Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum verregneten Sonntag geben wir Euch als interessante Lektüre das Urteil der Amtsrichterin der 105. Zivilabteilung des AG Halle an der Saale vom 26.8.2014 bekannt. In diesem Fall war es die KRAVAG-Logistik Vers. AG, die meinte – ebenso wie die HUK-COBURG, eigenmächtig die Sachverständigenkosten kürzen zu können. Auch die KRAVAG ist mit diesem Versuch gescheitert. Es ist doch nicht gut, alles der HUK-COBURG nachzumachen! – Unter Bezugnahme auf das Grundsatzurteil des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (= BGH NJW 2014, 1947 = DAR 2014, 194 = DS 2014, 90) hat die erkennende Amtsrichterin zu Recht entschieden, dass die vollständigen berechneten Sachverständigenkosten als erforderlicher Wiederherstellungsaufwand zu ersetzen sind. Ebenfalls zu Recht hat die Amtsrichterin festgestellt, dass die beklagte KRAVAG verpflichtet ist, auch die Gerichtskostenzinsen für den Zeitraum von der Einzahlung bzw. beim Eingang bei der Gerichtskasse bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsgesuches zu tragen. Die Verzinsung ist deshalb so hoch, weil der Sachverständige die Kosten aus einem Kontokorrentkonto bezahlt und dem Gericht auch nachgewiesen hatte mit der ensprechenden Soll-Verzinsung. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare bekannt.
Viele Grüße und noch einen schönen Sonntag.
Willi Wacker
Amtsgericht Verkündet am: 26.08.2014
Halle (Saale)
Geschäfts-Nr.:
105 C 3742/13
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
der Firma …
Klägerin
gegen
Firma Kravag-Logistik Versicherungs AG, vertr. d. d. Vorstand, Heidenkampsweg 102, 20097 Hamburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 03.06.2014 durch die Richterin am Amtsgericht L.-M.
für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 67,77 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.07.2013 zu zahlen.
2.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Rechtsanwälte … 70,20 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.08.2013 als vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
3.) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten 11,75 % Zinsen für die Zeit vom Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.
4.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Verfahren wird auf 67,77 € festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 Buchst. a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht des Geschädigten F. M. gemäß §§ 398 S. 1 BGB, 7 Abs. 1 StVG, 249 Abs. 2 BGB, 115 VVG Anspruch auf Zahlung der noch aus der Rechnung vom 10.07.2013 offenstehenden Forderung in Höhe des Klagebetrages.
Denn die Beklagte hat an den Kläger auf die Gesamtforderung i.H.v. 537,82 € gemäß der Rechnung vom 10.07.2013 einen Betrag i.H.v. 470,05 € gezahlt, weshalb eine Differenz i.H.v. 67,77 € offen blieb.
Der Klage liegt der in Halle (Saale) stattgefundene Verkehrsunfall vom 05.07.2013 zu Grunde, bei welchem der Geschädigte F. M. als Halter und Eigentümer des Pkw Opel Astra mit amtlichen Kennzeichen SK-… und das bei der Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug der Spedition W. mit amtlichen Kennzeichen DO-… beteiligt waren.
Zur Feststellung des Umfangs und der Höhe der am Fahrzeug des Geschädigten entstandenen Schäden wurde durch das klägerische Kfz- Sachverständigenbüro … ein Sachverständigengutachten erstellt, für welches die erbrachte Leistung am 10.07.2013 i.H.v. 537,82 € berechnet wurde.
Die Haftung dem Grunde nach steht zwischen den Parteien nicht im Streit, dennoch zahlte die Beklagte auf die Gutachterkosten einen Betrag in Höhe von lediglich 470,05 €.
Der Geschädigten M. hat dem Kläger als Inhaber des Kfz-Sachverständigenbüros … die Schadenersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall betreffend der Gutachterkosten sicherungshalber zur teilweisen Erfüllung des Schadensersatzanspruches abgetreten, weswegen auf den Inhalt der Abtretung auf Anl. K2, Bl. 14 der Akte verwiesen wird.
Die Abtretung ist wirksam, so dass die Aktivlegitimation des Klägers gegeben ist. Sie steht darüber hinaus nicht im Streit der Parteien.
Zu Recht durfte der Geschädigte M. den Kläger als Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten PKW beauftragen, weshalb von der Beklagten im Rahmen von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB die als Herstellungsaufwand anfallenden objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten zu ersetzen sind.
Für die Begutachtung des Unfallfahrzeuges sind ausweislich der Rechnung vom 10.07.2013 Kosten in Höhe von 537,82 € brutto entstanden, wovon durch die Beklagte bisher nur ein Teilbetrag i.H.v. 470,05 € beglichen wurde.
Die Beklagte ist gegenüber dem Kläger auch zur Erfüllung der noch offenen 67,77 € verpflichtet.
Eine weitergehende Haftung der Beklagten würde vorliegend allein dann zu verneinen sein, wenn dem Geschädigten ein Verschulden bei der Auswahl des Sachverständigen anzulasten wäre oder dieser dessen Rechnung aufgrund einer offensichtlichen Überhöhung hätte ohne Weiteres zurückweisen müssen (BGH Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13).
Wenn der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch nach dem letztlich auf § 242 BGB zurückgehenden Rechtsgedanken des §§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.
Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (a. a. O.).
Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf auch im Rahmen von Abs. 2 S. 1 des § 249 BGB nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden, dass nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll. Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, das heißt Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis -und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen.
Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen.
Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB.
Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über dem üblichen Preis liegt. Wissenstand und Erkenntnismöglichkeit des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eine maßgebende Rolle.
Vorliegend gehören die restlichen Sachverständigenkosten zum erforderlichen Herstellungsaufwand gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und ihnen steht auch kein Verstoß aus der Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB entgegen.
Außerdem kann dahinstehen, ob der Kläger zu überhöhten Preisen abgerechnet hat, weil den Geschädigten Müller kein Auswahlverschulden hinsichtlich des vorliegend beauftragten klägerischen Sachverständigen trifft.
Darüber hinaus fehlt es in Bezug auf die üblichen Kosten eines Sachverständigen im Allgemeinen an leicht zugänglichen Tarifinformationen, welche auch dem Geschädigten als Laien ohne Weiteres einen Überblick über das übliche Preise hätten verschaffen können.
Es ist dem Geschädigten auch nicht zuzumuten, vor der Beauftragung eines Sachverständigen, zunächst mehrere Kostenvoranschläge einzuholen und auf dieser Grundlage eine Art Marktforschung zu betreiben (vergleiche OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, AZ: 4 U 49/05; NJW-RR 2006, 1029).
Der damit einhergehende Aufwand sowie die zeitlichen Verzögerungen in der Schadensregulierung hätten hierbei in keinem angemessenen Verhältnis mehr zum Zweck der Schadensfeststellung gestanden. Dabei ist schon fraglich, ob ein Kostenvoranschlag oder eine Begutachtung des Fahrzeuges geeignet ist, den Herstellungsaufwand seriös festzusetzen (a. a. O.).
Auch stehen die hier in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten nicht in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung, so dass diese selbst für den Geschädigten als Laien nicht als geradezu willkürlich festgesetzt erscheinen mussten und bereits deshalb ein Recht auf Kürzung der Kosten auf der Grundlage einer Honorarumfrage des Sachverständigenverbandes ausscheidet.
Insbesondere die gesonderte Ausweisung von zum Teil auch pauschalierten Nebenpositionen in der Rechnung des sachverständigen Klägers, hätte der Geschädigte nicht als offensichtlich unüblich oder überhöht erkennen können und zurückweisen müssen.
Sachverständigenkosten sind grundsätzlich erforderlicher Herstellungsaufwand, ohne dass im Rahmen des erforderlichen eine Preiskontrolle durchgeführt werden kann. Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnendes Honorar ist erstattungsfähig, wovon im vorliegenden Fall das Gericht ausgeht.
Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können nur erhoben werden, wenn den Geschädigten ein Auswahlverschulden trifft oder die Überhöhung evident ist, was vorliegend nicht der Fall ist.
Im Ergebnis der rechtlichen Würdigung obliegt es der Beklagten, die streitgegenständliche Forderung an den Kläger zu zahlen. Mit einer solchen befindet sie sich im Verzug, weshalb sich die hieraus folgende Entscheidung zu den Vollzugskosten und Verzugszinsen auf §§ 280, 206 und 80, 288 Abs. 1 BGB stützt.
Im Übrigen ist der erhobene Feststellungsantrag zulässig, da ein Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) bejaht wird, zumal die Dauer des Verfahrens nicht absehbar ist und insofern der Zinsanspruch von dem Kläger nicht beziffert werden kann.
Die Möglichkeit, die Gerichtskosten ab dem Zeitpunkt der Einreichung des Kostenfestsetzungsantrages kostenrechtlich verzinst zu verlangen, steht einem materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch insoweit nicht entgegen, als dass in der Zeit zwischen der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses und der Einreichung des Kostenfestsetzungsantrages nach dem Kostenrecht keine Möglichkeit der Verzinsung gegeben ist.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der verauslagten Gerichtskosten beruht auf Verzug gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1,2, 188 Abs. 4 BGB. Bei rechtzeitiger Regulierung der Schäden hätte der Kläger kein eigenes Geld für die Einzahlung der Gerichtskosten für dieses Verfahren aufwenden müssen und hätte die Beträge der einzuzahlenden Gerichtskosten zur Begleichung anderweitiger Forderungen verwenden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Streitwertbemessung ergibt sich aus § 3 ZPO.
Wie heißt denn noch die so eingängige Kravag-Werbung auf LKW´s `?
Wo denn sonst versichert ? Na da, wo ich solche rechtwidrigen Schadenersatzkürzungen nicht erwarten muss. Als Unternehmer und VIP-Kunde kann ich mich mit unseriösen Schadenregulierungstricks nicht identifizieren. Lieber KRAVAG-Vorstand, hanseatische Seriosität sieht anders aus.
R.M.
@R. M. …..von wegen hanseatische Seriosität….schau in Wiesbaden nach…!
Ja, bei der KRAVAG habe ich auch nicht gedacht, klagen zu müssen. Ich war auch enttäuscht, dass die KRAVAG nun auch dieses Spiel spielt, da ich die bisher als seriös eingeordnet habe. Ja, auch die juristisch vorgebildeten Sachbearbeiter der HUK haben einen Marktwert und wechseln die Unternehmen. Ich hoffe er findet keine weitere Unterstützung und es bleibt ein Einzelfall.