Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
hier und heute geben wir Euch ein Urteil aus Halle an der Saale zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG bekannt. In diesem Fall war es die HUK 24 AG, die meinte, die Sachverständigenkosten willkürlich und ohne Rechtsgrundlage kürzen zu können. Und wieder hat die HUK-COBURG den Rechtsstreit verloren. Bei der Abtretung hat die Richterin wohl zu weit ausgeholt, da ja bereits außergerichtlich Zahlungen aufgrund der Abtretung geleistet wurden. Insoweit hätte sie kürzer entscheiden können, aber na ja. Mahnkosten wurden natürlich wieder zu gering berücksichtigt und bei den Gerichtskostenzinsen 1% zugesprochen – na ja. Ich glaube nicht, dass die HUK-COBURG dieses Urteil in ihren Kürzungsschreiben anführen wird. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht verkündet am: 18.08.2014
Halle (Saale)
Geschäfts-Nr.:
99 C 4027/13
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
der Firma …
Klägerin
gegen
HUK24 AG vertr.d.d. Vorstand, Willi-Hussong-Str. 2, 96440 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 23.07.2014 durch die Richterin am Amtsgericht R.
für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 65,65 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 703,65 € seit dem 31.01.2012 bis zum 09.03.2012 und aus 65,65 € seit dem 10.03.2012 zu zahlen. Der darüber hinausgehende Zinsantrag wird abgewiesen.
2.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Mahnkosten i.H.v. 2,50 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.02.2012 zu zahlen. Die darüber hinausgehend geltend gemachten Mahnkosten werden abgewiesen.
3.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Rechtsanwälte … 70,20 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.11.2013 als vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
4.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5.) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits
verauslagten Gerichtskosten i.H.v. 105,00 € Zinsen in Höhe von 1 % für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten (02.01.2014) bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages zu zahlen. Der darüber hinausgehende Antrag wird abgewiesen.
6.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 Buchst, a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Erstattung der restlichen Gutachterkosten i.H.v. 65,65 € gemäß § 398 BGB i.V.m. §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, §§ 823 Abs. 1, 249 BGB.
Dass Herr M. B., der die Abtretungserklärung vom 10.12.2012 (Bl. 7 der Akte) zu Gunsten des Klägers unterschrieben hatte, Eigentümer des anlässlich des Verkehrsunfalls vom xx.12.2011 beschädigten PKW Skoda Octavia mit dem amtlichen Kennzeichenbuchstabe SK-… ist, hat der Kläger durch Vorlage von Kopien der verbindlichen Bestellung und der Rechnung sowie Kopien der Zulassungsbescheinigung Teil II (Bl. 167, 168 der Akte) belegt.
Die vom Kläger hier vorgelegte Abtretungserklärung vom 10.12.2012 wird den Bestimmtheitsanforderungen gemäß § 398 BGB unter Beachtung des Urteils des BGH vom 07.06.2011 (VI ZR 260/10) unter Entscheidung des Landgerichts Halle mit Urteil vom 06.11.2013 (2 S 98/13) gerecht. Nachdem in der Entscheidung des BGH vom 11.09.2012 (VI ZR 296/11, zitiert nach juris), die Wirksamkeit der dort streitgegenständliche Abtretung bejaht wurde, „… weil nach dem Wortlaut der Abtretung vom 28.08.2008 nur die Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten nach den konkret benannten Schadensereignis abgetreten wurde“, ist dem Kläger durch den Geschädigten mit der vorgelegten Abtretungserklärung der „Teil meines Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Gutachterkosten gegen den Unfallgegner und dessen Versicherungsgesellschaft in Höhe der Gutachtenkosten“ abgetreten worden. Ausreichender Sachvortrag der Beklagten dazu, weshalb diese Abtretungserklärung nicht von dem damals Geschädigten unterschrieben wurde, ist im Hinblick auf die vorgelegte Abtretungserklärung (Bl. 7 der Akte) und die daraus ersichtliche Unterschrift und die aus der verbindlichen Bestellung eines gebrauchten Fahrzeugs (Bl. 167 der Akte) ersichtliche Unterschrift des Geschädigten, die aus Sicht des Gerichtes übereinstimmen, nicht erfolgt. Es bestehen daher keine Bedenken, dass die vorgelegte Abtretungserklärung auch von dem Geschädigten B. unterschrieben wurde.
Zwischen den Prozessparteien ist ein (abgetretener) Schadenersatzanspruch des Unfallgeschädigten streitgegenständlich. Prüfungsmaßstab ist daher, ob die Sachverständigenkosten zum erforderlichen Herstellungsaufwand gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören, also Kosten darstellen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbehebung ansehen durfte (vgl. BGHZ 115, 364, 369; 160, 377; 162, 161, 165). Der Geschädigte ist hierbei grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/07, NJW 2007, 1450; BGHZ, 163, 362, 367 f.). Der Geschädigte kann vom Schädiger nur dann den vollständigen Ausgleich seiner dem Sachverständigen gezahlten Aufwendungen nicht mehr verlangen, wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt (OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, Az. 4 U 49/05, zitiert nach juris). Damit schuldet der Schädiger dem Geschädigten den unter Berücksichtigung der individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten objektiv zur Schadensbehebung erforderlichen Herstellungsaufwand (LG Saarbrücken, Urteil vom 10.02.2012, Az. 13 S 109/10, zitiert nach juris).
Die Höhe des vom Kläger abgerechneten Grundhonorars ist von der Beklagten nicht beanstandet worden.
Der Sachverständige kann zudem in werkvertraglich zulässiger Weise neben dem „Grundhonorar“ für die eigentliche Sachverständigentätigkeit „Nebenkosten“ nach ihrem konkreten Anfall berechnen (BGH, Urteil vom 04.04.2006, Az. X ZR 80/05, NZV 2007, 182 ff.).
Konkreten Sachvortrag der Beklagten, dass das Gutachten im hier streitgegenständlichen Gutachtenfall der Beklagten elektronisch zugesandt wurde, gibt es nicht. Anhaltspunkte für eine willkürliche Geltendmachung der Foto-, Schreib- und Kopiekosten oder ein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung haben sich unter Zugrundelegung der Werte der VKS/BVSK-Honorarumfrage 2012/2013 auch nicht ergeben.
Dass das Fahrzeug des Geschädigten vom Gutachter Herrn L. in der Filiale des Autohauses S. in der E. Straße besichtigt wurde und er dazu aus der Zweigstelle der klägerischen Firma in der P…allee in die E. Straße gefahren ist, hat die Vernehmung des Zeugen L. im Termin vom 23.07.2010 ergeben und ergibt sich aus den im Termin in Augenschein genommenen Fotos zum Gutachten. Auch hinsichtlich der Fahrtkosten kann angesichts der Werte der VKS/BVSK-Honorarumfrage weder eine willkürliche Geltendmachung dieser Kosten noch ein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung gesehen werden.
Das Gericht sieht auch die für Porto- und Telefonkosten abgerechneten Beträge unter Berücksichtigung der VKS/BVSK-Honorarumfrage 2012/2013, die als repräsentativ und geeignete Schätzgrundlage angesehen werden kann, nicht als offensichtlich überhöht im Sinne der diesbezüglichen Rechtsprechung des OLG Naumburg an. Danach kann sich der Schädiger gegenüber dem Geschädigten – und damit auch gegenüber demjenigen, dem der Geschädigte seinen Anspruch abgetreten hat – auf eine Überhöhung der Sachverständigenkosten regelmäßig nicht berufen, sofern keine Anhaltspunkte des Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen vorliegen und die Höhe des geltend gemachten Honorars nicht derart in einem Missverhältnis zur Schadenshöhe oder zur Höhe der späteren Reparaturkosten steht, dass dies dem Geschädigten als offenkundiges Miss Verhältnis hätte auffallen müssen (OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 1029, 1030 f.; LG Halle, Az. 2 S 289/11, Urteil vom 09.03.2012 sowie LG Halle, Az. 2 S 15/12, Urteil vom 13.04.2012 unter Bezugnahme auf die zitierte Entscheidung des OLG Naumburg).
Die Beklagte hat dem Kläger daher unter Berücksichtigung der bereits erbrachten Zahlungen auf den Gutachtenfall noch die begehrten 65,65 € zu zahlen.
Die Entscheidung über die Zahlung von Verzugszinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Verzug trat nach Ablauf der in der Mahnung vom 20.01.2012 gesetzten Frist zum 30.01.2012 am 31.01.2012 ein. Für die nach Eintritt des Verzuges versandte Mahnung vom 31.01.2012 kann der Kläger als Verzugsschadensersatz 2,50 € geltend machen. Mangels konkreten Vortrags des Klägers zu den genau entstandenen Kosten hält das Gericht angesichts der vorgelegten formularmäßigen Mahnungen 2,50 € für die Mahnung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO für angemessen und ausreichend. Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in der zuerkannten Höhe, deren Zahlung er an seine Rechtsanwälte begehrt. Die Anwaltskosten sind unter Zugrundelegung des Gegenstandswertes von 65,65 € und einer 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale zutreffend berechnet. Mit dem Auftrag an seine jetzigen Prozessbevollmächtigten zur außergerichtlichen Geltendmachung der Forderungen in dem Mahnschreiben vom 25.10.2013 hat der Kläger nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Im Hinblick auf die Vielzahl der zwischen den Prozessparteien auch im Dezernat 99 C des Amtsgerichts Halle (Saale) anhängigen Verfahren wegen restlichen Sachverständigenhonorars ist gerichtsbekannt, dass die Beklagte nach dem außergerichtlichen Tätigwerden von Rechtsanwälten vielfach noch weitere (Teil-) Zahlungen an den Kläger in vergleichbaren Sachverhalten leistet. Die Entscheidung über die Zahlung von Verzugszinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Zinsen auf verauslagte Gerichtskosten in Höhe von 105,00 € kann der Kläger nur in Höhe von 1 % verlangen. Die Zahlungsverpflichtung ergibt sich dem Grunde nach aus § 286 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 288 Abs. 4, 249 Abs. 1 BGB. Der Höhe nach ist jedoch eine Verzinsung von lediglich 1 % begründet. Nach § 288 Abs. 1 BGB sind nur diejenigen Geldschulden mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen, mit deren Begleichung der Schuldner im Verzuge ist. Dies ist hier die Hauptforderung. Um nach § 286 Abs. 1, Abs. 2 BGB in Verzug zu geraten, muss die Hauptforderung überhaupt fällig sein. Der Erstattungsanspruch hinsichtlich der verauslagten Gerichtskosten ist aber bislang nicht fällig, sondern greift erst nach Abschluss des Prozesses, so dass die Beklagte mit dessen Begleichung auch noch nicht in Verzug geraten konnte (vgl. LG Halle, Urteil vom 13.05.2011, Az.: 2 S 290/10, zuvor AG Halle (Saale), Az.: 99 C 706/10). Nachdem der Kläger auch keine Tatsachen vorgetragen hat, aus denen sich ergeben würde, dass er hinsichtlich des geleisteten Vorschusses auf Gerichtskosten tatsächlich einen Zinsverlust von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz erlitten hat, kann er nur den Gewinn als Nachteil geltend machen, der ihm entgangen ist, weil er das Geld für den Gerichtskostenvorschuss nicht hat anlegen können. Mangels konkreten Vortrags des Klägers kann dieser hier nur auf 1 % geschätzt werden (vgl. LG Halle a.a.O.).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.