Auch ohne die Kenntnis des instruktiven Urteils des BGH vom 11.02.2014 gelingt es dem AG Hamburg-Barmbek, in vernünftiger und nachvollziehbarer Weise zu begründen, warum die HUK-Coburg hier vollkommen neben der Spur lag. Diese wurde zur Zahlung von 89,30 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlichen RA-Kosten und den Kosten einer Halteranfrage verurteilt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, die Berufung wurde zugelassen. Erstritten und eingesandt von der Kanzlei Hamburger Meile.
Aus den Entscheidungsgründen:
Tatbestand
Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht restliche Gutachterkosten nach einem Verkehrsunfall von der Beklagten als Halterin des unfallverursachenden Fahrzeugs, wobei die Haftung der Beklagten dem Grunde nach unstreitig ist.
Der Kläger betreibt ein Kfz-Sachverständigenbüro. Der Geschädigte beauftragte den Kläger mit der Erstellung eines Gutachtens zur Schadenshöhe. Grundlage war eine auf dem Auftagsformular abgedruckte Honorartabelle zum Grundhonorar und Nebenkosten (Anlage K 1, 2. Seite). Der Geschädigte trat seinen Ersatzanspruch gegen Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer an den Kläger ab. Hinsichtlich der Einzelheiten und des Umfangs der Abtretung wird auf die Abtretungserklärung, Anlage K 1, 1. Seite verwiesen. Der Kläger erstellte ein Gutachten und berechnete dafür insgesamt EUR 783,13. Hinsichtlich der Einzelheiten der Abrechnung wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen. Die Haftpflichtversicherung zahlte lediglich EUR 693,83. Auf das Abrechnungsschreiben vom 04.07.2013, Anlage K 4, wird verwiesen. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Zahlung des Restbetrages auf, Anlage K 6.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 89,30 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.07.2013 zu zahlen und den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 39,00 und von Kosten für eine Halterauskunft in Höhe von EUR 5,10 freizuhalten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint insbesondere, die vom Kläger abgerechneten Sachverständigenkosten seien überhöht, insbesondere die geforderten Nebenkosten. Dies hätte sich auch dem Geschädigten aufdrängen müssen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Parteien wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger verlangt zu Recht die Zahlung von EUR 89,30 nebst Zinsen in tenorierter Höhe sowie die Freihaltung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Halterermittlungs-kosten in Höhe von insgesamt EUR 44,10.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des noch ausstehenden Sachverständigenhonorars in Höhe von EUR 89,30 gemäß § 7 StVG, § 823 BGB, § 398 BGB.
a) Dem Kläger wurde der streitgegenständliche Anspruch am 12.07.2013 von dem Geschädigten B. aus dem Unfall vom xx.xx.2013 gemäß § 398 BGB abgetreten (Anlage K 1).
b) Dieser Anspruch stand dem Geschädigten in vollem Umfang gegen die Beklagte zu.
Dass die Beklagte dem Grunde nach voll umfänglich für den Schaden aus diesem Unfall haftet, ist zwischen den Parteien unstreitig. Entgegen der Auffassung der Beklagten durfte der Geschädigte auch der Höhe nach den vollständigen Ausgleich der Honorarforderung des Klägers fordern.
aa) Dabei kann dahinstehen, ob die Sachverständigenkosten ortsüblich sind. Zu erstatten ist der dem Geschädigten aufgrund des Unfalls entstandene Vermögensschaden, § 249 Abs. 2 BGB. Hierzu gehören insbesondere die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung und damit auch der Schaden, der dem Geschädigten dadurch entstanden ist, dass er infolge der Einholung eines Sachverständigengutachtens mit einer Honorarforderung des Sachverständigen belastet ist. Die Höhe dieser Forderung richtet sich im Streitfall nach der bei Auftragserteilung getroffenen Vergütungsvereinbarung. Nur wenn eine solche bei Vertragsschluss nicht getroffen wurde, gilt eine ortsübliche Vergütung als vereinbart, § 632 Abs. 2 BGB. Nur dann wäre auch im Streitfall zu ermitteln, wie hoch die ortsübliche Vergütung ist, da der Geschädigte vom Halter bzw. Fahrer bzw. Haftpflichtversicherer nicht mehr an Schadensersatz verlangen könnte, als er gegenüber dem beauftragten Sachverständigen an Werklohn für die Gutachtenerstellung schuldet. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht. Insoweit hat der Kläger unbestritten vorgetragen, dass bei Vertragsschluss die klägerische Honorartabelle (Anlage K 1, 2. Seite) vorgelegen und sich der Geschädigte ausdrücklich mit dieser einverstanden erklärt hat. Damit ist die Honorartabelle wirksam in den zwischen dem Geschädigten und dem Kläger zustande gekommenen Werkvertrag, gerichtet auf die Erstellung eines Schadensgutachtens, einbezogen worden,
bb) Die geltend gemachten Kosten halten sich im Rahmen des nach § 249 Abs. 2 BGB ersatzfähigen Betrages. Der Geschädigte kann vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Er ist gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlichen Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Der Geschädigte ist dabei grundsätzlich nicht zur Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Zwar verbleibt für ihn das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist. Der Geschädigte wird aber in aller Regel von der Erforderlichkeit und Angemessenheit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Denn es fehlt bei der Abrechnung von Sachverständigenkosten an einer einheitlichen Abrechnungsmethode. Allgemein zugängliche Preislisten fehlen ebenso, so dass dem Geschädigten ein Vergleich verschiedener Sachverständigenkosten ohne eine Markterforschung grundsätzlich nicht möglich ist. Eine solche schuldet der Geschädigte aber gerade nicht. Erst wenn für den Geschädigten auch als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder Honorarberechnung vorliegen, kann vom Schädiger nicht mehr ein vollständiger Ausgleich der getätigten Aufwendungen bzw. Freistellung verlangt werden, weil derart überhöhte Kosten nicht mehr angemessen sind (vgl. AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 15.02.2011, 911 C 568/10). Für die Angemessenheit der Schadenshöhe ist auf die Erkenntnismöglichkeiten des Zedenten als Geschädigtem abzustellen.
Die Preistabelle des Klägers weicht nicht derart erheblich von den von der Beklagten als ortsüblich mitgeteilten Preisen ab, als dass sich bei dem Geschädigten die Erkenntnis hätte aufdrängen müssen, dass er es mit einem besonders teuren Sachverständigen zu tun hatte (vgl. AG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010, Az. 53a C 39/10). Die tatsächlich vom Kläger abgerechneten Gutachterkosten in Höhe von EUR 783,13 übersteigen die von Beklagtenseite erstatteten und von dieser noch als üblich angesehenen Kosten in Höhe von EUR 693,83 um ca. 13 % und halten sich noch in einem vertretbaren Rahmen.
cc) Das Gericht hält auch im Hinblick auf die vom Kläger abgerechneten Nebenkosten an den oben dargestellten Grundsätzen fest. Auch bei einer einzelnen Betrachtung der Nebenkosten kann nicht von einer evidenten Überhöhung ausgegangen werden, die dem Geschädigten hätte auffallen müssen (vgl. auch AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 25.02.2011, Az. 910 C 65/11). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass solche Nebenkosten oft im Rahmen einer Mischkalkulation des Sachverständigen in das Pauschalhonorar einfließen, kann der Geschädigte hier Missverhältnisse schwer erkennen. Der eine Sachverständige mag hinsichtlich der Fahrtkosten besonders günstig sein, dafür hohe Schreibkosten veranschlagen und ein anderer Sachverständiger fällt durch besonders günstige Fotokosten auf, berechnet aber besonders hohe Fahrtkosten (zum Ganzen ausführlich AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 15.02.2011, 911 C 568/10). Vorliegend sind die geltend gemachten Nebenkosten jedenfalls nicht derart hoch angesetzt worden, dass für den Geschädigten als Laien ein auffälliges Missverhältnis zwischen Gesamtpreis und Gesamtleistung erkennbar gewesen wäre.
Schon die völlig uneinheitliche Rechtsprechung zu den Nebenkosten bei Honorarforderungen von Sachverständigen zeigt, dass für einen Laien kaum erkennbar ist, was nicht mehr als angemessen angesehen werden kann. Beispielsweise wird die gesonderte Erstattungsfähigkeit von Fotokosten teilweise gänzlich verneint, weil die Erstellung von Fotos vom Grundhonorar mit abgedeckt sei (z.B. Amtsgericht Hamburg-Altona, Urteil vom 20.11.2013,318a C 154/13, Anlage B 2), andere Gerichte halten z.B. EUR 2,00 pro Foto für den ersten Fotosatz für angemessen (z.B. AG Münster, Urteil vom 25.09.2012, 28 C 1999/12, zitiert nach juris). Nach der vom Kläger zitierten BVSK-Honorarumfrage 2010/2011 betrage der Höchstwert EUR 2,57 für das Foto aus dem ersten Fotosatz, EUR 1,80 für das Foto aus dem zweiten Fotosatz. Der Kläger selbst berechnet für die ersten Fotos EUR 2,45 pro Stück, für die Fotos für die Gutachtenkopie EUR 1,10 pro Stück und hält sich damit im Rahmen der auch von anderen Sachverständigen verlangten Preise. Zwar trifft es zu, dass im Drogeriemarkt Abzüge von Digitalfotos zu wesentlich günstigeren Preisen zu erwerben sind. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass auch Sachverständige die von ihnen für die Gutachtenerstellung angefertigten Fotos nur zu diesen Preisen abrechnen dürfen. Wie das Landgericht Hamburg in seinem Urteil vom 17.06.2011 (331 O 262/10, zitiert nach juris) zu dem Ergebnis kommt, dass ein Sachverständiger für ein Foto nur maximal EUR 0,50 ansetzen darf, ist in der Entscheidung nicht näher begründet.
dd) Zudem ist auch nicht erkennbar, bei welchem anderen Sachverständigen der Geschädigte das von ihm beauftragte Gutachten zu einem geringeren Preis hätte erlangen können, weil dieser geringere Foto- und andere Nebenkosten (und nicht dafür gleichzeitig ein höheres Grundhonorar) abrechnet. Eine gesetzliche Grundlage für die Abrechnung der Tätigkeit von privat eingeschalteten Kfz-Sachverständigen existiert – anders als beispielsweise für die Abrechnung der Tätigkeit von Ärzten, Zahnärzten oder Rechtsanwälten – leider nicht. Das führt zu einer großen Bandbreite an Abrechnungsmethoden verschiedener Sachverständiger. Dies ist bei der Frage zu berück-sichtigten, ab welcher Grenze der Geschädigte von einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auszugehen hat und einen bestimmten Sachverständigen nicht be-auftragen darf.
Zwar überschreitet der Kläger bei den Nebenkostenpositionen „Fahrtkosten pauschal“ und „Kommunikationspauschale“ schon nach seinen eigenen Angaben in der Honorartabelle (Seite 2 der Anlage K 1) die Höchstwerte aus der BVSK-Honorarumfrage 2010/2011, so dass es andere Sachverständige geben muss, die geringere derartige Nebenkosten abrechnen. Dafür liegen die anderen angegebenen Nebenkostenpositionen aber unterhalb der Höchstwerte, so dass es nicht gerechtfertigt erscheint, einzelne Positionen pauschal auf die Höchstwerte zu kürzen (andere Positionen aber nicht zu erhöhen). So liegen beispielsweise die vom Kläger angesetzten Kosten für die Restwertanfrage bei EUR 10,00, während die Beklagte ausweislich ihrer Klageerwiderung dafür sogar EUR 20,83 als abrechenbar und damit wohl auch angemessen ansieht.
Dass für einzelne Positionen üblicherweise Pauschalen abgerechnet werden, führt naturgemäß auch dazu, dass diese in einzelnen Fällen höher sein mögen als der damit abgerechnete Aufwand, z.B. wenn lediglich eine kurze Fahrstrecke vom Geschäftssitz des Gutachters zum Standort des zu begutachtenden Fahrzeugs zurück zu legen ist. Doch auch in anderen Bereichen ist die Abrechnung von Pauschalen nicht unüblich. So kann der Geschädigte nach ganz überwiegender Rechtsprechung bei einem Verkehrsunfall auch eine Kostenpauschale – nach wohl vorherrschender Hamburger Rechtsprechung – in Höhe von EUR 20,00 geltend machen. Dies gilt unabhängig davon, welchen tatsächlichen materiellen Aufwand der Geschädigte gehabt hat. Dieser Aufwand kann ganz gering sein, wenn er beispielsweise nur einen kurzen Weg zu seinem Anwalt zurück legen muss, diesem sämtlich Unterlagen übergibt und keine weiteren Porto- oder Telefonkosten anfallen.
ee) Maßgeblich für die Frage der Erstattungsfähigkeit ist nicht das Honorartableau 2012 HUK-Coburg (Anlage B 1). Vielmehr kommt es allein auf die oben dargestellten Grundsätze an. Zudem hat das Amtsgericht Harnburg-Barmbek in seinem Urteil vom 05.06.2013 (810 C 208/13) ausgeführt, dass die Anlage B 1 auf dem Mittelwert aus einer BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 basiert und deshalb davon ausgegangen werden könne, dass die Preise im Januar 2013 – bzw. im vorliegenden Fall sogar im Juni 2013 – höher lagen, und zudem in der Metropolregion Hamburg auch nicht der Mittelwert, sondern ein darüber liegender Wert in Ansatz zu bringen sei.
ff) Soweit die Beklagte ausführt, dass der Vertrag zwischen dem Geschädigten B. und dem Kläger als Sachverständigen Schutzwirkung zu Gunsten des Kfz-Haftpflichtversicherers entfalte (BGH Urteil vom 13.01.2009, VI ZR 205/08, zitiert nach juris), trifft das zwar zu. Das würde aber nur bedeuten, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer Schadensersatz verlangen kann, wenn der Sachverständige vertragliche Pflichten verletzt hat, die auch zu Gunsten des Haftpflichtversicherers bestehen. Ob der Kfz-Haftpflichtversicherer oder der Fahrzeughalter im Rechtsstreit mit dem Sachverständigen derartige Schadensersatzansprüche einredeweise entgegenhalten kann, kann dahinstehen. Denn nach dem oben Ausgeführten ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten des Klägers aus dem Werkvertrag mit dem Geschädigten Bauermeister nicht ersichtlich.
c) Auf den vom Sachverständigen erstellten Rechnungsbetrag von EUR 783,13 hat der Haftpflichtversicherer der Beklagten bereits EUR 693,83 bezahlt, so dass ein restlicher Schadensersatzanspruch von EUR 89,30 verbleibt.
2. Die Zinsforderung ergibt sich aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Verzuges.
Verzug ist eingetreten mit dem Ablehnungsschreiben des Haftpflichtversicherers der Beklagten vom 04.07.2013 gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Darin wird endgültig und ernsthaft die weitere Zahlung von Sachverständigenkosten über den erstatteten Betrag hinaus abgelehnt. Die Erfüllungsverweigerung wirkt auch zu Lasten der Beklagten als Fahrzeughalterin. Insoweit tritt wegen § 10 Abs. 5 AKB – anders als nach § 425 Abs. 1, Abs. 2 BGB – Gesamtwirkung des Verzuges ein (so Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. 2011, §425 Rn. 3 m.w.N. für den Fall der Mahnung gegenüber dem Haftpflichtversicherer). Ein Zinsanspruch besteht damit jedenfalls ab dem geltend gemachten Zeitpunkt in gesetzlicher Höhe gemäß § 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
3. Der Kläger hat ferner Anspruch auf Freihaltung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 39,00 als Verzugsschaden, § 286 Abs. 1, Abs, 2 Nr. 3, § 280 Abs. 2 BGB. Nachdem sich die Beklagte hinsichtlich des Anspruchs des Klägers auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht in Verzug befunden hat (siehe oben 2.), durfte sich der Kläger zur weiteren Rechtsverfolgung anwaltlicher Hilfe bedienen. Die Einschaltung des Rechtsanwalts erfolgte nach Verzugseintritt. Der Anspruch ist in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 W RVG (1,3 x EUR 25,00) nebst Auslagenpauschale nach Nr. 7002 WRVG (20 %) begründet, also in Höhe der geltend gemachten EUR 39,00 (netto).
Zwar mag es sein, dass die vorgerichtliche anwaltliche Geltendmachung der Klageforderung gegenüber der Haftpflichtversicherung der Beklagten aus Gründen der Schadensminderungspflicht nicht erforderlich gewesen wäre, da der Kläger schon nach seinen Angaben die Regulierungspraxis bzw. die Kürzungen der Haftpflichtversicherung kannte, im vorliegenden Fall nimmt er jedoch nicht die Haftpflichtversicherung, sondern die Beklagte als Halterin des Unfallfahrzeugs in Anspruch. Dass eine außergerichtliche Geltendmachung gegenüber der Beklagten von vornherein aussichtlos war, ist aber nicht ersichtlich.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind auch erstattungsfähig, obwohl die gesamten Rechtsanwaltskosten in dem Fall, dass bereits die übrigen Schadenspositionen (Reparaturkosten etc.) aus dem gleichen Verkehrsunfall außergerichtlich von einem anderen Rechtsanwalt geltend gemacht und von dem Schädiger bzw. dessen Versicherung erstattet worden sein sollten, insgesamt höher sein können als bei einheitlicher Geltendmachung sämtlicher Forderungen aus einem Unfall durch den gleichen Rechtsanwalt. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Geschädigte bei einem Verkehrsunfall ein berechtigtes Interesse daran hat, die Einholung eines Sachverständigengutachtens gegen Abtretung der Ersatzansprüche vorzunehmen und nicht die Sachverständigenkosten vorzustrecken und dann selbst vom Halter, Fahrer oder dem Kfz-Haftpflichtversicherer einzufordern. In einem solchen Fall muss dann auch die Möglichkeit bestehen, bei nicht vollständiger Zahlung außergerichtlich einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Dies mag bei willkürlicher Aufsplittung eines ursprünglichen Gesamtauftrags in immer weitere Einzelaufträge hinsichtlich jeder Position, die der Gegner nach und nach zahlt, anders sein. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht.
4. Der Freihaltungsanspruch erstreckt sich auch auf die Kosten der Halterermittlung. Auch insoweit beruht der Ersatzanspruch auf § 286 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 280 Abs. 2 BGB. Dass tatsächlich eine Halteranfrage beim Landesbetrieb Verkehr erfolgt ist, ist durch Vorlage der Anlage K 5 belegt. Die Anfrage war auch erforderlich. Ohne weitere Angaben bzw. Nachweise musste sich der Kläger nicht auf die Auskunft des Geschädigten in der Auftragserteilung und Abtretungserklärung verlassen, zumal er lediglich Angaben über den Namen der Versicherungsnehmerin erhalten hat und Halter und Versicherungsnehmer nicht unbedingt übereinstimmen müssen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
III. Die Berufung war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO zuzulassen.
Soweit das AG HH-Barmbek.
Dieses Urteil des AG HH-Barmbek zeigt eine klare und konsequente Linie mit folgenden Überlegungen:
„Dabei kann dahinstehen, ob die Sachverständigenkosten ortsüblich sind. Zu erstatten ist der dem Geschädigten aufgrund des Unfalls entstandene Vermögensschaden, § 249 Abs. 2 BGB. Hierzu gehören insbesondere die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung und damit auch der Schaden, der dem Geschädigten dadurch entstanden ist, dass er infolge der Einholung eines Sachverständigengutachtens mit einer Honorarforderung des Sachverständigen belastet ist. “
„Die Höhe dieser Forderung richtet sich im Streitfall nach der bei Auftragserteilung getroffenen Vergütungsvereinbarung.“
“ Maßgeblich für die Frage der Erstattungsfähigkeit ist nicht das Honorartableau 2012 HUK-Coburg (Anlage B 1).“
Interessant ist auch aus diesem Urteil wieder herauszulesen, wie die Beklagte argumentiert. Vorprozessual nur als Vorwand die angebliche Nichterforderlichkeit und dann in der provozierten gerichtlichen Auseinandersetzung:
„Die Beklagte meint insbesondere, die vom Kläger abgerechneten Sachverständigenkosten seien überhöht, insbesondere die geforderten Nebenkosten. Dies hätte sich auch dem Geschädigten aufdrängen müssen.“
Da ist er wieder, der Fliegenfängertrick, mit dem das Gericht von der schadenersatzrechtlichen Thematik abgelenkt werden soll mit einer durch die Blume angestrebten Überprüfung unter werkvertraglichen Gesichtspunkten. Darauf ist die hier zuständige Richterin aber nicht hereingefallen und auch die Masche mit dem Vertrag einer Schutzwirkung zu Gunsten der Beklagten hat nicht verfangen. Von daher ein beachtenswertes Urteil mit einem besonderen Stellenwert.
Pustekuchen
Ich finde die Argumentation der Angeklagten auch sehr interessant. Dieses Urteil ist sehr wichtig.
Zitat: Die Höhe dieser Forderung richtet sich im Streitfall nach der bei Auftragserteilung getroffenen Vergütungsvereinbarung. Nur wenn eine solche bei Vertragsschluss nicht getroffen wurde, gilt eine ortsübliche Vergütung als vereinbart, § 632 Abs. 2 BGB. Nur dann wäre auch im Streitfall zu ermitteln, wie hoch die ortsübliche Vergütung ist, da der Geschädigte vom Halter bzw. Fahrer bzw. Haftpflichtversicherer nicht mehr an Schadensersatz verlangen könnte, als er gegenüber dem beauftragten Sachverständigen an Werklohn für die Gutachtenerstellung schuldet.
Liegt dem Schadensersatzprozess keine Vergütungsvereinbarung zugrunde, dann richtet sich der Schadensersatz nicht mehr nach § 249 BGB sondern nach § 632 Abs. 2 BGB, Werkvertrag.
Hallo?
Gehts noch?
Mit dem neuerlichen Urteil des BGH ist der ganze Spuk mit überhöhten Kosten des Sachverständigen ohnehin jetzt zu Ende. Entscheidend ist die subjektbezogene Betrachtung aus der Sicht des Geschädigten, und zwar ex-ante.
Basta!!!
Es muss einfach vielmehr geklagt werden! …..und ehrlich gesagt, meine Erfahrung ist, dass der Prozess auch nur in ca. 15 % der Fälle seitens der Versicherung oder des Schädigers aufgenommen wird!
Ex-ante Sicht, ich stelle mir immer die „Oma-Frage“, hätte meine Oma erkennen können, dass die Beträge überhöht seien?!
Da ich selbst für die Versicherungswirtschaft als Schadensregulierer tätig war, weiß ich in etwa, wann es sich für den Geschädigten aufdrängen muss, dass die „Schadenpositionen“ überhöht sind. Evident wird sowas bei Gebäude und Hausratschäden, wo es mitunter um mehrere tausend Euro-Differenz geht. Z.B., wenn bei einem Brandschaden „Laien“ als Sanierer eingesetzt werden, die keine Ozonbehandlung durchführen können.
Aber insgesamt nicht bei Sachverständigenkosten, wenn es um Nebenkosten etc. etc. geht! Sowas ist für „Oma“ nicht ersichtlich, zumal ein Fahrzeug bzw. Mobilität „lebensnotwendig“ ist!
“ Für die Angemessenheit der Schadenshöhe ist auf die Erkenntnismöglichkeiten des Zedenten als Geschädigtem abzustellen.“
Diese Beurteilung halte ich für falsch, denn die Angemessenheitsfrage ist nicht schadenersatzrechtlicher Beurteilungsmaßstab.
Colonel
“ Für die Angemessenheit der Schadenshöhe ist auf die Erkenntnismöglichkeiten des Zedenten als Geschädigtem abzustellen.
Diese Beurteilung halte ich für falsch, denn die Angemessenheitsfrage ist nicht schadenersatzrechtlicher Beurteilungsmaßstab.“
Schadensersatzrechtlich zwar richtig, aber im Verhältnis Geschädigter/Sachverständiger ist das Werkvertragsrecht maßgebend. Also auch die Angemessenheit. Hierzu werden die Erkenntnismöglichkeiten des Zedenten (Geschädigten) ggf. gerichtlich hinterfragt, sofern der Schädiger entsprechende (schlüssige) Einwendungen erhebt.
Konnte der Geschädigte (werkvertraglich) offensichtlich erkennen, ob bzw. dass das SV-Honorar überhöht ist? Liegt ein erkennbares Missverhältnis vor? Wenn nein, dann besteht der Anspruch nach schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten zu 100%, ohne wenn und aber.
Nachdem die Überprüfung der „Angemessenheit“ des Sachverständigenhonorars im Schadensersatzprozess – gemäß aktueller BGH-Entscheidung – eindeutig vom Tisch ist, bleibt als Beweisposition durch den Schädiger nur das Auswahlverschulden bzw. die Erkennbarkeit einer offensichtlichen Überhöhung des SV-Honorars. Im Angesicht des BGH wird der eine oder andere Instanzrichter zwar immer noch daneben hauen, aber der Lauf der Dinge lässt sich nun nicht mehr aufhalten bzw. umkehren. Der Beweis des Auswahlverschulden oder offenensichtlicher Überhöhung des SV-Honorars dürfte äußerst schwer fallen. Ob sich für die Versicherer der Streit da noch lohnt, wage ich zu bezweifeln.
@Colonel
da bin ich ganz bei Ihnen.
Angemessenheit ist weder ein Rechtsbegriff des Werkvertrags- noch des Schadensersatzrechts.
@ RA. Imhof
Im Rahmen der immateriellen Schäden hat Angemessenheit sehr wohl eine Bedeutung, nämlich beim angemessenen Schmerzensgeld.
Hallo Babelfisch,
zu Recht hat das Gericht folgendes in den Urteilsgründen festgestellt „…Maßgeblich für die Frage der Erstattungsfähigkeit ist nicht das Honorartableau 2012 HUK-Coburg….“.
Mehr muss man nicht mehr sagen!!
@ Roland R.
Falsch!!
Bitte lesen:§253 II BGB
Da steht nichts von „Angemessen“.