AG Straubing verurteilt HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter a.G. zur Zahlung der vorher rechtswiddrig gekürzten Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 29.9.2014 – 5 C 584/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

von Neubrandenburg geht es weiter nach Straubing. Wir veröffentlichen für Euch zum Samstag noch ein umfangreiches Urteil mit 6 Seiten aus Straubing  zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G.. Schade, dass der Versicheungsnehmer in diesem Fall vor der gerichtlichen Inanspruchnahme „verschont“ wurde. Nach den Angaben des Einsenders handelt es sich dabei nämlich um einen Richter. Wäre ja auch etwas peinlich gewesen, oder? So kann der Versicherungsnehmer der HUK-COBURG aus diesem Blog entnehmen, wie „gut“ seine Beamten-Haftpflichtversicherung Unfallschäden reguliert. Weil wir wissen, dass auch Richter in diesem Blog mitlesen, gehen wir davon aus, dass auch der betreffende Richter hier mitlesen wird. Zutreffend hat die erkennende Amtsrichterin in den Entscheidungsgründen auf die beiden Grundsatzurteile zu den Sachverständigenkosten, nämlich BGH VI ZR 67/06 (= BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144) und VI ZR 225/13 ( =BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90) abgestellt. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und noch ein schönes Wochenende
Willi Wacker

Amtsgericht Straubing

Az.:     005 C 584/14

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

Sachverstänigenbüro ..

– Kläger –

gegen

HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., vertreten durch d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Straubing durch die Richterin am Amtsgericht C. am 29.09.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1.        Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 129,03 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.05.2014 zu bezahlen.

2.       Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.       Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 129,03 € festgesetzt.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

I.
Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz aus abgetretenem Recht in Form von Gutachterkosten aufgrund eines Verkehrsunfalls im Amtsgerichtsbezirk Straubing.

Der Geschädigte M. hat im Rahmen eines Unfallgeschehens vom 06.05.2014 ein Sachverständigengutachten zur Schadenshöhe an seinem Kfz in Auftrag gegeben. Durch den Kläger wurde ein Totalschaden an dem Fahrzeug in Höhe von 3.125,00 € ermittelt. Der Kläger führte in dem Gutachten einen Reparaturschaden in Höhe von 6.874,99 € (netto) auf und stellte einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 3.425,00 € und einen Restwert in Höhe von 300,00 € fest. Es wurde ein Betrag in Höhe von 729,03 € (inkl. MWSt) für das Gutachten in Rechnung gestellt. Hierauf zahlte die Beklagte 600,00 €. Der Geschädigte hat seinen Ersatzanspruch an den Kläger abgetreten.

Der Kläger begehrt in der Hauptsache 129,03 € restliche Sachverständigenkosten.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Die Sachverständigenkosten seien überhöht.

Ergänzend wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 7, 17, 18 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB, §§ 1, 3 PflVG bzw. § 115 VVG i.V.m. § 398 BGB.

1)
Der Kläger ist aufgrund einer unstreitig wirksamen Sicherungsabtretung aktiv legitimiert.

2)
Die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten für die Schäden aus dem Verkehrsunfall steht außer Streit.

3)
In der Hand des Geschädigten besteht gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, § 823 Abs. 1, § 249 BGB, §§ 1, 3 PflVG bzw. § 115 VVG ein Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten in zugesprochener Höhe.

a)
Die Kosten des vom Geschädigten eingeholten Sachverständigengutachtens sind dem Grunde nach erstattungsfähig. Der Geschädigte hatte das Recht, ein Sachverständigengutachten zur Feststellung der Reparaturkosten zu erholen. Ein Geschädigter darf einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten Fahrzeug beauftragen und von dem Schädiger nach § 249 Abs, 2 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen (BGH Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, BeckRS 2014, 04270 – zitiert nach beck-online).

Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Wahrt hierbei der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144). Ein nach dem Verkehrsunfall in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar ist als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB anzusehen. Der Geschädigte kann von dem Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand jedoch nur die Kosten erstattet verlangen, die von dem Standpunkt eines verständigen und wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGH, a.a.O.).

b)
Bei dem abgerechneten Honorar für die Gutachtenserstellung handelt es sich nach durch Schätzung gemäß § 287 ZPO gewonnener Überzeugung um den erforderlichen Geldbetrag im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.

Der Geschädigte aus einem Verkehrsunfall genügt seiner Darlegungslast für den erforderlichen Herstellungsaufwand regelmäßig durch die Vorlage einer Rechnung. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB bei der Schätzung nach § 287 ZPO (BGH Urteil vom 11.02,2014 – VI ZR 225/13, BeckRS 2014, 04270, Tz. 8 – zitiert nach beck-online). Als Grundlage der Berechnung kann daneben auf die BVSK-Honorarbefragung abgestellt werden. Diese Befragung stellt eine geeignete Schätzgrundlage dar.

c)
Es kommt nicht darauf an, ob die vom Kläger erstellte Honorartabelle vertraglich vereinbart wurde oder ob es sich um eine Bestimmung nach billigem Ermessen im Rahmen des § 315 BGB handelt. Denn auch eine Preisvereinbarung des Geschädigten ist vom Schädiger mit Blick auf den Grundsatz der subjektbezogenen Schadensberechnung dann hinzunehmen, wenn diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt (BGH Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, BeckRS 2014, 04270, Tz, 8 – zitiert nach beck-online). Insbesondere wird vom Geschädigten nicht verlangt, Marktforschung zu betreiben (Palandt-Heinrichs, § 249 BGB, Rn 58). Hier liegen keine Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden des Geschädigten bei der Beauftragung des Klägers vor. Konkrete Zweifel an der Seriosität der Preisgestaltung des Klägers mussten bei dem Geschädigten nicht aufkommen. Auch steht die Höhe des geltend gemachten Honorars nicht in einem Missverhältnis zur Schadenshöhe oder zur Höhe der späteren Reparaturkosten, sodass dem Geschädigten ein offenkundiges Missverhältnis hätte auffallen müssen. Aus einer Relation zwischen der Sachverständigenrechnung und dem Schaden kann sich bereits denklogisch kein Anhaltspunkt für eine Überhöhung der geltend gemachten Kosten ergeben. Gerade bei geringen Schäden kann es nach der Lebenserfahrung aus technischer Sicht besonders schwierig sein, die Erforderlichkeit einer Reparatur zu begründen. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die ausgewiesenen Reparaturkosten in Höhe von 3,125,00 € keinen geringen Schaden darstellen und ein Missverhältnis zum Sachverständigengutachten mit Kosten von 729,03 € nicht erkennen lassen.

Die Vereinbarung und Anwendung einer Mischkalkulation verstößt nicht gegen § 315 BGB oder eine andere Obliegenheit des Geschädigten zur Schadensgeringhaltung. In der BVSK-Honorarbe-fragung 2013 wird ebenfalls von einer Mischkalkulation ausgegangen, wenn dort Grundhonorar und Nebenkosten getrennt ausgewertet werden.

d)
Auch bei der Prüfung der Erforderlichkeit des dann tatsächlich erfolgten finanziellen Aufwandes haben Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten im Vordergrund zu stehen (BGH Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, BeckRS 2014, 04270, Tz. 8 – zitiert nach beck-online).

Nur wenn ein Geschädigter erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH Urteil vom 11.02,2014 – VI ZR 225/13, BeckRS 2014, 04270, Tz. 9. – zitiert nach beck-online m.w.N).

Hinsichtlich der Abrechnung von Nebenkosten stellen sich etwaige Überschreitungen der Sachverständigenrechnung im Vergleich zu der BVSK-Honorarbefragung für einen Laien auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht als erkennbar unüblich dar. Nachdem der abgerechnete Betrag auf Grund der durchgeführten Schätzung als angemessen erscheint und auch ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Geschädigten nicht vorliegt kann der Kläger Ersatz der gesamten Gutachterkosten verlangen.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Werte der Nebenkosten des Gutachtens teilweise nicht in der gerichtsbekannten BVSK-Honorarbefragung 2013 genannte sind (Restwertermittlung). Aber die Abweichung war für einen Laien nicht als unüblich und unangemessen ersichtlich. Letztlich führt die Auflistung der Restwertermittlung in der Rechnung des Klägers zu einem Abweichen der Rechnung (als ein Indiz der Schätzung) von der sogenannten BVSK-Honorarbefragung. In dem Gutachten wurde die Ermittlung des Restwertes aber gesondert aufgeführt, sodass sich für den Geschädigten schon keine Überhöhung der Rechnung offensichtlich ergeben konnte, Es ist nachvollziehbar, dass ein Geschädigter bei gesonderter Aufstellung der Ermittlungskosten für den Restwert davon ausgeht, dass diese angemessen sind, wenn ein Gutachten hierzu gesonderte Tätigkeit ausführt. Zumal zu berücksichtigen ist, dass durch die Beklagte nicht ausreichend dazu vorgetragen wurde, dass diese Kosten als unüblich und unangemssen für den Geschädigten erkennbar waren.

e)
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn – wie hier – nicht der Geschädigte selbst, sondern der Sachverständige aus abgetretenem Recht vorgeht. Denn geltend gemacht werden die Ersatzansprüche des Geschädigten, die sich durch die Abtretung weder verändern noch umwandeln.

f)
Der Kläger hat somit nach Teilerfüllung gemäß § 362 BGB gegen die Beklagte in der Hauptsache einen Anspruch in tenorierter Hohe. Auf die Forderung des Klägers in Höhe von 729,03 € wurde durch die Beklagte ein Betrag von 600,00 € gezahlt, sodass der Kläger noch weiteren Schadensersatz aus abgetretenem Recht in Höhe von 129,03 € verfangen kann.

4)
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Abtretung, Haftpflichtschaden, HUK-Coburg Versicherung, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten zu AG Straubing verurteilt HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter a.G. zur Zahlung der vorher rechtswiddrig gekürzten Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 29.9.2014 – 5 C 584/14 -.

  1. BORIS sagt:

    „Auch bei der Prüfung der Erforderlichkeit des dann tatsächlich erfolgten finanziellen Aufwandes haben Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten im Vordergrund zu stehen (BGH Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, BeckRS 2014, 04270, Tz. 8 – zitiert nach beck-online).“
    Dazu reicht in den Kürzungsschreiben der HUK-Coburg-Versicherung offenbar das Papier nicht oder…!
    Allein daran sieht man schon , mit welchem faulen Geschäftsgebahren dieser Versicherungskonzern in der Unfallschadenregulierung inzwischen seit Jahrzehnten unterwegs ist!
    Aber zu Weihnachten, unter dem Tannenbaum, ist dann auch bei den Mitgliedern des Vorstandes im Kreis der Familie alles friedlich und engelsgleich und der Kirchgang ist auch noch drin oder man ist der Kälte entflohen und weilt luxeriös in der Karibik, weil ja wenigstens das von den Honorarkürzungen her drin sein muss.

    Schon mal jetzt deshalb
    mit vorweihnachtlichen Grüßen
    BORIS

  2. Zweite Chefin sagt:

    Schade. Wäre ja mal interessant gewesen, wenn selbiger Richter ein gutes Stück weg von „seinem“ Gericht verklagt worden wäre, da wären die Abhängigkeiten geringer.
    Kann der Einsender mitteilen, warum er so verfahren ist ?

  3. Iven Hanske sagt:

    Wenn noch das Vorteilsausgleichverfahren, der BGH 07.2014 und der BVSK Schrott mit Preisabsprache (Befragung beinhaltet Gesprächsergebnis und ist mit der Spanne 40-60% eh obsolet) und Sondermarkt genannt wurden wäre, so wäre die Entscheidung als Textbaustein perfekt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert