Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum endenden Wochenende geben wir Euch noch ein positives Urteil aus Halle an der Saale zum Thema der restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-Coburg mit einwandfreier Begründung bekannt. Allerdings gefällt es mir nicht, dass die Amtsrichterin das falsche Wort „Sachverstänigengebühren“ verwendet. Trotz des BGH-Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – reguliert die HUK-COBURG immer noch nicht vollständig den von ihrem Versicherungsnehmer verursachten Schaden. Entgegen der BGH-Rechtsprechung werden immer noch Einwendungen bezüglich der Nebenkosten insgesamt und im Detail erhoben. Mit Recht hat die erkennende Amtsrichterin sämtliche Einwände der HUK-COBURG und ihrer Prozessbevollmächtigten zurückgewiesen. Diese sind sämtlich in Ansehung der BGH-Rechtsprechung unbeachtlich, denn es kommt nur darauf an, was der Geschädigte für erforderlich erachten durfte und ob er hätte erkennen können, dass die berechneten Sachverständigenkosten insgsamt nicht mehr branchenüblich sind. Das konnte im konkreten Fall der Geschädigte nicht. Dementsprechend hat der Schädiger bzw. dessen Versicherer die berechneten Kosten als Schadensersatz zu leisten. Diesen Schadensersatzanspruch hat der Geschädigte an den Sachverständigen abgetreten, ohne dass sich dadurch die Rechtsform des Anspruchs verändert. Schadensersatz bleibt Schadensersatz, auch wenn der Anspruch abgetreten wird. Die HUK-COBURG ist jedoch nicht rechtlos, sie kann im Wege des Vorteilsausgleichs vorgehen. Alledings ist sie dann vorschusspflichtig und beweisbelastet. Und genau das scheut die HUK-COBURG, denn sie hat noch nicht einmal versucht, sich den vermeintlichen Bereicherungsanspruch abtreten zu lassen.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Verkündet am: 16.05.2014
Halle (Saale)
Geschäfts-Nr.:
94 C 3527/13
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschland a. G., vertr. d.d.Vorstand, d.vertr.d.d. Sprecher Dr. W. Weiler, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) im Verfahren aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.04.2013 durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 394,97 € nebst Zinsen i.H.v. 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.03.2010 sowie 12,00 € Mahngebühren zu zahlen.
2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Erstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte gemäß den §§ 398 S. 1 BGB, 115 Abs. 1 Nr 1 VVG, 7 Abs. 1 StVG auf Ersatz von weiteren 394,97 € Sachverständigengebühren (gemeint sind allerdings „Sachverständigenkosten, Anm. des Autors!).
Die Abtretungserklärung vom 20./27.11.2013 (Bl. 83 der Akten) genügt den von dem BGH geforderten Bestimmtheitserfordernis (vergleiche BGH, Urteil vom 07.06.2011, Az. VI ZR 26/10), da insoweit die abgetretenen Schadensersatzansprüche auf Ersatz der fälligen Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer aus dem bestimmten Unfallereignis begrenzt werden. Hierdurch ist hinreichend erkennbar, welche Forderung aus dem Verkehrsuntall von der Abtretung erfasst sein soll, nämlich nur die Zahlung des Sachverständigenhonorars. Diese Abtretungserklärung ging auch am 27.12.2013 (vergleiche Bl. 82 der Akten) bei Gericht ein, so dass der Einwand der Verjährung nicht greift.
Zunächst ist festzustellen, dass der Geschädigte einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten Pkw beauftragen durfte, und von der Beklagten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen kann (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2013, Az. VI ZR 471/12). Als erforderlich sind danach diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde (vergleiche BGH am oben genannten Ort). Soweit der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch nach dem letztlich auf § 242 BGB zurückgehenden Rechtsgedanken des §§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Jedoch verlangt das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung nicht vom Geschädigten, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (vergleiche BGH, Urteil vom 05.10.1991, VI ZR 314/90). Im Letzteren Fall wird der Geschädigte nicht selten Verzicht üben oder Anstrengungen machen, die sich im Verhältnis zum Schädiger als überobligationsmäßig darstellen, die dieser daher vom Geschädigten nicht verlangen kann. Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf auch im Rahmen von Abs. 2 S. 1 des § 249 BGB nicht vergessen werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zugute kommen soll. Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand der Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, das heißt Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten, sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Daher darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben.
Ein Indiz für die erforderlichen Kosten im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bildet die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zu Grunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissenstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eine maßgebende Rolle (vergleiche BGH, Urteil vom 15.10.2013, Az. VI ZR 471/12).
Diese Grundsätze sind auch bei der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO zu Grunde zu legen. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen, insoweit ist die Höhe des Grundhonorars von 416,95 € nicht zu beanstanden, dieses hält sich auch im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Grenzen. Des Weiteren sind auch die Nebenkosten, welche 30,49 % des Grundhonorars ausmachen, nicht zu beanstanden (vgl. insoweit auch BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az.: VI ZR 225/13). Es ist auch nicht überzeugend, diese pauschal auf einen bestimmten Prozentsatz des Grundhonorars zu begrenzen, da unterschiedliche hohe Nebenkosten z.B. bei im Einzelfall erforderlichen Fahrtkosten oder eventuell einen höheren Dokumentationsaufwand durch Fotos entstehen können.
Hinsichtlich der Erforderlichkeit der Fahrtkosten ergibt sich aus dem Gutachten, dass das Fahrzeug in einem nicht verkehrssicheren Zustand war.
Soweit die Beklagte bestritten hat, dass die Zeugin R. P. Eigentümerin des streitgegenständlichen PKW’s gewesen ist und deshalb die Ansprüche nicht wirksam an den Kläger habe abtreten können, kann die Beklagte mit diesem Einwand nicht gehört werden. Denn unstreitig hatte sie der Zeugin R. P. den Fahrzeugschaden ersetzt und sich dort offensichtlich nicht auf eine fehlende Aktivlegitimation berufen. Damit stellt es nunmehr rechtsmissbräuchliches Verhalten dar, wenn die Beklagte sich gegenüber dem Kläger auf die fehlende Eigentümereigenschaft der Zeugin P. beruft, nach dem sie sie vorher anerkannt hatte.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 I 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Es ist kein Grund zu erkennen, gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO die Berufung zuzulassen. Nach der Rechtsprechung des Landgerichts Halle ist die Ermessensausübung im Rahmen des § 287 ZPO, insbesondere auch bei der Bestimmung der Gutachterkosten, nicht mit der Berufung angreifbar.
Und wieder einmal wird durch das Gericht der HUK-Coburg widersprüchliches Verhalten gem. § 242 BGB vorgeworfen, wenn sie vorgerichtlich auf die Abtretungsvereinbarung hin zahlt und später im Prozess die Wirksamkeit der Abtretung bestreitet. Lernen die Coburger denn nie?
Im Übrigen gebraucht die HUK-Coburg in ihren Abrechnungsschreiben auch den falschen Bgriff „Sachverständigengebühren“. Möglicherweise hat die Richterin diesen falschen Begriff auch aus den Schriftsätzen der HUK-Coburg entnommen. Es ist allerdings zuzugeben, dass sie im Urteil diesen falschen Begriff nicht hätte verwenden dürfen.
Ansonsten handelt es sich tatsächlich um eine einwandfreie Begründung.
Grüße aus Hessen