Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch hier und heute noch ein Top-Urteil aus Rosenheim zum Thema Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG bekannt. Es geht auch ohne BGH-Rechtsprechung, wie man sieht. Der erkennende Amtsrichter weist – zu Recht – auf die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und die Ausführungen von Dr. Eggert in Verkehrsrecht aktuell hin. Das OLG Düsseldorf macht es schon lange möglich, indem es darauf hinweist, dass keine Marktforschung erforderlich ist, kein Auswahlverschulden vorliegen muss und dass ein Forderungsausgleich nach § 255 BGB möglich ist, damit die vollen Sachverständigenkosten zugesprochen werden können. Die HUK-COBURG hat aus der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf nichts gelernt. Im vorliegedenFall wird die Rechnung des Sachverständigen um -sage und schreibe- 26,– € gekürzt und damit ein Rechtstreit provoziert, der das Mehrfache des gekürzten Betrages kostet. Denn jetzt hat die HUK-COBURG auch noch die Zinsen und die Gerichts- und Anwaltskosten zu tragen. Einem jeden ordentlichen Kaufmann würde man Unwirtschaftlichkeit vorwerfen. Man beachte auch, dass der zuständige Amtsrichter gegen die HUK-COBURG kurzen Prozess gemacht hat. Die Klage gegen die HUK-COBURG ist Anfang des Jahres 2014 eingegangen und Anfang April 2014 bereits entschieden worden. Die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG hat aber auch aus diesem präzisen Urteil des AG Rosenheim nichts gelernt. Die Kürzungen der Sachverständigenkosten gehen weiter. Lest selbst die überzeugenden Ausführungen des Amtsrichters aus Rosenheim und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Rosenheim
Az.: 13 C 45/14
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs-AG, vertr.d.d. Vorsitzenden Vorstand Dr. Wolfgang Weiler, Schadenaußenstelle, Martin-Greif-Str. 1, 80336 München
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Rosenheim durch den Richter am Amtsgericht … am 08.04.2014 auf Grund des Sachstands vom 08.04.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Sachverständigen … zu Gutachterrechnung vom 04.01.2013 Gutachten-Nr. … , einen Betrag von 26 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 21.01.2013 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 26,00 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der geforderten 26,00 € gem. §§ 115 VVG, 823, 249 BGB dessen Zahlung er auch an Dritte, hier an den Sachverständigen … , verlangen kann.
Die Beklagte haftet wegen Schadensersatzansprüchen aufgrund eines Verkehrsunfalls vom xx.12.2012 am Mühlbachring in Bad Aibling unstreitig dem geschädigten Kläger gegenüber. Der Kläger macht Schadensersatzansprüche wegen der entstandenen Sachverständigengutachtenskosten aufgrund eines Haftpflichtgutachtens geltend. Nachdem die Reparaturkosten nebst Unkostenpauschale sowie auf Gutachterkosten von 476,00 € ein Teil von 450,00 € bezahlt wurde, jedoch weitere Zahlung seitens der Beklagten verweigert wurde, stehen dem Kläger weitere 26,00 € zu. Der aufgrund des Verkehrsunfalls Geschädigte hat einen Anspruch nach § 249 BGB auf Ersatz aller erforderlichen Kosten, welche aufgrund des schädigenden Ereignisses kausal und in erforderlicher Weise eingetreten waren. Es wird auch seitens der Beklagten grundsätzlich anerkannt, dass ein Sachverständigengutachten an sich einen erforderlichen Aufwand aufgrund des schädigenden Ereignisses darstellt. Streitig war lediglich die Höhe dessen, was hier als erforderlich angesehen werden kann, hier wegen der separierten Geltendmachung von EDV Kosten.
Es kann hierbei offen bleiben, ob das Sachverständigenhonorar wegen einer einzelnen Position der Nebenkosten überhöht ist oder nicht, da auch im Falle einer Überhöhung das Sachverständigenhonorar von der Beklagten als Haftpflichtversicherung des Schädigers zu bezahlen ist.
„Auch wenn das vereinbarte oder vom Sachverständigen eindeutig festgesetzte Entgelt objektiv überhöht ist, ist es bei der gewohnten und subjektiven Schadenbetrachtung regelmäßig als der erforderliche Aufwand anzuerkennen“ (Eggert Verkehrsrecht aktuell 2007, 217).
„Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können dem Geschädigten gegenüber nur erhoben werden, wenn ihn ein Auswahlverschulden trifft oder die Überhöhung derart evident ist, dass eine Beanstandung von ihm verlangt werden muss.
Der Geschädigte ist insbesondere nicht verpflichtet, vor der Auftragserteilung Preisvergleiche anzustellen. Würde man dem Geschädigten Marktforschungen zur Frage der möglichen Kosten und der einzelnen Rechtsansichten zur Erstattungsfähigkeit der Kosten einzelner Posten je nach Belieben einzelner Versicherungen zumuten, wäre einem Geschädigten hierbei dann wohl auch als weiterer erforderlicher Aufwand i.S.d. § 249 BGB die Einholung eines Sachverständigengutachtens hierzu zuzugestehen.
Das grundsätzliche Kostenrisiko möglicherweise leicht erhöhter Aufträge liegt hierbei aber beim Schädiger.
Hält der Ersatzpflichtige die Vergütung für überhöht, kann er vom Geschädigten analog § 255 BGB Abtretung seiner Ansprüche gegen den Sachverständigen verlangen. Es ist grundsätzlich allein Sache des Haftpflichtversicherers, sich mit dem Sachverständigen wegen dessen Rechnungsforderung auseinanderzusetzen.“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, 1 U 246/07).
„Nur bei einer ihm persönlich ohne weiteres erkennbaren Überteuerung muss sich der Geschädigte eine Kürzung gefallen lassen“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008).
Unter Annahme dieser Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall der Anspruch in voller Höhe gegeben. Ein Auswahlverschulden der Klägerin ist nicht ersichtlich. Ein solches ist von der Beklagten auch nicht vorgetragen worden. Es liegt auch keine derart evidente Überhöhung vor, dass eine Beanstandung von der Klägerin verlangt werden muss. Diesbezüglich hat die Beklagte vorgetragen, dass die abgerechneten Nebenkosten überhöht seien. Dieser Ansicht folgt das Gericht nicht. Bezüglich der Position über 26 € wegen EDV Kosten nach der Sachverständigenrechnung ist nach Ansicht des Gerichts nicht evident ersichtlich, ob diese abgerechneten Nebenkosten überhöht sind.
Somit bleibt es hier bei dem Grundsatz, dass der Schädiger gegenüber dem Geschädigten keine Einwände hinsichtlich der Höhe der Gutachterrechnung geltend machen kann, sondern sich bezüglich einer Rückforderung mit dem Sachverständigen auseinandersetzen muss. Der Klageanspruch war somit zuzusprechen.
II.
Auch der Anspruch auf die Zinsen ab dem 21.01.2013 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ist gem. § 286 I S. 2 , 288 I BGB nach Zahlungsverweigerung nach Fälligstellung mit Fristsetzung zudem der endgültigen Zahlungsverweigerung gegeben.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits sind gem. § 91 ZPO von der Beklagten zu tragen.
IV.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
V.
Der Streitwert war gem. §§ 63 Abs.2 , 48 GKG, §§ 3ff ZPO nach dem Zahlungsinteresse festzusetzen.
Hallo Willi Wacker,
mich wundert, dass bei hervorragenden Urteilen, die du hier im Blog veröffentlichst, kein zustimmender Kommentar erfolgt. Bei negativen Urteilen wird immer und von allen Seiten gerufen, was für eine schlechte Rechtsprechung wir in Deutschland hätten. Es erfolgen Kommentare zuhauf. Hier, bei einem schönen Urteil, das sogar ohne BGH VI ZR 225/13 auskommt, gilt das Stillschweigen. Für mich unverständlich. Es muss auch mal betont werden, dass hier auch hervorragende Urteile eingestellt sind.
Mitleser, bewegt mal eure Finger.
Grüße
Wolfhelm S.
Hallo,Wolfhelm S.,
wenn ich auch Deine Reaktion sehr gut nachvollziehen kann, so bleibt doch festzuhalten, dass der homo sapiens (hoffentlich ist er ein solcher) sich gern mit ihm angenehmen Informationen berieseln läßt, die aber möglicherweise überhaupt nicht in sein Geschäftskonzept passen, weil er schon einer der Angepaßten ist und jetzt sogar Neid erwächst auf einen Kollegen , der sich mit Erfolg dagegen gewehrt hat, zum gehorsamen Soldaten degradiert zu werden. ICH kann die Ängste verstehen und die damit verbundenen Vorstellung, was mögliche Repressalien angeht. Der dann gewählte geschmeidigere Weg des Stillhaltens und die damit verbundene Zwangsvorstellung, dass ja „auch so“ noch alles gut sein würde, reicht jedoch nicht aus, die Finger zu bewegen, wie Du es nennst,weil „Antriebslosigkeit“ quasi von außen „verordnet“ worden ist. Wer soll denn auch sonst noch zustimmende Kommentare einstellen ?
Etwa die DEKRA-Automobil-GmbH oder die Sachverständigen von Carexpert ? Oder die Haussachverständigen der Versicherungen oder der Schadenschnellhilfe (SSH) ? Die „Kollegen“ im BVSK oder ihr GF., Herr Fuchs ?
Oder etwa die angeblich „freien“ und „unabhängigen“ Sachverständigen, die auch für Versicherungen arbeiten und dies allerdings für sich behalten möchten ? Ist die Fingerlahmheit da noch verwunderlich ?
Die andere Variante ist die Antriebslosigkeit, geprägt von dem Motto „Hannemann geh Du voran.“
Und schließlich darf auch die Neidkomponente nicht unbeachtet bleiben, die einhergeht mit der beruhigenden Feststellung, dass da ja nur ein paar „Deppen“ sind, die sich das Leben unnötig schwer machen. Man kann sich darüber aufregen und erzürnen, aber man muß es nicht.
Unabhängig davon geben aber auch eine Reihe von obsiegenden Urteilen nicht unbedingt Anlaß zu einer Kommentierung, denn in den Entscheidungsgründen
finden sich keine herausstechenden Passagen, die unbedingt noch einer Anmerkung bedürfen. Das Gleiche sehe ich auch so für Urteile mit Entscheidungsgründen, die bereits zigmal hier zu lesen waren und dann nur noch wiedergekäut werden.
Ja und schließlich ist es dann die alte, aber immer noch aktuelle Ausrede: „Dafür habe ich keine Zeit.“
„Ja für was denn“ (?),könnte man höflich zurückfragen und das läßt man dann doch lieber, weil man sich nicht ärgern muß und auch nicht sollte. Nimm es mit Humor, denn es hat auch so eine positive Variante;man muß es sich nur vorstellen können.-
Mit freundlichem Gruß
Alexander
Hallo Alexander,
ich war zu meinem obigen Kommentar deshalb veranlast worden, weil eine ganze Zeit lang immer auf hier veröffentlichte „Schrotturteile“ geschimpft wurde. Da kamen Reaktionen und hier bewegt sich nichts. Das ist das, was mich ärgert.
Wo ist Glöckchen, der was zu dem obigen Urteil anmerkt?
Grüße aus Hagen
Wolfhelm S.
Hallo, Wolfhelm S.,
meinen Kommentar solltest Du bitte nicht als negative Antwort verstehen. Jeder Kommentator hier im Blog meldet sich aus seiner Sicht zu bestimmten Themen und keiner ist jedoch dazu verpflichtet. Was Deine konkrete Frage angeht , so sage ich einmal scherzhaft,dass auch die Kirchenglocken nicht den ganzen Tag läuten, sondern nur zu bestimmten Stunden und das auch noch zeitgesteuert automatisch.
Glöckchen ist jedoch ein Mensch wie Du und ich sowie überdies wohl permanent arbeitsüberlastet, weil er eben sehr tüchtig ist und da muss er wohl nicht jedes ansprechende Urteil automatisch auch kommentieren.
Nichts für ungut.-
Mit freundlichen Grüßen
Alexander