Das Amtsgericht Frankfurt am Main Außenstelle Höchst hatte durch die zuständige Richterin der Abteilung 386 C die Möglichkeit über die vom BGH im sog. VW-Urteil vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 – aufgestellten Voraussetzungen der Unzumutbarkeit der Verweisung auf eine kostengünstigere Reparaturwerkstatt, die von der Beklagten als sog. Referenzwerkstatt benannt worden war, und die angeblich gleichwertig reparieren könnte, zu entscheiden. Das unfallbeschädigte Fahrzeug war etwas älter als drei Jahre. Die Richterin der 386. Zivilabteilung des Amtsgerichtes Frankfurt an Main- Außenstelle Höchst- hat im schriftlichen Verfahren mit Urteil vom 14.4.2010 – 386 C 2602/09 (80) – die beklagte Haftpflichtversicherung, die Bruderhilfe Sachversicherung AG, verurteilt, an den Kläger 704,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.07.2009 sowie 155,30 EUR vorgerichtliche Kosten zu zahlen,
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger begehrt 100% seines Schadens aus einem Verkehrsunfallereignis vom 30.06.2009 im Bereich Frankfurt-Höchst.
Der Kläger war Eigentümer des Fahrzeuges PKW VW- Polo VI Limousine mit dem amtlichen Kennzeichen … . Das Fahrzeug war erstmals am 22.02.2006 zum Straßenverkehr zugelassen worden.
Der Kläger erlitt anlässlich eine Verkehrsunfalles am 30.06.2009 im Main-Taunus-Zentrum einen Schaden an diesem Fahrzeug, welcher unstreitig durch ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug verursacht worden ist.
Der Kläger ließ ein Gutachten über den Schaden einholen. Mit Gutachten vom 07.07.2009 erstattete der Sachverständige L. ein Gutachten, mit dem Ergebnis, dass Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer in Höhe von 4.306,64 EUR bei einer Dauer von 6 bis 7 Arbeitstagen aufzuwenden seien. Als Reparaturwerkstatt war der Kläger die Volkswagen Retail Rhein – Main Frankfurt am Main angegeben.
Für die Erstattung des Gutachtens erstellte der Sachverständige eine Rechnung über 685,05 EUR. Der Kläger trat seine Schadenersatzansprüche bezüglich der Sachverständigenkosten an diesen ab.
Der Sachverständige kam zu einer Wertminderung in Höhe von 500,00 EUR. Der Kläger begehrte mit Schreiben vom 09.07.2009 von der Beklagten die Zahlung eines Schadensbetrages in Höhe von 5.017,69 EUR einschließlich einer Auslagenpauschale in Höhe von 26,00 EUR. Wegen der Berechnung wird auf Bl. 2 d. A. Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 15.08.2009 rechnete die Beklagte den Schaden unter Hinweis auf die Gutachtenprüfung der DEKRA am 06.08.2009 mit 4.613,65 EUR ab.
Mit Schreiben vom 18.08.2009 forderte der Klägervertreter die Beklagte erfolglos zur Zahlung des rechnerischen Restbetrages in Höhe von 904,44 EUR auf.
Unter dem 02.09.2009 hat der Kläger Klage auf Zahlung in Höhe von 904,44 EUR nebst vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten erhoben. Die Beklagte hat am 07.09.2009 auf die noch offenen Anteile der Sachverständigenkosten 123,72 EUR gezahlt und 76,30 EUR auf die Ersatzteile.
Die Parteien haben in Höhe von 200,02 EUR die Hauptsache für übereinstimmend für erledigt erklärt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 704,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.07.2009 sowie sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 155,30 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, die Lohnkosten der von ihr dem Kläger gemäß Gutachten der DEKRA vom 04.08.2009 vorgeschlagenen Referenzwerkstätten betrügen 88,50 EUR für Arbeiten an der Mechanik und der Karosserie pro Stunde und für Lackierungsarbeiten 123,90 EUR.
Sie selbst sei berechtigt gewesen, von dem geltend gemachten Schadensbetrag 416,85 EUR auf die Lohnkosten und 287,17 EUR auf die Lackierkosten in Abzug zu bringen.
Die Beklagte behauptet ferner, die Durchführung der Reparaturarbeiten durch die von ihr benannten Werkstätten seien der Durchführung der Reparatur durch eine Markenwerkstatt gleichwertig.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von weiteren Lohn – und Lackierkosten im zuerkannten Umfang.
Gemäß § 249 BGB hat der Schädiger den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag an den Geschädigten zu zahlen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2009, BGH VI ZR 53/09). Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Fahrzeug des Klägers um ein neuwertiges Fahrzeug handelt, da es zum Unfallzeitpunkt gerade 3 Jahre alt war. Es ist deshalb dem Kläger im Rahmen der Schadensgeringhaftungspflicht nicht zuzumuten, eine kostengünstigere Reparatur in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt durchführen zu lassen, auch wenn diese Reparatur in einer nicht markengebundenen Werkstatt einer solchen Reparatur gleichwertig ist. Gerade im Hinblick darauf, dass es sich um ein relativ neuwertiges Fahrzeug handelte, welches unter Umständen noch mit Garantien des Herstellers versehen ist, ist es dem Geschädigten nicht zumutbar, eine nicht markengebundene Fachwerkstatt für die Reparatur aufzusuchen. Deshalb ist die Höhe des geltend gemachten Schadens in Höhe der vom Sachverständigen L. festgestellten Kosten nicht zu beanstanden.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
Der Kläger hat des weiteren einen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Kosten für die Inanspruchnahme seines Rechtsanwaltes. Die geltend gemachten Kosten sind der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91,91 a ZPO.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren der Beklagten die Kosten des Rechtestreites aufzuerlegen, Sie hat sich durch die Zahlung in die Rolle der Unterlegenen begeben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr, 11, 711 ZPO.
So die zutreffenden Entscheidungsgründe des AG Frankfurt -Außenstelle Höchst-. Mit diesem Urteil liegt schon das 4. auf das VW-Urteil aufbauende Instanzgerichtsurteil vor, das eine Verweisung auf Referenzwerkstätten verneint. Während in den bisher hier veröffentlichten Urteilen Sondervereinbarungen mit der Referenzwerkstatt oder mangelnde Gleichwertigkeit die entscheidende Rolle spielten, hält im obigen Fall die Richterin das Alter von gerade etwas über drei Jahren für den entscheidenden Gesichtspunkt, eine Verweisung auf die preiswertere Referenzwerkstatt als unzumutbar für den Geschädigten anzusehen. Das VW-Urteil setzt sich mit seinen vom VI. Zivilsenat angegebenen Voraussetzungen durch.
Hi Willi Wacker,
ich komme nur auf drei Urteile, die bislang positiv im Sinne des Geschädigten, hier eingestellt worden, nämlich AG Holzminden, AG HH-Wandsbek und jetzt AG Frankfurt -Außenstelle Höchst-. Hilf mir bei dem vierten. Unabhängig davon, dass ich evtl. nicht zählen kann, finde ich obige Urteil überzeugend. Das beschädigte Auto war zwar etwas älter als 3 Jahre. Bekanntlich hatte der BGH in seinem VW-Urteil die Grenze bei 3 Jahren gesetzt. Dies ist aber keine starre Grenze und kann auch keine Starre Grenze sein. Was wäre, wenn ein Fahrzeug mit 2 Jahren und 364 Tagen Alter und ein anderes mit 3 Jahren und 1 Tag beschädigt werden? Das Alter beider Fahrzeude differiert nur um 2 Tage und doch sollen unterschiedliche Folgen ausgelöst werden bezüglich der Zumutbarkeit des Verweises auf eine preiswertere Referenzwerkstatt. Das kann im Ergebnis nicht stimmen. Daher ist auch der Auffassung des AG Frankfurt zu folgen. Ein schönes Urteil, das auch einer breiteren Leserschaft zugänglich gemacht werden sollte.
Noch ein schönes Wochenende.
MfG Friedhelm
Hallo Friedhelm,
vor dem Urteil des AG Holzminden hatte auch schon das AG Gelsenkirchen im Sinne des VW-Urteils entschieden. Also hier im Captain-Huk-Blog sind bereits vier Instanzgerichtsurteile auf Grund der Vorgaben des BGH zur Unzumutbarkeit der Verweisung auf Preise der Referenzwerkstatt veröffentlicht worden:
> AG Gelsenkirchen vom 27.11.2009 – 36 C 135/09 –
> AG Hamburg-Wandsbek vom 22.3.2010 – 716C C 450/09 –
> AG Holzminden vom 23.3.2010 – 2 C 383/09 –
> AG Frankfurt -Außenstelle Höchst- vom 14.4.2010 – 386 C 2602/09(80) –
Wenn einer der Leser noch ein entsprechendes Urteil hat, sollte er es an die Redaktion senden.
Ich hoffe, Friedhelm, die Zahl vier somit aufgeklärt zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Hi Willi,
das Gelsenkirchener Urteil hatte ich ganz vergessen. Sorry. Offenbar bin ich doch nicht mehr in der Lage 3 plus 1 zusammenzuzählen. Danke für den Hinweis.
Ich wünsche Dir noch ein schönes Wochenende.
MfG
Friedhelm