Hallo sehr geehrte Leser des Blogs Captain-Huk ,
von Frankfurt am Main geht es weiter nach Bad Homburg vor der Höhe. Nachfolgend veröffentlichen wir für Euch hier ein Freistellungsurteil des AG Bad Homburg von der Höhe zu den Sachverständigenkosten gegen die DA Dirkekt-Versicherung. Auch in diesem Fall hat die erkennende Amtsrichterin – zutreffend – auf das Urteil des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (veröffentlicht unter anderem in DS 2014, 90; NJW 2014, 1947; MDR 2014, 401) hingewiesen. Ebenfalls zutreffend hat die Amtsrichterin die beklagte Haftplichtversicherung darauf hingewiesen, dass es auf §§ 632 ff BGB und damit auf werkvertragliche Gesichtspunkte im Schadensersatzprozess nicht ankommt. Dabei greift sie die Argumente des BGH aus dem anderen Sachverständigenkostengrundsatzurteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – (BGH DS 2007, 144) auf. Im Schadensersatzprozess spielen werkvertragliche Gesichtspunkte keine Rolle. Entscheidend ist das Merkmal der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB. Meines Erachtens unrichtig ist jedoch die Verurteilung zur Freistellung, denn durch die endgültige Zahlungsverweigerung der Beklagten wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen direkten Zahlungsanspruch um. Aber das nur am Rande. Ansonsten handelt es sich um ein lesenswertes Urteil zu den erforderlichen Sachverständigenkosten. Was denkt Ihr? Gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Bad Homburg v. d. H. Verkündet am 29.08.2014
Aktenzeichen: 2 C 608/14 (12)
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
DA Direkt Deutsche Allgemeine Versicherung AG gesetzlich vertreten durch Vorstandsmitglied Joachim Abel, 0berstädter Str. 14, 61440 Oberursel
Beklagte
hat das Amtsgericht Bad Homburg v. d. H. durch Richterin am Amtsgericht Z. im schriftlichen Verfahren gemäß § 496 a ZPO mit Schriftsatzfrist zum 08.08.2014 für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Forderungen der Firma … GmbH, aus der Rechnung Nr. … vom 22.01.2013 in Höhe von 163,16 € freizustellen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.04.2013.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird verzichtet, da das Urteil nicht rechtsmittelfähig ist, § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von weiteren Sachverständigenkosten in Höhe von 163,16 € gemäß §§ 7, 17 StVG, § 115 VVG, §§ 523, 249 BGB.
Die Einstandspflicht der Beklagten für der Klägerin unfallbedingt durch das streitgegenständliche Unfallereignis entstandene Schäden ist zwischen den Parteien unstreitig.
Demnach sind der Klägerin durch die Beklagte im Rahmen des § 249 BGB auch die Kosten der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erstatten, bzw. diese von der Verbindlichkeit derselben freizustellen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig war. Die Erforderlichkeit der Einholung des Gutachtes der … GmbH sowie dessen Zweckmäßigkeit ist zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig.
Im Streit zwischen den Parteien steht lediglich, ob es sich bei den durch den Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten der Höhe nach um objektiv erforderliche Sachverständigenkosten handelt, da nur der Ersatz solcher durch die Beklagte geschuldet ist. Prüfungsmaßstab ist dabei nicht, ob die durch den Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten der üblichen Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB entsprechen, sondern die Erforderlichkeit zur Schadensbehebung gem. § 249 BGB.
Erforderlich in diesem Sinne sind solche Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde.
Hierbei hat der Geschädigte zwar das Gebot einer wirtschaftlich vernünftigen Schadensbehebung zu beachten, dies bedeutet aber nicht, dass dieser zu Gunsten des Schädigers zu sparen habe oder sich in jedem Fall so zu verhalten habe, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Vielmehr ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen. Aus diesen Gründen darf sich der Geschädigte bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen, ohne zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen zu betreiben, vgl BGH in NJW 2014, 1947 f. m.w.N.
Der Darlegungslast zur Schadenshöhe genügt der Geschädigte regelmäßig bereits durch Vorlage seiner Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Dabei bildet die tatsächliche Rechnungshöhe für die Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages, vgl. a.a.O.
Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um di geltend gemachte Schadenshöhe infrage zu stellen. Vielmehr sind Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, dass der Geschädigte hätte erkennen können, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, vgl. a.a.O.
Solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich.
Dass die Klägerin von vornherein hätte erkennen können, dass der Sachverständige überhöhte Kosten ansetzen würde, behauptet die Beklagte nicht. Damit trifft die Klägerin vorliegend kein Auswahlverschulden. Zu einer Recherche nach einem günstigeren Sachverständigen war die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet.
Darüber hinaus vermag das Gericht bereits unabhängig von einer entsprechenden Erkennbarkeit für die Klägerin das objektive Vorliegen einer solchen deutlichen Überhöhung, wie die Beklagte meint, nicht zu erkennen.
Unerheblich ist bei dieser Beurteilung, ob einzelne Positionen der Berechnung des Sachverständigen überhöht sind, vielmehr muss eine Überhöhung der Gesamtrechnung gegeben sein, da nur eine solche überhaupt zu einem Auswahlverschulden führen könnte. Bei der Auswahl eines Sachverständigen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkton kommt es nicht darauf an, ob dieser etwa einzelne Nebenkosten im Vergleich zu anderen Sachverständigen deutlich überhöht kalkuliert, wenn die Rechnung insgesamt nicht erheblich höher oder gar niedriger ausfällt.
Nicht zu beanstanden ist ferner, wenn der Sachverständige sein Honorar in Relation zur Schadenshöhe pauschaliert, vgl. BGH, Urt v. 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06; BGH NJW 2003, 2472. Weiterhin ist nicht zu beanstanden, dass neben dem pauschalierten Grundhonorar Nebenkosten abgerechnet werden. Zu den für die Schadensfeststellung erforderlichen Kosten gehören, auch die durch sachverständige Begutachtung entstehenden Nebenkosten.
Für die Beurteilung der Üblichkeit von Sachverständigenhonoraren erachtet das Gericht die BVSK-Honorarbefragung 2013 durchaus als geeignete Schätzgrundlage. Der Bundesgerichtshof hat diesbezüglich mit seiner Entscheidung vom 21.02.2013, a.a.O. auch nicht die Eignung der BVSK Befragung als Schätzgrundiage für die Üblichkeit von Sachverständigenhonoraren an sich in Frage gestellt, sondern lediglich entschieden, dass allein auf deren Grundlage im Rahmen der Beurteilung der zur Schadensbehebung erforderlichen Kosten eine Kürzung nicht in Betracht käme, weil dies der Lage des Geschädigten bei der Beauftragung eines Sachverständigen nicht gerecht werde.
Bereits unter Zugrundelegung dieser Befragung liegen die vorliegend seitens des Sachverständigen kalkulierten Kosten mit 1,6 % nur knapp oberhalb des Rahmens des HB V Korridores (Honorarkorridor, in dem je nach Schadenshöhe zwischen 50 % und 80 % der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen).
Diese Abweichung vom oberen Rahmen des HB V Korridores berechnet das Gericht wie folgt (netto).
Grundhonorar (orientiert an der Höhe der Reparaturkosten) 690,00 €
Fahrtkosten bei pauschaler Abrechnung 26,73 €
Fotos 1. Satz 10 x 2,55 € = 25,50 €
Fotos 2. Satz 10x 1,67 € = 16,70 €
Schreibkosten je Seite 10 x 2,86 € = 28,60 €
Je Kopie 3 x 10 x 1,43 € = 42,90 €
Porto, Telefon 21,05 €
Fremdkosten 20,00 €
Dies ergibt insgesamt 861,11 €, damit eine Differenz zu abgerechneten 871,93 € = 14,18 € (dies entspricht 1,6 % von 886,11 €). Hierbei waren Porto, Telefonkosten sowie die Fremdkosten der Rechnung zufolge nicht pauschal abgerechnet worden, weshalb das Gericht den tatsächlichen Aufwand, welchen die Beklagte nicht substantiiert in Abrede gestellt hat, zugrunde gelegt hat. Ebenso genügt das Bestreiten des Anfallens und der Höhe der Fahrtkosten nicht, da der Rechnung zufolge eine Besichtigung erfolgt ist.
Dies stellt bereits objektiv keine deutlich erkennbare erheblich über den üblichen Preisen liegende Honorarrechnung dar.
Der Freistellungsanspruch der Klägerin den Zinsanspruch betreffend folgt daraus, dass sich die Klägerin aufgrund der mit der Rechnung des Sachverständigen gesetzten Zahlungsfrist in Verzug befindet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Hallo, W.W., in der Tat auch ein lesenswerte Urteil, bis auf den Ausrutscher, dass die Richterin am Schluß ihrer interessanten Ausführungen wieder an zu rechnen fängt, wozu schadenerstazrechtlich nun wirklich kein Grund bestand. Schade für die Bedeutung und den Wert der ansonsten griffig dargelegten Entscheidungsgründe wenn auch damit ersichtlich wird, dass die DA Direkt Vers. mit der behaupteten Überhöhung einen falschen Vortrag präsentiert hat.
BORIS