erbringen und notfalls den Vorteilsausgleich zu suchen. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
18 C 403/13
Amtsgericht Heinsberg
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Klägers,
gegen
die ERGO Versicherungs AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Christian Diedrich, Victoriaplatz. 1, 40477 Düsseldorf,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Heinsberg
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 04.02.2014
durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 63,29 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.10.2013 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
(ohne Tatbestand gemäß § 313a ZPO)
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 63,29 € aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG in Verbindung mit § 115 VVG.
Unstreitig ist der klägerische Pkw bei einem durch einen Versicherungsnehmer der Beklagten allein schuldhaft verursachten Verkehrsunfall beschädigt worden.
Der Höhe nach besteht ein Anspruch des Klägers auf Erstattung weiter Sachverständigankosten von 63,29 €.
Von dem Schädiger sind die Kosten von Sachverständigengutachten zu erstatten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Vorliegend ist für den Kläger die Einholung eines Gutachtens eines Kfz-Sachverständigen erforderlich gewesen, um die erforderlichen Reparaturkosten für sein unfallbeschädigtes Kfz substantiiert beziffern zu können.
Die von dem Sachverständigen abgerechneten Kosten von 379,02 € brutto sind auch insgesamt erstattungsfähig. Zwar darf ein Geschädigter auf Kosten des Schädigers nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren. So lange für ihn allein als Laien jedoch nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahtverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung hiervon verlangen. Es ist einem Geschädigten vor Erteilung des Gutachterauftrags nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und in jedem Fall mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen. Ein Preisvergleich dürfte ohne vorherige Begutachtung des Fahrzeugs durch mehrere Sachverständige auch nur schwer möglich sein. Zudem fehlen Tarifübersichten, anhand derer der Kunde sich informieren könnte. Der Streit über die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten kann daher nicht auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen werden (OLG Sachsen-Anhalt Urteil vom 20.01.2006, Az. 4 U 49/05).
Soweit die Beklagte der Auffassung sind, das Ergebnis der BVSK-Honorarbefragung 2013 sei geeignet, das erstattungsfähige Honorar darzulegen, vermag sich das Gericht dieser Ansicht nicht anzuschließen. Es handelt sich um eine Besprechung, die die Beklagte, wie andere Versicherungen auch, mit dem BVSK geführt hat. Als Ergebnis wurden die als angemessen erachteten Honorare in einer Tabelle zusammengefasst, welche nach Aussage des Geschäftsführers des BVSK (Vgl. Fuchs, SP 2008, 194) in erster Linie als ein Prüfungsmaßstab für die Mitarbeiter der Versicherungen bei der Überprüfung von Sachverständigenkosten auf ihre Angemessenheit hin dienen sollte. Aus der Bereitschaft der Beklagten zu 2), bestimmte Pauschalhonorare zu zahlen, lassen sich aber keine Ruckschlüsse auf die Ortsüblichkeit eines Honorars ziehen (LG Dortmund, Urteil vom 05.08.2010, Az. 4 S 11/10).
Ein Vergleich des von dem Sachverständigen … unter dem 30.09.2013 abgerechneten Honorars mit dem Ergebnis der Honorarbefragung des BVSK aus dem Jahr 2013 ergibt zudem, dass der Sachverständige sich mit dem von ihm abgerechneten Honorar bzgl. der Grundgebühr und der abgerechneten Nebenkosten innerhalb des „HB V Korridors“ bewegt, in dem zwischen 50 und 80% der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen bzw. diesen Korridor sogar unterschreitet.
Die Zinsfoderung beruht auf §§ 286, 288 BGB. Der Kläger hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 01.10.2013 unter Fristsetzung bis zum 15.10.2013 erfolglos zur Zahlung aufgefordert.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Streitwert: 63,29 €.