Mit Urteil vom 04.04.2014 (910 C 88/14) hat das Amtsgericht Hamburg-St. Georg die DA Deutsche Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 90,05 € zzgl. Zinsen unter direktem Hinweis auf die aktuelle Entscheidung des BGH vom 11.02.2014 (VI ZR 225/13) verurteilt. Von der Einreichung der Klage bis zum Erlass des Urteils vergingen gerade einmal 25 Tage. Erstritten und eingesandt wurde dieses Urteil von der Kanzlei Hamburger Meile.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat einen Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte gem. § 7 Abs.1 StVG, § 115 VVG, §§ 823, 249, 398 BGB aus abgetretenem Recht auf Zahlung des restlichen Sachverständigenhonorars.
Die Beklagte ist unstreitig für den zugrunde liegenden Unfall voll einstandspflichtig.
Der Geschädigte kann vom Schädiger gem. § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. BGH, NJW 2007, 1450 ff.) Er ist gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Der Geschädigte ist dabei grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Zwar verbleibt für ihn das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist. Da es aber bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich ermöglichen würden, wird der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Erst wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung vorliegen, kann er vom Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung verlangen (vgl. OLG Düsseldorf, DAR 2008, 523 ff.).
So hat nun auch der BGH ausgeführt, dass ein Indiz für die Erforderlichkeit die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung bildet, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13 – Juris).
Hinsichtlich der Höhe des Sachverständigenhonorars haben der Kläger und der Zedent eine Honorarvereinbarung geschlossen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Zedent von einer willkürlichen Festsetzung des Honorars oder einem auffälligen Missverhältnis von Preis und Leistung hätte ausgehen müssen. Unabhängig von einer fehlenden Erkennbarkeit für den Zedenten kann bereits bei einem Vergleich der tatsächlichen Kosten in Höhe von EUR 720,16 brutto zu den von der Beklagten offenbar durch Zahlung als angemessen akzeptierten EUR 630,11 nicht von einem auffälligen Missverhältnis ausgegangen werden.
Die Bemessung des vereinbarten Grundhonorars an der Schadenshöhe ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Zu einer Abrechnung nach Zeitaufwand war der Kläger nicht verpflichtet. Es wurde ausdrücklich eine Vergütung in Anlehnung an die Schadenshöhe gemäß der Preisliste des Klägers vereinbart.
Auch bei einer Betrachtung der Nebenkosten kann nicht von einer evidenten Überhöhung ausgegangen werden, die der Zedentin hätte auffallen müssen. Wie bereits der Vergleich zwischen dem Gesamtbetrag und dem von Beklagtenseite gezahlten Betrag zeigt, besteht hier kein auffälliges Missverhältnis. Im Übrigen gilt auch hier, dass die Höhe der Nebenkosten anhand der Preisliste des Klägers konkret vereinbart wurde. Die Preisgestaltung ist auch hinsichtlich der Nebenkosten nicht so, dass diese dem Zendenten als willkürlich und in offensichtlichem Missverhältnis hätten auffallen müssen. Solange dies nicht der Fall war, liegt keine von den Beklagten behauptete Obliegenheitsverletzung des Zedenten vor.
Da die Beklagte auf die Sachverständigenkosten in Höhe von EUR 720,16 nur einen Betrag von EUR 630,11 gezahlt hat, verbleibt eine Restforderung in Höhe von EUR 90,05.
Die Zinsforderung folgt aus §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1. S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung war nicht gem. §511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern.
So das AG HH-St. Georg.
Hallo Babelfisch,
vielen Dank für das obige Urteil. Der Richter / die Richterin sind ja flott auf das neuerliche BGH-Urteil gestoßen. So ist es richtig.
Wie man hört, schmerzt den Versicherern die Niederlage vor dem BGH am 11.2.2014 sehr. Deshalb wird auch mit Hilfe des BVSK das Urteil niedergemacht.
Mit BGH VI ZR 225/13 wird es für die Geschädigten leichter – und mithin für die Versicherer schwerer. Immer schön auf BGH VI ZR 225/13 hinweisen.
Mit freundl. koll. Grüßen
Willi
Und wenn man die VI ZR 225/13 zusammen mit der VI ZR 471/12 liest, dann fallen auch die letzten Fehlinterpretationsversuche wie ein Kartenhaus zusammen.
Also ich bin schwer enttäuscht von den bisher eher untauglichen Versuchen der Versicherungsmietmäuler.
Habt ihr nicht mehr drauf?
Ihr habt doch einen überlegenen Intellekt, grenzenlose finanzielle Mittel und beispielloses Fachwissen, also, was ist denn los?
Kommt schon, das könnt ihr doch besser!
DAS ist der richtig eingeschlagene Weg, aber es geht bestimmt auch noch viel kürzer. Damit ersparen sich dann die Gerichte auch viel unnütze Arbeit.
~ Kein Auswahlverschulden,
~ aus der ex ante Position des Geschädigten kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht,
~ keine Veranlassung zu einer Nachprüfung unter werkvertraglichen Angemessenheitsgesichtspunkten
~ und vor diesem Hintergrund bzw. auf dieser Basis besteht dann auch eine Schadenregulierungsverpflichtung für angeblich überhöhte bzw. nicht erforderliche Honorare.
Allein DAS ist schadenersatzrechtlich relevant!
Aus die Maus !
Ingrid
Hi, Ingrid,
aber bitte § 249 BGB nicht zu vergessen, mit der Maxime der Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn das zum Schadenersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre. Von der Herstellung eines anderen Zustandes (durch Kürzung unfallbedingt verursachter und tatsächlich auch entstandener Kosten) ist im § 249 BGB ausdrücklich nicht die Rede. Das dürfte doch auch jeder Volljurist wissen.
W.W.
25 Tage, RESPEKT!
Die Honorarkürzungsstrategie löst doch fast regelmäßig die Empfehlung an den Geschädigten aus, sich bei der Unfallschadenregulierung anwaltlicher Hilfe zu bedienen und macht damit den Schadenersatz schon von vornherein deutlich teurer und danach kommt dann – von Ausnahmen abgesehen – das dicke Ende noch hinter her. Inzwischen genießen die Sachverständigen, denen man die Kürzung angedeihen läßt, beim Verbraucher einen soliden Ruf, weil da die versicherungsunabhängige Gutachtenerstattung gewährleistet sein dürfte. Also ruhig weiter machen, wir reden gern darüber.
Otto P.