Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch hier ein Urteil des AG Landstuhl zu den erforderlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht (Factoring) gegen das Büro Grüne Karte e.V. bekannt. Anwaltlich war die Beklagte durch die RAe. BLD vertreten. Auch diese Anwälte konnten eine Verurteilung der Beklagten nicht verhindern. Trotzdem ist es interessant, mit welchen Argumenten die Prozessbevollmächtigten der Beklgten hantieren. So wird, wie üblich, die Aktivlegitimation ins Blaue hinein bestritten. Da wird schlicht behauptet, das Gutachten sei nicht brauchbar, weil der Sachverständige es untersagt habe, dass Teile des Gutachtens in die Internetrestwertbörse eingestellt werden dürfen. Dieses Verbot ergibt sich bereits aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Gleichwohl ist das Gutachten brauchbar und auch zu erstatten. Darüber hinaus benutzen die Prozessbevollmächtigten der Beklagten bewußt den falschen Begriff „Gebühren“, obwohl jeder Jurastudent spätestens mit der Vorlesung „Verwaltungsrecht Bes. Teil“ weiß, dass Gebühren nur hoheitlich erhoben werden können. Die BGH-Rechtsprechung mit dem Urteil VI ZR 225/3 wird völlig ignoriert. Lest bitte selbst das Urteil und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen:
3 C147/14
Amtsgericht
Landstuhl
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
Deutsche Anwaltliche Verrechnungsstelle AG, vertreten durch d. Vorstand, Schänzenstr. 30, 51063 Köln
-Klägerin
gegen
Deutsches Büro Grüne Karte e.V., vertreten durch d. Vorsitzenden, Wilhelmstraße 43/43 G, 10117 Berlin
– Beklagter
wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall
hat das Amtsgericht Landstuhl durch den Richter am Amtsgericht … am 07.08.2014 auf Grund des Sachstands vom 31.07.2014 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 902,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.04.2014 zu bezahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 902,08 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erstattung von Sachverständigenkosten in Form einer klägerseits angekauften Forderung. Die Einstandspflicht der Beklagten für den zugrundeliegenden Verkehrsunfall vom 09.12.2013 in Landstuhl ist unstreitig, die Höhe der zu erstattenden Sachverständigenkosten ist streitig.
Die Klägerin behauptet, sie sei aktivlegitimiert. Der die Forderung abtretende Sachverständige habe den Wert des Fahrzeugs und die notwendigen Reparaturkosten ermittelt und 902,08 EUR brutto in Rechnung gestellt, ausgehend von den Sätzen der BVSK-Umfrage 2013. Für die Ersatzpflicht komme es nur auf die Unbrauchbarkeit, nicht auf eine behauptete Fehlerhaftigkeit an. Die Auswertung durch die Beklagte sei möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 902,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.04.2014 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert und sie habe ein eigenes Gutachten einholen müssen, da das Gutachten des Sachverständigen für sie einem Auswertungsverbot unterlegen habe, das der Sachverständige selbst ausgesprochen habe. Auf AS 18 wird insoweit verwiesen und Bezug genommen. Zudem seien die Gebühren (die Prozessbevollmächtigten der Beklagten meinen wohl Kosten, Anm. des Autors) übersetzt und es fehle für die Nebenkosten an einer vertraglichen Vereinbarung. Die Sichtweise des Geschädigten sei hierbei für die Frage der Beurteilung nicht relevant, meint die Beklagte, sondern nach Abtretung nur die des Sachverständigen. Die Rechtsprechung des BGH vom 11.02.2014 sei hier nicht einschlägig.
Die Parteien haben der Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie hat ausweislich der Anlagen K3, As25, und K4, As93, die konkrete Forderung durch Ankauf und Abtretung erworben. Die Einwände der Beklagten verfangen insoweit nicht.
Die Klägerin hat auch Anspruch auf Zahlung der an sie abgetretenen Forderung. Das Gutachten des Sachverständigen war im Gegensatz zur Rechtsansicht der Beklagten nicht unbrauchbar. Ob es fehlerhaft war, ist insoweit nicht relevant (vgl. Himmelreich/Halm/Müller, Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht, 4. Aufl., S. 448 f. m.w.N.). Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass sie ein eigenes Gutachten habe einholen müssen, weil sie das Gutachten des Sachverständigen angeblich nicht habe auswerten dürfen, unterliegt sie einem Tatsachen- und Rechtsirrtum. Der Sachverständige hatte, dies auch bestätigt durch die Rechtsprechung des BGH (NJW 2014, 775), ein Recht darauf, mögliche ihm zustehende Schutzrechte, etwa nach § 72 UrhG, zu wahren. Die Formulierung des „Weitergabeverbots“ auf S. 12 des Gutachtens bezieht sich zudem auf „Unbeteiligte“. Dass dies auf die zur Regulierung eingesetzte Versicherung nicht zutrifft, dürfte die Beklagte nicht ernsthaft bestreiten.
Die Einwendungen der Beklagten, die sich auf die Höhe der Gutachtensforderung beziehen, verfangen nicht. Die Rechtsprechung des BGH vom 11.02.2014 (Az. VI ZR 225/13) ist insoweit eindeutig. Die Beklagte muss einen Verstoß gegen § 254 BGB darlegen und unter Beweisangebot stellen. Jedenfalls letzteres ist hier nicht geschehen, sodass das Gericht auch kein Gutachten nach § 144 ZPO einholen musste. Denn eine massive Überschreitung der Sätze der BVSK-Umfrage 2013, an der sich das Gutachten ganz offensichtlich orientiert, wurde weder vorgetragen noch bewiesen (AG Halle (Saale), Urteil vom 27. März 2014 – 93 C 3304/13 -, juris). Der Einwand, dass es sich hier um eine andere Konstellation als wie vom BGH entschieden handeln würde, trifft nicht zu. Es handelt sich nicht um eine eigene Forderung des Sachverständigen, sondern um eine abgetretene Forderung des Geschädigten, die erneut abgetreten wurde. Durch die bloße Abtretung wird gerade nicht der rechtliche Aspekt der nicht notwendigen Marktforschung des Geschädigten verändert, sondern es kommt allenfalls die Möglichkeit hinzu, den do-lo-agit-Einwand beklagtenseits gegen den neuen Forderungsinhaber zu erheben und unter Beweis zu stellen (vgl. Gutt, juris PR VerkR 06/2013, Anm. 3). Dies ist wie gesagt nicht geschehen.
Die Zinsforderung beruht auf §§ 288, 291 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708, 711 ZPO.
Die Behauptung,das Gutachten sei unbrauchbar,ist zu unterlassen vgl:OLG Celle v.06.09.2012 13U 188/11.
Ist hier im Blog veröffentlicht.
Wenn die Behauptung der Unbrauchbarkeit bereits aussergerichtlich aufgestellt wurde,dann sollte spätestens jetzt die Abmahnung und ggfls.die Unterlassungsklage folgen.