Amtsrichterin des AG München verurteilt HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung restlicher, vorgerichtlich gekürzter Sachverständigenkosten mit Urteil vom 30.6.2014 – 341 C 4801/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

zum leider verregneten Sonnabend geben wir Euch hier noch ein Urteil aus München zu den restlichen  Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG bekannt. In diesem Fall war es die Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands, die meinte, die berechneten Kosten des Schadensgutachters eigenmächtig kürzen zu können. Die HUK-COBURG tut so, als ob es das BGH-Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90) nie gegeben hätte. Immer noch wird mit der werkvertraglichen Angemessenheit – trotz BGH VI ZR 225/13 – argumentiert. Eine derartige Beratungsresistenz, wie sie von der HUK-COBURG gezeigt wird, ist schon bemerkenswert. Beachtenswert ist auch, dass die HUK-COBURG ständig von „Sachverständigengebühren“ spricht, obwohl es solche nicht gibt. Am Anfang ist auch das Gericht auf diesen – falschen –  Begriff verfallen.  Allerdings hat das Gericht dann schnell die Kurve in Richtung „Erforderlichkeit“ im Sinne des § 249 entsprechend der BGH-Rechtsprechung (BGH DS 2007, 144; BGH DS 2014, 90 jew. m.w.N.) genommen. Wieder eine Pleite für die HUK-COBURG nach dem BGH-Urteil VI ZR 225/13 und LG Darmstadt vom 25.6.2014 – 21 S 191/12 -. Lest selbst das Urteil aus München und gebt bitte Eure Kommentare ab. 

Viele Grüße und trotzdem ein schönes Wochenende wünscht
Willi Wacker

Amtsgericht München

Az.: 341 C 4801/14

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

HUK-Coburg Haftpfl.-Unterst.-Kasse kraftf. Beamter Deutschlands a.G., vertreten durch d. Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Weiler, Martin-Greif-Straße 1, 80336 München

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht M. am 30.06.2014 auf Grund des Sachstands vom 30.06.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 238,65 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.12.2013 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 238,65 € festgesetzt.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von 238,65 EUR.

Unstreitig haftet die Beklagte für die Schäden aus einem Verkehrsunfall vom 13.10.2013.

Streitig war allein, ob noch ausstehende Sachverständigenkosten von 238,65 € erstattungsfähig sind oder nicht, ob also insgesamt Sachverständigenkosten von 745,65 € ersetzt werden müssen (507 € wurden vorgerichtlich bezahlt).

Entscheidend für die Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten durch den Schädiger ist nicht, ob der Sachverständige nach dem zwischen ihm und dem Geschädigten geschlossenen Werkvertrag einen Anspruch auf die in Rechnung gestellten Gebühren (gemeint sind Kosten, da der Sachverstänige keine Gebühren berechnet, Anm. des Autors) hat; dies wird bei den vorgerichtlich bei der Abwicklung von Haftpflichtschäden abgerechneten Gebühren oftmals nicht der Fall sein. Entscheidend dafür ist nämlich meist mangels Honorarvereinbarung die übliche Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB. Der Sachverständige hat daher in der Regel nur Anspruch auf Ersatz der üblichen Gebühren.

Bei der hier zu entscheidenden Frage, welche Sachverständigengebühren der Geschädigte vom Schädiger ersetzt verlangt werden kann, ist der Beurteilungsmaßstab ein anderer. Entscheidend ist gemäß § 249 BGB, welche Aufwendungen „ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und geboten halten darf“ (BGHZ 115, 364/369).

„Auch bei der Beauftragung eines KFZ-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nachdem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben.“ (BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13).

Selbst wenn die Rechnung insgesamt oder einzelne Positionen tatsächlich überteuert sein sollten, trägt das Risiko hierfür grundsätzlich nicht der Geschädigte.

Gegen ein ihrer Ansicht nach überhöhtes Honorar kann sich die Beklagte in einem Schadensersatzprozess gegen den Sachverständigen wehren, entweder aus dem Gutachtensvertrag (Werkvertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter) oder durch Abtretung der Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen.“
Der Sachverständige ist auch kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, dessen etwaiges Verschulden ihm zugerechnet würde (vgl. z.B. OLG Naumburg, Urteil vom 20.1.2006, 4 U 49/05).

Es ist also weder Aufgabe des Geschädigten, Preisvergleiche anzustellen oder den billigsten Sachverständigen auszuwählen, noch ist es Aufgabe des Geschädigten, einzelne Positionen der Rechnung nach Überhöhung/Plausibilität zu durchforsten.
Dies wäre nur der Fall, falls eine eventuelle Überhöhung derart evident wäre, also soweit vom Angemessenen in einem Maß abweicht, dass eine Monierung vom Geschädigten verlangt werden kann.

„Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von “ 249 Abs. 2 S. 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. (…) Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissenstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eine maßgebende Rolle.“ (BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13).

Dass der Kläger von vornherein hätte erkennen können, dass der Sachverständige überhöhte Nebenkosten ansetzen würde, wird im Rechtsstreit nicht behauptet. Dem Kläger musste auch nicht das Ergebnis der BVSK-Umfrage bekannt sein. Damit fallen die geltend gemachten Kosten von vornherein nicht aus dem Rahmen des für die Behebung erforderlichen Geldbetrags, (vgl. BGH, a.a.O.).

Die Kosten sind auch nicht erkennbar deutlich überhöht.

Das Gericht orientiert sich für die Angemessenheit der Sachverständigenkosten an der BVSK-Honorarbefragung für die Jahre 2012/2013. Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 23.1.2007, VI ZR 67/06) hat ausgeführt, soweit sich ein Gutachter auf allgemeine Tabellen beziehe, die von anerkannten Berufsverbänden ermittelt worden seien, wie dem BVSK, der DEKRA oder der IHK, sei zu vermuten, dass der Gutachter einen angemessenen Marktpreis in Ansatz gebracht habe. (Das Landgericht München I hat in einem Urteil vom 01.09.2011 (19 S 7874/11) ausgeführt: „Die Angriffe der Beklagten gegen die vom Amtsgericht bei der Ermittlung des üblichen Honorars zugrunde gelegte BVSK-Honorarbefragung greifen nicht. Diese Tabelle findet in der Rechtsprechung breite Anerkennung und hat in der Praxis für die Ermittlung der üblichen und konkreten Honorarhöhe besondere Bedeutung. Die dort genannten Sätze – auch für Nebenkosten – geltend als üblich.“)

Für den Laien sind die vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Nebenkosten nicht erkennbar deutlich überhöht. Dass der Laie erkennen kann, ob die Kosten für die Inanspruchnahme der EDV-Abfrage nicht für jede einzelne Abfrage anfallen, ist nicht anzunehmen.

Es ist auch nicht vom Geschädigten zu verlangen, sein Fahrzeug selbst beim Sachverständigen vorzuführen, im übrigen wären die hierfür dem Geschädigten entstehenden Fahrtkosten selbstverständlich ebenfalls zu ersetzen.
Der Kläger hat auch keinen Sachverständigen außerhalb seiner Region ausgewählt und dadurch die Kosten unvertretbar in die Höhe getrieben.

Der Kläger hat vorliegend auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, indem er die Rechnung unbeanstandet gelassen hat.
Auf eine Auseinandersetzung mit dem Gutachter muss er sich insoweit nicht einlassen (vgl. z.B. AG Bochum, Urteil vom 6.12.1995, 70 C 514/95).

Er muss sich auch jetzt – nachdem die Beklagte ihn darauf hingewiesen hat, dass sie die Rechnung für überhöht hält – nicht darauf verweisen lassen, diese Einwendungen an den Sachverständigen weiter zu geben. Angesichts der sehr unterschiedlichen Höhe von Sachverständigenhonoraren ist es für den Laien nicht erkennbar, was noch üblich ist und was bereits überhöht. Was die ersatzpflichtige Versicherung für überhöht hält, ist grundsätzlich kein objektiver Anhaltspunkt. Dem Geschädigten kann nicht das Risiko eines Prozesses aufgebürdet werden, wenn er die Sachverständigenkosten nicht vollständig bezahlt.

Es ist angemessen und erforderlich, dass der Geschädigte von seiner grundsätzlichen Verpflichtung, die Rechnung zu bezahlen, befreit wird. Im Gegenzug kann die Versicherung Abtretung evtl. Ansprüche wegen Überzahlung gegen den Sachverständigen verlangen.

So hat auch das OLG Düsseldorf (Urteil vom 16.06.2008, 1 U 246/07) ausgeführt: „Auch wenn das vereinbarte oder vom Sachverständigen einseitig festgesetzte Entgelt objektiv überhöht ist, ist es bei der gebotenen subjektiven Schadensbetrachtung regelmäßig als der „erforderliche“ Aufwand anzuerkennen (Eggert, Verkehrsrecht aktuell 2007, 217). (…) Hält der Ersatzpflichtige die Vergütung für überhöht, kann er vom Geschädigten analog § 255 BGB Abtretung seiner Abtretungsansprüche gegen den Sachverständigen verlangen (Greger a. a. O. mit Hinweis auf OLG Naumburg NZV 2006, 546, 548 sowie Grunsky NZV 2000, 5). Es ist grundsätzlich allein Sache des Haftpflichtversicherers, sich mit dem Sachverständigen wegen dessen Rechnungsforderung auseinander zu setzen (Lemcke a. a. O., Teil 3, Rdnr. 320)“ .

Der Kläger hat daher unter Berücksichtigung der vorgerichtlich geleisteten Zahlung einen Anspruch auf Zahlung von noch 238,65 €.

Verzug bestand, von Beklagtenseite nicht bestritten, 21.12.2013. Der Klägerseite stehen ab Eintritt des Verzuges Zinsen zu, § 286 BGB. Die Höhe des Zinsanspruchs ergibt sich aus § 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert ergibt sich aus der Klageforderung.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Agent sagt:

    Wie die Spatzen von den Dächern pfeifen sind die Tage in Coburg nicht nur verregnet, sondern es hagelt auch. Es hagelt Protestschreiben und -anrufe von verunsicherten HUK-Versicherten, denen ein Mahnbescheid bzw. eine Klage mit Zustellungsukunde (mit gelbem Briefumschlag) zugestellt wurde.

    Ich empfehle, diese Thematik noch einmal kurz vor der Wechselzeit am Ende November zu veröffentlichen. Am Besten so um den 15. November. Dann haben die unzufriedenen HUK-Versicherten (und davon soll es eine Menge geben!!!) noch genügend Zeit sich von der Firma aus Coburg zu verabschieden.

    Mir hatte ein HUK-Versicherungsnehmer mitgeteilt, dass er stinkesauer auf diesen Laden ist. Als Beamter sei es zwar für ihn günstig, dort versichrt zu sein. Aber er habe darauf vertraut, im Falle eines Falles dort gut beamtnversichert zu sein. Dafür ist er ja versichert, wenn es beim Verkehr zu einem Unfall kommt. Dass dann aber die HUK niht den vollen Schaden zahlt und ihn im Regen stehen läßt, dass hat er von seinem Versicherer nicht erwartet. Er wird zum 30. 11. 2014 auf jeden Fall kündigen, selbst wenn es bei einer anderen Versicherung etwas teurer ist. Dafür kann er aber nach einem Unfall erhobenen Hauptes durch den Ort gehen. Jetzt, nachdem die HUK nicht alles gezahlt hat, wird er schief angeguckt. Das hat er nach einem langen Berufsleben als pensonierter Oberstudienrat nicht nötig.

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