Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum Wochenbeginn geben wir Euch hier ein positives Urteil aus Bremerhaven zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse bekannt. In diesem Rechtstreit behauptete die HUK-COBURG sogar, sie habe die Geschädigte telefonisch darauf hingewiesen, dass die Sachverständigenkosten nicht mehr als 100,– € betragen sollten. Aber sie bedenkt nicht, dass eine vertragliche Vereinbarung , die Rechtswirkungen für beide Seiten hervorbringen soll, auch der Zustimmung der anderen Seite bedarf. Hieran fehlt es. Einseitig kann die HUK-COURG die Höhe er Sachverständignkosten nicht bestimmen. Zu Recht hat das Gericht darauf hingewiesen. Ebenso auf die Tatsache, dass bei einem Schaden von etwa 1.500,– € kein Bagatellschaden vorliegt. Insgesamt handelt es sich um eine ordentliche Entscheidung.
Viele Grüße
Willi Wacker
AMTSGERICHT BREMERHAVEN
Abteilung für Zivilsachen
Geschäfts-Nr.: 51 C 1745/13
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Gem. § 495 a ZPO nach schriftlichem Verfahren
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
HUK-COBURG-Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftf. Beamter Deutschlands a.G., vertr.d.d. Vorstand Bahnhofsplatz, 96444 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Bremerhaven gem. § 495 a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 11.06.2014 durch Richterin am Amtsgericht … für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 53,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 € zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 53,20 € festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 53,20 € aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG i. V. m. § 398 BGB zu.
Die Eigentümerin des Fahrzeuges, das bei einem vom Versicherungsnehmer der Beklagten verschuldeten Verkehrsunfall beschädigt wurde, hat ihren Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung von Sachverständigenkosten an den Kläger sicherungshalber abgetreten. Die Abtretung ist wirksam, insbesondere ist die abgetretene Forderung mit „Schadenersatzansprüche auf Erstattung der Kosten der Erstellung dieses Gutachtens aus dem oben genannten Verkehrsunfall“ (K 3, Bl. 28 d. A.) hinreichend bestimmt bezeichnet. Anders als in den Fällen, die der von der Beklagten zitierten Rechtsprechung zugrunde liegen, wurde hier nicht von mehreren selbständigen Forderungen ein Teil abgetreten, ohne dass erkennbar wäre, von welcher oder von welchen Forderungen ein Teil abgetreten werden sollte. Gegenstand der Abtretung ist vielmehr nur eine konkret bezeichnete Forderung, nämlich der Anspruch auf Erstattung der Schadensposition Gutachterkosten, und diese vollständig.
Der Eigentümerin des Fahrzeuges stand ein Anspruch auf Erstattung von Sachverständigenkosten in Höhe von 476,20 € zu.
Gemäß § 249 Abs. 2 BGB kann der Geschädigte, wenn wegen der Beschädigung einer Sache Schadenersatz zu leisten ist, den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen. Zur Wiederherstellung erforderlich sind bei Beschädigung eines KFZ dem Grunde nach auch die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens, wenn eine vorherige Begutachtung zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs oder zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (BGH, NJW 2005, 356). Dies ist hier der Fall. Insbesondere wäre die – kostengünstigere – Einholung eines Reparaturkostenvoranschlages nicht zweckmäßig gewesen, weil das Fahrzeug so stark beschädigt wurde, dass Reparaturkosten in einer Größenordnung von rund 1.500,00 € netto erforderlich waren. Die Eigentümerin des verunfallten Fahrzeuges musste deshalb, um ihren Schadenersatzanspruch gegenüber dem Schädiger bzw. der Versicherung geltend machen zu können, die Höhe der erforderlichen Reparaturkosten gutachterlich ermitteln lassen. Dem steht auch nicht die von der Beklagten behauptete Vereinbarung mit der Fahrzeugeigentümerin entgegen, dass diese ein Kostenvoranschlag einholt. Denn selbst wenn die Fahrzeugeigentümerin am Telefon erklärt haben sollte, sie werde einen Kostenvoranschlag einholen, ist darin noch kein Verzicht auf weitergehende Rechte zu sehen. Für eine solche Erklärung fehlt es vielmehr erkennbar an einem Rechtsbindungswillen. Die weitere Behauptung der Beklagten, sie habe in dem Gespräch darauf hingewiesen, dass die Kosten für die Erstellung nicht mehr als 100,00 € betragen sollten, ist ebenfalls unerheblich, da hier nicht einmal eine Zustimmung der Fahrzeugeigentümerin zu einer solchen Kostendeckelung vorgetragen ist. Schließlich ist das Bestreiten der Beklagten, dass die Eigentümerin einen Gutachtenauftrag an den Kläger erteilte, vor dem Hintergrund des vom Kläger vorgelegten schriftlichen Vertrages (Anlage K 3, Bl. 28 d. A.) gänzlich unsubstantiiert und damit unbeachtlich.
Der Höhe nach kann der Geschädigte, der ein Gutachten zur Ermittlung der Schadenshöhe eingeholt hat, den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen. Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Bei der Prüfung ist insoweit eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d. h. es ist Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Bei der Beauftragung eines – Ute-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen; er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, =BeckRS 2014, 04270 = BGH DS 2014, 90).
Wesentliches Indiz für die Frage, welche Sachverständigenkosten im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden Schätzung gem. § 287 BGB als erforderlich angesehen werden können, ist die tatsächliche Rechnungshöhe, da sich in ihr die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig niederschlagen. Die dort vorgesehen Kosten können nur dann nicht als erforderlich angesehen werden, wenn sie für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen. Wenn der Geschädigte nämlich erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH, a. a. 0.).
Vorliegend schätzt das Gericht die erforderlichen Sachverständigenkosten anhand der vom Kläger vorgelegten Rechnung auf den dort ausgewiesenen Rechnungsbetrag von 476,20 €. Für die Erforderlichkeit spricht neben dem Indiz der tatsächlichen Rechnungshöhe, dass sich die berechneten Einzelpositionen im Wesentlichen innerhalb des Preiskorridors nach der BVSK-Befragung 2013 zur Höhe des üblichen KFZ-Sachverständigenhonorars bewegen; die Erforderlichkeit des Grundhonorars wird im Übrigen von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Dass Fahrtkosten überhaupt angefallen sind, hat die Beklagte nur pauschal bestritten; ein pauschales Bestreiten ist in Hinblick darauf, dass sich aus dem Gutachten selbst ergibt, dass die Besichtigung des Fahrzeuges in Debstedt auf dem Gelände der GTÜ-Station und nicht beim Sachverständigen in Hemmoor stattgefunden hat (Bl. 7 d. A.), unbeachtlich. Soweit hinsichtlich der Fahrtkosten eine Pauschale anstelle einer km-Berechnung und hinsichtlich der Position „2. Satz Lichtbilder“ ein etwas höherer Einzelbetrag als im BVSK-Korridor angesetzt wird, rechtfertigt dies in Hinblick auf die oben dargelegten Grundsätze zur subjektbezogenen Schadensbetrachtung keine abweichende Bewertung der Erforderlichkeit. Denn es ist weder in Hinblick auf diese noch in Hinblick auf die weiteren von der Beklagten beanstandeten Nebenkosten, die zusammengenommen einen von der Beklagten monierten Betrag von 53,20 € ausmachen, ersichtlich, dass die Fahrzeugeigentümerin hätte erkennen können, dass hier Kosten verlangt werden, die die in der Branche üblichen Preise übersteigen.
Nach alledem hat der Kläger aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von restlichen, weil noch nicht von der Beklagten regulierten, 53,20 €.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB, der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Die Beklagte befand sich bei Einschaltung der Prozessbevollmächtigten in Verzug, nachdem sie die Leistung mit Schreiben vom 30.04.2013 ernsthaft und endgültig verweigert hatte, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Guten Tag, W.W.,
dem Urteil ist zu entnehmen, dass die HUK-Coburg offenbar die Richterin auf´s Glatteis führen wollte mit Zitierung einer Rechtsprechung, die nicht zum Fall paßt. Hat aber hier nicht funktioniert, wie man liest.
Auch die versicherungsseitig verfochtene Erstellung eines Kostenvoranschlages ist bei dieser Richterin nicht auf fruchtbaren Boden gefallen, denn ein solcher beschränkt sich auf eine Prognose und hat deshalb gegenüber einem verkehrsfähigen Gutachten keinen Beweiswert.
Und zum guten Schluß haben die HUK-Coburg Anwälte dann wiederum versucht, Stimmung zur Höhe der Nebenkosten zu machen. Ist ihnen aber auch nicht gelungen.
Ja, und das war´s dann auch schon und dass sich das Gericht in der Gesamtschau erdreistet hat, das BGH-Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, =BeckRS 2014, 04270 = BGH DS 2014, 90) zu bemühen bzw. darauf abzuheben, wird schlußendlich auch nicht gepaßt haben. Aber so ist das nun mal mit den Geistern, die man rief.
Herzliche Grüße
Erika
Wieder ein untauglicher Versuch der Schadensteuerung zum Vorteil der HUK-Coburg. Was soll ein Geschädigter mit einem Kostenvoranschlag, der keinerlei Beweiswert hat, wenn auch die Versicherer dazu raten und dann vielleicht noch zu „ein paar Fotos“ für 0,20 € das Stück, versteht sich.-
Kostenvoranschläge werden übrigens auch gekürzt und das nicht unerheblich !-.
Ausgeblendet oder auch wohlweislich verschwiegen wird folgende Passage der schadenersatzrechtlich beurteilungsrelevanten Entscheidungsgründe:
„Bei der Prüfung ist insoweit eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d. h. es ist Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflußmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen.“
Wo findet sich in den Honorarkürzungsschreiben der HUK-Coburg-Versicherung denn dieses schadenersatzrechtlich entscheidungserhebliche Zitat ?
Es wird wider besseren Wissens „ersetzt“ durch vorsätzlich falsches Gelabere zur angeblich verpflichtenden Beweislastumkehr und durch einen darauf fußenden Verstoß gegen die „Schadenminderungspflicht“. Dümmer geht´s juristisch nimmer.
Heinrich Quaterkamp jun.
Hei Willi,
wann lernt die HUK eigentlich, dass bei der Erforderlichkeit der Sachverständigekosten eine subjektbezogene Betrachtung anzustellen ist statt einer ex-post-Beurteilung durch den Versicherer?
Ich glaube nie!! Da können noch so viele Urteile gegen diese Versicherung ergehen, die sind so beratungsresistent.
Trotz dieser Tatsachen ein schönes Urteil gegen HUK. Das musste mal gesagt werden. Nur mal so gesagt!
@Nur mal so gesagt
BTW (by the way)
….heute hatte ich einen SV am Telefon und er sagte und fragte: „Wie sieht es denn bei den anderen SV aus, wird da auch gekürzt?“
Antwort:
„Also die Dekra-SV sind ohnehin außen vor. Bei SV-X (dachverbandsfrei) wird manchmal gekürzt. Bei SV-Y (BVSK) haben wir das Problem in den Griff bekommen, nachdem ein paar mal geklagt wurde….bei SV-Z sind wir grade dabei, es in den Griff zu bekommen usw.“
Seine Rückantwort:
„Aber ich rechne doch nach BVSK ab und habe eine Qualifikation. Außerdem habe ich schon mit Herrn F**** selber gesprochen……“
Meine Rückantwort:
„Herr A, also, es interessiert niemanden, welchen Dachverband Sie angehören. Ob Sie mit Herrn F***** gesprochen haben oder nicht interessiert die Versicherung nicht. Die kürzen einfach und letztlich ist jeder auf sich gestellt. Machen wir es so, wir klagen die Sache ein. Ich lege Sie zu dem Stapel mit den anderen SV-Klagen, die hoffentlich morgen alle rausgehen.“
….danach erfolgte ein kurzer Anruf bei der A-Versicherung. Ich wurde an 2 verschiedene Personen durchgestellt und auf meine Drohung, dass es ja nicht sein könne, dass das Zahlungsziel 08.10.2014 nicht eingehalten wurde, nunmehr der VN verklagt wird, kam die Rückantwort, dass die 58,07 € bereits vorgestern zur Anweisung gebracht wurden und dass das Abrechnungsschreiben kommen würde.
Kurzer Konto-Check, das Geld ist da.
…….es muss einfach mal gesagt werden, dass sich einige SV einfach zuviel gefallen lassen!
P.s.: Es handelt sich um einen Schaden, der sich noch in der laufenden Regulierung befindet. Eine Versicherung ist einfach nur baff, wenn diese am Tag des Abrechnungsschreibens bereits die Rückantwort bekommt.
In diesem Fall liegt uns noch nichtmal die Rep-Kostenrechnung vor!
…..es muss einfach mal gesagt werden, dass es auch anders laufen kann!